Vladimir Kantor _Zwei Erzahlungrn.pdf - Высшая школа экономики
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По-моему, это не совсем повести,<br />
и не совсем рассказы.<br />
Это необычный жанр философской прозы,<br />
скажем - философский фельетон.<br />
Если не ошибаюсь,<br />
такие вещи были в бумагах Кафки.<br />
И Ваши произведения я осознаю<br />
как принадлежащие к этому особому роду.<br />
Странно простодушная интонация<br />
и ощущение сильного страдания.<br />
Самуил Лурье (Санкт-Петербург)<br />
Спасибо за «Пенсионера».<br />
Прочитал единым духом как стакан спиртуоза.<br />
Да, настоящая сила<br />
русского критического реализма неизбывна.<br />
Сергей Бирюков (Halle)<br />
Читал Вашу "Няню" с огромным удовольствием —<br />
вот нам, западным русофилам,<br />
урок о "русской душе" и "прекрасных дамах",<br />
"Софиях в жизни" - блеск!<br />
Rainer Goldt (Mainz)<br />
..<br />
<strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong> <strong>Zwei</strong> Erzahlungen<br />
<strong>Vladimir</strong><br />
<strong>Kantor</strong><br />
.. <strong>Zwei</strong><br />
Erzahlungen<br />
..<br />
Tod eines Pensionars<br />
Njanja<br />
�������.indd 1 12.09.2012 15:49:59
2<br />
<strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
<strong>Zwei</strong> Erzählungen. Tod eines Pensionärs.<br />
Njanja. — Dresden: DRKI, 2012. — 164 S.<br />
Владимир Кантор<br />
Два рассказа. Смерть пенсионера. Няня. —<br />
Дрезден, 2012. — 164 с.<br />
В новой книге Владимира Кантора, русского писателя<br />
и философа, представлены два рассказа, на русском и немецком<br />
языках. Рассказы нужно рассматривать в контексте<br />
трагического реализма, свойственного русской классике,<br />
прежде всего Достоевскому. Эти рассказы вызвали большую<br />
прессу в России, они переведены на ряд европейских<br />
языков. Русский способ литературного писания прочитывается<br />
и в тексте, и в контексте. Прямые отсылки на сюжеты и<br />
образы русской литературы, которые в судьбе самого героев<br />
начинают играть роль Провидения. Что может быть острее<br />
и больнее сравнения жизни человека с бездомным существованием<br />
собаки? Экзистенциальный ужас охватывает<br />
героя рассказа «Смерть пенсионера», у которого пропадает<br />
подобранная на улице Августа. Пророческий смысл русской<br />
литературы и неизбежная логика развития ее сюжетов<br />
очевидны в его прозе. Не случайно в авторе видят продолжателя<br />
традиции русской классики. Рассказы на немецкий<br />
язык перевела Dr. Claudia Woldt, работающая в Institut für<br />
Slavistik, Technische Universität Dresden.<br />
© <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong>, тeкст 2012<br />
© Claudia Woldt, Übersetzung 2012<br />
Книга издана при участии Немецко-Русского института<br />
культуры (Deutsch-russisches Kulturinstitut e. V. Dresden)
Содержание<br />
Часть 1<br />
Tod eines Pensionärs ...........................................................7<br />
Njanja ....................................................................................61<br />
Часть 2<br />
Смерть пенсионера ..........................................................83<br />
Няня ................................................................................... 129<br />
Nachwort<br />
Maria Kiseleva. Wladimir <strong>Kantor</strong>: Ein Leben<br />
zwischen zwei Häusern ................................................. 149<br />
3
Часть 1
<strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
Tod eines Pensionärs<br />
Gibt es eine widerwärtigere Kreatur als den<br />
Menschen? Irgendwo hatte Galachow<br />
gelesen, dass man bei einem afrikanischen<br />
Stamm die alten Männer auf einen hohen<br />
Baum jagt. Dann kommen gesunde<br />
Männer und schütteln den Baum. Wer herunterfällt und<br />
zerschmettert liegen bleibt, den essen sie. Die sich oben<br />
halten können, dürfen noch ein wenig weiterleben.<br />
Pawel versuchte sich auf die Seite zu drehen, indem er<br />
die Hand unter das Kissen schob und die Wange darauf<br />
legte, wie er es am liebsten hatte (das war die bequemste<br />
Position seit seiner Kindheit), aber die Schmerzen<br />
im Rücken und in den Beinen nahmen ihm jede Kraft.<br />
Gestern war er bei seinem Vater im Krankenhaus gewesen,<br />
wohin ihn Pawels jüngerer Bruder Cäsarius hatte<br />
bringen lassen. Cäsarius lebte in London, und er hatte es<br />
geschafft den Vater in einem der besten Krankenhäuser<br />
unterzubringen. Geld regiert die Welt. Der Vater wurde<br />
in diesem Jahr neunundachzig, Pawel siebenundsechzig<br />
Jahre alt. Er war kein Junge mehr, sondern Pensionär,<br />
aber lief wie ein Junge. Es ging ihm gut, als er gestern auf<br />
dem Heimweg war, doch dann war er beinahe unter die
8 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
Räder dieses verdammten Wagens mit diesem verdammten<br />
russischen Banditen am Steuer gekommen. Der Wagen,<br />
der erst noch weit weg gewesen war, hatte plötzlich<br />
beschleunigt, den vor ihm fahrenden Wagen überholt,<br />
der etwas bremste, um Galachow über die Straße zu lassen,<br />
und war vorbei gerast, ganz dicht am Bürgersteig,<br />
als ob er ihn streifen wollte. Pawel schaffte es zurück auf<br />
den Fußweg, aber er blieb mit dem Fuß an einer kleinen<br />
Geländerstange hängen, er drehte sich irgendwie unglücklich<br />
und fiel mit dem Rücken auf ein Metallrohr<br />
des Geländers. Mit Mühe erhob er sich. Was wollte der<br />
Fahrer? Ihn umbringen? Warum?<br />
Pawel erinnerte sich an einen seltsamen Freund aus<br />
der ersten Klasse. Sie nannten ihn Wasjok, er lebte in<br />
einem Haus ohne Nummer, in das sich selbst die Polizei<br />
nicht traute (dort hatte niemand eine Wohnerlaubnis,<br />
was für die frühen fünfziger Jahre völlig ungewöhnlich<br />
war). Er schämte sich sehr vor seinem gebildeten<br />
Banknachbarn. Wie alle war Wasjok glatt geschoren,<br />
und er schämte sich auch für den Grind in seinem<br />
Nacken, der einen Teil der nachwachsenden Haare<br />
bedeckte. Er wollte Pawel unbedingt seine Wichtigkeit<br />
beweisen, so wie sich ein armes Tier verteidigt.<br />
Deshalb dachte sich Wasjok Prinzipien aus. Wenn er<br />
die Straße überquerte und ein Auto heranraste, lief er<br />
absichtlich langsamer. „Damit die sich nicht zu viel<br />
einbilden“, erklärte er. Dabei war die Straße, eine Seitenstraße,<br />
in der Mitte des 20. Jahrhunderts fast leer,<br />
und auch die Geschwindigkeit war mit heute nicht zu
Tod eines Pensionärs<br />
vergleichen. Mit seinen Prinzipien wollte Wasjok sich<br />
Galachows Anerkennung verdienen. Nach der ersten<br />
Klasse blieb er sitzen, und später hörte Pawel, dass sein<br />
ehemaliger Banknachbar von einem Auto überfahren<br />
worden war. Wenn er jetzt an ihn dachte, kam er ihm<br />
wie ein Kämpfer für die Wahrheit vor, der auf eigene<br />
Faust gegen die Mächtigen dieser Welt kämpfte, denn<br />
deren Autos fuhren am schnellsten.<br />
Vor Schmerz konnte Pawel sich nicht erheben und<br />
aufstehen, er wollte sein kleines Bedürfnis lieber verschlafen.<br />
Normalerweise, das heißt im letzten Jahr jede<br />
Nacht, quälte er sich bis fünf Uhr morgens (er wälzte<br />
sich im Bett, stand auf, ging zur Toilette, trank danach<br />
in der Küche eine unnötige Tasse Tee, die ihn wieder<br />
zur Toilette trieb), nickte erneut ein und schlief dann<br />
bis zehn Uhr. Er konnte nicht allein schlafen, was nicht<br />
nur an der körperlichen Nähe einer Frau lag, die er immer<br />
noch brauchte, wenn auch nicht mehr so nötig wie<br />
früher. Nein, es lag einfach an der körperlichen Wärme<br />
einer Frau, und unter Frau verstand er in den letzten<br />
Jahren nur Dascha. Ohne sie nachts an seiner Seite<br />
war ihm, als ob ihm die Hälfte seiner selbst fehlte. Die<br />
verbliebene Hälfte klagte und beschwerte sich, dass ihr<br />
unwohl sei. Er trank in der Küche die unnötige nächtliche<br />
Tasse Tee und sah fern. Gegen Morgen liefen gewöhnlich<br />
Westernfilme. Cowboys mit breitkrempigen<br />
Hüten zogen ihre Colts aus der Hüfte und rechneten<br />
mit den Bösewichten ab. Seltsamerweise war ihm<br />
früher nie in den Sinn gekommen, dass die Helden<br />
9
10 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
bei ihren endlosen Ritten durch die Wüste und über<br />
Bergrücken nie die elementarsten menschlichen Bedürfnisse<br />
zu haben schienen — Blase und Darm entleeren.<br />
Aber fressen und saufen! Was, wenn diese Helden<br />
im Alter Verstopfungen und eine vergößerte Prostata<br />
hätten, ganze zwanzig Minuten vor der Toilette stünden<br />
und traurig zusehen müssten, wie die paar Tropfen<br />
schließlich zu einem dünnen Strahl werden, könnten<br />
sie sich dann auf ihr Pferd schwingen und treffsicher<br />
schießen? Wie immer schlief er vor dem Fernseher ein,<br />
wachte wieder auf, erinnerte sich an Dascha, die ihm<br />
in solchen Fällen den Arm um die Schulter gelegt, ihn<br />
zum Bett zurückgeführt und gesagt hatte: „Geschlafen<br />
wird im Liegen“. Er ging und legte sich ins Bett, aber<br />
er schlief dennoch erst ein, als es schon tagte.<br />
Gegen neun hörte er die Haustürklingel, aber er<br />
fühlte sich nicht in der Lage aufzustehen, zur Tür zu<br />
gehen und den Einlassknopf zu drücken, sondern ärgerte<br />
sich im Halbschlaf über die Störung. Ihm fiel<br />
ein, dass heute die Rente gebracht wurde. Die Postfrau<br />
hatte einen harten, viereckigen Mund und eine<br />
Warze am Hals, die man immer sah. Deshalb stand er<br />
nicht auf, als es klingelte; er wusste, das die Nachbarin<br />
aus der Etage unter ihm die Rente in Empfang nehmen<br />
würde. Die Postfrau kam trotzdem irgendwie ins<br />
Treppenhaus, stieg bis in seine Etage und klingelte an<br />
der Tür. Aber Galachow rührte sich nicht. Sie ging zur<br />
Nachbarin und murmelte: „Er ist weggegangen, wer<br />
weiß, wohin so früh am Morgen“.
Tod eines Pensionärs<br />
11<br />
Diese Postfrau wollte er seit dem letzten Monat<br />
nicht mehr sehen. Er hatte ihr damals auch nicht geöffnet.<br />
Er wollte diese Rente nicht sehen. Von den viereinhalbtausend<br />
gingen zwei für die Miete weg, tausend<br />
gab er wie immer seinem neunundachzigjährigen Vater<br />
und mit den restlichen anderthalbtausend musste er<br />
irgendwie hinkommen. Umgerechnet waren das ungefähr<br />
fünfzig Dollar. Wenn man bedachte, dass Moskau<br />
als eine der teuersten Städte der Welt galt, war es besser<br />
überhaupt nichts mehr zu essen. Pawel machte sich<br />
aber nichts weiter daraus. Es schien ihm ohnehin, dass<br />
er zu Lasten der Freunde lebte, die vor ihm gestorben<br />
waren. Aber letzten Monat hatte sich die Postfrau, als<br />
er nicht öffnete, eine List ausgedacht:<br />
Die Nachbarin aus der Etage unter ihm, eine noch<br />
junge, aber schon recht beleibte Frau, kam mit ihr<br />
zusammen zu ihm um ihn davon zu überzeugen, dass<br />
es tatsächlich die Postfrau war. „Warum öffnen Sie<br />
nicht?“ „Wenn Dascha kommt, gehen wir zusammen<br />
zur Post“, antwortete er listig. Dascha war nie mit ihm<br />
zur Post gegangen. Er hätte auch selbst gehen können,<br />
aber er wollte in letzter Zeit einfach niemanden<br />
sehen. „Machen Sie nun auf?“ Er wurde schwach, gab<br />
nach und öffnete. Sie legte sofort los: „Dascha! Dascha!<br />
Die ist doch gestorben! Und Sie wissen es und<br />
stellen sich dumm! Schämen Sie sich!“ Und dann fügte<br />
sie vorwurfsvoll hinzu: „Was stecken Sie den Kopf in<br />
den Sand wie ein Vogel Strauß!? Sie wollte Sie doch<br />
nur schonen“. Dascha hätte sich nie erlaubt, so mit
12 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
ihm oder über ihn zu reden, wenn sie zu Hause gewesen<br />
wäre, und er, obwohl er ein gestandener Mann<br />
war, ließ diese Reden zu wie ein Trottel. Dabei hatten<br />
sie doch am selben Tag sterben wollen. Er konnte sich<br />
überhaupt nicht vorstellen, dass mit Dascha irgend etwas<br />
Schlimmes passiert war!...<br />
Nein, die Nachbarin log! Galachow nahm schweigend<br />
das Geld von der Postfrau ohne es zu zählen,<br />
steckte es in die Tasche seiner fleckigen Hose und<br />
quittierte den Empfang in ihrem Buch. Seine Augen<br />
wurden feucht, sicher dachten sie dass er weinte, aber<br />
er wischte sich die Tränen nicht ab. Er schloss hinter<br />
ihnen die Tür, den Mund immer noch fest geschlossen.<br />
Sie logen absichtlich, damit es ihm schlecht ging.<br />
Dascha war nicht gestorben, sie war weggefahren und<br />
hatte ihn zurückgelassen. Nach ihrem Weggang hatten<br />
seine Augen zu tränen begonnen. Es war traurig,<br />
dass sie nicht bei ihm war, aber sie wollte nur das Beste.<br />
Sie lebte anständig und half ihm. Er hatte doch ein<br />
Paket von ihr mit dreihundert Dollar und einer Nachricht<br />
bekommen. Sie schrieb: „Es freut mich, dass du<br />
jetzt Geld hast. Ich möchte Dir damit helfen, es ist ein<br />
Geschenk!“ Natürlich, sie war weggefahren. Sie war<br />
gar nicht noch einmal vom Krankenhaus nach Hause<br />
gekommen. Oder war sie gekommen? Er erinnerte<br />
sich nicht. Sie war wohl direkt zum Flughafen gefahren<br />
und hatte über Freunde ausrichten lassen, dass sie<br />
nach Amerika führe zu einem, der für sie sorgen würde,<br />
damit Pawel sie nicht begleitete. Er war erschüttert,
Tod eines Pensionärs<br />
13<br />
verletzt, schloss sich ein und schwieg fast eine Woche<br />
lang. Er sagte niemandem etwas davon, und dennoch<br />
waren noch am selben Tag Bekannte zu ihm gekommen<br />
um ihn mitzunehmen. Er hatte abgelehnt.<br />
Er musste aufstehen, aus dem Bett kommen, mit den<br />
Füßen auf dem Boden stehen. „Solange Dascha fort ist,<br />
darf ich nicht vergessen die Blumen zu gießen“, sagte er<br />
zu sich selbst; das war einer der äußeren Antriebe, die<br />
ihn dazu brachten etwas zu tun. Man darf nicht einsam<br />
sterben. Das ist der schrecklichste Tod. Tagelang denkt<br />
man darüber nach, womit man sich beschäftigen könnte,<br />
womit die Zeit am schnellsten vergeht. Also kochte er<br />
sich eine Tütensuppe und aß eine Wurst, die er gar nicht<br />
mochte. Da war es sogar in einem Krankenhausbett besser,<br />
sogar in einer Lagerbaracke, obwohl man dort, glaubte<br />
man den Erzählungen, völlig einsam war. Vielleicht<br />
kam Dascha doch zurück... Sie hatte hier so viel gearbeitet.<br />
Dabei war sie selbst nicht gesund. Sie hatte immer<br />
zu hohen Blutdruck und fuhr trotzdem mit ihm mal zu<br />
Vorlesungen, mal zu Simultanübersetzungen. Morgens<br />
klagte sie, sie fühle sich völlig zerschlagen, aber sie stand<br />
doch auf und kam mit. Wie sie wohl jetzt lebte?<br />
Er erinnerte sich, wie Dascha ihm ganz zu Beginn<br />
ihrer Beziehung erzählt hatte, dass ein Kommilitone<br />
zu ihr gesagt habe: „Hast du den Mann verführt?<br />
Oder hast du dich verliebt?“ „Warum?“ Sie wunderte<br />
sich über seinen Scharfblick, ohne es sich anmerken<br />
zu lassen. „Mit dir könnte man ohne Weiteres in die<br />
dunkelsten Hauseingänge gehen, ohne Angst zu ha-
14 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
ben.“ „Warum?“ „Weil du ganz hell leuchtest!“ Diese<br />
erstaunliche Eigenschaft verliebter Frauen hatte er<br />
selbst beobachtet, sie verriet mehr als Worte über ihre<br />
wahren Gefühle. Er schämte sich, dass er dreißig Jahre<br />
älter war als sie, dass sie noch ganz jung war, er dachte,<br />
sie liebe ihn wegen seines Wissens und seiner Klugheit<br />
und würde sofort enttäuscht sein, wenn sie von<br />
seinen Altersleiden erführe. Fast mechanisch hatte er<br />
sich einmal in einem Telefongespräch mit ihr, für das er<br />
kaum Zeit gefunden hatte, über seine Gesundheit beklagt<br />
und war sofort erschrocken, denn was sollte eine<br />
junge Frau mit seinen Krankheiten anfangen! Aber sie<br />
hatte ganz ruhig gesagt: „Bei mir kannst du dich ruhig<br />
beklagen!“ Das hatte ihn erstaunt und gerührt.<br />
Dann verstand er, dass ihr Verhältnis zu ihm vielschichtig<br />
war. Ihr Vater hatte sie und die Mutter verlassen,<br />
als Dascha noch klein gewesen war. Und so<br />
wurde Galachow ihr Liebhaber und Vater und dann<br />
(auch wenn sie es nicht offiziell beglaubigten) ihr<br />
Mann. Das Schwerste für sie war, ihn beim Namen<br />
zu nennen. Wenn sie allein waren und in Briefen natürlich<br />
Liebling, aber unter Leuten? Sie meinte, dass<br />
man über sie lachen würde und auch für sie selbst war<br />
es nicht ohne Weiteres, einen viel älteren Mann, einen<br />
bekannten Wissenschaftler, einfach beim Vornamen zu<br />
nennen. Und sie begann ihn einfach mit seinem Nachnamen<br />
anzureden, Galachow, sie gewöhnte sich selbst<br />
daran, alle gewöhnten sich daran. Nur sein Vater beschwerte<br />
sich aus irgendeinem Grund: „Sie nennt dich
Tod eines Pensionärs<br />
15<br />
beim Nachnamen, genau so wie Natalja Nikolajewna<br />
Puschkin genannt hat“. Und dann, an diesem schrecklichen<br />
Abend, als sie von Leni Gawrilowa kamen und<br />
beinahe von einem Schlägertrupp erschlagen worden<br />
wären, trug er ihr Hand und Herz an, und sie antwortete<br />
sehr kindlich, aber fest: „Galachow, wir werden<br />
gut zusammenleben“. Und sie lebten gut zusammen,<br />
bis, bis, bis... Ja, bis sie ihn vor einem Jahr verlassen<br />
hatte. Und in die USA gefahren war. Wie mit Absicht<br />
war es in der ersten Vorlesung, die er vor ihrem Jahrgang<br />
gehalten hatte, um Amerika in der russischen<br />
Literatur des neunzehnten Jahrhunderts gegangen,<br />
und er hatte erzählt, dass Amerika damals für die russischen<br />
Schriftsteller „die jenseitige Welt“ gewesen sei.<br />
Jetzt war Dascha für ihn verloren. Und dennoch freute<br />
er sich, dass es Amerika war und nicht jene Welt. Dass<br />
sie dort manchmal an ihn dachte.<br />
Sie war ein Stück größer als er, und manchmal sagte<br />
sie ernst: „Galachow, du hast jetzt eine große Dame“.<br />
Aber gleich darauf senkte sie den Kopf und sah ihm besorgt<br />
ins Gesicht, ob sie ihn gekränkt habe. Als sie sah,<br />
dass er nicht böse war, begann sie über ihr ganzes rundes<br />
Gesicht mit allen seinen Grübchen zu strahlen. Wie<br />
sie so komisch eifersüchtig darauf war, die Kleine, dass<br />
er so lebenserfahren war. Sie war auf die Schwestern<br />
eifersüchtig, als er im Krankenhaus lag, auf die Verkäuferinnen,<br />
die Galachow zulächelten, auf die junge<br />
Neurologin, die ihn in ihr Spechzimmer holte und fast<br />
eine Stunde dort behielt. „Ich verstehe einfach nicht,
16 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
dass sie dich alle haben wollen!“ Dabei unterbrach sie<br />
augenblicklich das Studium, wenn er sie rief, eilte zu<br />
ihm, ergab sich gierig und leidenschaftlich seiner Liebe,<br />
obwohl sie manchmal grollte: „Deinetwegen werde<br />
ich noch lauter Vieren bekommen“. Damals lebten sie<br />
noch nicht zusammen, er fuhr viel herum und schämte<br />
sich dafür, aber sie mit auf Konferenzen zu nehmen<br />
war schwer, fast unmöglich und er murmelte, gleichsam<br />
als Entschuldigung: „Ich kann dich nicht mitnehmen“.<br />
„Ich verstehe, ich existiere fast gar nicht, ich komme<br />
mir völlig virtuell vor“. „Du bist so groß und schön“.<br />
„So groß und trotzdem passe ich in einen Telefonhörer“.<br />
Und nun war sie wirklich virtuell geworden.<br />
Eine Abreise sieht von Weitem immer wie ein Begräbnis<br />
aus, und ein Begräbnis erinnert an eine Abreise.<br />
Sicher hatte die Nachbarin gesehen, wie Dascha am<br />
Haus vorbeigefahren war (ja, sie war nur vorbeigefahren!)<br />
und gewartet hatte, dass Pawel herauskam. Was<br />
für eine Menge Blumen und Gäste! Unter den Gästen<br />
erkannte er die athletische Gestalt von Leni Gawrilowa.<br />
Ausgerechnet nachdem sie bei ihr zum Geburtstag<br />
gewesen waren, hatte Galachow Dascha einen Heiratsantrag<br />
gemacht. Der Schriftsteller Boris Kuzmin war<br />
dagewesen, dessen Erzählungen Dascha so gefielen.<br />
Pawel hatte ihr nicht verboten wegzufahren, er verbot<br />
nie jemandem etwas. Aber er ging nicht hinaus um sie<br />
zu begleiten, er fuhr nicht zum Flughafen. Die anderen<br />
fuhren mit dem Auto und dem Bus, es gab nicht nur<br />
viele Blumen, sondern auch Musik.
Tod eines Pensionärs<br />
17<br />
Von da an ließ sein Verstand nach, er konnte viele<br />
Male über irgend ein Thema nachdenken als sei es das<br />
erste Mal, ständig kamen ihm die Gedanken durcheinander,<br />
Erinnerungen aus unterschiedlichen Zeiten<br />
seines Lebens verschwammen ineinander, er reagierte<br />
immer empfindlicher und gereizter auf Menschen und<br />
Ereignisse. Seine Gedanken wurden wirr, wiederholten<br />
sich. Und jetzt, als er im Bett lag, fühlte er, wie<br />
die Last seines gelebten Lebens auf ihm lag. Und dazu<br />
noch die Angst des Pensionärs, dass die Kinder nicht<br />
helfen würden. Nein, dachte Pawel, es gibt keine ewige<br />
Wiederkehr. Nietzsche hatte unrecht, es gibt nur eine<br />
ewige Rückkehr des Menschen ins Nichts. Das ist ein<br />
ewiger Weg, den jeder geht.<br />
* * *<br />
Seine Kinder aus zwei Ehen waren nicht nur erwachsen,<br />
sondern hatten auch gut bezahlte Arbeit. Der<br />
Sohn war zuerst Manager und später Chef irgendeiner<br />
PR-Gesellschaft geworden. Manchmal erinnerte<br />
sich Pawel traurig, wie er zu den Ärzten gelaufen war,<br />
damit sein Sohn nicht zur Armee musste, er machte<br />
Geschenke, redete mit allen möglichen Leuten, damit<br />
sie halfen, und schließlich befreiten sie ihn vom Wehrdienst.<br />
Und in der Zeit, als er habilitierte, arbeitete er<br />
abends, damit er ihm Schuhe kaufen konnte (er selbst<br />
lief immer in abgetragenen herum), er wollte interessante<br />
Gespräche mit ihm führen, so interessante wie<br />
er mit seinem eigenen Vater gehabt hatte, und dachte
18 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
sich vorher Gesprächsthemen aus. Und wie er einmal<br />
alles stehen und liegen ließ und nach Hause eilte als<br />
er erfuhr, dass die Brücke eingestürzt war, über die —<br />
vielleicht! — die Straßenbahn gefahren war, die sein<br />
Sohn manchmal nahm. Die Augen weit aufgerissen,<br />
nass vom Angstschweiß. Jetzt kannte ihn sein Sohn<br />
nicht mehr. Er war reich geworden. Und das erniedrigende<br />
Gefühl seiner Hilflosigkeit kränkte ihn. Seiner<br />
Tochter hatte er zu einer Aspirantur in Schweden<br />
verholfen, sie hatte dort geheiratet, Kinder bekommen<br />
und ihre Mutter nachgeholt. Er hinderte Katja, seine<br />
zweite Frau, nicht daran, fortzugehen. Sie machte sich<br />
mehr Sorgen als er um die Angelegenheiten des Alltags<br />
und das Wohlergehen der Tochter, das war vernünftig<br />
und natürlich so. Sie war eine kluge und gute Frau,<br />
deshalb nahm sie es einfach hin, als er ihr von Dascha<br />
schrieb, sie bat nur darum, der Tochter nichts davon<br />
zu sagen, damit sie nicht auf ihren Vater eifersüchtig<br />
wurde. Deshalb heiratete er Dascha auch nicht, die<br />
Wohnung hatte er kürzlich auf Katja und die Tochter<br />
übertragen. Dascha blieb bei ihrer Mutter in Tschernogolowka<br />
gemeldet. Die Tochter rief manchmal an,<br />
dann war sie liebenswürdig. Sein Sohn besuchte ihn<br />
nicht nur nicht, sondern meldete sich noch nicht einmal.<br />
Wenn Pawel versuchte ihn anzurufen, hörte er ein<br />
langgezogenes „Papaaa, ich habe gerade zu tu-un, ich<br />
ruf dich nachher an“. Aber er rief nicht an. Eine andere<br />
Variante war, wenn er ihn am Sonntagmittag um<br />
12 Uhr anrief: „Papa, warum rufst du denn so früh an?
Tod eines Pensionärs<br />
19<br />
Ich bin sehr spät ins Bett gegangen. Wenn ich ausgeschlafen<br />
habe, rufe dich zurück“. Kein einziges Mal rief<br />
er zurück. Pawel hörte auf ihn anzurufen. Eines Tages<br />
hatte er mit Schrecken festgestellt, dass seine Anrufe<br />
wie ein Flehen um Barmherzigkeit klangen. „Gibt<br />
es eine widerwärtigere Kreatur als den Menschen?“,<br />
dachte er wieder.<br />
Seine Pension war erbärmlich mager. Aber den<br />
Sohn wollte er um nichts bitten. Nikolaj Fjodorow<br />
hatte geschrieben, dass die Auferweckung der Väter<br />
eine russische Idee sei. Dostoevskij bezweifelte das<br />
und zeigte, wie Kinder ihren Vater, den alten Karamasow,<br />
umbringen, jeder auf seine Weise. Und jetzt warteten<br />
die Kinder einfach, bis die Alten vom Baum fielen,<br />
um sie voller Abscheu zu vergraben. Und hier ging<br />
es nicht um Scham wegen Bettelei, sondern um eine<br />
Lebenshaltung, genauer gesagt, um die Gewöhnung an<br />
eine bestimmte Art zu leben. Noch vor seiner Pensionierung,<br />
als Dascha noch bei ihm lebte, das heißt vor<br />
einigen Jahren, waren sie eines sonntags nach Alexandrow<br />
gefahren. Alte Leute behaupteten, dass bei Kilometer<br />
101 immer noch Banditen lebten, ehemalige<br />
Vagabunden und Diebe, die Hausflure würden nachts<br />
nicht verschlossen, man könne für eine Nacht unterkommen.<br />
Pavel hatte damals gelacht: „Ich werde mir<br />
also einen Hausflur für mein künftiges Pensionärsdasein<br />
suchen.“ Sie liefen durch die Stadt, besuchten das<br />
Marina-Zwetajewa-Haus, wo sie in Armut ihr Dasein<br />
gefristet hatte und gelangten in das bedeutende histo-
20 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
rische Zentrum von Alexandrow, aus dem die Opritschinki<br />
hervorgegangen waren.<br />
Sie gingen in die Troizki-Kathedrale. Im Glockenturm<br />
befand sich das Totengedenkbuch Iwans des<br />
Schrecklichen, das die von ihm Getöteten enthält, aber<br />
nur die Bojaren, die Kleinbauern wurden nicht gezählt,<br />
dafür standen die Kleinbauern in den Grundbüchern:<br />
wie die Opritschen Gutsbesitzer getötet, Frauen vergewaltigt,<br />
Höfe nach der Plünderung angezündet hatten,<br />
kurz: wie der Bauernstand zerstört worden war.<br />
Als sie aus der Troizki-Kathedrale traten, sahen sie<br />
ein Mädchen mit dem Gesichtsausdruck einer Erwachsenen,<br />
aber von kleinem Wuchs, mit dunklen, kurzgeschnittenen<br />
Haaren, sehr blauen Augen, bekleidet mit<br />
einem wollenen Damenpullover, schwarzen Hosen und<br />
alten schwarzen Lackschuhen (die sie offenbar auch<br />
von einer erwachsenen Frau hatte). Pawel und Dascha<br />
wollten weitergehen. Da kam eine Frau aus dem Kloster<br />
auf sie zu, eine Bettlerin, und streckte ihre Hand<br />
aus: „Gebt, so viel ihr könnt, für ein Stück Brot“. Pawel<br />
nahm vierzig Kopeken heraus. Da hörte er neben<br />
sich das Mädchen: „Sie sagen ‚für ein Stück Brot’, in<br />
Wirklichkeit kaufen sie am Abend dafür Wodka. Wir<br />
sind mal einer nachgegangen“. „Und wie heißt du?“.<br />
„Katja“. „Wie alt bist du?“ „Zwölf“.<br />
Sie war zu klein für ihr Alter. Pawel gab ihr einen<br />
Rubel, sie nahm ihn schnell und erklärte, dass das für<br />
Kerzen und ein Mohnbrötchen reiche. Dascha sagte:<br />
„Du solltest den Pullover ausziehen. Es ist heiß“. Das
Tod eines Pensionärs<br />
21<br />
Mädchen zog aus dem Halsausschnitt ein Stück Wäsche<br />
hervor: „Nein, ich habe nur das Nachthemd darunter“.<br />
Bevor sie zum Gottesdienst ging, setzte sie sich zwischen<br />
sie auf die Bank. Sie redete frei über alles, und<br />
natürlich über sich selbst: sie hatte ein erstaunliches<br />
Unterhaltungstalent. Pawel war überrascht von ihrer<br />
Unbefangenheit und Offenheit, von der lebendigen<br />
Sprache. „Mama ist nach Kurgan gefahren. Wer sich<br />
um mich kümmert? Eine Freundin von Mama schaut<br />
nach mir. Manchmal bringen meine Freundinnen etwas<br />
zu Essen, Brot, Suppe (es war klar, dass die „Freundin<br />
von Mama“ nicht sehr nach ihr sah, gerade so viel<br />
vielleicht, dass sie nicht starb). Letzte Woche haben sie<br />
mir für zweiunddreißig Rubel Fleisch gekauft. Ich habe<br />
mir einen ganzen Topf gekocht , es hat gut geschmeckt.<br />
Kochen kann ich, meine Mama ist Köchin und Näherin.<br />
Sie hat Papa hinausgeworfen: „Verschwinde“, hat<br />
sie gerufen, „oder ich bringe dich um“. Nein, ich bin<br />
nicht aus Kurgan. Ich bin in Moskau geboren. Aber ich<br />
mag Papa Sascha nicht, ich mag Onkel Witja mehr als<br />
meinen richtigen Papa. Sascha hat mir draußen vor der<br />
Tür mit dem Messer gedroht. Ich habe die Tür aufgemacht<br />
und ihm einen Fußtritt in den Bauch gegeben!<br />
(Ihre Augen glänzten bei diesem Einfall). Er ist weggelaufen.<br />
Ich komme noch nicht lange hierher. Ich habe<br />
mich taufen lassen. Vater Andrej hat mich kostenlos<br />
getauft. Vor einer Woche — und sie zeigte ein billiges<br />
Messingkreuz an einer Papierschnur. Nein, nicht hier.<br />
Bei uns hinter der Schlucht bei der Brücke gibt es
22 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
auch eine Kirche. Nein, ich bin selbst zu ihm gegangen.<br />
Mama weiß noch nichts davon. Ich komme hierher<br />
und helfe, den Schwestern, den Müttern, manchmal<br />
fege ich, spüle das Geschirr. Sie geben mir auch etwas<br />
zu Essen, manchmal eine Kopeke. Dann kaufe ich<br />
mir ein Brötchen. Hier ist es billiger. Lesen kann ich,<br />
aber schlecht. Ich komme erst dieses Jahr in die zweite<br />
Klasse. Warum ich nicht früher in die Schule gegangen<br />
bin? Weil wir arm sind, das Geld hat nicht für die<br />
Schultasche gereicht. Wir sind fünf bei Mama, noch<br />
zwei Brüder und zwei Schwestern. Bald kommt noch<br />
ein Kleines dazu, bei meiner Schwester Lenka. Ihr<br />
Mann hat ihr mit dem Fuß in den Bauch getreten, als<br />
sie ihn gebeten hat, nicht so viel zu trinken. Sie schlafen<br />
auf dem Sofa. Die Brüder auf dem Klappbett und<br />
ich auf einer Liege. Mama hat mit Papa Sascha früher<br />
auf dem Sofa geschlafen, bis zu Lenkas Hochzeit, und<br />
jetzt auf dem Fußboden...<br />
Halb Russland war so. Bei ihm war es umgekehrt.<br />
Ihn brauchten seine Kinder nicht.<br />
* * *<br />
Warum war er überhaupt in Pension gegangen? Hatte<br />
er denn nicht gewusst, dass es schwer werden würde?<br />
Aber damals hatte er noch gearbeitet und die Pension<br />
wie ein Zusatzeinkommen betrachtet.<br />
Die ganze letzte Woche war er zum Pensionsfond<br />
gelaufen und hatte versucht, eine Erhöhung seiner<br />
Pension um dreihundert Rubel zu bekommen, die ihm
Tod eines Pensionärs<br />
23<br />
durch eine Zusatzversicherung zustanden. Er rutschte<br />
auf den Gehsteigen entlang, und immer, wenn er vor<br />
den an einer roten Ampel wartenden Autos die Straße<br />
überquerte und den Fuß auf die vereiste Bordsteinkante<br />
auf der anderen Seite setzte, dachte er, dass er<br />
ausrutschen, auf den Rücken fallen und ihn ein anfahrendes<br />
Auto überrollen würde. Am Übergang vor dem<br />
Gebäude des Pensionsfonds gab es überhaupt keine<br />
Ampel. Wer es auf die andere Seite schafft, bekommt<br />
Pension, dachte er. Wer es nicht schafft, ist kein<br />
Mensch und damit auch kein Pensionsproblem.<br />
Das erste Mal war er vor sieben Jahren Ende März<br />
dorthin gegangen, drei Tage vor seinem Geburtstag,<br />
neun Uhr morgens. Er hatte alle notwendigen Dokumente<br />
dabei und war sicher, dass das Ganze eine halbe<br />
Stunde dauern würde, maximal eine Stunde. Die<br />
Tür war schon geöffnet, aber als er in der ersten Etage<br />
anlangte, erblickte er eine endlose, lange russische<br />
Schlange aus alten Menschen. Alle drängten zu einer<br />
mit Leder bezogenen Tür, aber die Reihenfolge wurde<br />
eingehalten. Da saß eine Frau mit einer Liste, auf der<br />
die Namen und die dazugehörigen Nummern in der<br />
Schlange eingetragen wurden. Pawel ging zu ihr hin<br />
und bat sie, ihn aufzuschreiben. „Sie sind die einhundertachtundvierzig“,<br />
sagte die Frau, die eine Strickmütze<br />
trug. Eine große, breitschultrige Frau in einem<br />
Wattemantel, die daneben stand, zuckte mit den<br />
Schultern: „Heute kommen Sie nicht mehr dran, vielleicht<br />
in zwei Tagen, wenn es nach dieser Liste geht.
24 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
Die nehmen nicht mehr als dreißig Leute pro Tag.“<br />
„Was erzählen Sie denn da!“, erwiderte die erste mit<br />
der Strickmütze. „Manchmal tragen sich Leute ein, die<br />
weggehen und nicht rechtzeitig wiederkommen. Dann<br />
rücken die auf, die dageblieben sind. Aber mit Ihrer<br />
Nummer, mein Lieber, haben Sie nicht viele Chancen“.<br />
„Wann muss man denn da sein, um am gleichen Tag<br />
dranzukommen?“, fragte Pawel, der verstanden hatte,<br />
dass er heute wieder gehen musste. „Alle, die ganz zuerst<br />
kommen, gegen fünf Uhr früh“, erklärten sie ihm.<br />
„Und bis neun Uhr draußen vor der Tür warten“.<br />
Aber der März war kalt in jenem Jahr, und Pawel<br />
kam erst Ende April um sich anzustellen. Er wartete<br />
drei Stunden auf der Straße, das kleine Geschäft erledigte<br />
er in einem nahen Gebüsch, die Prostata ließ<br />
ihm keine Ruhe. Um acht ließ man die Leute ins Erdgeschoss,<br />
die erste Etage wurde von Sicherheitsleuten<br />
bewacht. Der Pensionsfond begann um neun Uhr mit<br />
der Arbeit. Dann saß er lange auf einer Bank, drängte<br />
sich ab und an zur Tür, blickte hinein um zu sehen, ob<br />
seine Sachbearbeiterin schon frei war. Und dann die<br />
nicht enden wollenden Streitigkeiten vor dieser wichtigen<br />
Tür: „He, bleiben Sie draußen!“ „Ich muss nur etwas<br />
abgeben“. „Das sagen alle. Sie bleiben schön hier.<br />
Was denn, wollen Sie sich etwa mit einer Frau prügeln?<br />
Ich frage dich, wohin du willst?! Lasst ihn nicht<br />
rein!“ Irgendwann gegen vier Uhr war er an der Reihe,<br />
nachdem er vor dem Eingang eine Unmenge Zigaretten<br />
geraucht hatte, obwohl er zuvor ein halbes Jahr über-
Tod eines Pensionärs<br />
25<br />
haupt keine angerührt hatte. In dem riesigen Zimmer,<br />
das mit Aktenschränken und Tischen vollgestellt war,<br />
saßen die Sachbearbeiterinnen, von denen die Zukunft<br />
des Pensionärs abhing: Wie schnell würde die Pension<br />
ausgezahlt werden? Und dabei arbeiteten im Unterschied<br />
zu Pawel einige Leute nicht mehr. Für sie bedeutete<br />
jede Verzögerung eine Katastrophe. Hier nun<br />
zeigte die Behörde ihre ganze Boshaftigkeit. Nicht nur,<br />
dass man Pensionsbenachrichtigungen nicht per Post<br />
verschickte, wie es in Amerika oder Europa üblich war.<br />
Es besuchte einen auch kein höflicher Beamter, und die<br />
Pension wurde nicht ab dem Geburtstag, sondern erst<br />
ab dem Tag der Antragstellung berechnet!<br />
„Und wenn ich, sagen wir mal, ein halbes Jahr<br />
krank gewesen wäre?“ „Das interessiert uns nicht. Wir<br />
stellen die Regeln nicht selbst auf“, antwortete eine<br />
junge, aber bereits bedenklich in die Breite gegangene,<br />
ungefähr fünfundzwanzigjährige Frau. Vollends aus<br />
der Fassung brachte ihn eine Frau in einem anderen<br />
Büro, wo Galachov herauszufinden versuchte, wie viel<br />
er in den zwei Jahren, seit es die Zusatzversicherung<br />
gab, angespart hatte. „In Ihrem Alter spart man nicht<br />
mehr viel an“, teilte ihm die Beamtin lächelnd mit.<br />
„Für Sie gilt eine Restlebenszeit, versuchen Sie die zu<br />
nutzen“. „Was für eine Restlebenszeit?“ Pawel verspürte<br />
eine Art mystischen Schrecken. „Ihre Restlebenszeit<br />
wurde auf 18 Jahre festgelegt“. Er fragte noch einmal,<br />
ohne recht verstanden zu haben: „Meine?“ „Ja, für alle<br />
Pensionäre von dem Zeitpunkt an, ab dem sie Pension
26 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
bekommen“. „Und wenn ich Sie betrüge und noch ein<br />
paar Jahre länger lebe?“ „Sie werden uns nicht betrügen,<br />
das haben kluge Leute berechnet. Normalerweise<br />
stirbt man viel eher“.<br />
Sein Freund Oreschin hatte einen kahlköpfigen<br />
Kumpel, der ihm schon alt vorkam, mit Spitznamen<br />
„der Kommissar“ (Oreschin hatte überhaupt eine Vorliebe<br />
für seltsame Typen), mit Altersflecken auf der<br />
Glatze und im Gesicht; er trank mit ihnen zusammen<br />
und grölte dabei Lieder. Einmal hatte ihn Pawel, als<br />
er schon betrunken war, gefragt, ob er tatsächlich eine<br />
Waffe mit sich herumtrage. Doch dann rief ihn eines<br />
Tages sein Freund an um ihm mitzuteilen, dass „der<br />
Kommissar“ mit sich Schluss gemacht habe, einfach so.<br />
Zur Sicherheit hatte er sich in einem Aufzugsschacht<br />
erhängt: wenn der Strick nicht gehalten hätte, wäre<br />
er zu Tode gestürzt. Dem „Tod eines Kommissars“ von<br />
Petrow-Wodkin ähnelte das nicht im geringsten. Keine<br />
rote Fahne, keine Kamaraden, die mit in den Kampf<br />
zogen. Ein grausamer und verzweifelter Tod. Und erst<br />
die Tode der anderen Alten!<br />
Dennoch war er vor einem Jahr aus dem Universitätsdienst<br />
in Pension gegangen. Er hatte nicht mehr<br />
genug Kraft, um Vorlesungen zu halten, der ehemals<br />
beliebte Lehrer hatte den Kontakt mit seinen Hörern<br />
verloren. Er hatte keine Lust mehr, sich vorzubereiten.<br />
Ja er hatte nicht einmal mehr die Kraft in der überfüllten<br />
Metro zur ersten Stunde zu fahren. Schon früher<br />
war halb tot aus der Metro gekommen, besonders nach
Tod eines Pensionärs<br />
27<br />
dem Umsteigen am Prospekt Mira. Nass, zerdrückt,<br />
verschwitzt. Er brauchte immer eine Weile, um zu sich<br />
zu kommen, die zerknitterte Jacke glatt zu streichen<br />
oder den Regenmantel zu ordnen, je nach Wetter. Und<br />
wenn es regnete, musste er den Schirm aufspannen und<br />
zwanzig Minuten durch Pfützen zur Uni laufen, während<br />
er noch im Halbschlaf war. Von da an hatten sich<br />
die Worte der Beamtin aus dem Pensionsfond über die<br />
„Restlebenszeit“ zu erfüllen begonnen.<br />
Nachdem Dascha fortgegangen war, hatte er angefangen,<br />
das Leben der Obdachlosen zu beobachten.<br />
Wie sie Blechbüchsen sammeltenn, sie auf den Boden<br />
stellten, mit einem lauten Knall zertraten, in eine Tüte<br />
packten, wohin sie sie brachten, wie viel sie dafür bekamen.<br />
Eine große Tasche und fingerlose Handschuhe,<br />
um in den Abfalltonnen graben zu können. Zum<br />
Beispiel der Alte, der in einer Abfalltonne wühlte.<br />
Die Tonne war grün und schäbig. Für einen Universitätsprofesser<br />
wäre es peinlich, in Abfalltonnen zu<br />
graben. Der Alte sah, wie etwas Verwertbares in die<br />
Tonne geworfen wurde, aber da kam schon das Müllauto,<br />
hob die Tonne mit Magneten hoch und leerte sie,<br />
kein Glück gehabt. Der Obdachlose stolperte und fing<br />
an zu schimpfen. Nun ja, dachte Galachow, im Großen<br />
und Ganzen geht es mir doch nicht schlecht. Immerhin<br />
habe ich ein Dach über dem Kopf. Pawel sah im<br />
Fernsehen eine Sendung über einen Obdachlosen, der<br />
Pension bekam, Büchsen sammelte und damit Millionär<br />
wurde. Der Reporter meinte aber, das Milieu sei
28 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
schon aufgeteilt. Schlecht riechende Männer würden<br />
jeden Fremden verjagen, der anfing in einer Tonne zu<br />
wühlen. Es gab sogar Untergruppen: Papiersammler,<br />
Flaschensammler, Büchsensammler. Für Pawel war da<br />
kein Platz.<br />
Der Professor erinnerte sich an die Idee von den<br />
„wilden Hominiden“, über die Mitte der neunziger Jahre<br />
ein gewisser Didenko geschrieben hatte. Dass sich<br />
die Menschheit angeblich von jeher in Menschen und<br />
„wilde Hominiden“ geteilt habe, die im Wesen ähnlich,<br />
aber biologisch verschieden seien und auf Kosten anderer<br />
Menschen lebten. Galachow hatte dieser Idee<br />
damals sogar in einem seiner Artikel widersprochen,<br />
sie sei zu biologistisch. Er griff Didenko scharf an.<br />
Man müsse soziale Regeln finden, hatte er ihm entgegengehalten.<br />
Damals war er stark. Und er hatte nicht<br />
verstanden, wie man mit bloßem Auge einen wilden<br />
Hominiden erkennen könne. Jetzt sah er sie: auf den<br />
Straßen, in den Verkehrsmitteln, im Fernsehen, er<br />
lernte zu unterscheiden. Im Fernsehen sah er, wie der<br />
russische Sozialminister verkündete, die Gelder für die<br />
soziale Absicherung würden so berechnet, dass ein russischer<br />
Mann mit siebenundfünfzig bis neunundfünfzig<br />
Jahren sterben muss, ohne das Pensionsalter zu erreichen.<br />
Da war selbst Ugrjum-Butschejew von Schtschedrin<br />
gnädiger. Er las die Anweisungen des Stadtkommandanten<br />
aus der „Geschichte einer Stadt“: „Sehr<br />
alte und nicht mehr arbeitsfähige Menschen können<br />
auch getötet werden, aber nur, wenn die zuständigen
Tod eines Pensionärs<br />
29<br />
Beamten feststellen, dass es für die Wirtschaft zu viele<br />
Arbeitskräfte gibt“.<br />
Galachow dachte über das Leben nach, über wilde<br />
Hominiden und dämmerte vor sich hin.<br />
* * *<br />
Er hatte immer merkwürdigere Träume. Als Dascha<br />
nicht da war, weil sie zur Arbeit musste, bekam er einmal<br />
fast eine Wahnvorstellung. Er träumte von seiner<br />
Mutter mit dem Blick einer Irren. Irgend jemand<br />
klopfte wie verrückt mit einem schweren Gegenstand<br />
an seine Tür, drückte sie ein, riss dabei einen Teil der<br />
Füllung heraus, völlig schamlos, ohne sich im geringsten<br />
um die Nachbarn zu kümmern. Er öffnete die halbzerstörte<br />
Tür. Auf der Schwelle stand seine Mutter<br />
mit starren, leeren Augen wie auf Breughels Bild vom<br />
Sturz der Blinden, die Haare wirr, in den Händen ein<br />
Brecheisen. Und sie murmelte: „Ich habe Angst um<br />
euch bekommen. Und habe beschlossen nachzusehen,<br />
wie es euch geht“. Sie sprach und sah aus, als wäre sie<br />
lebendig. Da fiel Pawel ein, dass sie schon vor einigen<br />
Jahren gestorben war.<br />
Und dann der Traum letzte Nacht. Pawel wusste,<br />
dass sich im Zimmer nebenan all das Böse der Welt<br />
versammelt hat um mit der Vernichtung der Menschheit<br />
zu beginnen. Und er hatte in seinem kleinen, niedrigen<br />
Bücherschrank, der mit einer Tür verschlossen<br />
ist, eine Superwaffe; nur mit ihr konnte all das Böse<br />
der Welt vernichtet werden. Seine Tochter war des-
30 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
wegen aus Schweden zurückgekommen: „Papa, nimm<br />
die Waffe. Wir sind die einzigen, die das erledigen können“.<br />
Und dabei hatte er die Tür, hinter der der Feind<br />
lauerte, noch kurz bevor sie kam, nicht nur verschlossen,<br />
sondern in den Türspalt auch noch Daschas große<br />
Schneiderschere gesteckt, damit sie nicht geöffnet<br />
werden konnte. „Ja“, antwortete er, „wir nehmen sie<br />
jetzt und gehen auf den Balkon hinaus, von dort können<br />
wir in das Zimmer schießen“. Ihm kam gar nicht<br />
der Gedanke, dass er überhaupt nicht schießen konnte,<br />
er war nie bei der Armee gewesen. Er öffnete die Tür<br />
des Schränkchens und da war keine Waffe, sondern<br />
nur Bücher. „Wo ist sie?“, rief seine Tochter verzweifelt.<br />
Und er zerrte ein Buch nach dem anderen heraus,<br />
sie bildeten schon einen Haufen, und hinter den Büchern<br />
waren noch mehr Bücher — aber keine Waffe.<br />
Nein, er musste trotzdem aufstehen, wenigstens<br />
um die Blumen zu gießen. Außerdem hatte er Durst<br />
und musste zur Toilette. Die Augen tränten ihm noch<br />
immer, als würde er weinen. Als er sie sich mit einem<br />
Zipfel der Bettdecke abgewischt hatte, versuchte er<br />
noch einmal aufzustehen, aber nun konnte noch nicht<br />
einmal mehr den Arm bewegen, geschweige denn sich<br />
aufsetzen und die Beine auf den Boden stellen. Er hatte<br />
sich doch etwas Ernsthaftes zugezogen! Ende Februar<br />
hatte man ungeachtet des schnellen Wechsels<br />
von Frost und Tauwetter, der vereisten Gehsteige und<br />
der rutschigen Unebenheiten aus Schnee und Eis die<br />
Räumung der Straßen eingestellt. Der Bürgermeister
Tod eines Pensionärs<br />
31<br />
war nur bei städtischen Katastrophen im Fernsehen<br />
zu sehen, er versprach sich darum zu kümmern, aber<br />
es war bereits klar, dass er nach der nächsten Wahl abtreten<br />
würde und die Beamten zu nichts mehr zwingen<br />
konnte. Und ohne Befehl geschah in Russland überhaupt<br />
nichts. Die Beamten hatten jetzt keine Zeit: sie<br />
wußten, dass sie nach dem Abgang des Chefs nicht auf<br />
ihren Stellen bleiben würden, und so versuchten sie<br />
fieberhaft, das in den Jahren ihrer Macht Zusammengstohlene<br />
wegzubringen, ihre Luxushäuser und teuren<br />
Autos legalisieren zu lassen. Die Gehsteige waren ihnen<br />
völlig egal! Währenddessen stürzten die Alten<br />
und Menschen im so genannten mittleren Alter und<br />
brachen sich die Knochen.<br />
Er musste liegen bleiben und sich in Geduld üben.<br />
Je weniger man trank, umso weniger musste man<br />
schließlich auf die Toilette. Der Schmerz würde nachlassen<br />
und er könnte aufstehen. Es ist schön, wenn<br />
draußen der Wind pfeift und man jung ist, im warmen<br />
Bett liegt, ein Buch liest und denkt, dass man sich an<br />
diesen gemütlichen Abend irgendwann erinnern wird.<br />
Aber wenn man siebenundsechzig ist? ... Warum hatte<br />
er seine ängstliche Natur nicht seinen Kindern vererbt?<br />
Niemand kam und besuchte ihn. Und wie würden<br />
sie die Wohnung aufteilen? Er könnte sich nicht<br />
so verhalten. Er fuhr jede Woche zu seinem Vater und<br />
rief jeden Tag an (seine Mutter war vor acht Jahren<br />
gestorben), mit Geld, so wie früher, konnte er nicht<br />
aushelfen, aber er versuchte, wenn er hinfuhr, wenigs-
32 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
tens Obst mitzubringen. Bei seinem Vater wohnte<br />
eine Frau, die nach ihm sah. Früher hatten ihm sein<br />
Bruder und er jeweils die Hälfte ihres Lohns gegeben,<br />
aber jetzt konnte er die tausend Rubel kaum entbehren,<br />
lächerliche dreißig Dollar. Sein Bruder Cäsarius<br />
hatte zuerst verlangt, dass er genau so viel bezahle wie<br />
früher — sechstausend Rubel. „Es ist unser gemeinsamer<br />
Vater“ meinte er zur Begründung. Aber was sollte<br />
er tun, da er jetzt nur noch viereinhalbtausend bekam,<br />
einhundertsechzig Dollar, von denen zweitausend für<br />
die Wohnung abgingen. Cäsarius hatte ihm vorgeschlagen<br />
seine Wohnung, die zu groß für ihn war, zu verkaufen<br />
oder zu tauschen und mit dem Geld, das er dafür<br />
bekommen würde, seinen Anteil für die Pflegerin des<br />
Vaters zu zahlen. Pawel hatte abgelehnt. Es war schwer<br />
vorstellbar, die Dreizimmerwohnung, an die er sich so<br />
gewöhnt hatte und die vollgestopft war mit Büchern,<br />
zu tauschen. Wohin mit den Büchern? Wegwerfen? Er<br />
hatte so lange mit ihnen gelebt! ... Schon der Gedanke<br />
daran war schrecklich. Einige Male hatte jemand bei<br />
ihm angerufen und ein vorteilhaftes Tauschgeschäft<br />
angeboten, zum Beispiel mit einer <strong>Zwei</strong>zimmerwohnung<br />
zuzüglich einer ordentlichen Ablösesumme. Aber<br />
er hatte immer abgelehnt, hatte Bedenken, glaubte<br />
nicht, warf den Hörer hin. Es wurde zu viel darüber<br />
geschrieben, wie bei solchen Tauschgeschäften die Alten<br />
ganz auf die Straße geworfen wurden, wenn man<br />
sie nicht gleich in einem Vorstadtpark umbrachte. Sein<br />
Bruder Cäsarius (ein Nachzügler — den furchtbaren
Tod eines Pensionärs<br />
33<br />
Namen hatte ihm der Vater gegeben) hatte drei Wohnungen<br />
in Moskau, ganz zu schweigen von den Londoner<br />
Appartements. Dazu würde er noch die väterliche<br />
Wohnung erben.<br />
Es stimmte, er hatte noch etwas auf dem Konto,<br />
auf das sein letztes Gehalt gezahlt worden war. Aber<br />
das Geld rührte er ungern an, er wollte es für sein Begräbnis<br />
aufsparen. Den Pin-Code der Karte (mit einer<br />
Erklärung, wofür das Geld bestimmt war) hatte er<br />
auf ein Stück Papier geschrieben und es in die oberste<br />
Schreibtischschublage gelegt, in der Hoffnung, dass<br />
nach seinem Tod zuerst sein Sohn oder sein Bruder<br />
kommen würden. Nur die Dollars von Dascha waren<br />
nicht dort. Als er an die Dollars dachte, übermannte<br />
ihn der Schmerz. Wie es Dascha wohl in Amerika<br />
ging? ... Er hatte einmal geträumt, Dascha habe ihm<br />
eine SMS geschickt, so als ob sie nicht nach Amerika,<br />
sondern auf eine Dienstreise gegangen wäre: „Wie geht<br />
es dir, mein Herz? Hast du den Vortrag geschrieben?<br />
Ich langweile mich und möchte so sehr zu dir“. Sie war<br />
schon lange nicht mehr bei ihm. Dascha hatte oft gesagt,<br />
dass es ihnen gut ginge. Und sie lebten lange Zeit<br />
nicht schlecht. Aber dann hatte sie ihn doch verlassen.<br />
Wie in alten Romanen über die Macht des Goldes — so<br />
war es auch ihnen ergangen. Nein, vielleicht nicht ganz<br />
so, immerhin hatten sie zehn Jahre zusammen gelebt.<br />
Sie liebte ihn nicht nur, sondern achtete ihn auch, war<br />
stolz auf seine Bekanntheit, seine Bücher. Weder dass<br />
er bekannt war noch seine Professur brachten Geld ein.
34 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
Sicher, Galachow gab ab und zu komische, aber wahre<br />
Geschichten zum Besten, wie ausländische Kollegen<br />
staunten, als sie erfuhren, dass er im Monat dreihundert<br />
Dollar verdiente, sie hatten sogar gefragt, ob er<br />
ein richtiger Professor sei. Er hatte gelacht: „Ich werde<br />
ihnen doch nicht meine zwanzig Bücher zeigen!“ Dascha<br />
hatte ziemlich lange mitgelacht. Dabei musste sie<br />
selbst viel arbeiten. Sie unterrichtete an zwei Universitäten,<br />
übersetzte gegen Honorar aus dem Englischen<br />
irgendwelche populärwissenschaftlichen Bücher und<br />
hatte sogar noch eine Anstellung in einem Institut.<br />
Und dennoch reichte das Geld nur von Monat zu Monat.<br />
Obwohl Pawel nicht mehr Professor war, schrieb<br />
er noch unzählige Gutachten, die Bezahlung war lächerlich,<br />
ja er schrieb sogar Bücher, die bezuschusst<br />
werden mussten. Geld brachten die Bücher überhaupt<br />
keins. Er wunderte sich immer, wie Kollegen mit weitaus<br />
weniger wissenschaftlichen Leistungen ein bedeutend<br />
besseres Leben führen konnten als er. Sehr oft,<br />
wenn Dascha lange fort war, rief er sie auf dem Handy<br />
an. Dabei gab es zwei Varianten. Entweder meldete sie<br />
sich nicht und es läutete unzählige Male („sie habe den<br />
Ton ausgeschaltet, um den Unterricht nicht zu stören“,<br />
erklärte sie). Pawel gab selbst Unterricht und schaltete<br />
sein Handy nie aus: ein Professor kann sich das<br />
leisten. Oder der Gesprächsteilnehmer war nicht erreichbar.<br />
Dann erzählte sie, dass ihre Veranstaltung in<br />
einen Raum mit sehr dicken Wänden verlegt worden<br />
sei, wo man keinen Empfang hatte. Einmal hatte er sie
Tod eines Pensionärs<br />
35<br />
nach einer Besprechung gegen sieben Uhr abends doch<br />
erreicht. Sie meldete sich kurz angebunden: „Ich kann<br />
jetzt nicht sprechen. Der Chef macht eine Einführung.<br />
Ich komme spät“. Anfangs war Pawel wütend gewesen.<br />
Aber was hätte er tun können! Und er hörte auf sie zu<br />
stören, wenn sie im Dienst war. Dascha erledigte alle<br />
diese Arbeiten, obwohl sie zu hohen Blutdruck hatte<br />
und, was noch schlimmer war, irgendein Frauenleiden.<br />
Manchmal konnte sie ihren Kopf nicht bewegen, aber<br />
sie stand trotzdem auf und sagte: „Solange der Mensch<br />
gehen kann, muss er arbeiten. Schließlich bekomme ich<br />
Geld dafür. Woher sollen wir es sonst nehmen“.<br />
Pawel blieb nichts weiter übrig als sich Sorgen um<br />
sie zu machen, in die Apotheke zu gehen, am Wochenende<br />
mir ihr stille Spaziergänge zu unternehmen. In<br />
Sibirien wurde besser gezahlt, besonders in den „Ölstädten“,<br />
plötzlich begann sie, von dort viel Geld und<br />
teure Geschenke mitzubringen. Das war in Russland so<br />
üblich, und Pawel wunderte sich nicht darüber. Aber<br />
als sie nicht mehr da war, malte er sich aus, wie sich<br />
einer dieser kleineren und trotzdem millionenschweren<br />
Ölmagnaten mit der Schönheit dieser reifen Frau<br />
schmückte und, vor allem, mit ihrem Verstand, was für<br />
ihn als gebildeten Menschen auch wichtig war. Dascha<br />
war siebenunddreißig, das sind die besten Jahre einer<br />
Frau! Dass ihre Kräfte nachließen, konnte man verstehen.<br />
Sie wurde sehr krank, im Ausland gab es Medikamente<br />
und Ärzte, die jeden wieder gesund machten. Sie<br />
war in die USA gegangen um mit ihrem neuen Russen
36 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
dort zu leben, dachte Pawel. Ihm schien, als habe sie<br />
ihm mal mit zweihundert, mal mit dreihundert Dollar<br />
ausgeholfen. Wo waren sie? So sehr er auch suchte, sie<br />
blieben unauffindbar. Dann waren keine Nachrichten<br />
mehr von ihr gekommen, und er hatte sich eine Geschichte<br />
ausgedacht: Dass der neureiche Russe Dascha<br />
verstoßen habe, dass sie allein sei, in diesem reichen<br />
Amerika dahinvegetiere, in Obdachlosenunterkünften<br />
schlafen müsse. Aber darüber schreiben oder gar um<br />
Hilfe bitten, das konnte sie nicht. Sie schämte sich.<br />
Eigentlich hätte er ihr irgendwie helfen müssen, etwas<br />
von der Pension beiseite legen, diese verdammten,<br />
wer weiß wohin verschwundenen Dollars finden. Aber<br />
an welche Adresse hätte er sie schicken sollen? Nachrichten<br />
und Dollars schickte sie ganz unregelmäßig,<br />
da kamen dann irgendwelche seltsamen Leute, brachten<br />
eine Sendung und verschwanden, und es kam ihm<br />
nicht einmal in den Sinn, ihre Personalien zu erfragen.<br />
Es war schon dankenswert, dass sie überhaupt kamen.<br />
Ja, genau so wie in den Romanen von Balzac, den<br />
er einst so geliebt hatte. Alles war verständlich, sechsundsechzig<br />
war er gerade geworden, als er allein blieb.<br />
Und jetzt war er siebenundsechzig. In diesem Alter<br />
waren seine beiden Großväter gestorben. Er lag auf<br />
dem Rücken und kam sich vor wie Gregor Samsa, der<br />
plötzlich in ein Ungeziefer verwandelt worden ist. Er<br />
erinnerte sich sogar an das deutsche Wort: Ungeziefer.<br />
Waren Pensionäre nicht so etwas Ähnliches wie Ungeziefer?
Tod eines Pensionärs<br />
37<br />
Die Nachbarn kamen ihn nur selten besuchen. Sie<br />
hatten alle ihre eigenen Sorgen. Aber die Beziehungen<br />
waren herzlich, das hieß Guten Tag und ein Lächeln,<br />
wenn man sich begegnete. Manchmal kamen sie zu<br />
Neujahr mit einem Gläschen zu ihm oder luden ihn<br />
zum Anstoßen ein. Zufällige Begegnungen an der Tür<br />
oder im Hof...<br />
Früher hatte ihn das Wort „Pensionär“ durch irgend<br />
etwas an das Wort „Legionär“ erinnert. Ein Pensionär,<br />
das ist ein Legionär in Ruhe. Er war allein in einer<br />
Dreizimmerwohnung. Es war alles da, trotzdem war er<br />
arm. Im Westen fuhr ein Professor mit seiner Pension<br />
um die ganze Welt, und wohin fuhr er mit der Straßenbahn?<br />
In den Park um auf einer Bank zu sitzen? Das<br />
war auch kein Leben, sondern ein langsames Sterben.<br />
Jetzt verstand er die langen Gespräche alter Frauen auf<br />
den Bänken, über die er früher Witze gemacht hatte.<br />
Ihre Versuche, sich in ein fremdes Leben zu mischen,<br />
womit sie der Jugend so auf die Nerven gingen, waren<br />
einfach der Wunsch, für jemanden nützlich zu sein und<br />
damit das eigene Leben zu füllen, es zu verlängern.<br />
Also, war er Legionär? Die Studenten erwarteten<br />
von ihm ein entscheidendes Wort, aber ihn erschreckten<br />
all die sinnlosen Revolutionen und Bewegungen<br />
der Weltgeschichte, bei denen Millionen für ein paar<br />
Worte gestorben waren, die nach zwanzig Jahren alle<br />
wieder verschwanden. Aber die jungen Leute wollten<br />
Bewegung, Aktivismus. Oder wenigstens eine neue<br />
Lehre. Ein eigenes Wort, das sich erst hätte finden
38 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
müssen, fehlte ihm. Er verfügte über genaue Beobachtungen,<br />
tiefgründige Analysen — aber damit baut man<br />
kein System.<br />
* * *<br />
An Aktivität war überhaupt nicht zu denken. Er konnte<br />
nicht aufstehen. Dabei hätte er seine Medikamente nehmen<br />
müssen: Nootropil, Sermion, Dekamevit, Sidnofarm,<br />
alles, was er auf Rezept bekam. Aber er hatte keine<br />
Kraft zum Aufstehen. Musste er auch auf diese Geländerstange<br />
fallen! Er berührte mit der Hand die schmerzende<br />
Stelle am Rücken ein Stück oberhalb der Taille.<br />
Es tat weh, aber scheinbar war nichts gebrochen. Denn<br />
der Schmerz war erträglich, wie von einer Schramme.<br />
Irgendwo hatte er gelesen, dass man einen Bruch gar<br />
nicht berühren konnte. Und berühren konnte er die<br />
Stelle, auch wenn es sicher einen blauen Fleck geben<br />
würde. Also keine Panik! Er würde nicht wegen eines<br />
blauen Flecks den Arzt rufen! Ihm wäre es auch unangenehm<br />
gewesen, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.<br />
Dazu noch dieser Gestank! Ein betäubender Gestank,<br />
der einem den Atmen nahm. Obwohl man sagt, dass der<br />
Mensch seinen eigenen Geruch nicht wahrnimmt, aber<br />
die Gase mussten entweichen, die Fenster waren zu,<br />
und Galachow befand sich ungewollt in einem geschlossenen<br />
Raum, in dem er sich selbst mit seinen Ausdünstungen<br />
vergiftete. Er hätte aufstehen sollen, zur Toilette<br />
gehen und dann noch das Fenster ein Stück öffnen.<br />
Noch vor Daschas Abreise waren sie auf die kluge Idee
Tod eines Pensionärs<br />
39<br />
gekommen, Plastikfenster einzusetzen, damit man den<br />
Straßenlärm nicht so hörte. Aber geschlossene Fenster<br />
ließen auch keinen Geruch auf die Straße.<br />
Warum war so unentschlossen? Er war zu verletzlich.<br />
Manchmal kam er sich wie ein männliches Aschenputtel<br />
vor. Schon immer hatte ihn das Gefühl übergroßer<br />
Verantwortung gequält. Als Jugendlicher war er<br />
mit dem aufgeklappten Taschenmesser in den Park gegangen<br />
um seine Mutter zu beschützen, wenn sie von<br />
der Arbeit kam. Er hatte Angst um sie. Um alle hatte<br />
er Angst. An sich selbst dachte er nicht, er dachte, dass<br />
er allen anderen gegenüber in der Pflicht sei und deshalb<br />
so gut es ging seine Schulden abbezahlen müsse.<br />
Von seiner ersten Frau Lena hatte er sich lange nicht<br />
trennen können, obwohl die Liebe schon längst erloschen<br />
war, sie kümmerte sich nicht sehr um den Haushalt,<br />
er wusch sogar das Geschirr ab, wenn sie Gäste<br />
gehabt hatten, seinen Büchern gegenüber verhielt sie<br />
sich vollkommen ironisch. Aber er verließ sie nicht,<br />
obwohl die Beziehung mit Katja zur Geburt einer<br />
Tochter geführt hatte, er verließ sie nicht, weil er sich<br />
verpflichtet fühlte bei ihr zu bleiben, ihre Wünsche<br />
zu erfüllen. In der Kindheit war sein jüngerer Bruder<br />
Cäsarius der König auf dem Hinterhof gewesen, sie<br />
wussten, dass sein älterer Bruder jederzeit kommen<br />
und ihn an seinen Feinden rächen würde. Und wie er<br />
diesen Bruder ins Institut geholt hatte, ihn zu einem<br />
einflussreichen Bekannten gebracht und einen seiner
40 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
Artikel umgeschrieben und in der Zeitschrift veröffentlicht<br />
hatte, für die er damals selbst arbeitete: von<br />
diesem Menschen hing die Bewertung des Artikels<br />
ab. Er war auch später zu Hilfe gekommen, wenn ihm<br />
irgendeine Gefahr drohte. Dann hatte der Bruder ein<br />
großes Geschäft in den Massenmedien gemacht, war<br />
auf den internationalen Markt gegangen, sein Bruder<br />
begann ihm lästig zu werden. Weil er ihm nicht weltmännisch<br />
genug war? Anfangs hatte er ihn zu sich eingeladen,<br />
aber dann die Tür nicht geöffnet. Später hatte<br />
er, ohne sich zu entschuldigen, gesagt, er habe keine<br />
Zeit, er habe ein wichtiges Treffen mit Leuten aus dem<br />
Westen. Ein schreckliches Gefühl, vor der verschlossenen<br />
Tür zu stehen, an der nicht einmal ein Zettel hing:<br />
Komme dann und dann wieder. Dann hatte er ihn<br />
überhaupt nicht mehr eingeladen. Er hatte nicht wenig<br />
Geld, aber Pawel warf er immer vor: „Du hast es gut,<br />
Du bekommst Gehalt, jeden Monat bekommst du dein<br />
Geld aufs Konto und musst dich um nichts kümmern.<br />
Versuche mal wie ich zu leben! Ich habe kein garantiertes<br />
Einkommen!“ Jetzt bekam Pawel eine garantierte<br />
Pension und der Bruder war als typisch russischer Millionär<br />
nach London gegangen, wo sich die russischen<br />
Oligarchen trafen. Lebenskünstler! Und ihn schickte<br />
er zum Vater wie einen kleinen Jungen und sagte am<br />
Telefon in belehrendem und forderndem Ton: „Wenn<br />
ich es von London aus schaffe den Vater in ein Krankenhaus<br />
zu bringen, dann könntest du wenigstens einmal<br />
am Tag zu ihm fahren und ihn besuchen. Du bist
Tod eines Pensionärs<br />
41<br />
doch Pensionär und hast nichts zu tun.“ Zwischen ihnen<br />
lagen fünfzehn Jahre, Cäsarius hatte seine Jugend<br />
in der Perestroika-Zeit verlebt, er kam mit dem neuen<br />
Leben zurecht. Und er wollte nicht daran denken, dass<br />
sein Bruder schon ein alter, kranker Mann war.<br />
Alle lebten im gegenwärtigen Augenblick, als würden<br />
sie nicht begreifen, dass sie bald sterben müssen.<br />
Ihn beschlich oft ein seltsames Gefühl. Wenn er einen<br />
lachenden Alten sah, oder einen unermüdlichen Arbeiter,<br />
der mit einer Flasche Wodka in der Manteltasche<br />
zu einem Saufgelage ging, Frauen, die sich über irgendwelche<br />
Einkäufe unterhielten, die Kranken in den<br />
Krankenhäusern, einen Menschen, der sich über etwas<br />
Neues freute, dann hatte er immer den Eindruck, sie<br />
lebten für die Ewigkeit, dabei waren es in Wirklichkeit<br />
vielleicht nur fünf Minuten. Sie lebten so, als ob<br />
sie ewig leben würden, als ob ihnen nie der Gedanke<br />
käme, dass der Moment kommen müsse, in dem sie<br />
nicht mehr auf dieser Welt sein würden... „Na und?“,<br />
fragte er sich selbst. Sollte man etwa Selbstmord begehen?<br />
Da war es schon besser so zu leben, als wären die<br />
fünf Minuten eine Ewigkeit. Und was hieß Ewigkeit?<br />
Es war eine geniale Idee von Anderson in der „Schneekönigin“,<br />
dass die Ewigkeit nicht aus Eis sein kann,<br />
nicht aus einem eiskalten Herzen. Sie braucht die<br />
Wärme des Herzens. So weit sie möglich ist, entsteht<br />
sie zeitweise, durch ein liebendes Herz.<br />
Wie hatte sie sich entschieden, wegzugehen? Er erinnerte<br />
sich nur mit Mühe daran. Bevor sie nach Ame-
42 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
rika gefahren war, hatte Dascha abgenommen, war<br />
schwächer geworden, aber sie hatte weiter gearbeitet.<br />
Dann sagte sie, dass sie zu einer kleinen Operation<br />
müsse, eine Frauenangelegenheit, ungefährlich, fügte<br />
sie hinzu. „Und vielleicht fahre ich nach Amerika“, hatte<br />
sie seltsam gelächelt. „Dort höre ich dann auf zu arbeiten.<br />
Ich bin sehr erschöpft. Ich muss mich erholen.“<br />
Er hatte sich bemüht, diese Worte zu überhören.<br />
Würde sie ihn denn verlassen können? Schließlich<br />
war sie ins Krankenhaus gefahren, sie hatte ihn gebeten<br />
nicht mitzukommen, sie würde bald zurück sein.<br />
Sie war in Sorge, ob er immer seine Medikamente nehmen<br />
würde. Er nahm die Medikamente, seine Seele<br />
war bitter, als ob er irgendeine bittere Mixtur getrunken<br />
hätte. Einmal rief sie an, sie wollte wissen, wie es<br />
ihm ginge. Und er fühlte, dass er aufgehört hatte, der<br />
„fantastische Liebhaber“ zu sein, als den sie ihn einmal<br />
bezeichnet hatte, dass sie nicht mehr richtig miteinander<br />
schliefen, was an ihm lag. Seine Zärtlichkeit<br />
reichte nicht mehr weit. Natürlich, sie war noch jung,<br />
sie brauchte etwas anderes. Einmal hatte er ihr das<br />
gesagt und sie hatte geantwortet: „Du hast schlechte<br />
Laune. Warum beleidigst du mich? Das tut mir weh“.<br />
Als sie ihm sagte, dass sie ihn so wolle, wie er eben sei,<br />
hatte er ihr in seiner männlichen Dummheit nicht sehr<br />
geglaubt. Und er hatte Recht behalten, sie hatte ihn<br />
doch verlassen. An dem Tag, als das geschah, ging es<br />
ihm sehr schlecht, er dachte er werde sterben. Und er<br />
freute sich darüber. Aber er starb nicht, er konnte sich
Tod eines Pensionärs<br />
43<br />
einfach nur noch schwer bewegen. Etwas war an diesem<br />
Tag noch gewesen, aber er hatte es vergessen und<br />
wollte sich nicht erinnern.<br />
Am Tag nach ihrer Abreise war Galachow auf die<br />
Straße gegangen, die Nachbarn hatten ihn seltsam angesehen<br />
und ihn bemitleidet. Um ihrem Mitleid auszuweichen,<br />
ging er in den Zarizinski-Park. Er kam am<br />
Zarenpalast vorbei und lief zu einem großen Teich,<br />
setzte sich auf einen Holzklotz zwischen den Bäumen,<br />
sah stumpfsinnig auf das Wasser, das ihm endlos<br />
tief vorkam. Er fragte sich, ob er sich ins Wasser stürzen<br />
und ertrinken könnte. Aber er war weder Ophelia<br />
noch Katharina, er war ein Mann. Es waren die letzten<br />
warmen Augusttage, die Bäume waren grün, und<br />
ihm tat das Herz weh, und Pawel fragte sich besorgt,<br />
ob er es wohl nach Hause schaffen würde. Und da war<br />
plötzlich eine schwarze, offensichtlich nicht mehr junge<br />
Hündin zu ihm gekommen, ein Mischling, die mit<br />
ihrem dürren Schwanz wedelte, hatte ihre Schnauze in<br />
seine Hand gelegt und ihn mit fragenden Augen angesehen.<br />
Er streichelte ihr wie automatisch den Rücken,<br />
sie wurde ruhig und schmiegte sich an ihn. Dann saßen<br />
sie da, Galachow kraulte ihr mechanisch mal das eine,<br />
mal das andere Ohr. Und als er sich nach Hause aufmachte,<br />
folgte ihm die Hündin. Er hatte keine Kraft<br />
sie wegzujagen, sie war so treuherzig. Er nannte sie<br />
Auguste, nach dem Monat, in dem er sie gefunden hatte.<br />
Sie schlief zu seinen Füßen, er fütterte sie mit den<br />
Resten seines Essens, meistens bekam sie Hafergrütze
44 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
mit Fleischbrühe aus gekochten Knochen. Sie sah ihn<br />
an und verstand alles. Ihretwegen ging Pawel morgens<br />
und abends spazieren.<br />
Aber er war traurig. Wenn er ihren dünnen Rücken<br />
ansah, erinnerte er sich unwillkürlich an den alten<br />
Smith aus den „Erniedrigten und Beleidigten“ von<br />
Dostojewski (seine Belesenheit hatte ihn nicht verlassen)<br />
und dessen abgemagerten Hund Asorka. Ihr Tod<br />
war das Vorzeichen für den Tod des Alten gewesen.<br />
* * *<br />
Sein Rücken schmerzte, wenn er versuchte sich umzudrehen.<br />
Sollte er doch den Arzt rufen? Aber aus der<br />
Universitätsklinik würde niemand kommen, und aus<br />
dem Kreiskrankenhaus käme eine dicke Tante und<br />
würde, während sie in die andere Richtung schaute, irgend<br />
etwas brummen, seinen Rücken kneten und Antibiotika<br />
verschreiben, die sie für ein Allheilmittel hielt.<br />
Er wollte die Unabhängigkeit seiner Jugend zurück,<br />
nicht diese Erniedrigungen, die Verwundbarkeit des<br />
Alters. Schließlich war er noch kein alter Mann! Ihn<br />
durfte man noch nicht auf Bäume hochjagen! Aber in<br />
der Gleichgültigkeit und Verachtung der Ärzte spürte<br />
er bereits etwas Ähnliches.<br />
Und er merkte selbst, dass er zwar nicht untertänig,<br />
das nicht, aber abhängig wurde. Die Härte der anderen<br />
über sich ergehen lassen, sie hinunterschlucken. Und<br />
sich nicht dagegen wehren wie früher. Etwas anderes<br />
blieb ihm ja nicht übrig. Vor drei Monaten hatte er
Tod eines Pensionärs<br />
45<br />
vor dem Sprechzimmer der Zahnärztin gesessen. Der<br />
rechte Kiefer war geschwollen, wie mit Blei gefüllt,<br />
er konnte kaum den Mund öffnen. Das Sprechzimmer<br />
war verschlossen, keine Ärztin war weit und breit zu<br />
sehen. Er klopfte an einem anderen Behandlungszimmer,<br />
das sich glücklicherweise auf derselben Etage befand<br />
um zu fragen, ob Walentina Petrowna überhaupt<br />
zur Arbeit gekommen wäre. Die Tür wurde geöffnet. In<br />
dem kleinen Zimmer voller Schränke waren zunächst<br />
nur lauter weiße Kittel zu sehen. Dann erblickte er<br />
seine Ärztin, automatisch grüßte er sie: Guten Tag,<br />
Walentina Petrowna. Eine große Frau im Mantel, die<br />
in der Mitte der anderen Frauen mit weißen Kitteln<br />
stand, fuhr ihn plötzlich hart und barsch an: „Was haben<br />
Sie hier zu suchen?! Am Ende wollen Sie noch bis<br />
in die Toilette mit uns kommen. Sehen Sie nicht, dass<br />
das unser Zimmer ist?!“ Und plötzlich hörte Pawel mit<br />
Schrecken seine eigene Stimme, er hörte, dass er genau<br />
wie es alte Männer taten, erschrocken murmelte: „Entschuldigen<br />
Sie, ich wollte niemanden stören“, und dabei<br />
versuchte freundlich zu sein.<br />
Nein, er musste sich mit Hausmitteln kurieren. Aber<br />
mit welchen? Er erinnerte sich plötzlich an ein lange<br />
zurückliegendes Gespräch mit einer Freundin, die einige<br />
Jahre zuvor nach Deutschland emigriert war. Das<br />
heißt, sie war mit ihrem Mann mitgegangen, der dort<br />
einen <strong>Zwei</strong>jahresvertrag bekommen hatte. Aber als er<br />
zurückkehren wollte und ihr das sagte, fuhr sie ihn an<br />
(später kursierte diese Antwort lange in Emigranten-
46 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
kreisen): „Erschrick mich nicht mit der Heimat!“. Sie<br />
trennte sich von ihm, fand einen Deutschen und blieb.<br />
Pawel also hatte sich einen Infekt eingefangen, weder<br />
eine richtige Grippe noch eine einfache Erkältung,<br />
schluckte verschiedene Tabletten, als ihn plötzlich diese<br />
Freundin Maja anrief: „Du bist krank?“ „Ja, ich bin<br />
krank“. „Was hast du?“. „Scheinbar eine Erkältung“.<br />
„Was nimmst du dagegen?“ „Hausmittel, auf die das<br />
Volk schwört“. „Helfen sie?“. „Nicht sehr“. „Vielleicht<br />
ist es nicht das richtige Volk?“<br />
Er brauchte wenigstens einen Schluck Tee. Die Tasse<br />
stand neben dem Bett am Rand der Kommode. Er<br />
streckte sich ein wenig, kam aber nicht heran, er musste<br />
sich ein Stück aufrichten und den Körper anheben,<br />
um das Kissen unter den Rücken zu schieben. Sein<br />
Körper gehorchte ihm nicht: das kam davon, dass er<br />
nie Sport getrieben hatte. Zugenommen hatte er, und<br />
er war schwer geworden. Er versuchte sich mit Hilfe<br />
der Schultern auf die Ellenbogen zu stützen. Das gelang<br />
ihm. Allerdings rutschte dabei die Decke hinunter.<br />
Aber das war nicht so schlimm. Er griff nach der<br />
Tasse, nahm einen Schluck, aber da erinnerte er sich,<br />
dass er zur Toilette musste. Würde er das schaffen? Es<br />
war nur ein kurzes Stück, aber heute kam es ihm weit<br />
vor. Bei diesen Gedanken begann seine Hand mit der<br />
Tasse zu zittern, die gelbe Flüssigkeit lief über den<br />
Kissenbezug. Es war widerlich. Ein Geruch nach altem<br />
Mann ging von dem gelblichen Fleck aus. Er hätte<br />
nicht nur zur Toilette gemusst, sondern auch den Be-
Tod eines Pensionärs<br />
47<br />
zug wechseln und seinen Vater anrufen. Wie dumm!<br />
Gestern, nach dem Unfall, konnte er noch laufen, er<br />
war sogar noch auf die Bank gegangen und hatte die<br />
Miete bezahlt. Der Rücken tat weh, aber der Schmerz<br />
ließ sich ertragen. Ach, wenn wenigstens ein schönes<br />
Mädchen nach ihm sehen würde (am besten Dascha!)<br />
— er würde sofort aufstehen und alles erledigen.<br />
* * *<br />
Was hatte er denn noch zu tun? Da war ein unvollendetes<br />
Buch, in dem er einen eigenwilligen Vergleich<br />
zur Völkerwanderung im vierten und fünften Jahrhundert<br />
zog, als die Barbaren in die von den Römern zivilisierten<br />
Teile der damaligen Oikumene eingedrungen<br />
waren. Jetzt fuhren die Russen zu Hunderttausenden<br />
nach Europa und Amerika und schimpften aus unerfindlichen<br />
Gründen auf diese Zivilisation. So wie sein<br />
Bruder Cäsarius, der nur ab und zu aus London nach<br />
Russland kam, aber da er die russische Staatsbürgerschaft<br />
behalten hatte, hielt er sich selbst nicht für einen<br />
Emigranten. Alle drängten in den Westen, Reiche<br />
wie Arme, in der Hoffnung reich zu werden. Und nach<br />
Russland kamen Menschen aus dem Kaukasus und aus<br />
Zentralasien. Bei ihnen auf dem Hof waren schon seit<br />
ein paar Jahren anstelle des russischen immer betrunkenen<br />
Hausmeisters junge Turkmenen, die sorgfältig<br />
kehrten und den Hof sauber hielten.<br />
Aber gut, er sollte nicht an das Buch denken, sondern<br />
wie er ins Bad kam.
48 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
Was nutzten seine Bücher über Toleranz, über die<br />
russische Idee, wenn man in Moskau und Petersburg<br />
tadschikische Mädchen umbrachte, die Täter freisprach<br />
oder im Höchstfall wegen leichter Randalierei<br />
verurteilte und junge Skinheads über die Vernichtung<br />
aller Nicht-Russen schwadronierten. Bis zu einem russischen<br />
Faschismus hatte man es inzwischen gebracht.<br />
Dabei war das kein Faschismus, sondern eine gewöhnliche<br />
russische Revolte, bei der sich alle gegenseitig<br />
verdächtigten. Auf dieser Idee konnte man noch nicht<br />
mal ein Drittes Reich errichten. Der Tod ist kein Baumeister.<br />
Gut, dass die Tochter in Schweden war, das<br />
Enkelkind und seine Frau Katja waren auch dort, und<br />
Dascha hatte ihr neuer Russe nach Amerika mitgenommen.<br />
Man schimpfte auf diese neuen Russen, und<br />
sie mussten es an der eigenen Haut erfahren ...<br />
Aber ihn ging das jetzt nichts an. Er hatte eine einfache<br />
Aufgabe — aus dem Bett aufstehen und zur Toilette<br />
gehen. Er durfte nicht ins Bett machen. Dann<br />
würde er da überhaupt nicht mehr liegen können. Und<br />
wer kam ihn besuchen? Niemand. Die ehemaligen Kollegen<br />
gingen höchstens zu Begräbnissen; auf den Friedhof<br />
würden sie kommen. Freunde? Es waren nur noch<br />
so wenige. So viele Freunde waren gestorben, als sie<br />
nicht einmal fünfzig waren. <strong>Zwei</strong> hielt er sogar für nahe<br />
Freunde. Nur einer rief ihn regelmäßig an, sein Altersgenosse<br />
und Kindheitsfreund Ljona Gawrilow. Er erzählte<br />
immer Anekdoten, die er in er Komsomolskaja<br />
Prawda gelesen hatte, bevorzugt erotischen Inhalts
Tod eines Pensionärs<br />
49<br />
und wiederholte: „Mein Alter, wir müssen standhaft<br />
bleiben. Das Leben dauert schließlich noch ein Weilchen.<br />
Hör mal, was sie hier schreiben: ‚Wenn ein Mann<br />
viermal nach links abbiegt, kehrt er nach den Gesetzen<br />
der Geometrie nach Hause zurück’. Und? Ha, ha!<br />
Wir sind noch zu jung für die Altstoffsammlung. Hast<br />
du von David Dubrowski gehört, von euch aus den<br />
Geisteswissenschaften? Er ist vierundsiebzig und seine<br />
Frau vierundzwanzig, sie haben noch ein Kind zustande<br />
gebracht. Wir Alten müssen standhaft bleiben. Die<br />
Hauptsache ist, dass man sich nicht gehen lässt! Wenn<br />
du willst, mache ich dir ein Album mit Fotos von Dascha.<br />
Vielleicht geht’s dir dann besser?“ Er brauchte<br />
keine andere Frau als Dascha. Er war Ljona dankbar,<br />
dass er anrief. Sein Vater hatte ihn in den letzten Jahren<br />
nie angerufen, er wartete immer auf seine Anrufe<br />
und warf ihm vor: „Du bist noch jung. Ich habe nicht<br />
mehr viel Zeit. Mich muss man bemitleiden, nicht<br />
dich.“ Aber was wollte er denn, er hatte seins doch bekommen.<br />
Als er gerade begann mit Dascha zusammen<br />
zu leben, hatte er gebrummt: „Ich sterbe doch eher als<br />
du“. „Niemand weiß, wer wann stirbt“, hatte sie sehr<br />
ernst geantwortet.<br />
Und dann war sie weggefahren, und dieses Gespräch<br />
hatte seinen Sinn verloren. Nur eins war geblieben:<br />
das Gefühl des Verlustes, und dass er niemanden<br />
mehr zum Reden hatte. Es war lange her, da hatte er,<br />
um überhaupt in Kontakt zu kommen, unter dem Vorwand<br />
der Arbeit ehemalige Kollegen angerufen und
50 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
dann wie nebenbei auch von Alltagsdingen geredet.<br />
Sie hatten bereitwillig geantwortet, Ratschläge gegeben,<br />
aber von allein riefen sie nie zurück. Auguste tröstete<br />
ihn mit ihrer im wahrsten Sinne des Wortes hündischen<br />
Treue. Aber wohin hätte sie auch gehen sollen!<br />
Hier hatte sie ein Dach über dem Kopf und Futter. Sie<br />
war sogar rührend mit ihrer scheuen Anhänglichkeit.<br />
Ihr unglückliches obdachloses Leben hatte sie schreckhaft<br />
werden lassen, bei jedem Geräusch in der Wohnung<br />
zuckte sie zusammen. Als Pawel einmal die Stehlampe<br />
umwarf, wusste sie vor Schreck nicht wohin,<br />
sie versuchte sogar unter die Komode zu fliehen, bis<br />
sie schließlich in den schmalen Spalt unter der Liege<br />
kroch. Pawel hatte sie kaum wieder hervorlocken können.<br />
Wenn Auguste Schritte im Treppenhaus hörte,<br />
fing sie verzweifelt an zu bellen, um sich, ihr bedrohtes<br />
Leben und den Menschen, der sie gerettet hatte zu verteidigen<br />
und die eingebildeten Feinde zu erschrecken.<br />
Nein, daran durfte er jetzt nicht denken. Er musste<br />
aufstehen, und zwar nicht, indem er sich auf die<br />
Ellenbogen stützte, sondern sich seitlich unter der<br />
Decke hervor und dann auf den Boden ließ. Zur Not<br />
auch auf allen vieren, es sah ja sowieso niemand. Bevor<br />
er begann aufzustehen, sah er sich im Zimmer um,<br />
ob ihm etwas dabei behilflich sein könnte. Am Kopfende<br />
brannte die Nachttischlampe, draußen war es<br />
schon dunkel, die Fenster des Elfgeschossers gegenüber<br />
waren erleuchtet: Seit Daschas Abreise zog er die<br />
Gardinen nicht mehr vor. Auf dem Tisch am Fenster
Tod eines Pensionärs<br />
51<br />
flimmerte der Bildschirm des nicht ausgeschalteten<br />
Computers. Vielleicht sollte er sofort an einige Adressen<br />
einen Brief schicken: „Hilfe! Mir geht es schlecht!“<br />
Aber was hieß schlecht — dass der Rücken wehtat?<br />
Das musste er durchstehen, schließlich hatte er bisher<br />
alles durchgestanden. Neben dem Tisch türmte sich ein<br />
Stapel Bücher, die Dascha für die Übersetzung eines<br />
Buches benutzt hatte, bevor sie ins Krankenhaus ging.<br />
Er hatte den Stapel so gelassen, ein Jahr war vergangen,<br />
er kam einfach nicht zur Ruhe. Das einzige, was er<br />
sich damals streng verboten hatte, war der Alkohol. Er<br />
erinnerte sich, wie einer seiner Freunde nach dem Tod<br />
seiner Frau angefangen hatte zu trinken, nach einem<br />
Jahr war er völlig am Ende, und dann starb er auch.<br />
Gut dass Dascha nicht gestorben war, sondern einen<br />
reichen Mann gefunden hatte, der sie von hier wegbrachte.<br />
Nein, Galachow fürchtete den Tod nicht, er<br />
fürchtete sich davor wie ein Trinker zu sterben. Dann<br />
kamen von der Straße die obdachlosen Flaschensammler,<br />
wühlten in den Taschen des Toten und schauten<br />
auf dem Tisch nach, ob nicht etwas zum Trinken übrig<br />
geblieben war.<br />
Ohne Dascha herrschte im Zimmer die reinste Unordnung.<br />
Am unordentlichsten war die Kommode.<br />
Außer der Teetasse, einem Wecker, verschiedenen Zetteln,<br />
Kugelschreibern und der Hundeleine für Auguste<br />
stand da noch ein Telefon im Retrostil, das ihm seine<br />
Kollegen geschenkt hatten, als er in Pension ging. Warum<br />
hatte er das getan? Er wusste doch, dass das biss-
52 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
chen Pension nicht reichen würde. Von da an hatten<br />
sie von Daschas Einkommen gelebt und seine Pension<br />
für die Miete verwendet und um seinem Vater auszuhelfen.<br />
Bis zu dem Augenblick, als Dascha ihn verlassen<br />
hatte. Und vor drei Tagen hatte ihn auch Auguste<br />
verlassen. Sie war irgendwohin ins Gebüsch gerannt<br />
und nicht wiedergekommen. Er hatte vergeblich nach<br />
ihr gerufen. Er ging die Nachbarn fragen, ob sie sie<br />
vielleicht gesehen hatten. Aber niemand konnte ihm<br />
helfen. Eine junge beleibte Frau mit großen Brüsten,<br />
die ein Stockwerk tiefer wohnte, meinte: „Beruhigen<br />
Sie sich, mein Guter. Vielleicht haben die Obdachlosen<br />
ihr Fell zu einer Mütze verarbeitet. Es wird doch<br />
nun leichter für Sie, Sie müssen nicht mehr jeden Morgen<br />
und Abend mit ihr durch die Straßen ziehen.“<br />
* * *<br />
Als er aus dem Bett kroch, fiel er trotzdem hin. Pawel<br />
stellte sich auf alle viere und versuchte hochzukommen.<br />
Verdammter Fahrer! Wollte er ihn zerquetschen?<br />
Umbringen? Oder einfach erschrecken? Der da im<br />
Auto gesessen hatte, war im Grunde ein „Mann mit<br />
der Waffe in der Hand“ gegen Unbewaffnete gewesen.<br />
Immerhin hatte er unter den Rädern wegspringen können.<br />
Wasjok, sein Banknachbar aus der ersten Klasse,<br />
hatte Recht gehabt. Er hatte schon damals begriffen,<br />
dass man den Fahrern Zügel anlegen musste. Der Alte<br />
stand schließlich auf. Er hielt sich am Türrahmen fest,<br />
dann an den Korridorwänden. In der Toilette lehnte
Tod eines Pensionärs<br />
53<br />
er mit dem Kopf an der Wand vor ihm. Ihm war übel,<br />
die Beine gaben unter ihm nach. „Es scheint, als würde<br />
mein Ast knacken“, bemerkte er nebenbei und sank,<br />
schwächer werdend, auf den Kachelfußboden. Er lag<br />
da und bereitete sich darauf vor zu sterben. „Das ist<br />
die Strafe“, sagte er zu sich, „dafür, dass ich einen anderen<br />
Alten vom Ast gestoßen habe“.<br />
Gestern hatte er vom Treppenabsatz zwischen den<br />
Stockwerken den Obdachlosen Alexander Sergejewitsch<br />
vertrieben. Zwischen ihrer Etage und der darunter<br />
hatte sich der Obdachlose eingenistet. Sein<br />
Gestank war unerträglich. Man konnte kaum aus der<br />
Wohnung gehen. Er hauste seit dem vorletzten Winter<br />
da. Dascha bat ihn zuerst im Guten, wegzugehen, dann<br />
rief sie die Polizei an und fragte, wo in ihrem Viertel<br />
Obdachlosenunterkünfte seien. „Es gibt keine“, hatten<br />
sie geantwortet. „Aber im Fernsehen haben sie<br />
gesagt...“. Sie lachten: „Ja was denn, glauben Sie etwa<br />
alles, was im Fernsehen gesagt wird?“<br />
Aber es herrschte Frost, ihn wegzujagen war unmöglich,<br />
Dascha begann, ihm wie einem zugelaufenen<br />
Hund Essen zu bringen. Er erzählte, dass er Alexander<br />
Sergejewitsch heiße (anfangs glaubten sie, dass er lüge,<br />
dass Puschkin an allem Schuld habe, aber er zeigte seinen<br />
Pass, es stimmte), dass er Mathematiklehrer gewesen<br />
sei, dass er sechsundsechsig Jahre alt sei, seit drei<br />
Jahren nicht mehr arbeite und ihren Aufgang ausgewählt<br />
habe, weil er in der ersten Etage polizeilich gemeldet<br />
sei, aber seine ehemalige Frau und die Tochter
54 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
ihn nicht in die Wohnung ließen, wo er doch ein Recht<br />
darauf habe. Während des Gesprächs bemerkte Dascha,<br />
dass drei seiner Finger schwarz waren, sie fragte,<br />
was das sei, er antwortete, dass sie wohl erfroren<br />
seien. Da rief Dascha den Krankenwagen, sie nahmen<br />
ihn mit, aber am nächsten Abend war er wieder an seinem<br />
Platz und erklärte, dass sie ihn im Krankenhaus<br />
gewaschen und ihm ein Bett gegeben hätten, am Morgen<br />
habe er etwas zu Essen bekommen, und dann sei<br />
er fortgeschickt worden. Nun war er also wieder da.<br />
Seine Finger wollten sie erst gar nicht sehen. Dascha<br />
rief wieder den Krankenwagen. Diesmal kam eine gutmütige<br />
breitgesichtige Frau, allerdings mit einer ernsten<br />
Miene. Sie strahlte die von Galachow so geliebte<br />
Selbstsicherheit bürgerlicher Intellektueller aus, die<br />
Gewohnheit, auf der eigenen Würde zu bestehen. Auf<br />
Bitten Daschas sah sie sich die Finger von Alexander<br />
Sergejewitsch an. Die Gummihandschuhe ließ sie dabei<br />
an, ganz wie es Vorschrift war. „Ja“, sagte sie, „erhöhte<br />
Temperatur, eine Entzündung, das kann noch<br />
schlimmer werden, sieht nach Wundbrand aus. Wenn<br />
es sich verschlimmert, muss die Hand abgenommen<br />
werden“.<br />
Dascha sah sie bittend an. „Ich verstehe“, die Ärztin<br />
zuckte mit den Schultern, „aber wir dürfen keine<br />
Obdachlosen aufnehmen. Sie könnten alle anderen<br />
anstecken. Wer weiß, was sie mit sich herumtragen.<br />
Gut, ich setze mich dafür ein. Ich überrede unseren<br />
Chirurgen“. Und sie nahmen Alexander Sergejewitsch
Tod eines Pensionärs<br />
55<br />
mit, er tauchte lange nicht mehr auf, Dascha war schon<br />
weggefahren, er war immer noch nicht wieder da. Und<br />
dann erschien er wieder. Kam auf seinen Treppenabsatz<br />
zurück und erzählte, er habe einen Monat im Krankenhaus<br />
gelegen, die Hand hätten sie geheilt, dann habe er<br />
sich fast ein Jahr irgendwo herumgetrieben, aber ein<br />
Ziel habe er nicht gehabt. Als der Obdachlose nicht da<br />
war, hatten die Nachbarn seine Geschichte erzählt. Es<br />
stellte sich heraus, dass er in einer Wohnung in der ersten<br />
Etage gemeldet war, ein gutmütiger Polizist hatte<br />
seinen Pass kontrolliert: die Adresse stimmte. Aber ihn<br />
einzuquartieren lehnte er ab, weil er ihn nicht gewaltsam<br />
zu seiner Frau stecken konnte, die Lage war zusätzlich<br />
kompliziert, weil es eine Gemeinschaftswohnung<br />
war und auch die Mitbewohner protestierten.<br />
Natürlich hatten sie zuerst auf die Frau geschimpft:<br />
Dumme Ziege! Sie öffnete niemandem die Tür, schaute<br />
durch den Spion, wer klingelte. Und dann hatten<br />
sie von den Nachbarn die ganze Geschichte erfahren.<br />
Alexander Sergejewitsch hatte sie und ihre minderjährige<br />
Tochter vor fünfzehn Jahren verlassen und war<br />
zu einer Generalswitwe gezogen, er war fortgegangen<br />
und hatte alles vergessen, sich nicht ein einziges Mal<br />
sehen lassen, keine einzige Kopeke geschickt, sie hatte<br />
die Tochter allein aufgezogen und bei der Post gearbeitet.<br />
Sie lebten mehr schlecht als recht. Dann passierte<br />
etwas mit der Generalin und Alexander Sergejewitsch<br />
tauchte wieder auf. Obwohl er seine Frau verlassen<br />
hatte, blieb er in der Wohnung gemeldet und behielt
56 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
das formale Recht dort zu wohnen. Es war aber nur<br />
eine <strong>Zwei</strong>zimmerwohnung für zwei Familien. In einem<br />
Zimmer wohnte seine verlassene Frau, in dem anderen<br />
die Nachbarn. Dort konnte er nicht wohnen, höchstens<br />
bei ihr im Zimmer, was sie nicht wollte und wovor sie<br />
Angst hatte. Die Lage war ausweglos.<br />
Und gestern Abend hatte er selbst den Alten vom<br />
Baum gestoßen. Obwohl Alexander Sergejewitsch jünger<br />
als er war, war er auch Pensionär. Die Nachbarin<br />
aus der Wohnung gegenüber hatte gestern Abend bei<br />
ihm geklingelt. „Sie sind doch ein Mann, Pawel Wenjaminowitsch“,<br />
sagte sie und lächelte dabei etwas ironisch,<br />
„ich habe nicht genug Kraft und erhört nicht auf<br />
mich, weil das, was Frauen sagen, für ihn einfach nicht<br />
existiert, schließlich sind Frauen für ihn keine Menschen.<br />
Und Sie, Sie sind zwar nicht mehr ganz jung,<br />
aber Sie sehen imponierend aus. Vielleicht hat er vor<br />
Ihnen Angst. Wissen Sie, ich komme nach Hause, öffne<br />
die Wohnungstür, ein Gestank, Sie wissen schon, aber<br />
wir haben uns ja daran gewöhnt, aber nun saß er direkt<br />
unter meiner Wohnung, in aller Blöße. Er war stockbetrunken,<br />
lag da mit offener Hose, das ganze Gemächte<br />
draußen. Man sah, dass er onaniert hatte, bevor er eingeschlafen<br />
war. Meine Tanja ist erst fünfzehn, sie soll<br />
so etwas nicht sehen. Gestern habe ich ihn mit Fußtritten<br />
auf die Straße gejagt. Und heute komme ich<br />
und da sitzt er wieder mit der Flasche im Arm da und<br />
droht mir mit der Faust. Und dann hatte er noch so einen<br />
verlausten Hund aufgelesen.“
Tod eines Pensionärs<br />
57<br />
Beim Wort Hund zuckte Pawel sogar zusammen.<br />
Aber die Nachbarin verstand, schüttelte verneinend<br />
und mitleidig den Kopf: „Nein, nicht Ihrer. Nicht Auguste.<br />
Also was ist, helfen Sie mir?“ Pawel hatte nie<br />
jemandem drohen können, geschweige denn jemanden<br />
wegjagen, und sich prügeln konnte er, wenn er<br />
ehrlich war, auch nicht. Er wusste auch nicht, was er<br />
zu Alexander Sergejewitsch sagen sollte, damit er verschwand.<br />
Er zog seine warme Hausjacke über, die seine<br />
ohnehin kräftigen Schultern noch breiter machte,<br />
außerdem kam er sich in ihr männlicher vor (es gibt<br />
solche Kleidungsstücke), ging hinaus auf den Treppenabsatz,<br />
sah Alexander Sergejewitsch von oben<br />
bis unten so finster wie er konnte an und sagte unbestimmt:<br />
„Mach dich fort, bevor noch etwas Schlimmeres<br />
passiert“. Etwas Schlimmeres? Für wen? Aber der<br />
Obdachlose wurde plötzlich unruhig, steckte die Flasche<br />
in die abgerissene Tasche seines übelriechenden<br />
Mantels, nahm seine Unterlage und verschwand nach<br />
unten. Der Ast war abgebrochen und der Alte war<br />
vom Baum gefallen.<br />
Und der andere Alte kehrte in seine Wohnung zurück,<br />
obwohl er, dachte er, selbst kein bisschen besser<br />
war. <strong>Zwei</strong> Tage vergingen. Die Einsamkeit zermürbte<br />
ihn. Sein Hund, der vor drei Tagen verschwunden war,<br />
kam ihm nun wie ein böser Wink des Schicksals vor.<br />
Er hatte sie den ganzen Tag gesucht, nach ihr gerufen,<br />
aber sie war nicht zurückgekommen. Die Wohnung<br />
war ohne sie ungemütlich. Und nach dem gestrigen
58 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
Sturz fühlte er sich geradezu ausgelaugt und fern jenes<br />
physischen Zustandes, der ihn am Leben hielt.<br />
Mit Mühe begann er sich von den Fliesen aufzurichten,<br />
aber seine Arme und Beine gehorchten nicht.<br />
Er musste es wenigstens ins Zimmer zurück, zum Telefon<br />
schaffen, befahl er sich. Aber er hatte keine Kraft.<br />
Pawel lag da, aus seinen Augen liefen Tränen. Es schien<br />
so, als weinte er diesmal wirklich. Er weinte über sein<br />
sinnlos verlebtes Leben. Dann hob er den Kopf etwas<br />
an. Wofür? Um aufzustehen? Und plötzlich nahm er<br />
allen Willen zusammen und stand auf. Sein Kopf zitterte,<br />
er behielt mit Mühe das Gleichgewicht. Dann<br />
merkte er, dass er schwer atmete, die Brust schmerzte<br />
bei jedem Versuch Luft zu holen, seine Beine gaben<br />
nach, der Rücken war schweißbedeckt. Ihm wurde<br />
übel und schwach, wieder setzte er sich auf den Boden.<br />
Er schaffte es nicht mehr zum Telefon.<br />
* * *<br />
Seine Seele irrte noch auf der Erde umher, vierzig<br />
Tage musste sie da bleiben, bevor ihr die Himmelstore<br />
geöffnet wurden. Er war gestorben, aber weder sein<br />
Bruder, noch sein Sohn interessierten sich für seinen<br />
Tod — wie sie sich zuvor auch nicht für sein Leben interessiert<br />
hatten. Als erster erinnerte sich sein Vater an<br />
ihn, weil er nicht mehr anrief. Er rief den Enkel an, das<br />
heißt Pawels Sohn, der Bruder war wie immer in London.<br />
Der Sohn sagte, er habe zu tun und überhaupt keine<br />
Zeit, aber er kam dann doch, öffnete gemeinsam mit
Tod eines Pensionärs<br />
59<br />
der Polizei und dem Wohnungsverwalter die Tür und<br />
ging in die Wohnung. Von dort aus rief er seinen Onkel<br />
in London an (sie hatten doch ab und an miteinander<br />
zu tun gehabt), der sagte, dass man ihn menschlich begraben<br />
müsse, dass er dreitausend schicken würde. Die<br />
Leute müsse man aber nicht extra benachrichtigen und<br />
einladen. Das wäre zu viel Aufwand. Sie würden auch<br />
so kommen. Es war nur eine Handvoll Trauergäste.<br />
Und Pawel sah sein bescheidenes Begräbnis, er<br />
sah, dass weder sein Bruder noch sein Vater, noch sein<br />
Sohn zu seinem Begräbnis gekommen waren. Im Übrigen<br />
hatte der Bruder das versprochene Geld nicht<br />
geschickt. Da war sein Freund aus der Kindheit Ljona<br />
Gawrilow mit seiner Frau, er hatte einige gemeinsame<br />
Bekannte mitgebracht, der Schriftsteller Boris Kuzmin<br />
sprach hochtrabend über die Schwierigkeit, in dieser<br />
Welt Mensch zu bleiben, die, so fügte er plötzlich<br />
aphoristisch hinzu, „keine Schule des Humanismus“<br />
sei. Der alte Schürzenjäger Tomski vergoß ein paar<br />
Tränen als er sagte: „Mein lieber Pawel, du warst ein<br />
guter Mensch. Wir werden dir bald nachfolgen. Aber<br />
du kommst bestimmt in den Himmel, wer weiß, wohin<br />
wir kommen?“<br />
Und er weinte wieder. Es waren auch einige ehemalige<br />
Kollegen gekommen. Dascha war nicht da. Pawel<br />
schaute allen Ankommenden ins Gesicht in der<br />
sinnlosen Hoffnung, dass er sie nicht erkannt habe,<br />
dass sie einfach etwas anderes anhabe. Aber er sah sie<br />
nicht. Die Seele setzte sich auf einen einzelnen Baum
60 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
am Grab. Die Seele weinte und dachte, dass der neue<br />
Mann Dascha noch nicht einmal zum Begräbnis hatte<br />
gehen lassen. Seine Seele kreiste lange über dem verlassenen<br />
Grab. Einen Monat später kam seine Tochter<br />
aus Schweden. Seine Frau Katja war offenbar dort geblieben<br />
um auf das Enkelkind aufzupassen. Die Tochter<br />
saß auf der kleinen Bank am Grab und weinte lange.<br />
Dann flog sie zurück. Aber Dascha kam nicht. Und<br />
erst nach vierzig Tagen verstand er, warum sie nicht<br />
gekommen war, er erkannte, woran er das ganze letzte<br />
Jahr nicht hatte denken wollen. Dascha erwartete ihn<br />
längst im Himmel, wo sie sich schließlich wiedersahen.<br />
September 2007<br />
Übersetzung aus dem Russischen von Claudia Woldt
<strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
Njanja<br />
Erzählung<br />
Ich schickte mich an zu duschen. Nahm Bademantel,<br />
frische Unterwäsche, ein Frottierhandtuch aus<br />
dem Schrank und trug alles ins Badezimmer. Meine<br />
Haushose, die abgetragen war, aber die ich liebte und<br />
die vor allem bequem war, und das Hemd zog ich aus<br />
und warf alles in den Wäschekorb. Nach dem Duschen<br />
fühlte ich mich immer innerlich gefestigt, zufrieden mit<br />
mir selbst, und die Haare waren nach dem Trocknen seidig<br />
und wellten sich sogar ein wenig. Dagegen lehnte unsere<br />
Njanja, nicht unsere natürlich, sondern die mit Mühe für<br />
unseren Sohn erkämpfte Kinderfrau * , das Waschen ab.<br />
„In Europa, sagte meine erste Frau immer und lächelte<br />
dabei ironisch, duscht man sich jeden Tag. Sogar zwei Mal<br />
am Tag.“ Ich gab ihr Recht, fügte aber hinzu, dass dafür<br />
das Leben auch anders aussehe, die Wohnungen sauber<br />
seien, das Geschirr immer gespült werde und dass man<br />
zu Besuch bei anderen Leuten nicht die ganze Nacht mit<br />
* Im Russischen wird die Amme und Kinderfrau als Njanja<br />
bezeichnet. Das Wort verbindet sich für viele mit der Puschkinzeit<br />
und wird in dieser Übertragung weitgehend original<br />
beibehalten (Anm. d. Übers.).
62 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
endlosem Kartenspielen verbringe. Und man führe ein<br />
ausgeglicheneres Leben, mit Büchern, am Schreibtisch.<br />
Aber das war die Zeit der „Stagnation“, die fröhlichste<br />
Zeit in der sowjetischen Geschichte. Es war eine endlose<br />
Maskerade, ein unendlicher Karneval. Zu den Liedern<br />
Okudschawas stellten wir uns vor, wohlgeborene<br />
Damen und Kavaliere zu sein und fühlten uns wie in der<br />
glänzenden Puschkinzeit. Für diese Freiheit brauchte man<br />
Zeit. Geld hatten wir nicht, aber wir wollten eine Njanja<br />
für unseren Sohn. Denn in der Puschkinzeit hatten sich<br />
die Eltern auch nicht mit ihren Kindern beschäftigt, die<br />
Kleinen bekamen eine Njanja und später einen Hauslehrer.<br />
Meine jetzige Frau meinte: „Das Russische ist doch eine<br />
reiche Sprache. Was tun die Njanjas und Großmütter<br />
mit den Kindern? Sie erziehen sie nicht, bilden sie nicht,<br />
sondern sitzen mit ihnen. Genial. Wie Häftlinge“.<br />
In dieser Zeit der Stagnation war die Institution<br />
der Kinderfrau etwas Eigentümliches. Man hing eine<br />
Anzeige an einen Zaun, und dann kamen verschiedene<br />
zweifelhafte Personen um sich anzubieten. Ich erinnere<br />
mich an eine mit breiten Schultern, die eine Herrenjacke<br />
trug und erklärte, sie käme aus dem Umland, werde<br />
bei uns wohnen und bliebe schon heute da, schließlich<br />
sei sie von weit her gekommen, aus Alexandrow, wir<br />
müssten uns um nichts mehr sorgen, könnten arbeiten,<br />
Besuche machen, sie würde alles übernehmen. Ihre<br />
Augen waren grau und blickten sehr entschlossen. Sie<br />
begann uns sofort zu duzen. Wir wollten ihren Ausweis<br />
sehen. „Ja was denn, könnt ihr einen Menschen nicht
Njanja<br />
63<br />
am Gesicht erkennen? Ich bin doch nicht bei der Polizei<br />
gelandet, sondern bei anständigen Leuten. Für euch<br />
brauche ich keine Aufenthaltsgenehmigung. Hauptsache,<br />
euer Sohn wächst gesund auf.“ Aber auch der blitzende<br />
Goldzahn in ihrem Mund irritierte mich. Und<br />
nachdem ich meine intellektuelle Schüchternheit überwunden<br />
hatte, die mich immer überfiel, wenn ich irgend<br />
etwas von unbekannten Leuten verlangen sollte, bat ich<br />
noch einmal nachdrücklich um ihren Ausweis. „Du hast<br />
wohl Angst?“, fragte sie und benutzte dabei ein vulgäres<br />
Wort. „Wissen Sie, Sie passen einfach nicht zu uns“,<br />
sagte ich, und hasste gleichzeitig meinen entschuldigenden<br />
Tonfall. „Gut, ich zeig ihn euch“, erwiderte sie,<br />
sie wolle in der Nacht nicht so weit fahren, schon gar<br />
nicht nach Alexandrow, sie habe nur eben keinen Ausweis.<br />
„Ich habe nur einen Entlassungsschein.“ Und sie<br />
zog ein zerknittertes Papier aus ihrer schwarzen Handtasche.<br />
Meine Frau und ich erstarrten und wollten das<br />
Papier gar nicht erst sehen. Frauen sind immer schneller<br />
entschlossen. „Also los, pack dich und verschwinde<br />
von hier“, sagte meine Frau scharf, „bevor ich die Polizei<br />
hole!“ Die Frau stand auf, bewegte sich aber nicht<br />
vom Fleck, sondern stemmte die Hände in die Hüften:<br />
„Du bezahlst mir die Fahrt hierher und zurück. Schließlich<br />
bin ich wegen deiner Anzeige gekommen und habe<br />
Geld für die Fahrt ausgegeben!“ Meine Frau wurde<br />
rot vor Zorn, und wenn sie wütend wurde, war mit ihr<br />
nicht zu spaßen, ich jedenfalls fürchtete sie in solchen<br />
Augenblicken. Woher auch immer Lilka die Kraft da-
64 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
für nahm — sie packte sie an der Jacke und stieß sie mit<br />
dem Knie vor sich her zur Tür. Dort aber widersetzte<br />
sie sich: „Ich setze mich vor die Tür, ich werde die<br />
ganze Nacht da bleiben. Ich gehe auf keinen Fall weg,<br />
verstanden?“ Ich fragte: „Wie viel?“ Auf ihre Antwort<br />
hin nahm ich aus der Jackentasche drei Rubel und wir<br />
bugsierten sie mit Mühe vor die Tür. Von weiteren Anzeigen<br />
nahmen wir Abstand. Und meine Frau erinnerte<br />
sich, dass Alexandrow die Stadt bei Kilometer einhunderteins<br />
war, wohin sie die schicken, die nach der Haft<br />
nicht in Moskau bleiben dürfen.<br />
Deshalb rief uns meine Großmutter sofort an, nachdem<br />
sie auf der Bank vor ihrem Fünfgeschosser in der<br />
Marschall-Konew-Straße die bewegende Geschichte<br />
von einer Frau vom Lande gehört hatte, die von ihrer<br />
Schwiegertochter aus der Wohnung geworfen worden<br />
war und nun bei Nachbarn wohnen musste. Die Frau<br />
war aus einem weißrussischen Dorf zu ihrem Sohn gekommen,<br />
der in Moskau Arbeit als Polizist gefunden<br />
hatte. Er hatte sie selbst im Dorf abgemeldet, ihr Haus<br />
verkauft und das Geld seiner Frau gewissermaßen als<br />
Miete für die Moskauer Wohnung gegeben. Aber die<br />
Schwiegertochter jagte sie dennoch, besonders wenn<br />
sie betrunken war, auf die Straße, und nun saß Domna<br />
Antonowna auf der Bank, weinte und beklagte sich<br />
bei den Nachbarinnen über das Leben: „Genjas Frau<br />
trinkt und die Schwiegermutter auch. Und wenn sie<br />
betrunken sind, lässt die Frau meinen Genja (so kürzte<br />
sie den Namen ihres Sohnes Gennadij ab) nicht zu sich
Njanja<br />
65<br />
ins Bett“. Meine Großmutter Nastja fragte sie vorsichtig,<br />
ob sie sich um einen dreijährigen Jungen kümmern<br />
würde und was sie dafür nähme. Sie sagte sofort: „Ich<br />
muss Genja fragen, wenn er es erlaubt, mache ich es.<br />
Wenn sie mir ein Bett geben und ich was zwischen<br />
die Zähne bekomme, bin ich vollkommen zufrieden“.<br />
Die alten Frauen auf der Bank fragten Domna, warum<br />
sie denn ihren Sohn erst fragen wolle, er habe ja auch<br />
nichts dagegen getan, dass sie aus der Wohnung gejagt<br />
wurde. Aber sie blieb dabei, dass ihr Sohn unschuldig<br />
sei. Für sie eintreten könne er nicht, weil seine Frau<br />
ihm keine Mietbewilligung gebe und eine eigene Wohnerlaubnis<br />
besitze er nicht. Aber wenn er erst drei<br />
Jahre bei der Polizeit gearbeitet habe und eine Wohnerlaubnis<br />
für Moskau bekomme, würde er seine Frau<br />
verlassen, er würde fortgehen, ihre Tochter würde er<br />
vom Gericht zugesprochen bekommen und sie in ein<br />
Internat schicken, und er selbst würde ein Zimmer bekommen<br />
und seine Mutter zu sich nehmen, damit sie<br />
Ordnung halte und das Mittagessen koche.<br />
Nachdem sie von Genja zurückgekehrt war, erzählte<br />
Großmutter, habe sie sich lange in ihr braunes Taschentuch<br />
geschneuzt und dann gefragt: „Genja will wissen,<br />
ob sie reich sind?“ Großmutter sagte, ihr Enkel wohne<br />
in einem von zwei Professorenhäusern im Stadtbezirk<br />
Timirjasewski, dort stünden zwei Professorenhäuser<br />
einander gegenüber und der Hof dazwischen sei schön<br />
und still. Der Großvater ihres Enkels sei Professor gewesen,<br />
aber lebe schon lange nicht mehr, und die Frau
66 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
ihres Enkels arbeite als Reiseleiterin, er selbst sei Aspirant,<br />
bekomme ein kleines Stipendium, so dass sie Kost<br />
und Logis bieten könnten. Domna verschwand wieder,<br />
dann kam sie zurück und sagte, dass Genja sie ohne<br />
Geld nicht weglasse. Wonach uns Großmutter anrief,<br />
alles berichtete und hinzufügte, dass sie bestimmt auch<br />
ohne Geld kommen würde, denn sie könne ja sonst nirgends<br />
hin. Aber nein, sie fühlte sich von ihrem Sohn<br />
vollkommen abhängig und würde ohne Geld nicht gehen.<br />
Wir berieten uns und beschlossen dann, dass es für<br />
uns nicht weniger werden würde, wenn wir von nichts<br />
(von unserem Gehalt) etwas abschnitten. Und boten<br />
ihr dreißig Rubel an. Wir sahen darin keinerlei Symbolik,<br />
es war einfach das, was wir geben konnten.<br />
Als sie bei uns erschien, erstaunten uns ihre Magerkeit<br />
und ihre seltsamen Gewohn heiten. Ihr Kleid war<br />
glatt und lang und hing an ihr wie an einer Kleiderpuppe<br />
herunter. Zuerst dachten wir, dass unser Sohn<br />
nun seine Arina Radionowa haben würde, ganz wie<br />
Puschkin, dass sie ihm Volksmärchen erzählen, Sprichwörter<br />
beibringen und Lieder singen würde, dass wir<br />
die eigentümliche Sprache des Volkes mit weißrussischen<br />
Beimischungen zu hören bekämen. Märchen und<br />
Lieder kannte sie jedoch nicht, ihre Sprache war aber<br />
tatsächlich eigentümlich. Wenn sie unseren Sohn vom<br />
Topf hob, nahm sie ein Blatt Zeitungspapier und sagte,<br />
während sie uns ansah und auf unsere Zustimmung<br />
hoffte: „Jetzt wischen wir den Podex ab“. Und sie rieb<br />
fast die Zeitung in den Popo unseres Sohnes hinein,
Njanja<br />
67<br />
bis dieser vor Schmerz jammerte. Aber was sollte man<br />
auch erwarten: Ihr Leben war so schwer und schrecklich<br />
gewesen, dass ihr der Sinn nicht nach Märchen<br />
stand. Ihr Mann war gleich zu Beginn des Krieges zu<br />
Grunde gegangen, die Nieren hatten den Wodka nicht<br />
vertragen, den die Männer im Dorf tranken. Sie blieb<br />
als Witwe mit vier Kindern zurück — zwei Töchtern<br />
und zwei Söhnen, aber von den Söhnen überlebte nur<br />
der jüngere, Genja. Manchmal strich sie sich mit der<br />
Hand über die flache Brust und den flachen Bauch und<br />
sagte zu sich selbst, indem sie die schmalen Lippen<br />
ein wenig bewegte: „Schön war ich nicht, aber jung<br />
war ich“. Damit spielte sie offenbar auf irgendwelche<br />
Liebsabenteuer an. Allerdings konnte man sich nur<br />
sehr schwer vorstellen, dass irgendein Mann, wenn<br />
er nicht gerade sturzbetrunken war, sich von diesem<br />
Kleiderbügel angezogen fühlen konnte. Nachdem sie<br />
sich an dieses schöne Erlebnis erinnert hatte, sang sie<br />
mit leiser Stimme irgendeine Melodie ohne Worte.<br />
Sie war groß, mager und flachbrüstig, ihr Kleid trug<br />
sie ohne Gürtel, es war lang und anliegend und erinnerte<br />
eher an ein langes Hemd. Als sie nicht mehr die<br />
Hungerdiät halten musste, auf die sie ihr Sohn und<br />
dessen Frau gesetzt hatten, wurde sie ein wenig dicker,<br />
aber ihr Gesicht rundete sich nicht, weder Schultern<br />
noch Arme wurden kräfti ger, nur ein spitzes Bäuchlein<br />
ragte aus ihrem mageren Körper hervor, so als ob es an<br />
den anderen Stellen ihres Körpers kein Fleisch gäbe,<br />
woran sich hätte Fett anlagern können. Sie aß viel und
68 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
gierig, lud alles auf einen Löffel, führte ihn voll beladen<br />
zum Mund und stürzte es förmlich hinunter. Aber dann<br />
schob sie den Teller unvermittelt von sich weg, drehte<br />
die Tasse um und stellte sie auf die Untertasse, spuckte<br />
aus und sagte: „Reicht!“ oder „Satt!“ das bedeutete<br />
einen höheren Grad an Sättigung. Für das Spucken<br />
schämte sie sich keineswegs, im Gegenteil, sie schien<br />
sogar stolz darauf zu sein: seht her, hieß das wohl, die<br />
ist so satt, dass sie sogar ausspucken muss. Aber außer<br />
dem Essen und den damit verbundenen einfachsten<br />
Gerätschaften — tiefer Teller, Löffel, Tasse und Untertasse<br />
— wünschte sie keine anderen Errungenschaften<br />
der Zivilisation zu benutzen. Einmal sah ich, wie sie<br />
auf der Datsche, die meine Schwiegereltern gebaut<br />
hatten, und wohin wir den Sohn im Sommer brachten,<br />
auf der Wiese saß, ihre hageren Beine ausstreckte, sich<br />
über die Füße beugte und mit einem Küchenmesser<br />
ihre Fußnägel abschnitt, dass die Stücke in alle Richtungen<br />
flogen. Meine Schwiegermutter, die die Szene<br />
beobachte, sagte zu ihrer Tochter, meiner Frau: „Davon<br />
dreht sich mir der Magen um“. Dann rief sie Domna<br />
aus dem Fenster zu: „Domna Antonowna, nehmen Sie<br />
eine Schere“. Aber die schüttelte nur ablehnend den<br />
Kopf: „Ach geh, ich bin sowieso fertig!“ Meine Frau lief<br />
auf die Terrasse und rief streng: „Wenn ich noch einmal<br />
sehe, dass Sie sich mit einem Küchenmesser die Nägel<br />
schneiden, sind Sie entlassen. Sie bringen das am Ende<br />
noch Tim bei! In meinem Haus geht es hygienisch zu!“<br />
Domna kam herauf, fuchtelte vor ihr mit der Hand
Njanja<br />
69<br />
herum, als wolle sie ihr einen Schlag versetzen, und<br />
jammerte: „Ich werde Ihrem Tim das nicht beibringen,<br />
er hat es gut mit Oma Donja, er bedauert sie“. „Oma<br />
Donja“ nannte sie sich selbst. Und es war auch längst<br />
klar, dass wir ohne sie gar nicht mehr auskamen. Wir<br />
hatten nunmehr nicht nur Zeit für Bibliothek und Arbeit,<br />
sondern auch freie Abende, sogar freie Nächte, die<br />
wir mit Freunden bei Wein, Anekdoten, Gesprächen,<br />
Reimspielen und so weiter verbringen konnten.<br />
Aber mit Hygiene und Waschen stand es nach<br />
wie vor nicht zum Besten. Waschen mochte sie überhaupt<br />
nicht. Ganz zu schweigen von der Wanne, und<br />
sogar die Dusche rief bei ihr regelrechten Widerwillen<br />
hervor. Ihrer Meinung nach genügte es, sich einmal,<br />
höchstens zweimal im Monat zu waschen. Einmal, als<br />
ich aus der Dusche kam, gerötet vom heißen Wasser,<br />
sauber, mit einem Gefühl der Reinheit im Körper und<br />
in der Kleidung und einfach so vor mich hin sagte, dass<br />
es schön wäre, das jeden Tag zu tun, weil man sich wie<br />
wiedergeboren fühle, sah mich Domna ganz erschrocken<br />
an, wie einen halb Verrückten, und stöhnte: „Jeden<br />
Tag waschen! Da kommt man doch um!“<br />
Ich möchte nicht von angeborener Abneigung des<br />
russsichen Volkes gegen Sauberkeit sprechen, das wäre<br />
nicht wahr. Aber ich komme mütterlicherseits selbst<br />
vom Dorf, und erinnere mich bestens an das seltene<br />
Waschen, einmal die Woche ein Bad mit rauchendem<br />
Badeofen, aus dem man rußgeschwärzt kam. Nicht zufällig<br />
ging Ende der siebziger Jahre eine Anekdote über
70 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
eine bekannte russische Volksmusiksängerin um, die<br />
nach Paris zu einem Gastspiel gekommen war. Auf die<br />
Frage des Zimmermädchens, wann die russische Dame<br />
denn baden wolle, sagte sie, immer samstags. Aber viele<br />
Leute verstanden die Anekdote gar nicht. „Ja und,<br />
wäscht sich denn jemand freitags?“ Aber im Leben<br />
mancher kommt das Thema Waschen gar nicht vor.<br />
Das Leben Domna Antonownas, unserer Arina Radionowna,<br />
war so, dass das Unnormale zur Norm wurde.<br />
Angesichts ihres Lebens war an tägliches Waschen<br />
auch gar nicht zu denken. Ihr Leben war furchtbar.<br />
Während des Krieges in Weißrussland lebte sie in einer<br />
Erdhütte. Die Deutschen hatten nach Partisanen gesucht,<br />
das Dorf niedergebrannt, ihren fünfzehn jährigen<br />
Sohn erschossen, nachdem sie aus irgendeinem Grund<br />
beschlossen hatten, dass er Verbindungsmann der Partisanen<br />
war. Blieben noch drei. Sie grub selbst die Erdhütte<br />
aus, die ältere Tochter Natascha half ein wenig.<br />
Sie schluckte die Tränen hinunter, grub, richtete die<br />
Hütte ein, baute aus Lehm Regale und Bänke, stellte<br />
irgendwelche Tassen und Schalen hinein, bedeckte die<br />
Bänke mit Lappen und fluchte in ihrem Dialekt. Genja<br />
und die um ein Jahr jüngere Mascha lagen im Schmutz<br />
und weinten. Genja konnte schon laufen, aber Mascha<br />
war noch ein fünf Monate altes Baby. Dann wurden<br />
sie krank, am schlimmsten quälte sie die Ruhr. Sie ernährten<br />
sich von Kartoffelschalen, fauligem Kraut und<br />
Rinde. Wasser holten sie aus dem Sumpf. Waschen<br />
konnten sie nirgends, aber sie hatten auch nichts zu
Njanja<br />
71<br />
waschen. Alles, was sie hatten, trugen sie am Leib. Und<br />
auf die Toilette gingen sie ins nächste Gebüsch. Bei<br />
Kälte und Regen. Als Genja schwer krank wurde, zog<br />
sie ihn zwanzig Kilometer auf dem Schlitten durch hohen<br />
Schnee bis zum deutschen Hospital. Dort bekam<br />
er Medizin, sie wuschen und fütterten ihn, drei Tage<br />
behielten sie ihn dort. Kurz: sie machten ihn gesund.<br />
Die jüngere, schon Einjährige, hatte sie mit der damals<br />
Neunjährigen zurückgelassen. Ich kam zur Hütte zurück,<br />
erzählte Domna und kicherte dabei, schleppte<br />
den Schlitten hinter mir her, bei mir fing der Typhus<br />
gerade an, und in der Erdhütte wiegte die Ältere die<br />
Kleine in den Schlaf: „Schlaf, du Hure, schlaf! Wenn<br />
Mama kommt, verdrischt sie dir den A...!“ Wir wunderten<br />
uns über ihr Gekicher, bis wir begriffen, dass<br />
sie dieses vulgäre Schimpfen als etwas Humorvolles<br />
auffasste. Auch über ihr hartes Schicksal berichtete<br />
sie undramatisch, mit epischer Ruhe, sogar davon, wie<br />
ein deutscher Offizier sie aus der Hütte getrieben, mit<br />
der Pistole auf sie gezielt und dabei „Piff paff!“ gerufen<br />
hatte. Mit ein paar Gesten hatte er angedeutet, wie<br />
er ihre Leichen in die Erdhütte werfen und mit Erde<br />
zuschaufeln würde. Und dabei selbstzufrieden gelacht.<br />
Sie erzählte davon, als müsse das Leben eben so sein.<br />
Ich kannte etwas derartiges überhaupt nicht, hatte<br />
nie etwas ähnliches erlebt, hatte immer in der Wohnung<br />
Bad und Dusche gehabt, das ganze Leben mit<br />
Ausnahme der Kindheit in einer Stadtwohnung zugebracht.<br />
Aus irgendeinem Grunde schämte ich mich,
72 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
wenn Domna erzählte, als wäre ich an ihrem Leben<br />
schuld. Und vielleicht war ich es nach einer höheren,<br />
kosmisch-mystischen Auslegung auch, denn es heißt<br />
ja: Wer hat, dem wird gegeben, und wer nicht hat, dem<br />
wird genommen.<br />
Domnas ältere Tochter heiratete zu Beginn der<br />
fünfziger Jahre und blieb im Dorf, die jüngere Mascha<br />
aber kam schon in den frühen sechziger Jahren nach<br />
Moskau, noch eher als ihr Bruder, arbeitete als Kellnerin<br />
in einem Restaurant und sicherte sich damit ihren<br />
Lebensunterhalt. Da verstand ich zum ersten Mal,<br />
dass eine Arbeit mit Kost und Logis und mit vielleicht<br />
etwas Trinkgeld beim „einfachen Volk“ als Lebenserfolg<br />
gilt. Sie war es auch, die ihrem Bruder Genja eine<br />
Polizistenlaufbahn in Moskau empfahl. Ihre Mutter<br />
besuchte sie selten, aber ich erinnere mich noch an<br />
ihr gutes Gesicht, die schwarzen lockigen Haare, ihre<br />
fröhlichen Augen und ihre Fähigkeit, mit unserem<br />
Sohn zu spielen. Als sie einmal besonders laut mit Tim<br />
herumtobte, sagte Domna plötzlich sehr ernst zu ihr,<br />
so als wolle sie ihr einen Rat geben, und deutete dabei<br />
auf mich: „Geh du mit Gleb ins Bett, dann kriegst du<br />
auch so einen“. Die Tochter blitzte mit den Augen und<br />
lachte. Nur ich wurde verlegen.<br />
Dafür kam ihr Sohn zweimal im Monat zu uns,<br />
stand erst lange im Flur, dann stellte er seine Stiefel<br />
auf einen kleinen Abtreter im Vorsaal und ging in das<br />
Zimmer, wo seine Mutter mit unserem Sohn wohnte.<br />
Dort schwieg er lange, dann fragte er: „Also, wie
Njanja<br />
73<br />
geht’s?“ Und seine Mutter antwortete eilig: „Alles gut,<br />
Genja. Sie sind ehrlich. Und der Kleine folgt.“ Das erste<br />
Mal blieb er lange, sorgte sich, ob es seine Mutter<br />
gut habe. Das zweite Mal kam er, um den Lohn seiner<br />
Mutter in Empfang zu nehmen. Er erklärte, dass er ihr<br />
Geld auf ihr Sparbuch einzahlen werde. Er gab sich<br />
würdevoll, war immer glatt rasiert, ganz offensichtlich<br />
frisch gewaschen, ging ordentlich angezogen und trug<br />
immer ein frisches Hemd. Meinem Sohn schenkte er<br />
eine Kokarde, und immer wenn wir von Arbeit kamen,<br />
gab Domna ihm das Abzeichen zum Spielen. Und uns<br />
erklärte sie: „Das hat Genja dem Jungen geschenkt. Er<br />
bewundert die Kokarde. Wen er groß ist, wird er bestimmt<br />
Polizist. Was will man mehr, damit verdient<br />
man sein Brot...“. Sie wollte uns zeigen, wie gut und<br />
besorgt Genja ist, denn sie spürte unsere Abneigung<br />
ihm gegenüber. Meine Frau vermutete, dass er seine<br />
Mutter betrog und das Geld auf sein eigenes Sparbuch<br />
legte. Die ältere Tochter berichtete Domna genau davon<br />
(sie zeigte uns immer ihre Briefe), ärgerte sich,<br />
dass die Mutter nicht ihr, im armen Dorf, das Geld<br />
schickte, sondern es dem Bruder im „reichen Moskau“<br />
gab. Genja hatte seiner Schwester tatsächlich einiges<br />
voraus. Er besaß das Vertrauen seiner Mutter, und fuhr<br />
einmal im halben Jahr ins Dorf und ging zur LPG, wo<br />
man ihm die Rente seiner Mutter auzahlte, die er natürlich<br />
auch in die eigene Tasche steckte.<br />
Aber er bemitleidete seine Mutter auch auf seine<br />
Weise. Einmal sah ich sogar, wie er ihre Schulter strei-
74 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
chelte, während er zur Seite blickte. Eine zärtlichere<br />
Geste als diese Berührung war für einen wie ihn undenkbar,<br />
dachte ich damals. Als ich Domna nach seinem<br />
Weggang sagte, dass er doch seine Mutter betrüge,<br />
antwortete die Njanja, dass ihm sein eigenes Geld,<br />
sein Polizistengehalt, von seiner Frau, das heißt seiner<br />
Lebensgefährtin, abgenommen würde und sie und es<br />
selbst mit ihrem Liebhaber vertrinke: „Wenn Genja im<br />
Dienst ist, kommen sofort ihre Männer, ihre ganze Familie<br />
ist so. Ihre Mutter trinkt, der Vater hat getrunken<br />
und die Schwester von Genjas Frau haben sie entmündigt,<br />
so dass sie ihr Kind abgeben musste und jetzt<br />
bei ihnen lebt, und jeden Tag schleppt sie einen neuen<br />
Mann an, der auch ernährt werden muss. Dabei ist<br />
ihr Kühlschrank immer leer, soviel Essen Genja auch<br />
heranschafft ... Und das ganze Geld geht für Wodka<br />
drauf. Mein Genja hat bei mir nie getrunken und er<br />
trinkt auch jetzt nicht. Er wartet darauf, dass sie ihm<br />
eine Aufenthaltsgenehmigung für Moskau geben, deshalb<br />
erduldet er das auch, sagte Domna Antonowna,<br />
und sobald er die Genehmigung hat, wird er vom Gericht<br />
die Wohnung aufteilen lassen und sich von ihr<br />
trennen. Sie haben Angst, dass er die Legalisierung bekommt.<br />
Aber bei der Polizei haben sie ihm schon ein<br />
Zimmer versprochen, sobald er die Genehmigung hat.<br />
Dann kann er sie auch verklagen und sich die ganze<br />
Wohnung nehmen. Sie arbeiten nicht, sondern trinken<br />
den ganzen Tag, saufen ihren Wodka, kotzen, schlafen<br />
sogar im Erbrochenen, herrje! Und danach duschen
Njanja<br />
75<br />
sie nicht mal, waschen sich nicht, lassen ihren Müll<br />
liegen. Genja räumt dort alles auf und macht sauber.“<br />
Das war das einzige Mal, dass sich Domna positiv über<br />
das Duschen äußerte. Die Nachbarinnen meiner Großmutter<br />
erzählten, Genjas Frau habe ihr verboten, sich<br />
im Bad zu waschen und gebe ihr auch nichts zu Essen.<br />
Den früheren Mangel an Essen glich sie bei uns aus,<br />
aber ihre Gleichgültigkeit gegenüber dem Bad behielt<br />
sie, obwohl sie sich mehrmals am Tag die Hände<br />
wusch. Aber ein Bad nahm sie nicht öfter als einmal im<br />
Monat. Dafür legte sie sich einfach hin und schwitzte,<br />
offenbar, damit sich die Schmutzschichten von ihr lösten.<br />
Nun, das kam nicht oft vor. Aber es war auch ein<br />
Anblick, wie sie am Mittagstisch plötzlich den Löffel<br />
hinlegte, mit der Hand unter ihr sackartiges Kleid fuhr<br />
und mit genüsslichem Gesichtsausdruck ihren Rücken<br />
kratzte! Meine Frau schwieg mittlerweile dazu und<br />
schaute weg. Sie wollte keinen Streit, zumal Domna<br />
uns unsere Freiheiten gab.<br />
Sie schlief im Zimmer unseres Sohnes, in dem außer<br />
dem Kinderbett noch eine breite Liege stand. Für die<br />
Nacht bedeckte sie die Liege mit ihrem eigenen braunen<br />
Laken und einer riesigen Bettdecke mit einem bunten<br />
Bezug, der nach ländlicher Art aus lauter Stoffstücken<br />
bestand. Das Bett wurde anfangs tagelang nicht<br />
gemacht, aber nachdem meine Frau etwas gesagt hatte,<br />
begann Domna das Bett tagsüber mit unserem schottischen<br />
Plaid zu bedecken. Wenn wir später am Abend zu<br />
Besuch gingen, holte sie Tim zu sich ins Bett, damit sie
76 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
nachts nicht aufstehen und nach ihm sehen musste. Natürlich<br />
passte Lilka auf, dass sie Tims Laken und Bettzeug<br />
mitnahm. Er legte sich hin, schaute traurig seinen<br />
Eltern nach, und Domna winkte uns nach: „Geht nur,<br />
ich und Tim werden schlafen“. Und sie schlug ihre<br />
bunte Decke über die Decke von Tim. Und wir eilten<br />
zu Besuch und verbrachten die Zeit, als hätten wir zu<br />
Hause keine Sorgen, als wären wir jung und kinderlos.<br />
Am Tage zog sie Tim an und ging mit ihm spazieren.<br />
Sie liebte es, Bekanntschaften mit Passanten zu schließen.<br />
Sie führte Tim zu irgend einem von ihnen und sagte:<br />
„Sag dem Onkel ’nTag“. Sie war sehr groß, deshalb<br />
ging sie etwas gebeugt. Alle Haus- und Kinderfrauen<br />
im Umkreis kannten Domna und erzählten uns, wie<br />
sehr Tim Oma Donja liebe. Es gab da eine Geschichte,<br />
bei der wir nicht recht wussten, wie wir sie auffassen<br />
sollten. Die Kinder- und Hausfrauen brachten ihre<br />
Zöglinge oft in den Dubki-Park. Dort saßen sie auf<br />
Bänken und schatzten, und die Kinder spielten unter<br />
ihrer Aufsicht im Sandkasten und auf dem Spielplatz<br />
mit den Schaukeln. Damit die Kinder nicht wegliefen,<br />
drohten die Njanjas damit, dass im Wald ein Wolf<br />
hause, ja vielleicht auch noch eine Wölfin und dass sie<br />
sich deshalb nicht von ihnen entfernen dürften. Der<br />
Spielplatz war wie ein geschützter Pferch. Genau dort<br />
inszenierte Domna Antonowna eine Vorführung für<br />
ihre Gefährtinnen. Sie verschwand plötzlich hinter den<br />
Bäumen. Aber Tim war vom Spielen so abgelenkt, dass<br />
er ihren Versuch sie zu erschrecken gar nicht bemerkte.
Njanja<br />
77<br />
Eine von den Njanjas kam Domna zu Hilfe: „Tim, wo ist<br />
denn Oma Donja? Hast du sie irgendwo gesehen?“ Tim<br />
sagte sich, dass er irgend etwas angestellt haben musste<br />
ohne es bemerkt zu haben, und nun kam die Strafe:<br />
Oma Donja hatte ihn verlassen. Und irgendwo da hinten<br />
wartete bestimmt schon der Wolf auf ihn. Er öffnete<br />
den Mund und weinte laut los, genauer gesagt, er<br />
schluchzte auf und in seiner Stimme war ein seltsames<br />
Heulen. Und da geschah es. Durch den Dubki-Park lief<br />
Lilka von der Arbeit nach Hause. Sie ließ die Einkaufstaschen<br />
fallen und lief zu ihrem heulenden Sohn. Aber<br />
Domna reagierte schnell. Meine Frau hatte Tim noch<br />
nicht erreicht, als Domna schon aus dem Wald gelaufen<br />
war und sich neben Tim gesetzt hatte; seinen Kopf<br />
presste sie an ihre Brust, so dass er keinen Mucks mehr<br />
von sich geben konnte. Und sie redete auf ihn ein: „Was<br />
ist denn, mein Kleiner, Oma Donja ist doch da! Hab<br />
keine Angst, sie gibt dich nicht weg. Ach du, wie lieb<br />
du Oma Donja hast! Und wie leid du ihr tust!“ Sie war<br />
wie der Bauer Marej * in Frauenkleidern. Tim beruhigte<br />
sich und — er hatte seine Mutter noch nicht gesehen —<br />
schlang seine Arme um den Hals von Oma Donja. Aber<br />
das Gesicht der Njanja, erzählte Lilka später, glich dabei<br />
dem eines Wolfes mit gefletschten Zähnen.<br />
Domna belog meine Frau, als sie sagte, sie habe ein<br />
wenig mit dem Jungen Versteck spielen wollen. Lilka<br />
* Gestalt in der gleichnamigen Erzählung von Dostojewski; Marej<br />
tröstet einen Jungen, der im Wald von Wölfen erschreckt<br />
worden ist (Anm. d. Übers.).
78 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
wusste keine Antwort und sagte nur streng: „In Zukunft<br />
bitte keine Spiele dieser Art!“ Domna wandte<br />
sich Tim zu, so als ob sie gemeinsam einen Streich gespielt<br />
hätten: „Hörst du, was die Mama sagt, Timmi?<br />
Wir werden nicht mehr solche Spiele spielen“. Und<br />
tatsächlich, Domna wurde verschlossener, obwohl sie<br />
mit ihren Freundinnen genau so wie früher schwatzte,<br />
aber sie ging nicht mehr in den Dubki-Park. Sie spazierte<br />
jetzt eher im Hof mit ihm, zumal es dort auch<br />
viel Grün gab. <strong>Zwei</strong> Wiesen mit Fliederbüschen am<br />
Rand, zwei Reihen Linden zwischen den beiden Professorenhäusern,<br />
eine kleine Allee dazwischen, Bänke,<br />
wo Domna entweder saß, oder in ihrer gebeugten Haltung<br />
Tim hinterherlief, wenn er auf seinem Dreirad<br />
fuhr. Autos zeigten sich auf dem Hof fast nie.<br />
Genja besuchte seine Mutter nach wie vor zwei Mal<br />
im Monat. Aber er begann, mehr mit ihr zu reden. Und<br />
Domna sagte einmal sehr stolz, dass Genja eine richtige<br />
Frau gefunden habe und seine Alkoholikerin bald<br />
verlassen würde. Vielleicht würde er auch die Tochter<br />
mitnehmen. Er überlege, sie ins Internat zu geben.<br />
Dann werde sie wohl die Enkelin beaufsichtigen. Sowohl<br />
meine Frau, als auch ich waren davon nicht begeistert,<br />
wir hatten uns an unser freies Leben gewöhnt.<br />
Aber wie gewöhnlich hofften wir, dass es für Genja<br />
unvorteilhaft wäre, seine Frau Mutter von dort wegzuholen,<br />
wo sie Geld bekam, das in seine Tasche floss.<br />
Und dennoch änderte sich das Leben ganz plötzlich.<br />
Genja hatte niemanden gefunden, aber das Gerücht
Njanja<br />
79<br />
war seiner Frau zu Ohren gekommen, und die erschrak<br />
plötzlich bei der Vorstellung, mit dem Kind allein zu<br />
bleiben. Dann geschah das Unvorstellbare. Sie hörte<br />
auf zu trinken, schickte ihre Schwester in deren eigene<br />
Wohnung, wohin sie auch ihre Mutter brachte. Und sie<br />
suchte sich eine Arbeit. Und nun brauchten sie Domna<br />
in der Tat, und zwar um auf ihre Tochter aufzupassen.<br />
Wir baten sie, uns noch ein paar Monate Zeit zu lassen,<br />
da die Verteidigung meiner Dotorarbeit kurz bevorstand.<br />
Aber das ging nicht: „Genja hat es angeordnet“.<br />
Wir befürchteten, dass Tim ihren Weggang schwer<br />
verkraften würde, denn es schien, als sei er in den zwei<br />
Jahren mit seiner Njanja zusammengewachsen. „Sagt<br />
ihm, dass Oma Donja zu ihrer Enkelin gefahren ist und<br />
bald wiederkommt“ — wies uns Domna an. Sie packte<br />
rasch ihre Sachen zusammen und bereits eine Stunde<br />
später kam Genja um sie abzuholen und sagte, sein<br />
Dienstwagen warte schon unten. Tim, als ahne er etwas<br />
Böses, wurde still in seiner Ecke, wo er seine Tiere<br />
ausgebreitet hatte und Zoodirektor spielte. Erst als die<br />
Tür ins Schloss gefallen war, hob er den Kopf. Wir liefen<br />
ängstlich zu ihm. „Ist sie weg?“, fragte er gespannt<br />
und nannte die Njanja aus irgendeinem Grund nicht<br />
„Oma Donja“, sondern distanziert „sie“. Wir begannen<br />
ihn um die Wette zu trösten, dass Oma Donja nur zu<br />
Besuch gefahren sei, dass sie in einer Woche wiederkomme.<br />
Er schaute uns ungläubig an, als ahne er die<br />
Lüge. Dann fragte er: „Ist das wahr?“ Ich sagte: „Was<br />
glaubst du denn, natürlich ist das wahr“. Aber er schüt-
80 <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
telte den Kopf und sagte auf einmal bestimmt: „Nein,<br />
das ist nicht wahr.“ Wir schwiegen bestürzt.<br />
Und plötzlich sprang Tim auf, und begann durchs<br />
Zimmer zu tanzen, wobei er das Spielzeug mit den Füßen<br />
beiseite stieß und laut rief: „Sie ist weg, sie ist für immer<br />
weg! Sie kommt nie mehr hierher zurück! Hurra! Und<br />
wird mich nie mehr erschrecken! Hurra!“ Es stellte sich<br />
heraus, dass der Vorfall im Park nicht das einzige Mal<br />
gewesen war, aber sie hatte ihm befohlen, niemandem<br />
auch nur ein Sterbenswörtchen davon zu sagen und damit<br />
gedroht, dass dann Oma Donja weggehen müsse und<br />
seine Eltern keine Zeit für ihn hätten. Und wir, die wir<br />
mit unserer eingebildeten geistigen Rückkehr in die russische<br />
Hofkultur der Vergangenheit beschäftigt gewesen<br />
waren, hatten die bittenden Augen unseres Sohnes nicht<br />
bemerkt, seinen Unwillen, uns längere Zeit zu verlassen<br />
und aus dem Haus zu gehen. Ich schämte mich, rief aber<br />
dennoch meine Großmutter an, um ihr von ihrem Schützling<br />
zu berichten. Großmutter erzählte es den Nachbarinnen.<br />
Alle beschlossen, Domna dafür zu verurteilen. Aber<br />
Domna dachte nicht daran, sich zu schämen und meinte,<br />
dass Tims Eltern ohne sie verloren gewesen wären, mit<br />
ihrem Sohn sitzen konnten sie nicht und für ihn sorgen<br />
auch nicht. Und dass alle sie bräuchten. Nun nütze sie<br />
eben ihrem Sohn. Damit gaben sich alle zufrieden.<br />
2008<br />
Übersetzung aus dem Russischen von Claudia Woldt
Часть 2
Владимир Кантор<br />
Смерть пенсионера<br />
Рассказ<br />
Есть ли существо гнуснее человека? Где-то читал<br />
Галахов, что в одном африканском племени<br />
стариков заставляли влезать на высокое<br />
дерево. Затем подходили здоровые мужики<br />
и трясли дерево. Кто падал и разбивался, тех<br />
съедали, а удержавшимся позволяли еще пожить.<br />
Павел попытался повернуться на бок, подложив<br />
руку под подушку, а щеку на подушку, как он любил<br />
(самая удобная поза еще с детства), но боль в<br />
спине и ногах лишала его всякой силы. Вчера он<br />
был в больнице у отца, куда того положил младший<br />
брат Павла Цезариус. Сам Цезариус в Лондоне, а<br />
ухитрился в одну из лучших больниц отца положить.<br />
Деньги всюду сила. Отцу исполнилось в этом<br />
году восемьдесят девять, Павлу — шестьдесят семь.<br />
Уже не мальчик, пенсионер, а бегает, как мальчик.<br />
Здорово он вчера навернулся, когда еле выскочил<br />
из-под колес подлой машины подлого нового русского,<br />
очевидно, бандита. Машина, шедшая вдали,<br />
вдруг прибавила скорость, обогнала шедшую впереди,<br />
которая притормозила, пропуская Галахова, и
84 Владимир Кантор<br />
промчалась, почти вплотную к тротуару, словно пыталась<br />
сшибить его. Павел успел взойти на тротуар,<br />
но зацепился ногой о столбик загородки, как-то неловко<br />
крутанулся и упал спиной на металлическую<br />
трубу загородки. С трудом встал. Что хотел этот<br />
шофер? Неужели и вправду убить? За что?<br />
Павел вспомнил странного дружка из первого<br />
класса: звали его Васёк, жил в доме без номера, куда<br />
даже милиция боялась заходить (там никто не имел<br />
никакой прописки, что для начала пятидесятых<br />
было весьма необычно). Он очень стеснялся образованного<br />
соседа по парте. Стриженый, как и все,<br />
наголо, Васёк стеснялся еще и лишая на затылке,<br />
выевшего часть волосяного покрова на голове. Он<br />
очень хотел показать Паше свою значительность,<br />
такая защитная реакция бедного зверька. И Васёк<br />
выдумал себе принципы. Он переходил шоссе, нарочно<br />
замедляя шаг перед быстро мчавшимися<br />
легковушками. «Чтобы не нагличали», — объяснял<br />
он. При этом шоссе — боковое, в середине ХХ века<br />
почти пустынное, да и скорости тогда были не сравнимые<br />
с нынешними. Своими принципами Васёк<br />
хотел заслужить уважение Галахова. Потом остался<br />
на второй год, а потом Паша услышал, что его бывшего<br />
соседа по парте насмерть сбила машина. Теперь<br />
он думал о нем, как о правдолюбце, который<br />
на свой лад боролся с сильными мира сего, потому<br />
что на скоростях всегда неслись машины властных<br />
нелюдей.
Смерть пенсионера<br />
85<br />
От боли Павел не мог заставить себя подняться<br />
и вылезти из постели. А потому хотел заспать свою<br />
маленькую нужду. Обычно — каждую ночь последний<br />
год — промаявшись до пяти утра (ворочаясь,<br />
вставая, выходя в туалет, потом на кухне выпивая<br />
ненужную чашку чая, которая снова гнала его в туалет),<br />
он засыпал, наконец, и спал часов до десяти. Он<br />
не умел спать один, и дело было не только в телесной<br />
близости с женщиной, которая еще требовалась,<br />
хотя не столь живо, как раньше. Нет, просто в тепле<br />
женского тела, а под женщиной последние годы<br />
Павел понимал только Дашу, и, не находя ее рядом,<br />
чувствовал среди ночи, что ему не хватает половины<br />
самого себя. Оставшаяся одна сама по себе половинка<br />
ныла и жаловалась, что ей некомфортно. Он пил<br />
на кухне ненужный ночной чай и смотрел телевизор.<br />
По ночам под утро, как правило, крутили вестерны:<br />
ковбои в шляпах с заломленными полями выхватывали<br />
кольты и расправлялись с негодяями. Почемуто<br />
раньше ему и в голову не приходило, что в этих<br />
длинных скачках по степям и горным перевалам<br />
герои никогда не испытывают простых человеческих<br />
потребностей — пописать, покакать. Разве что<br />
пожрать да выпить! А если у тебя к старости запор,<br />
да еще аденома предстательной железы, когда по<br />
двадцать минут стоишь в туалете, мучительно глядя,<br />
как мелкие редкие капли превращаются, наконец, в<br />
вялую струйку. Смог бы ты скакать при этом на лошади<br />
и стрелять из кольта без промаха? Как всегда,
86 Владимир Кантор<br />
он заснул перед экраном, очнулся, вспомнил слова<br />
Даши, которая в таких случаях обнимала его за плечи<br />
и, ведя к постели, приговаривала: «Спать надо<br />
лежа». Он шел и ложился в постель, но все равно засыпал<br />
лишь, когда начинало светать.<br />
Около девяти он услышал звонок домофона, но<br />
сквозь дурноту сна только испытал к звонившему<br />
раздражение и полное отсутствие в теле какой-либо<br />
возможности встать, подойти к входной двери и нажать<br />
кнопку, впускающую в подъезд. Он вспомнил,<br />
что сегодня приносят пенсию. Приносит почтальонша<br />
с твердым квадратным ртом и бородавками<br />
по всегда открытой шее. Потому он и не поднялся<br />
на звонок в дверь, знал, что соседка с нижнего этажа<br />
возьмет пенсию. Почтальонша все же как-то вошла<br />
в подъезд, поднялась на его этаж, позвонила в<br />
дверь. Но Галахов затаился. И та отправилась к соседке,<br />
бормоча: «- Ушел, что ль куда в такую рань».<br />
Эту почтальоншу не хотел он видеть с прошлого<br />
месяца. Он тогда ей тоже не открыл. Неохота было<br />
на эту пенсию смотреть. Из четырех с половиной<br />
тысяч у него две уходило на квартиру, тысячу он<br />
по-прежнему отдавал восьмидесятидевятилетнему<br />
отцу, а на остальные полторы тысячи живи, как хочешь.<br />
На американские деньги это получалось около<br />
пятидесяти долларов. Если при этом учесть, что<br />
Москва считалась одним из самых дорогих городов<br />
в мире, то лучше было ничего не жрать. Павел не<br />
грустил. И без того казалось, что чужие дни дожи-
Смерть пенсионера<br />
87<br />
вает, дни друзей, которые умерли раньше. Но прошлый<br />
месяц, не дозвонившись до него, почтальонша<br />
пошла на хитрость.<br />
Соседка с нижнего этажа, молодая, уже в теле,<br />
пришла с ней вместе, чтобы подтвердить, что это и<br />
в самом деле почтальон: «Вы чего не открываете?»<br />
«Даша приедет, сама со мной на почту сходит», —<br />
хитрил он. Даша на почту никогда с ним не ходила.<br />
Он и сам мог бы сходить, просто никого последнее<br />
время не хотел видеть. «Вы будете открывать?» По<br />
слабости характера сдался, открыл дверь. И получил!<br />
«Даша! Даша! Да нет ее уже в живых! Знаете<br />
сами, а придуриваетесь! Стыдно, дедушка!» А потом<br />
добавила с укором: «Что вы голову, как страус,<br />
прячете?! Просто берегла она вас». Даша бы не позволила<br />
так говорить с ним или о нем, если б была<br />
дома, а он мужик, мужчина позволил эти речи, как<br />
последний подлец. А ведь хотели умереть в один<br />
день. Он не мог даже вообразить, что с Дашей может<br />
случиться что-то плохое!..<br />
Нет, соседка врет! Галахов молча взял деньги<br />
у почтальонши, не пересчитывая, сунул в карман<br />
домашних мятых брюк, расписался в ведомости —<br />
большой амбарной книге. Глаза слезились, им, наверно,<br />
казалось, что он плачет, но слез не вытирал.<br />
Закрыл за ними дверь, все так же не разжимая губ.<br />
Врут нарочно, чтоб мне стало плохо. Даша не умерла,<br />
она уехала, оставила его. После Дашиного отъезда<br />
и стали слезиться глаза. Обидно, что она не с
88 Владимир Кантор<br />
ним, но она хотела как лучше. Сама живет сносно,<br />
и ему помогает. Он ведь нашел пакет, а в нем триста<br />
долларов и ее записка. Она писала: «Рада, что у<br />
тебя в руках сейчас деньги. Это моя тебе помощь,<br />
подарок!». Конечно, уехала. Даже домой не завернула<br />
из больницы. Или завернула? Он не помнил.<br />
Кажется, прямо отправилась в аэропорт, передав<br />
через знакомых, что она все же уезжает в Америку<br />
к тому, кто будет о ней всегда заботиться, чтобы<br />
Павел ее не провожал. Он был потрясен, обижен,<br />
замкнулся и не разжимал губ почти неделю. Никому<br />
не сообщил, но все же в тот день к дому подкатили<br />
знакомые, заходили к нему, пытаясь увлечь за<br />
собой. Он отказался.<br />
Надо подняться, вылезти из-под одеяла, встать<br />
ногами на пол. «Пока Даша в отъезде, надо не забывать<br />
цветы поливать», — говорил он себе, и это<br />
был один из внешних стимулов, заставлявших его<br />
что-то делать. Нельзя умирать в одиночестве. Самая<br />
страшная смерть. Днями думаешь, чем себя занять,<br />
чем время наполнить. Ну, суп из пакетика сварил,<br />
сардельку, которую есть не хочется. Лучше на больничной<br />
койке, даже в лагерном бараке, хотя нет, судя<br />
по рассказам там уж совсем полное одиночество.<br />
Может, Даша все же вернется... Уж очень много она<br />
здесь работала. А сама нездорова. Все время давление<br />
высокое, так с ним то на лекции, то на синхронные<br />
переводы ездила. По утрам жаловалась, что вся<br />
разбита, но вставала и ехала. Как она сейчас живет?
Смерть пенсионера<br />
89<br />
Он вспомнил, как Даша рассказала ему в самом<br />
начале их романа, что однокурсник сказал ей: «Мужика<br />
завела? Или влюбилась?» «Почему?» — удивилась<br />
она этой проницательности, вроде никак себя не<br />
выдавала. «Да с тобой можно смело в самые темные<br />
подворотни заходить. Не страшно». «Почему?» «Потому<br />
что светишься вся!» Это поразительное свойство<br />
влюбленных женщин он и сам наблюдал, оно<br />
лучше всяких слов рассказывало об их подлинных<br />
чувствах. Он стеснялся, что на тридцать лет старше<br />
ее, что она еще совсем юная, думал, что любит его за<br />
его знания и ум и мигом разочаруется, когда узнает<br />
о нажитых им с возрастом болячках. Как-то машинально,<br />
говоря по телефону с ней, с трудом урвав<br />
момент для этого разговора, пожаловался на здоровье<br />
и даже испугался, ведь что молодой женщине до<br />
его болячек! Но она спокойно сказала: «Мне можешь<br />
жаловаться!» Это было удивительно и трогательно.<br />
Потом понял, что отношение ее к нему было<br />
сложнее. Отец оставил их с матерью, когда Даша<br />
была еще маленькая. И так получилось, что Галахов<br />
стал ей и любовником, и отцом, а потом (хоть они<br />
так и не расписались) по сути дела мужем. Труднее<br />
всего ей было как-то называть его. Наедине, в<br />
письмах, конечно, милый, а на людях? Ей казалось,<br />
что будут усмехаться над ней, да и самой было неловко<br />
звать мужчину много старше ее, известного<br />
ученого, просто по имени. И она стала звать его по<br />
фамилии — Галахов, сама к этому привыкла, да и
90 Владимир Кантор<br />
все привыкли. Только отец почему-то ворчал: «Она<br />
тебя зовет по фамилии, как Наталья Николаевна<br />
звала Пушкина». В тот жуткий вечер, когда они<br />
возвращались от Лени Гаврилова и их чуть было не<br />
убила шпана, он предложил ей руку и сердце, а она<br />
в ответ очень по-детски, но твердо: «Галахов, мы с<br />
тобой хорошо жить будем». И жили хорошо, пока,<br />
пока, пока… Да, пока она его не оставила год назад.<br />
И уехала в США. Как нарочно, первая лекция, которую<br />
он читал ее курсу, была на тему Америки в<br />
русской литературе девятнадцатого века, и он рассказывал,<br />
что для русских писателей Америка казалась<br />
тем светом. И Даша пропала для него. Но теперь<br />
он утешал себя, что это все же Америка, а не<br />
тот свет. Что иногда она там вспоминает о нем.<br />
Она была немного выше его, иногда важно говорила:<br />
«Галахов, у тебя теперь высокая дама». Но тут<br />
же наклоняла голову и тревожно заглядывала ему<br />
в лицо, не обидела ли. И видя, что он не сердится,<br />
начинала светиться всем своим круглым лицом,<br />
всеми своими ямочками. Как она смешно ревновала,<br />
маленькая, что он такой бывалый. Ревновала к<br />
медсестрам, когда он лежал в больнице, к продавщицам,<br />
улыбавшимся Галахову, к тому, что молодая<br />
врач-невропатолог пригласила его в свой кабинет<br />
и продержала там почти час. «Да что же я не понимаю,<br />
что тебя все хотят!». При этом по первому<br />
его зову она бросала учебу, мчалась к нему, жадно и<br />
страстно принимала его любовь, хотя порой и бор-
Смерть пенсионера<br />
91<br />
мотала: «Я из-за тебя двоечницей стану». Пока они<br />
не жили вместе и он много ездил, стеснялся этого, а<br />
брать ее с собой на конференции было трудно, почти<br />
невозможно, и он бормотал, извиняясь: «Я взять<br />
тебя с собой не смогу». «Я понимаю, я почти и не<br />
существую, чувствую себя абсолютно виртуальной».<br />
«Такая большая и красивая». «Такая большая,<br />
а вся помещаюсь в телефонную трубку». А теперь и<br />
в самом деле она стала виртуальной.<br />
Отъезд вдаль всегда напоминает похороны, а похороны<br />
напоминают отъезд. Наверно, соседка видела,<br />
как Даша все же проехала мимо дома (да, все<br />
же проехала!), ожидая, что Павел выйдет, и сколько<br />
было цветов и провожающих, потому так и сказала.<br />
Среди провожавших он видел атлетическую фигуру<br />
Лени Гаврилова. Именно после визита на его<br />
день рожденья Галахов сделал Даше предложение.<br />
Был писатель Борис Кузьмин, чьи повести нравились<br />
Даше. Павел не запретил ей уезжать, он никогда<br />
никому ничего не запрещал. Но он не вышел<br />
и провожать ее, в аэропорт не поехал. Остальные<br />
поехали на машинах и в автобусе, было не только<br />
много цветов, но была даже музыка.<br />
С этого момента у Галахова пропала отчетливость<br />
разума, он мог много раз, как будто в первый,<br />
обсуждать сам с собой какую-то проблему, возникали<br />
постоянные провороты в мыслях, воспоминания<br />
из разных периодов жизни наплывали одно на другое,<br />
первой реакцией на всех людей, на все события
92 Владимир Кантор<br />
стала обидчивость и раздражительность. Мысли<br />
путались, повторялись. И сейчас, лежа в постели,<br />
он чувствовал, как его давит невнятица прожитой<br />
им жизни. А еще страх пенсионера, что дети не будут<br />
помогать. Нет, думал Павел, нет вечного возвращения,<br />
Ницше не прав, есть лишь постоянное<br />
возвращение человека в небытие. Это вечный путь,<br />
проходимый каждым.<br />
* * *<br />
Его дети — от двух браков — не только выросли, но<br />
и устроились на весьма оплачиваемые работы. Сын<br />
стал менеджером, а потом и директором какой-то<br />
пиар-компании. Иногда, грустя, Павел вспоминал,<br />
как носился по врачам, отмыливая сына от армии,<br />
возил презенты, договаривался с кем-то, чтоб помогли,<br />
не тронули. А в аспирантский период работал<br />
вечерами, чтоб ему на башмаки заработать (сам<br />
и в старых доходит), хотел беседовать с ним, чтоб<br />
было интересно, как ему самому было интересно<br />
с отцом, заранее придумывал темы разговоров. А<br />
как однажды несся он домой, бросив работу, узнав,<br />
что рухнул мост, где — может быть! — мог проехать<br />
трамвай, на котором иногда ездил сын! Глаза вытаращены,<br />
весь мокрый от ужаса. Теперь сын знать<br />
его не знает, разбогател. И унизительное чувство<br />
беспомощности, в которой он оказался, рождало<br />
обиду. Дочь, которую он устроил в аспирантуру в<br />
Швецию, вышла там замуж, родила и вытребова-
Смерть пенсионера<br />
93<br />
ла туда мать. Катя, его вторая жена, уехала, он не<br />
возражал. Жену больше волновали всякие бытоустройства<br />
и дочкина судьба, что было и разумно, и<br />
естественно. Она была женщиной умной и доброй,<br />
поэтому, когда Павел написал ей о Даше, она это<br />
приняла, просила только не говорить дочке, чтобы<br />
та не ревновала отца. Так с Дашей они и не расписались,<br />
квартиру в свое время он оформил на Катю<br />
и дочку. А Даша оставалась прописанной у матери<br />
в Черноголовке. Дочка иногда телефонировала,<br />
тогда бывала ласкова. Сын не только не заходил,<br />
но даже не звонил. Когда Павел пытался ему звонить,<br />
то слышал протяжное: «Пап, я сейчас занят, я<br />
тебе потом позвоню». И не звонил. Другой вариант<br />
бывал, когда он звонил ему в воскресенье, часов в<br />
двенадцать дня: «Пап, ну что ты так рано! Я очень<br />
поздно лег. Досплю, перезвоню тебе». И ни разу не<br />
перезвонил. Павел и сам перестал ему звонить. Его<br />
звонки были похожи на вымаливание милости, а<br />
он и впрямь порой с ужасом воображал такую возможность.<br />
«Есть ли существо гнуснее человека?» —<br />
снова подумал он.<br />
Пенсия была такая, что впору идти побираться.<br />
Но не у сына же просить милостыню. Николай Федоров<br />
писал, что воскресение отцов — русская идея.<br />
Достоевский усомнился и показал, как дети убивают<br />
отца, старика Карамазова, каждый по-своему. А<br />
теперь дети просто ждут, когда старики свалятся с<br />
дерева, чтобы брезгливо их зарыть. И дело здесь не
94 Владимир Кантор<br />
в стыде перед попрошайничеством, а в жизненной<br />
установке, точнее, привычке к определенному образу<br />
жизни. Еще до его пенсии, Даша еще была с<br />
ним, то есть несколько лет назад они в воскресный<br />
день съездили в Александров, бывалые люди говорили,<br />
что там 101 километр, всегда бандиты жили,<br />
бывшие шпана и воры, подъезды на ночь не запирают,<br />
можно пристроиться ночевать. Павел смеялся<br />
тогда: присмотрю, мол, подъезд на пенсионное будущее.<br />
Погуляв по городу, посетив музей Марины<br />
Цветаевой, доходившей и здесь от бедности, двинулись<br />
в чересчур знаменитую Александрову слободу,<br />
откуда пошла опричнина.<br />
Зашли в Троицкий собор. В помещении колокольни<br />
— синодик Ивана Грозного, перечисление<br />
им убиенных — но только бояр, смердов не считал,<br />
зато о смердах — в писцовых книгах, как опричники<br />
убили хозяина крестьянского двора, затем другого,<br />
жен снасильничали, дворы после грабежа сожгли,<br />
короче, разорение крестьянства.<br />
При выходе из Троицкого собора увидели девочку<br />
с чересчур осмысленным взрослым лицом,<br />
но маленького роста, темные волосы стрижены<br />
под ежик, очень синие глаза, взрослая шерстяная<br />
кофта, черные брючки и лакированные черные старые<br />
туфли (тоже с взрослой ноги). Павел с Дашей<br />
прошли было дальше. Подошла монастырская хожалка,<br />
странница, попрошайка и побирушка. Протянула<br />
привычно руку: «Подайте, сколько можете,
Смерть пенсионера<br />
95<br />
на хлебушек». Павел протянул копеек сорок. Рядом<br />
возникла девочка: «Они говорят «на хлебушек», а<br />
сами вечером водку покупают. Мы за одной проследили».<br />
«А как тебя зовут?». «Катя». «Сколько ж<br />
тебе лет?». «Двенадцать».<br />
Была она слишком мала для своего возраста.<br />
Павел протянул ей червонец, она деловито взяла<br />
и объяснила, что ей теперь и на свечки и на булку<br />
с маком хватит. Даша сказала: «Ты бы сняла кофту.<br />
Жарко». Та потянула сквозь вырез у шеи лямки<br />
нижнего белья: «Не, там у меня ночнушка».<br />
Потом перед службой села между ними на лавку.<br />
Свободно болтала обо всем, о себе, конечно: удивительный<br />
талант общения. Павел даже поразился<br />
этой свободе и открытости, живому языку.<br />
- Мамка в Курган уехала. За мной?.. Мамина<br />
подруга присматривает. Иногда мои подружки<br />
чего поесть принесут, хлеба, супу (понятно стало,<br />
что, «мамина подруга» не очень-то смотрит, так<br />
взглядывает, не померла ли девчонка). На прошлой<br />
неделе на тридцать два рубля мяса мне купили. Я<br />
кастрюлю наварила, вкусно было. Варить я умею,<br />
мама у меня повар и швея. Папку мама выгнала:<br />
уходи, говорит, а то я тебя задушу. Не, я не из Кургана.<br />
Я в Москве родилась. Но я папу Сашу не люблю,<br />
я больше родного папку люблю, дядю Витю.<br />
А Сашка мне ножом за дверью грозился. Я дверь<br />
открыла и его как ногой в живот!.. (Глазки засверкали<br />
от собственной выдумки). Он убежал. Я сюда
96 Владимир Кантор<br />
недавно хожу. Я крестилась. Отец Андрей крестил<br />
меня бесплатно. Неделю назад, — она показала дешевый<br />
латунный крестик на бумажной веревочке.<br />
— Не, не здесь. У нас за оврагом у моста церковь<br />
тоже есть. Не, я сама к нему пришла. Мамка еще не<br />
знает. Сюда хожу, им помогаю, сёстрам, матушкам,<br />
иногда подмету, посуду помою. Они тоже покормят,<br />
копеечку иногда дадут. А я себе сайку куплю. Здесь<br />
дешевые. Читать умею, но плохо. Во второй класс<br />
только в этом году пойду. Почему раньше не училась?..<br />
А мы бедные, портфель не на что было купить.<br />
Нас у мамки пять, ещё два брата и две сестры.<br />
Скоро ещё один маленький будет, у сестры Ленки.<br />
Её муж ногой в живот ударил, она его просила не<br />
пить. Они на диване спят. Братья на топчане, а я на<br />
раскладке. Мамка с папой Сашей раньше на диване<br />
спали, до Ленкиной свадьбы, а теперь на полу...<br />
Пол-России такие. А у него немного наоборот.<br />
Он детям не нужен.<br />
* * *<br />
А чего на пенсию вышел? Не знал разве, что тягостно<br />
будет? Хотя тогда он еще работал и относился к<br />
пенсии как дополнительному доходу.<br />
Всю прошлую неделю он ходил в пенсионный<br />
фонд, пытаясь добиться повышения пенсии на триста<br />
рублей, которые полагались ему по принципу<br />
введенной накопительной системы. Скользил по тротуарам,<br />
а, переходя шоссе перед замершими на свето-
Смерть пенсионера<br />
97<br />
форе машинами и вступая на оледенелый поребрик,<br />
каждый раз думал, что поскользнется, упадет на спину,<br />
и рванувшаяся машина его переедет. А к зданию<br />
пенсионного фонда переход и вовсе был без светофора.<br />
Кто перебежит, глядишь, и получит пенсию. А не<br />
сумеет, то нет ни человека, ни пенсионной проблемы.<br />
Первый раз он пришел туда семь лет назад в<br />
конце марта, дня за три до своего дня рождения, к<br />
девяти утра. Все документы собрал заранее, и был<br />
уверен, что дело это займет полчаса, ну, час. Двери<br />
уже были открыты, но когда он поднялся на второй<br />
этаж, то увидел бесконечную, длинную русскую<br />
очередь из стариков и старух: все толпились перед<br />
кожаной дверью, но порядок соблюдался. Сидела<br />
женщина с листочком, на котором были записаны<br />
фамилии и их порядковые номера. Павел подошел<br />
к ней и попросил его записать. «Вы будете сто сорок<br />
восьмым», — сказала женщина в капоре. Рядом<br />
стоявшая высокая и широкоплечая тетка в ватном<br />
пальто пожала плечами: «Сегодня вы не попадете,<br />
дня через два разве по этому списку. В день они<br />
не больше тридцати человек принимают». «Ну что<br />
вы, женщина, говорите! — возразила первая в капоре.<br />
— Бывает, что люди записались, а вовремя не<br />
пришли. Тогда те, кто не отходили, могут пройти.<br />
Но с вашим номером, мужчина, шансов, конечно,<br />
не много». «Когда же приходить нужно, чтоб в тот<br />
же день попасть? — спросил Павел, понимая, что<br />
сегодня стоять не будет. «Все, кто в самом начале, к
98 Владимир Кантор<br />
пяти утра приезжают, — пояснили ему. — И ждут до<br />
девяти перед дверью».<br />
Но март стоял холодный, и Павел приехал на это<br />
стояние только в конце апреля. Протолкался часа<br />
три на улице, бегая в дальние кусты по малой нужде,<br />
аденома мучила. В восемь утра их запустили на первый<br />
этаж, на втором стояли, преграждая путь, охранники.<br />
Пенсионный фонд начинал работать в девять.<br />
Потом было долгое сидение на лавочке, толкотня<br />
вокруг двери, заглядывание внутрь комнаты, чтобы<br />
понять, свободен ли его инспектор. И непрекращающаяся<br />
склока перед этой важной дверью: «Мужчина,<br />
не лезьте». «Да мне только справку отдать». «Все<br />
так говорят. Не пустим. Что, с женщинами драться<br />
будете? Я тебе говорю: куда прешь?! Женщины, не<br />
пускайте его!» В дверь он вошел где-то около четырех,<br />
выкурив перед подъездом несметное количество<br />
сигарет, хотя до этого не курил почти полгода.<br />
В огромной комнате, уставленной шкафами с бумагами<br />
и столами, сидели инспекторы, от которых<br />
зависела будущая судьба пенсионера: как скоро будет<br />
пенсия оформлена. А ведь были — в отличие от<br />
Павла — и не работавшие уже люди. Для них всякое<br />
промедление было похоже на катастрофу. Тут же выяснилось<br />
мелкое чиновничье воровство. Мало того,<br />
что не присылали все пенсионные извещения по почте,<br />
как в Америке и Европе, не посещал вас вежливый<br />
пенсионный чиновник, пенсию начисляли лишь<br />
с момента подачи заявления, а не с дня рождения!
Смерть пенсионера<br />
99<br />
«А если бы я, скажем, полгода болел?» «Нас,<br />
мужчина, это не касается. Не мы правила устанавливаем»,<br />
— ответила молодая, но расплывшаяся<br />
нездоровой полнотой девица лет двадцати пяти.<br />
Но окончательно ошеломила его женщина в другом<br />
кабинете, в котором Галахов попытался выяснить,<br />
много ли накопил он за те два года, когда<br />
была введена накопительная система. «Да в ваши<br />
года уже много не накопишь, — сообщила улыбчивая<br />
тетка. — Но вам полагается срок дожития, вот<br />
и старайтесь его прожить». «Какой еще срок дожития?»<br />
— Павел почувствовал какой-то мистический<br />
ужас. «Срок дожития вам определен в восемнадцать<br />
лет». Переспросил, не понимая: «Мне?». «Ну,<br />
всем пенсионерам с момента получения пенсии».<br />
«А если я вас обману и прихвачу пару годков». «Не<br />
обманете, умные люди считали. Обычно гораздо<br />
раньше умирают».<br />
У его друга Орешина был лысый приятель, старик<br />
уже, как им казалось, по прозвищу «комиссар»<br />
(Орешин вообще питал слабость к чудакам) — со<br />
старческими пигментными пятнами на лысине и по<br />
лицу, он пил с ними, орал песни. Павел даже поначалу<br />
спьяну допытывался, правда ли и сохранился<br />
ли у того маузер. Но потом как-то в один из дней<br />
Павлу позвонил общий приятель и сообщил, что<br />
«комиссар» покончил с собой ни с того, ни с сего.<br />
Причем для верности повесился в лестничном пролете:<br />
если бы не выдержала веревка, то наверняка
100 Владимир Кантор<br />
разбился бы. На «Смерть комиссара» Петрова-<br />
Водкина нисколько это не походило. Ни тебе красного<br />
знамени, ни уходящих в бой товарищей. Жестокая<br />
смерть отчаяния.<br />
А другие смерти стариков!..<br />
Но он все же год назад ушел из университета на<br />
пенсию. Не стало сил говорить с кафедры, вчерашний<br />
любимец совсем потерял контакт с аудиторией.<br />
Не интересно стало готовиться. Да и сил не<br />
было в переполненном метро ехать к первой паре. И<br />
раньше-то выползал из метро еле живой, особенно<br />
после пересадки на Проспекте мира, — мокрый, помятый,<br />
потный, минуты три приходил в себя, одергивая<br />
измятый пиджак или поправляя перекрутившийся<br />
плащ, — смотря по погоде. А тут еще дождь,<br />
значит, — раскрывать зонт и минут двадцать по лужам<br />
до здания универа, когда в голове еще туман от<br />
недосмотренного сна.. А потом стали сбываться слова<br />
тетки из пенсионного фонда о «сроке дожития».<br />
После отъезда Даши он стал присматриваться<br />
к жизни бомжей. Как собирают жестяные банки,<br />
кладут на землю, каблуком уминают, складывают в<br />
мешок, куда сдают, сколько стоит. Перчатки, дырявые<br />
на пальцах, и большая сумка, чтоб рыться в мусорных<br />
баках. Вот старик роется в мусорных баках.<br />
Бочком. Баки зеленого цвета, обшарпанные. Стыдно<br />
профессору толкаться у мусорных баков. Увидел,<br />
как что-то бросили в бак разумное, но подъехала<br />
машина, подняла на магнитах бак, перевернула в
Смерть пенсионера<br />
101<br />
кузов, не повезло. Бомж отскочил в сторону, матюгнулся.<br />
Ну, подумал Галахов, со мной все же неплохо.<br />
Все же дома ночую. Павел видел телепередачу<br />
про бомжа, который получал пенсию, сдавал бутылки<br />
и стал миллионером. Но, как сказал репортер,<br />
места были расхватаны и грязные, жутко пахнущие<br />
мужики избивают и гонят чужих, если они пробуют<br />
рыться в мусорном ящике. В сообществе этом были<br />
свои группы — картонщики, бутылочники, жестянщики.<br />
Не было Павлу там места.<br />
Профессор вспоминал идею о «хищных гоминидах»,<br />
о которых писал в середине девяностых<br />
некто Диденко. Что, мол, с самого своего зарождения<br />
человечество делится на людей и «хищных гоминидов»,<br />
существ похожих, но биологически другой<br />
породы, живущей за счет людей. Тогда Галахов<br />
даже мимоходом выступил в какой-то своей статье<br />
против этой идеи, как слишком биологизаторской.<br />
Нагавкал на Диденко. Нужно искать социальные<br />
законы, возразил он. Тогда он был сильный. И не<br />
понимал, как по глазам можно узнать хищного<br />
гоминида. Теперь он их видел: на улицах, в транспорте,<br />
по телевизору, научился различать. Видел<br />
по телевизору министра здравоохранения и социального<br />
развития России Михаила З., который сообщил,<br />
что по планам правительства деньги на социальное<br />
обеспечение рассчитаны таким образом,<br />
что мужчина в России должен умирать в возрасте<br />
пятидесяти семи — пятидесяти девяти лет, не до-
102 Владимир Кантор<br />
живая до пенсионного возраста. Даже щедринский<br />
Угрюм-Бурчеев был милосерднее. Он читал указания<br />
градоначальника из «Истории одного города»:<br />
«Люди крайне престарелые и негодные для работ<br />
тоже могут быть умерщвляемы, но только в таком<br />
случае, если, по соображениям околоточных надзирателей,<br />
в общей экономии наличных сил города<br />
чувствуется излишек».<br />
Галахов думал о жизни, о хищных гоминидах и<br />
полуспал-полубредил.<br />
* * *<br />
Да сны еще — стали один другого причудливее.<br />
Когда Даши рядом не было, в очередной раз уезжала<br />
на заработки, ему снился какой-то бред. Как-то<br />
приснилась ему мама с безумными глазами. Кто-то<br />
стучал дико в дверь чем-то тяжелым, долбил, взламывал,<br />
отворачивая филенку — нахально, не скрываясь,<br />
не боясь соседей. Он отворил полуразбитую<br />
дверь. На пороге мама, глаза безумные как на картине<br />
Брейгеля о слепцах, волосы всклокочены, в<br />
руках — лом. И бормочет: «Что-то очень мне беспокойно<br />
за вас стало. Решила посмотреть, как вы там».<br />
И говорит, и смотрит, как живая. А Павел-то при<br />
этом помнит, что уже несколько лет, как она умерла.<br />
Вот и сегодняшний сон. Павел знает, что в соседнюю<br />
комнату забралось Всё Зло Мира и готовится<br />
уничтожить человечество. А у него в нижней,<br />
закрывающейся дверкой, книжной полке стоит су-
Смерть пенсионера<br />
103<br />
пероружие, которое только одно на свете способно<br />
уничтожить Всё Зло Мира. И дочка из Швеции<br />
вернулась ради этого: «Папа, доставай оружие.<br />
Только мы можем справиться». А он еще перед ее<br />
приездом дверь в комнату, куда Враг просочился,<br />
не просто прикрыл, а снизу в щель большие Дашины<br />
портновские ножницы забил, чтоб она не открылась.<br />
«Да, — говорит дочке, — сейчас достанем,<br />
потом на балкон выйдем, оттуда как раз можно в ту<br />
нашу комнату попасть снарядом». И в голову ему<br />
не приходит, что и стрелять-то он не умеет, никогда<br />
в армии не был. Открывает он дверку шкафчика,<br />
а там никакого сверхаппарата нет, а одни книги.<br />
«Где же?!» — в отчаянии кричит дочка. А он книгу<br />
за книгой выкидывает, гору нагромоздил уже, а за<br />
книгами еще книги — и никакого оружия.<br />
Нет, все же встать необходимо, хотя бы цветы<br />
полить. К тому же захотелось пить и в туалет. Глаза<br />
по-прежнему слезились, будто плакал. Вытерев их<br />
углом простыни, Павел снова попытался подняться,<br />
но почему-то теперь не мог даже рукой двинуть,<br />
тем более сесть и спустить ноги с тахты. Все-таки<br />
он здорово навернулся! В конце февраля, несмотря<br />
на быструю смену мороза и легкого таяния, несмотря<br />
на наледи на тротуарах, скользкие бугорки<br />
и неровности от слежавшегося, стоптанного снега,<br />
улицы чистить вообще перестали. Мэр появлялся<br />
на экранах только в случае крупных городских катастроф,<br />
обещал разобраться, но было понятно, что
104 Владимир Кантор<br />
на следующий срок он не останется, а потому уже<br />
не мог заставить чиновников что-либо делать. А без<br />
приказа в России ничего не делается. Чиновникам<br />
было некогда: они понимали, что не останутся на<br />
своих местах после отставки шефа, а потому лихорадочно<br />
припрятывали наворованное за годы пребывания<br />
у власти, легализовали свои особняки и<br />
дорогие машины. До тротуаров ли им было! Вот и<br />
падали и разбивались старики и люди что называется<br />
среднего возраста.<br />
Надо было еще полежать, притерпеться. В конце<br />
концов, чем меньше пьешь жидкости, тем легче<br />
не ходить в туалет. Боль утихнет, и он встанет. Хорошо,<br />
когда воет ветер, а ты молод, молод, лежишь,<br />
тепло укрыт, читаешь книжку и думаешь, что когданибудь<br />
будешь вспоминать этот вечер уюта. А когда<br />
тебе шестьдесят семь?.. Почему он не передал своей<br />
тревожной натуры детям? Никто не зайдет, не навестит.<br />
А как квартиру будут делить? Он бы так не<br />
смог. К отцу он ездил каждую неделю, а звонил каждый<br />
день (мама умерла восемь лет назад), деньгами<br />
помогать не мог, как раньше, но старался, приезжая,<br />
хотя бы фрукты привести. У отца жила женщина,<br />
ухаживавшая за ним. Раньше они с братом платили<br />
ей зарплату напополам, а теперь едва мог выделить<br />
тысячу рублей, жалкие тридцать долларов.<br />
Брат Цезариус поначалу требовал, чтобы он платил<br />
прежнюю сумму — шесть тысяч рублей. «Это наш<br />
общий отец», — пояснял он свою точку зрения. Но
Смерть пенсионера<br />
105<br />
что делать, если получал Павел теперь всего четыре<br />
с половиной тысячи, сто шестьдесят долларов, из<br />
которых две тысячи платил за квартиру. Цезариус<br />
предложил ему продать или поменять свою квартиру,<br />
которая ему не по карману, получить некую<br />
сумму, чтобы он мог по-прежнему вносить свою половинную<br />
долю на оплату отцовской сиделки. Павел<br />
отказался. Менять привычную трехкомнатную<br />
квартиру, набитую книгами, — трудно было даже<br />
вообразить себе. Куда книги деть? Выкинуть? Но<br />
так долго жили ими!.. Да и страшновато было. Ему<br />
несколько раз звонили, предлагали выгодные обмены,<br />
скажем, на двухкомнатную с очень большой доплатой.<br />
Но он отказывался, боялся, не верил, бросал<br />
трубку. Слишком много писали, как при таких<br />
обменах стариков выкидывали вообще на улицу,<br />
если не убивали в пригородном каком-нибудь парке.<br />
У брата Цезариуса (поздний ребенок — и странное<br />
имя ему отец дал) было три квартиры в Москве,<br />
не говоря о лондонских апартаментах, да еще и родительская<br />
квартира была завещана тоже ему.<br />
У него, правда, что-то лежало на карточке, куда<br />
переводили зарплату с последней работы. Но деньги<br />
эти он тратил скупо, чтобы оставить себе на похороны.<br />
Код карточки (с объяснением для чего эти<br />
деньги) он написал на листке бумаги, положив ее в<br />
верхний ящик письменного стола, надеясь, что первыми<br />
по случаю его смерти придут сын или брат.<br />
Вот только Дашиных долларов там не было. По-
106 Владимир Кантор<br />
думав о долларах, он весь болезненно сжался. Как<br />
там Даша в Америке?.. Ему приснилось однажды,<br />
что Даша прислала ему эсемеску, словно уехала не<br />
в Америку, а в командировку: «Как ты там, счастье<br />
мое? Доклад написал? Скучаю и очень хочу к тебе».<br />
Давно ее с ним не было. Даша много раз повторяла<br />
ему, что они хорошо жить будут. И жили неплохо,<br />
долго жили. Но потом все же она ушла. Как в старых<br />
романах о власти золота — так и у них произошло.<br />
Ну нет, не совсем так, все же вместе десять лет<br />
прожили. Она не только любила его, но и уважала,<br />
гордилась его известностью, его книгами. Ни известность,<br />
ни профессорство денег не приносили.<br />
Конечно, Галахов позволял себе шуточные, хотя<br />
и правдивые рассказы, как иностранные коллеги<br />
приходили в ужас, узнав, что в месяц он получает<br />
триста долларов, спрашивали даже, настоящий ли<br />
он профессор. Он смеялся: «Ну не показывать же<br />
им мои два десятка книг!». Даша довольно долго<br />
смеялась вместе с ним. Работать при этом ей приходилось<br />
много. Она преподавала в двух областных<br />
вузах, переводила с английского за деньги какие-то<br />
научно-популярные книги, да еще в НИИ имела<br />
полставки. И все равно денег хватало от зарплаты<br />
до зарплаты. Павел уже не профессорствовал, бесконечно<br />
оппонировал ради копеечных денег, да еще<br />
писал книги, на которые надо было доставать гранты.<br />
Книги денег не приносили никаких. Он все время<br />
удивлялся, как коллеги с гораздо меньшим на-
Смерть пенсионера<br />
107<br />
учным багажом пристроены в жизни много лучше<br />
его. Очень часто, когда она долго не возвращалась,<br />
он звонил ей на мобильный. Тут было два варианта.<br />
Или она не брала свою трубку, и шли бесконечные<br />
длинные звонки («выключила звук, чтоб не мешал<br />
на лекции», — объясняла она). Павел сам читал<br />
лекции и почти никогда не отключал мобильный:<br />
профессор всегда со студентами договорится. Или<br />
абонент бывал недоступен. А потом она рассказывала,<br />
что ее курс перевели в помещение с тяжелыми<br />
потолками, где мобильный не ловит. Однажды после<br />
какого-то совещания он все же часов в семь вечера<br />
поймал ее. Она резко ответила: «Не могу сейчас<br />
говорить. Начальник дает ЦУ. Приду поздно».<br />
Павел вначале ревновал. Но что он мог поделать! И<br />
перестал тревожить ее в те дни, когда она уезжала<br />
из дому на службу. Даша бегала по всем этим работам,<br />
хотя ее мучило давление и, что хуже, какие-то<br />
женские неполадки. Иногда головы поднять не могла,<br />
но вставала и говорила: «Пока человек ходит, он<br />
должен работать. Мне же деньги за это платят. Откуда<br />
мы их еще возьмем».<br />
А Павлу оставалось беспокоиться за нее, ходить<br />
в аптеку, тихо выгуливать ее в выходные дни. Потом<br />
она нашла работу с поездками. В Сибири платили<br />
больше, особенно в нефтяных местах, она<br />
вдруг стала привозить оттуда немалые деньги и<br />
дорогие подарки. Это в России было принято, Павел<br />
не удивлялся. Но когда ее не стало, он нарисо-
108 Владимир Кантор<br />
вал себе картину, что какой-то из не очень крупных<br />
нефтяных магнатов, все же миллионер, пленился<br />
и красотой зрелой женщины, а главное, ее умом,<br />
что для него, человека с образованием, было тоже<br />
важно. Даше было тридцать семь, еще самый возраст<br />
для женщины! Да и устала она, понять можно.<br />
Болела очень, а за границей и лекарства, и врачи —<br />
любого в порядок приведут. И она уехала в США —<br />
жить со своим новым русским, думал Павел. Ему<br />
казалось, что раза два Даша присылала ему в помощь<br />
не то двести долларов, не то триста. Но где<br />
они? Как он их не искал, найти не мог. Потом известий<br />
от нее не стало, и тогда он сам для себя решил,<br />
построил сюжет, что богач, новый русский, прогнал<br />
Дашу, что она одна, бедствует в этой богатой Америке,<br />
живет в ночлежке для бомжей, но написать об<br />
этом, тем более вернуться — не может. Стыдится.<br />
На самом-то деле ей бы самой как-то надо помочь,<br />
что-нибудь из пенсии откладывать, найти эти дурацкие,<br />
неизвестно куда завалившиеся доллары. Но<br />
на какой адрес их послать? Записки и доллары она<br />
передавала с оказией, приходили какие-то странные<br />
люди, приносили послания и исчезали, а ему<br />
ни разу и в голову не пришло взять их координаты.<br />
Спасибо, что хотя бы зашли.<br />
Да-да, как в романах когда-то им любимого Бальзака.<br />
Все понятно, ему как раз исполнилось шестьдесят<br />
шесть, когда он остался один. А теперь ему —<br />
шестьдесят семь. В этом возрасте умерли оба его
Смерть пенсионера<br />
109<br />
деда. Он лежал на спине и чувствовал себя Грегором<br />
Замзой, неожиданно превратившимся в насекомоепаразита.<br />
Ungeziefer, — вспомнил он немецкое слово.<br />
Неужели пенсионеры сродни паразитам?<br />
Соседи редко заходили. У всех свои дела. Но отношения<br />
теплые, то есть здрасьте и улыбки при<br />
встрече, иногда в Новый год зайдут с рюмкой или к<br />
себе зовут чокнуться. Случайные встречи в дверях<br />
или на площадке…<br />
Раньше слово «пенсионер» чем-то напоминало<br />
ему слово «легионер». Пенсионер — это легионер<br />
на покое. Он один в трехкомнатной квартире. Все<br />
есть, а нищета. На Западе профессора на свою пенсию<br />
по миру катаются, а куда я доеду на трамвае?<br />
До парка — посидеть на лавочке? Так это тоже не<br />
жизнь, а умирание. Теперь понимал он долгие старушечьи<br />
разговоры на лавках, над которыми пошучивал<br />
раньше. Их попытки вмешаться в чужую<br />
жизнь, на что так досадовала молодежь, было простым<br />
желанием оказаться кому-то нужным и тем<br />
сам наполнить жизнь, продлить ее.<br />
Так был ли он легионером? Студенты ждали от<br />
него какого-нибудь решающего слова, но его отпугивали<br />
все прошедшие по мировой истории полубессмысленные<br />
революции и движения, убивавшие<br />
десятки миллионов за те слова, которые через<br />
двадцать лет уже всех смешили. А дети хотели действия,<br />
активизма. Или хотя бы нового учения. А<br />
своего слова, которое требовало бы развития, у него
110 Владимир Кантор<br />
не было. Были точные наблюдения, угадывающий<br />
анализ, из этого системы не построишь.<br />
* * *<br />
Какой уж там активизм! С постели слезть не может.<br />
А еще и лекарства надо принять: ноотропил, сермион,<br />
декамевит, сиднофарм — всё, что по бесплатным<br />
рецептам получал. Сил только встать нету. Надо<br />
же так удариться об эту железяку! Он дотронулся<br />
рукой до болевшего места на спине чуть выше поясницы.<br />
Было больно, но, похоже, обошлось без<br />
перелома. Потому что боль была переносима, как<br />
от ссадины. Где-то он слышал, что если перелом, то<br />
дотронуться нельзя. А дотронуться можно, хотя синяк,<br />
конечно, будет. Так что паниковать нечего! Не<br />
из-за синяка же вызывать врача! Да и неловко привлекать<br />
внимание к своей особе. К тому же запах!..<br />
Омерзительный запах, такой, что трудно дышать.<br />
Хотя и говорят, что собственной вони человек не<br />
замечает, но газы отходили, окна были закрыты, и<br />
Галахов поневоле оказывался в закрытом пространстве,<br />
где травил сам себя собственными отправлениями.<br />
Хорошо бы встать, в туалет сходить, но<br />
еще и окно приоткрыть. Как-то исхитрившись, они<br />
с Дашей, до ее отъезда, сделали пластиковые окна,<br />
чтобы уличный шум не очень доставал. Но, закрытые,<br />
окна и запах не выпускали на улицу.<br />
Почему он такой нерешительный? Слишком<br />
уязвим.
Смерть пенсионера<br />
111<br />
Себя он порой чувствовал мужчиной по имени<br />
Золушка. Всегда мучило чувство бесконечной ответственности.<br />
Подростком, открыв перочинный<br />
нож, ходил к парку встречать с работы маму, боялся<br />
за нее. За всех боялся. О себе не думал, думал, что<br />
сам всем обязан, а потому по мере сил надо отдавать<br />
долги. С первой женой Леной долго не мог разойтись,<br />
хотя любовь давно кончилась, домом она не<br />
очень-то занималась, даже посуду после гостей он<br />
мыл сам, к его книжным занятиям она относилась<br />
вполне иронически. Но он не уходил, хотя роман<br />
с Катей привел к рождению дочки, не уходил, потому<br />
что обязался быть с ней, исполнять ее прихоти.<br />
В детстве младший брат Цезариус был королем<br />
во дворе, знали, что старший брат выйдет в любую<br />
минуту и расправится с обидчиком. А как он этого<br />
брата устраивал в институт, возил к влиятельным<br />
знакомым, переписывал статью одного из них и публиковал<br />
в журнале, где сам тогда работал: от этого<br />
человека зависела оценка сочинения. Прибегал и<br />
позже, когда тому грозила опасность. Потом брат<br />
завел большое коммерческое дело в масс-медиа,<br />
вышел на международный рынок, тогда Павел стал<br />
ему мешать. Несветскостью, что ли? Вначале, приглашая<br />
к себе, дверь не открывал. А потом, не извиняясь,<br />
говорил, что ему было некогда, что у него<br />
была важная встреча с западными людьми. Ужасное<br />
ощущение — стояние перед запертой дверью,<br />
в которую даже записка не всунута, что, мол, при-
112 Владимир Кантор<br />
ду тогда-то. А потом и вовсе перестал приглашать.<br />
Деньгами он ворочал немалыми, но Павла все время<br />
упрекал: «Тебе хорошо, ты живешь на зарплату,<br />
ежемесячно получаешь деньги через кассу и ни<br />
о чем не заботишься. Попробовал бы ты жить, как<br />
я! У меня нет гарантированной зарплаты». Теперь<br />
Павел получал гарантированную пенсию, а брат,<br />
став типичным русским миллионером, перебрался<br />
в Лондон, где собирались российские олигархи. Хозяин<br />
жизни! Вот и к отцу его погнал, как мальчишку,<br />
наставительно и требовательно говоря в трубку:<br />
«Если я могу из Лондона положить отца в больницу,<br />
то, кажется, ты можешь хотя бы раз в день к<br />
нему съездить, навестить. Ты же пенсионер, ничем<br />
не занят». Разница у них была в пятнадцать лет, молодость<br />
Цезариуса пришлась на перестройку, он сумел<br />
в новую жизнь вписаться. И не желал думать,<br />
что брат уже больной старик.<br />
Все заняты сиюминутным, словно не понимая,<br />
что скоро умрут. Его часто посещало странное чувство.<br />
Глядя на смеющегося старика, работягу, засовывающего<br />
в карман бутылку водки и торопящегося<br />
на пьянку, женщин, рассуждающих о каких-то<br />
покупках, больных в поликлиниках, человека, радующегося<br />
обновке, он все время воображал, что<br />
они все они живут, как для вечности, а на самом<br />
деле для дурацких пяти минут. Живут так, словно<br />
всегда будут жить, словно им никогда не приходила<br />
мысль, что настанет момент, когда их на этом све-
Смерть пенсионера<br />
113<br />
те не станет… Ну и что же? — спрашивал он себя. —<br />
Сразу кончать самоубийством? Уж лучше жить<br />
так, что твои пять минут и есть вечность. А что есть<br />
вечность? Гениальная идея Андерсена в «Снежной<br />
королеве», что вечность нельзя сложить изо льда,<br />
сотворить ее ледяным холодным сердцем. Она требует<br />
сердечного тепла. В той мере, в какой она возможна,<br />
она создается временно, любящим сердцем.<br />
Как же она решилась на отъезд? Он с трудом<br />
мог это вспомнить. Перед тем, как уехать в Америку,<br />
Даша стала худеть, слабеть, но работать продолжала.<br />
Потом сказала, что ей предстоит небольшая<br />
операция, по женской линии, и неопасная, добавила<br />
она. «А может, и в Америку уеду, — странно улыбалась<br />
она. — Уж там точно перестану работать. Устала<br />
очень. Надо и отдохнуть».<br />
Он старался не слушать этих ее слов. Неужели<br />
она может его оставить? Наконец, она отправилась в<br />
больницу, просила ее не провожать, мол, скоро вернется.<br />
Беспокоилась, чтоб он без нее вовремя принимал<br />
лекарства. Он принимал лекарства, на душе<br />
было горько, как будто пил какие-то горькие микстуры.<br />
Один раз она позвонила, беспокоилась, как<br />
он себя чувствует. А он еще переживал, что перестал<br />
быть тем любовником, «фантастическим любовником»,<br />
как она когда-то ему сказала, что постели у них<br />
уже по-настоящему не было, по его вине. Его ласк<br />
хватало теперь очень ненадолго. Конечно, она еще<br />
молодая, ей нужно что-то другое. Однажды он ска-
114 Владимир Кантор<br />
зал ей это и услышал в ответ: «У тебя плохое настроение.<br />
Но зачем ты обижаешь меня? Мне же больно».<br />
Когда она говорила ему, что он нужен ей любой, он<br />
по мужской глупости не очень в это верил. И оказался<br />
прав, она все-таки оставила его. В тот день, когда<br />
это произошло, ему было очень плохо, он думал, что<br />
умрет. И радовался этому. Но не умер, просто стал<br />
передвигаться с трудом. Что-то в этот день еще было,<br />
но он забыл и не хотел вспоминать.<br />
На следующий день после ее отъезда Галахов<br />
выполз на улицу, соседи смотрели на него странными<br />
глазами и сочувствовали ему. Подальше от сочувствий<br />
он пошел в царицинский парк. Прошелся<br />
мимо императорских дворцов, вышел к большому<br />
пруду, сел на бревно среди деревьев, тупо смотрел<br />
на воду, которая казалась ему бездонной. Спрашивал<br />
себя, мог бы он броситься в воду и утопиться.<br />
Но он же не Офелия и не Катерина, он — мужчина.<br />
Стоял поздний теплый август, деревья были зеленые,<br />
а у него болело сердце, и Павел с тревогой<br />
спросил себя, доберется ли он до дому. И тут, вертя<br />
тощим хвостом, подошла к нему черная узкомордая<br />
и, очевидно, немолодая дворняга и принялась вдруг<br />
тыкать носом ему в руку и просительно заглядывать<br />
в глаза. Он машинально погладил ее по загривку,<br />
она затихла и притулилась к нему. Потом они<br />
сидели, Галахов чесал ей машинально то за одним,<br />
то за другим ухом. А когда он отправился домой,<br />
собака за ним последовала. Прогнать ее не было
Смерть пенсионера<br />
115<br />
сил, она была такая умильная. Он назвал ее Августой<br />
— по месяцу находки. Спала у него в ногах, он<br />
кормил ее тем, что оставалось от его еды, чаще всего<br />
заливал овсянку мясным бульоном, сваренным<br />
на костях. Она смотрела на него и все понимала.<br />
Благодаря ей, Павел стал гулять утром и вечером.<br />
Но ему было грустно. Глядя на тощий хребет<br />
Августы, он невольно вспоминал (начитанность не<br />
уходила) старика Смита из «Униженных и оскорбленных»<br />
Достоевского и его исхудалую собаку<br />
Азорку. Смерть Азорки оказалась предвестием<br />
смерти старика.<br />
* * *<br />
Спина болела, когда он пытался повернуться. Может,<br />
все-таки врача вызвать? Но из «академической»<br />
перестали выезжать, а из районной придет<br />
толстая тетка и, глядя в другую сторону, начнет<br />
ворчать, мять спину и прописывать антибиотики:<br />
она считала их средством от всех болезней. Хотелось<br />
прежней молодой независимости, не хотелось<br />
стариковской униженности, уязвленности. Ведь он<br />
еще не старик! Его еще нельзя загонять на дерево!<br />
Но уже что-то подобное чувствовалось ему в равнодушии<br />
и пренебрежительности врачей.<br />
И он уже сам замечал, что тон его становится,<br />
нет, еще не заискивающим, но зависимым. Принять,<br />
проглотить чужую грубость. А не возмутиться как<br />
раньше. Потому что деваться некуда. Вот и месяца
116 Владимир Кантор<br />
три назад, он сидел перед кабинетом зубного врача.<br />
Правая челюсть отяжелела, как свинцом налита, рот<br />
с трудом открывается. Кабинет закрыт, врача все нет<br />
и нет. Пошел стукнуться в ординаторскую, благо, на<br />
том же этаже, узнать, пришла ли Валентина Петровна<br />
вообще на работу. Открыл дверь. В маленькой<br />
комнатке со шкафами толкотня белых халатов. Увидел<br />
своего доктора, автоматически поздоровался,<br />
мол, «здрасьте, Валентина Петровна». Высокая тетка<br />
в плаще, стоявшая в центре группки других теток в<br />
белых халатах, вдруг властным и грубым тоном оборвала<br />
его: «Куда претесь?! Вы все скоро в туалет за<br />
нами ходить будете. Не видите что ли, что это наша<br />
комната?!» И вдруг Павел с ужасом услышал свой<br />
голос, услышал, что он, как и положено старику, испуганно<br />
пробормотал, стараясь при этом казаться<br />
вежливым: «Простите, я не хотел никого обидеть».<br />
Нет, надо лечиться народными средствами. Но<br />
какими? Он вдруг вспомнил давний разговор с приятельницей,<br />
эмигрировавшей несколько лет назад в<br />
Германию. То есть она уехала с мужем, который получил<br />
там двухгодичный контракт. Но когда он собрался<br />
вернуться и сказал ей об этом, она ему бросила<br />
(потом этот ответ долго по эмигрантским кругам ходил):<br />
«Ты меня Родиной не пугай!». Развелась с ним,<br />
нашла немчика и осталась. Так вот, как-то подхватив<br />
не то грипп, не то простуду, Павел пил разные лекарства,<br />
как вдруг позвонила Майя. Дальше произошел<br />
разговор, прямо для современной пьесы: «Болеешь?»
Смерть пенсионера<br />
117<br />
«Болею». «Что с тобой?». «Простуда, кажется». «Чем<br />
лечишься?» «Народными средствами». «Помогает?».<br />
«Не очень-то». «Может, народ не тот?»<br />
Нужен хотя бы глоток чаю. Чашка стояла у постели<br />
на краю комода. Он потянулся, не достал, надо<br />
было немного приподняться, подтянув тело, чтобы<br />
спина опиралась о подушку. Тело слушалось плоховато:<br />
вот, что значит никогда не занимался спортом,<br />
да и толщину нажил, тяжёл слишком. Он попытался<br />
сделать упор на локти, действуя силой плеч. Это<br />
удалось. Правда, сползло одеяло. Но это пустяки. Он<br />
поднял чашку, сделал глоток, но тут же вспомнил, что<br />
придется идти в туалет. А сможет ли? Невелико пространство,<br />
но сегодня для него немалое. От этих мыслей,<br />
чашка в руке дрогнула, желтоватая чайная жидкость<br />
выплеснулась на наволочку подушки. Совсем<br />
противно стало. Чем-то старческим потянуло от этого<br />
желтоватого пятна. Надо бы не просто до туалета<br />
дойти, но и наволочку сменить, еще и отцу позвонить.<br />
Что за глупость! Вчера же еще, уже после падения, он<br />
ходил, даже за квартиру в сбербанке платил. Болела<br />
спина, но боль пересилить было возможно. Эх, если<br />
бы какая красивая девушка на него глянула (а лучше<br />
— Даша!), он бы непременно встал и все сделал.<br />
* * *<br />
А какое у него еще дело? Недописанная книга, где<br />
он проводил странное сравнение между переселением<br />
народов в четвертом-пятом веках нашей
118 Владимир Кантор<br />
эры, когда варвары потянулись в цивилизованные<br />
римлянами части тогдашней Ойкумены. Теперь<br />
русские сотнями тысяч едут в Европу и Америку,<br />
ругая почем зря эту цивилизацию. Вроде его брата<br />
Цезариуса, который в России бывает лишь наездами<br />
из Лондона, но поскольку сохранил российское<br />
гражданство, эмигрантом себя не считает. Все на<br />
Запад прут — и богатые, и бедные, надеясь разбогатеть.<br />
А в Россию — люди с Кавказа и из Средней<br />
Азии. У них во дворе уже пару лет вместо русского<br />
пьяницы-дворника работали мальчишки-туркмены,<br />
тщательно метя и чистя двор.<br />
Ладно, не о книге надо думать, а как до сортира<br />
добраться.<br />
Зачем мои книги о толерантности, о наднациональной<br />
идее России, когда в Москве и Питере<br />
убивают таджикских девочек, убийц оправдывают,<br />
в крайнем случае дают срок как за мелкое хулиганство,<br />
а молодые скинхеды кричат об уничтожении<br />
всех нерусских. Вот и до русского фашизма дожили.<br />
И ведь не фашизм, а обыкновенный русский<br />
бунт, когда режут всех.. На этой идее даже Третий<br />
Райх не построишь. Смерть не строитель. Хорошо,<br />
что дочка моя в Швеции, внучка там и жена Катя,<br />
а Дашу ее новый русский вывез в Америку. Ругают<br />
новых русских, а они шкурой чувствуют...<br />
Но его-то сейчас это не касается. У него простая<br />
задача — вылезти из постели и дойти до туалета. Не<br />
мочиться же в постель. Тогда он здесь вообще ле-
Смерть пенсионера<br />
119<br />
жать не сможет. А кто к нему придет? Никто. Сослуживцы<br />
бывшие в лучшем случае на похороны<br />
скинутся, да на кладбище придут. Друзья? Их так<br />
мало осталось. Столько уже приятелей, едва к пятидесяти<br />
подходило, умирало. Двух он даже считал<br />
близкими друзьями. Только один человек звонил<br />
ему постоянно — друг детства и ровесник Лёня Гаврилов.<br />
Он рассказывал анекдоты, вычитанные в<br />
«Комсомольской правде», в основном эротического<br />
содержания, повторяя: «Старичок, мы должны<br />
держаться. Жизнь ведь продолжается. Послушай,<br />
что пишут: «Если мужчина четыре раза сходит налево,<br />
то по законам геометрии он вернется домой».<br />
А? Ха-ха! Нас еще рано в утиль-сырье. Слышал<br />
про Давида Дубровского, из ваших, из гуманитариев?<br />
Ему семьдесят четыре, а жене двадцать четыре,<br />
они уже ребенка сделали. И мы, старичок должны<br />
держаться. Главное — не раскисать! Ну, хочешь, я<br />
тебе альбом сделаю с Дашиными фотографиями?<br />
Может, тебе легче будет?». Да, ему не нужна была<br />
никакая другая женщина, кроме Даши. Спасибо<br />
Лёне, что звонит. Отец последние годы никогда<br />
ему не звонил, всегда ждал его звонков, часто ему<br />
пенял: «Ну, ты еще молодой. Мне осталось уже немного.<br />
Поэтому мне можно жаловаться, а тебе еще<br />
нельзя». Что ж, получил свое. Когда они только начали<br />
жить вместе, он ворчал. «Я ведь умру раньше<br />
тебя», — говорил он. «Это никому неизвестно, кто<br />
когда», — очень серьезно отвечала она.
120 Владимир Кантор<br />
А потом она уехала, и этот разговор потерял<br />
смысл. Только одно осталось: чувство потери, да и<br />
говорить теперь было не с кем. Уже давно, чтоб создать<br />
себе эффект общения, он звонил бывшим сослуживцам<br />
вроде по делу, но как бы между прочим<br />
заговаривал и о бытовых вещах. Те охотно отвечали,<br />
советовали, но сами не перезванивали никогда.<br />
Утешала Августа своей и в самом деле собачьей<br />
преданностью. А куда ей было от него деваться!<br />
Здесь все же кров и пища. Была она даже трогательна<br />
в своей забитой привязанности. Собака<br />
была запугана в своей несчастной бездомной жизни,<br />
вздрагивала от каждого шороха в квартире. Когда<br />
однажды Павел уронил на пол торшер, Августа<br />
так перепугалась, что не знала куда забиться, даже<br />
под комод пыталась, пока не заползла в узкую щель<br />
под тахту. Оттуда Павел ее потом едва извлек. Зато<br />
слыша шум шагов на лестничной площадке, Августа<br />
принималась отчаянно лаять, защищая себя,<br />
свою слегка наладившуюся жизнь и человека, пригревшего<br />
ее, отпугивая воображаемых врагов.<br />
Нет, все не о том он думает. Надо сползать, не<br />
вверх на локтях, а наоборот боком из-под одеяла —<br />
и на пол. Пусть даже на четвереньки встанет. Все<br />
равно никто не видит. Прежде, чем начать сползать,<br />
он оглядел комнату, нет ли чего полезного для сползания.<br />
Горел над головой ночник, за окном уже было<br />
темно, светились окна двенадцатиэтажного общежития<br />
напротив: с отъезда Даши он шторами поль-
Смерть пенсионера<br />
121<br />
зоваться перестал. У окна на столе мерцал экран не<br />
выключенного компьютера. Может, послать сразу<br />
по нескольким адресам письмо: «Помогите, мне<br />
плохо!» А что плохо — спина болит? Но это надо<br />
преодолеть, в конце концов, он все мог преодолеть.<br />
Около стола валялась груда книг, которыми до больницы<br />
пользовалась Даша, переводя очередную книгу,<br />
так он эту груду и не разобрал, год прошел, а он<br />
все никак не опомнится. Единственно, что он запретил<br />
тогда очень жестко: он запретил себе спиртное.<br />
Он помнил, как запил его друг после смерти жены, и<br />
через год был конченый человек, а там и умер. Хорошо,<br />
что Даша не умерла, а нашла себе богатого мужа,<br />
который вывез ее отсюда. Нет, Галахов не смерти боялся,<br />
боялся пьяной пошлой смерти, когда с улицы<br />
приходят бомжи-собутыльники и шарят у мертвого<br />
по карманам и в столе, не осталось ли на выпивку.<br />
Да, комната без Даши совсем захламлена. Больше<br />
всего у него заставлен комод. Кроме чашки чая,<br />
будильника, валявшихся блокнотов, шариковых<br />
ручек, поводка для Августы, там стоял еще и телефон<br />
в стиле ретро начала ХХ века, подаренный ему<br />
сослуживцами, когда он уходил на пенсию. Зачем<br />
он это сделал? Ведь знал, что на пенсионные копейки<br />
прожить нельзя. С тех пор они существовали на<br />
Дашины заработки и тратили пенсию на квартплату<br />
да на помощь отцу. До того момента, как Даша<br />
покинула его. А три дня назад его покинула и Августа.<br />
Побежала куда-то в кусты, да так и не вер-
122 Владимир Кантор<br />
нулась. Звал он ее понапрасну. Ходил по соседям,<br />
спрашивал, не видел ли кто. Однако нет, никто ему<br />
помочь не смог. А молодая толстотелая соседка с<br />
большими грудями, жившая этажом ниже, сказала:<br />
«Да успокойтесь, дедушка. Может, ее бомжи покончили,<br />
на шапку. Да вам теперь легче будет, не придется<br />
утром и вечером с ней по улицам таскаться!»<br />
* * *<br />
Слезая с постели, он все-таки упал. Встав на четвереньки,<br />
Павел попытался подняться на ноги. Проклятый<br />
шофер! Неужели задавить, или, точнее<br />
сказать, убить хотел? Или просто попугать? Тот,<br />
кто в машине, по сути дела, — «человек с ружьем»<br />
против безоружных. Хорошо хоть успел из-под колес<br />
выскочить. Прав был Васёк, его сосед по парте<br />
в первом классе. Он уже тогда понял, что шоферню<br />
следует обуздывать. Старик все же поднялся. Держался<br />
за притолоку двери, потом за стенки коридора.<br />
В туалете стоял, упершись головой в стенку<br />
перед собой. Его мутило, ноги подгибались. «Кажется,<br />
моя ветка трещит», — мелькнуло мимоходом<br />
и, слабея, он завалился на кафельный пол. От холода<br />
кафеля через время очнулся. Лежал и готовился<br />
помирать. «Это мне наказание, — сказал он себе, —<br />
за то, что другого старика стряхнул с его ветки».<br />
Вчера выгнал он с лестничной площадки между<br />
этажами бомжа Александра Сергеевича. Между их<br />
этажом и следующим ниже, угнездился бомж. За-
Смерть пенсионера<br />
123<br />
пах от него стоял понятно какой. Из дверей квартиры<br />
стало трудно выходить. Он с позапрошлой зимы<br />
там прижился. Даша тогда его добром просила, в<br />
милицию звонила, спрашивала, где в нашем районе<br />
специальные приюты для бездомных. «Нету таких»,<br />
— ответили ей менты. «А по телевизору рассказывали…».<br />
Те рассмеялись: «А вы что, всему, что<br />
в телевизоре рассказывают, верите?»<br />
Но стояли морозы, гнать его было невозможно,<br />
Даша стала, как приблудному псу, выносить ему<br />
еду. В разговоре он сообщил, что его зовут Александр<br />
Сергеевич (поначалу они решили, что врет,<br />
что во всем Пушкин виноват, но он паспорт показал<br />
— верно), что он бывший учитель математики,<br />
что ему шестьдесят шесть, уже три года не работает,<br />
а их подъезд выбрал, поскольку прописан на втором<br />
этаже, но бывшая жена и дочка его в квартиру<br />
не пускают, а он, однако, здесь по праву прописки.<br />
Во время разговора Даша заметила, что три пальца<br />
на руке у него черные, спросила, что это, он ответил,<br />
что, наверно, отморозил. Тогда Даша вызвала<br />
«скорую», его забрали, но следующим вечером он<br />
снова был на своем месте, объяснив, что его в больнице<br />
помыли, дали переночевать, утром покормили<br />
— и выгнали. Вот он снова здесь и обретается.<br />
А на пальцы они даже смотреть не захотели. Даша<br />
снова вызвала «скорую». В этот раз приехала милая<br />
широколицая женщина, но с твердым выражением<br />
на лице, — такая, любимая Павлом разночинно-
124 Владимир Кантор<br />
интеллигентская уверенность в себе, привычка<br />
настаивать на достойном. По просьбе Даши она<br />
посмотрела пальцы Александра Сергеевича, не снимая<br />
резиновые перчатки, как и было положено врачам<br />
«скорой». «Да, — сказала, — температура, воспаление,<br />
может дальше пойти, на начало гангрены<br />
похоже. Пойдет дальше — придется руку резать».<br />
Даша умоляюще посмотрела на нее. «Понимаю, —<br />
пожала та плечами, — но нам запрещено бомжей госпитализировать.<br />
Всех больных перезаражать могут.<br />
Кто знает, что они на себе носят. Ладно, беру на себя.<br />
Уговорю нашего хирурга». И Александра Сергеевича<br />
увезли, не появлялся он долго, уже Даша уехала,<br />
а его все не было. И вот явился. Вернувшись на площадку,<br />
рассказал, что месяц пролежал в больнице,<br />
руку ему вылечили, потом где-то скитался почти год,<br />
а идти все равно некуда. Пока бомжа-пришельца не<br />
было, соседи выяснили его историю. Оказалось, что<br />
и впрямь он в квартире на втором этаже прописан,<br />
пришел добродушный участковый, проверил паспорт:<br />
прописка правильная. Но вселять отказался,<br />
поскольку насильно к жене поселить его не может,<br />
тем более и ситуация сложная — там коммуналка,<br />
соседи тоже протестуют. Конечно, поначалу жену<br />
ругали — стерва! Двери она никому не открывала,<br />
смотрела в глазок, кто звонит. А потом пошли по<br />
соседям и узнали. Александр Сергеевич лет пятнадцать<br />
назад бросил ее с малолетней дочерью и ушел<br />
к овдовевшей генеральше, ушел и забыл, ни разу не
Смерть пенсионера<br />
125<br />
появился, денег ни копейки не посылал, дочку сама<br />
растила, а работала всего-навсего на почте. Жила<br />
весьма бедно. Что там с генеральшей произошло,<br />
но год назад А.С. снова явился. Бросив жену, из<br />
квартиры он не выписался, формальное право имел<br />
вселиться. Однако квартира была двухкомнатная,<br />
коммунальная. В одной комнате брошенная жена с<br />
дочкой, в другой — соседи. Пускать его было некуда:<br />
только к себе в комнату, чего она не хотела и боялась.<br />
Ситуация безвыходная.<br />
И вот вчера он сам стряхнул старика с дерева.<br />
Хотя А.С. был и помоложе его, но тоже пенсионер.<br />
Пришла соседка из квартиры напротив, позвонила<br />
вчера вечером Павлу в дверь. «Вы все же мужчина,<br />
Павел Вениаминович», — она улыбнулась немного<br />
иронически, — а у меня просто сил не хватит, да<br />
он меня и не слышит, потому что слово женщины<br />
для него не существует, он ведь женщин за людей<br />
не считает. А вы, хоть уже и в возрасте, но вид внушительный.<br />
Может, он вас хоть испугается. А то<br />
прихожу домой, квартиру отпираю, запах, сами<br />
понимаете, но мы вроде притерпелись, но ведь он<br />
прямо по лестнице вниз от моей квартиры, весь мне<br />
виден. Вчера пьяный напился, валяется, ширинка<br />
расстегнута, хозяйство наружу. Видно, перед тем,<br />
как отрубиться, онанизмом занимался. Таньке моей<br />
пятнадцать лет, ей такое ни к чему видеть. Я вчера<br />
его пинками подняла и на улицу выгнала. А сегодня<br />
прихожу, он снова с бутылкой в обнимку и мне
126 Владимир Кантор<br />
кулаком грозит, да еще какую-то блохастую собаку<br />
с собой привел».<br />
При слове «собака» Павел даже вздрогнул. Но соседка<br />
поняла и отрицательно, с сочувствием покачала<br />
головой: «Нет, не ваша. Не Августа. Так поможете?»<br />
Никогда Павел не умел людям грозить, тем более выгонять<br />
их, да и драться, если честно сказать, тоже не<br />
умел. Он и представить не мог, что должен сказать<br />
А.С., чтобы тот ушел. Он вышел на площадку в теплой<br />
домашней куртке, которая уширяла и без того его широкие<br />
плечи, к тому же в ней он чувствовал себя мужественнее<br />
(бывает такая одежда), посмотрел на А.С.<br />
сверху вниз как можно мрачнее и произнес неопределенно:<br />
«Шел бы ты, мужик, отсюда, чтобы хуже не<br />
было». Кому хуже? Но бомж вдруг засуетился, сунул<br />
бутылку в отвислый карман драпового вонючего пальто,<br />
встал, подобрал подстилку и суетливо побрел вниз.<br />
Ветка надломилась, и старик упал с дерева.<br />
А другой старик вернулся в свое жилище, думая,<br />
что сам он нисколько не лучше. Прошло два дня.<br />
Одиночество давило его. Исчезнувшая три дня назад<br />
собака Августа стала казаться каким-то страшным<br />
зовом судьбы. Он ее искал целый день, звал,<br />
но она не вернулась. Без нее квартира стала совсем<br />
неуютной. А после вчерашнего падения, он чувствовал<br />
себя словно выбитым и из того физического состояния,<br />
которое поддерживало в нем жизнь.<br />
С трудом он начал подниматься с кафельного<br />
пола, но руки-ноги подгибались. Хотя бы доползти
Смерть пенсионера<br />
127<br />
до комнаты, до телефона, приказывал он себе. Но<br />
сил не было. Павел лежал, из глаз катились слезы.<br />
Похоже, что на этот раз он в самом деле плакал.<br />
Плакал о совершенно непонятно зачем прожитой<br />
жизни. Все же он приподнял голову. Зачем? Чтобы<br />
встать? И вдруг усилием воли встал. Голова кружилась,<br />
он с трудом сохранял равновесие. Потом ощутил,<br />
что ему стало трудно дышать, грудь сжималась<br />
при каждой попытке вздохнуть, от жуткой слабости<br />
подгибались ноги, спина покрылась потом. Ему<br />
стало страшно, он ослаб, снова сел на пол. Но даже<br />
ползком он уже не мог добраться до телефона.<br />
* * *<br />
Его душа еще блуждала по Земле, сорок дней ей<br />
было предназначено скитаться здесь до ухода на<br />
небо. Он умер, но ни брат, ни сын не интересовались<br />
по-прежнему ни его жизнью, ни смертью.<br />
Спохватился отец, которому он перестал звонить.<br />
Дозвонился до внука, то есть сына Павла, брат, как<br />
всегда, был в Лондоне. Сын ответил, что занят, что<br />
ему некогда, но все же приехал, взломал с милицией<br />
и людьми из ЖЭКа замок, вошел в квартиру.<br />
Оттуда позвонил дяде в Лондон (они все же иногда<br />
общались), тот сказал, что похоронить надо почеловечески,<br />
что он пришлет три тысячи баксов,<br />
но особо оповещать и собирать народ не надо. А то<br />
слишком много хлопот. И без того кто-нибудь да<br />
придет. Народу и впрямь было немного.
128 Владимир Кантор<br />
И Павел видел свои скудные похороны, видел, что<br />
ни брат, ни отец, ни сын на похороны его не пришли.<br />
Впрочем, брат и денег обещанных не прислал. Был<br />
друг детства Леня Гаврилов с женой, он привел нескольких<br />
общих знакомых, писатель Борис Кузьмин<br />
высокопарно говорил о трудности оставаться человеком<br />
в этой жизни, которая, добавил он вдруг афоризм,<br />
«вовсе не <strong>школа</strong> гуманизма». Старый бабник<br />
Томский пустил слезу, сказав: «Павлушка, ты был<br />
хороший. Мы скоро за тобой последуем. Но тебе-то<br />
наверно небо определено, а куда нас отправят?»<br />
И снова заплакал. Пришло также несколько бывших<br />
сотрудников Галахова. Даши не было. И Павел<br />
заглядывал в лицо всем пришедшим в безумной надежде,<br />
что вдруг обознался, вдруг она просто в другой<br />
одежде. Но не увидел. Душа как птица присела<br />
на одинокое дерево у могилы. Душа плакала и думала,<br />
что, наверно, Дашу ее новый муж не отпустил<br />
даже на похороны. Душа его долго блуждала около<br />
этой пустынной могилы. Через месяц прилетела из<br />
Швеции дочь, а жена Катя, видимо, осталась там<br />
караулить внучку. Дочка долго плакала, сидя на лавочке<br />
у могилы. Потом улетела назад. А Даша так и<br />
не показалась здесь. И только спустя сорок дней он<br />
понял, почему она не пришла, осознал то, о чем не<br />
хотел думать весь последний год. Даша давно ждала<br />
его на небесах, где они и встретились, наконец.<br />
Сентябрь 2007
Владимир Кантор<br />
Няня<br />
Рассказ<br />
Я<br />
готовился пойти в душ. Халат, чистое белье,<br />
махровое полотенце из шкафа — все<br />
отнес в ванную. Домашние брюки, драные,<br />
но любимые и, главное, уютные и рубашку<br />
снял, бросил в «грязное». Из душа всегда<br />
выходил внутренне подтянутый, довольный собой,<br />
а волосы, просохнув, становились шелковыми<br />
и даже немного вились. Зато нянька наша, не наша,<br />
конечно, а с трудом раздобытая для сына, о мытье<br />
отзывалась неодобрительно. «В Европе, — говорила<br />
мне обычно моя первая жена, иронически усмехаясь<br />
в такие минуты, — душ каждый день принимают.<br />
А то и два раза в день». Я с ней соглашался,<br />
но добавлял, что для этого и быт иначе устроен, и<br />
квартира чистая, и посуда всегда вымытая, и в гости<br />
на всю ночь играть в преферанс не закатываются.<br />
А ведут более размеренный образ жизни, за<br />
книгами, за письменным столом. Но это была эпоха<br />
«застойного» и самого веселого времени в советской<br />
истории. Был бесконечный маскарад и карнавал.<br />
Под песни Окуджавы, мы воображали себя<br />
благородными дамами и кавалерами, чувствовали
130 Владимир Кантор<br />
себя как бы в светлом пушкинском времени. На эту<br />
свободу нужно было время. Денег не было, но няньку<br />
для сына мы хотели. Ибо и в пушкинское время<br />
родители тоже не занимались детьми, по малолетству<br />
с детьми сидели няни, а потом начинались<br />
гувернеры. Моя нынешняя жена как-то сказала:<br />
«Богат русский язык. Что делают няни и бабушки<br />
с детьми? Не воспитывают, не образовывают, а сидят.<br />
Гениально. Как заключенные».<br />
В этот застойный период институт нянек был<br />
своеобразным. Вывешивали на заборах объявление,<br />
а потом к тебе приходили наниматься разные<br />
сомнительные особы. Помню одну, широкоплечую,<br />
в пиджаке, которая объявила, что ехала к<br />
нам из загорода, будет жить у нас, и уже сегодня<br />
останется, поскольку приехала издалека, из Александрова,<br />
что мы можем больше ни о чем не беспокоиться,<br />
работать, ходить в гости, она все берет<br />
на себя. Глаза были серые и очень решительные.<br />
И жене, и мне она сразу стала говорить «ты». Мы<br />
спросили, наконец, ее паспорт. «Вы что, человека<br />
по лицу различить не можете? Я же не в милицию<br />
пришла, а к приличным людям. И прописка мне у<br />
вас не нужна. Нужно, чтобы ваш сынок вырос здоровым».<br />
Но сверкавшая во рту фикса меня тоже<br />
смущала. И, пересилив интеллигентскую робость,<br />
которая всегда возникала, когда я чего-то должен<br />
был требовать от незнакомых людей, я все же настойчиво<br />
попросил показать паспорт. «Боишься,
Няня<br />
131<br />
что ли?» — спросила она, употребив слово более<br />
грубое. «Знаете, вы нам не подходите», — сказал<br />
я, ненавидя свой интеллигентский извиняющийся<br />
тон. «Ладно, покажу, — возразила она, неохота<br />
ей было никуда на ночь глядя ехать, тем более<br />
в такую даль, в Александров, — только паспорта у<br />
меня нет. Есть только бумага об освобождении». И<br />
она вытащила мятую-перемятую бумагу из черной<br />
дамской сумочки. Мы с женой остолбенели и бумагу<br />
смотреть не стали. Женщины всегда решительнее.<br />
«Ну-ка, подымайся и топай отсюда, — резко<br />
сказала жена, — пока милицию не вызвала!». Тетка<br />
встала, но с места не сдвинулась, только подбоченилась:<br />
«А ты мне дорогу туда-обратно оплати. Я<br />
ведь по твоему объявлению ехала, деньги на проезд<br />
занимала!» Жена вспыхнула, а в гневе она была не<br />
подарок, я, во всяком случае, ее в такие минуты побаивался.<br />
Где и силы у Лильки против такой бабищи<br />
нашлись: она схватила ее за воротник пиджака<br />
и, подталкивая коленом, поволокла к двери. Но у<br />
двери та уперлась: «Под дверью сяду, всю ночь сидеть<br />
буду. Не на что мне ехать! Понятно?». Я спросил:<br />
«Сколько?» Услышав ответ, сунул ей в карман<br />
пиджака трешку, и мы с трудом выставили ее<br />
за дверь. Больше объявлений давать не решались.<br />
Да и жена еще вспомнила, что Александров — это<br />
тот самый город, куда ссылались за сто первый километр<br />
те, кому после тюрьмы не разрешена была<br />
Москва.
132 Владимир Кантор<br />
Поэтому когда моя бабушка, жившая на улице<br />
маршала Конева, сидя на лавочке перед пятиэтажкой,<br />
услышала трогательную историю про деревенскую<br />
тетку, которую невестка выгнала из квартиры,<br />
и та ночевала по соседям, она нам сразу позвонила.<br />
Приехала эта тетка из белорусской деревни к сыну,<br />
работавшему уже год в Москве милиционером. Он<br />
ее сам из деревни и выписал, дом ее продал, а деньги<br />
— как бы взнос невестке за житье в московской<br />
квартире. Но невестка все равно ее, особенно спьяну,<br />
на улицу выгоняла, и вот Домна Антоновна сидела<br />
на лавочке, плакала и жаловалась соседкам на<br />
жизнь: «И жена Генина пьет, и теща. Напьются, так<br />
жена Геню (так она сокращала имя сына — Геннадий)<br />
к себе в постель не пускает». Бабушка Настя<br />
осторожно спросила, пойдет ли она сидеть с трехлетним<br />
мальчиком и что за это возьмет. Она сразу<br />
сказала: «Надо у Гени спросить, если разрешит, то<br />
пойду. Да ночевать бы дали, да исты что-нибудь,<br />
вот и скажу спасибо». Старухи на лавочке накинулись<br />
на Домну, чего, мол, у сына спрашивать, раз он<br />
позволяет ее на улицу выгонять. Но она твердо стояла<br />
на том, что сын не виноват. Заступиться за нее<br />
он не может, потому что жена ему самому прописки<br />
не дает, и он никаких прав на жилплощадь не имеет.<br />
Хотя когда три года в милиции отработает и за<br />
это московскую прописку получит, он бросит свою<br />
жену-пьяницу, уйдет от них, дочку по суду заберет<br />
и в интернат определит, а сам комнату получит, и
Няня<br />
133<br />
мать к себе возьмет, чтоб за порядком приглядывала<br />
и обед готовила.<br />
Вернувшись от Гени, она долго, по рассказу бабушки,<br />
сморкалась в свой коричневый платок, потом<br />
спросила: «Геня велел узнать, чи они очень<br />
богатые?». Бабушка ей сказала, что внук живет в<br />
одном из профессорских домов в Тимирязевском<br />
районе, что там два профессорских дома друг напротив<br />
друга и двор хороший, тихий. Дед внука<br />
был профессором, но дед давно умер, а жена внука<br />
работает экскурсоводом, а сам он аспирант, получает<br />
маленькую стипендию, так что вот за стол и<br />
постель могут пустить. Домна снова ушла, потом<br />
вернулась, сказав, что без денег Геня не велит идти.<br />
После чего бабушка позвонила нам, передала все<br />
разговоры и добавила, что и без денег пойдет, потому<br />
что деваться Домне некуда. Но нет, та чувствовала<br />
свою полную зависимость от сына, и без денег<br />
не шла. Тогда, посовещавшись, мы решили, что если<br />
от ничего (от нашей зарплаты) отрезать чего-то, то<br />
меньше у нас не станет. И предложили ей тридцать<br />
рублей. Никакой символики мы в эту цифру не<br />
вкладывали. Не тот был сюжет.<br />
Когда она появилась у нас, мы были поражены<br />
ее худобой и странными привычками. Платье<br />
на ней было плоское и длинное, висело, как на<br />
вешалке-манекене. Вначале мы думали, что вот, будет<br />
у сына своя Арина Родионовна, будет рассказывать<br />
народные сказки, прибаутки и песенки, услы-
134 Владимир Кантор<br />
шим мы своеобразный народный язык с примесью<br />
белорусских словечек. Сказок и песен она, правда,<br />
не знала, но язык точно был своеобразный. Снимая<br />
сына с горшка, она брала лист газеты и говорила,<br />
при этом заглядывая нам в глаза и надеясь на наше<br />
одобрение: «Сейчас сраку-то досуха вытрем». И<br />
терла, почти втирала газету в попку сына, так что<br />
тот корчился. Впрочем, чего было и ждать: жизнь<br />
ее была столь тяжела и ужасна, что ей было не до<br />
сказок. Муж сгорел еще в начале войны, почки не<br />
выдержали той водки, что мужики пили в деревне.<br />
И она осталась вдовой с четырьмя детьми — двумя<br />
дочерьми и двумя сыновьями, но из сыновей выжил<br />
младший — Геня. Хотя про себя иногда она говорила,<br />
поглаживая рукой по плоской груди и плоскому<br />
животу, раздвигая узкие губы: «Хороша не была, а<br />
молода была». Так намекала она, очевидно, на некие<br />
свои любовные приключения. Надо сказать, трудно<br />
было вообразить, что какой бы то ни было мужик,<br />
если только не с дикого перепою, польстился бы на<br />
эту вешалку для платья. Вспомнив это приятное,<br />
она затягивала тоненьким голоском какую-то мелодию<br />
без слов.<br />
Была она высокая, худая, плоскогрудая, платье<br />
носила без пояса, длинное и обтягивающее, скорее<br />
похожее на длинную рубашку. И когда она слезла<br />
с голодной диеты, на которой существовала у сына<br />
и невестки, она стала немного толстеть — но лицо<br />
не округлилось, не потолстели ни плечи, ни руки,
Няня<br />
135<br />
а просто появился на худом теле выпирающий животик,<br />
словно на остальных местах и мяса не было,<br />
где бы можно было жиру отложиться. Ела она много<br />
и жадно, зачерпывая все ложкой, полную подносила<br />
ко рту и словно опрокидывала в горло. Но в<br />
какой-то момент отодвигала резко от себя тарелку<br />
или переворачивала вверх дном чашку и ставила ее<br />
на блюдце, отрыгивала и произносила: «До!» или<br />
«Досыть!». Это означало высшую степень насыщения.<br />
Отрыжки своей она нисколько не стеснялась,<br />
напротив, даже как будто гордилась: вот, мол, как<br />
она сытно ест, что может даже отрыгнуть. Но кроме<br />
еды и связанными с нею столовыми приборами,<br />
самыми простыми: глубокой тарелкой, столовой<br />
ложкой, чашкой и блюдцем, — другими благами<br />
цивилизации пользоваться она не желала. Я видел<br />
однажды, как на даче, построенной тестем и тещей,<br />
куда на лето мы вывозили сына, она сидела на траве,<br />
вытянув свои жилистые ноги, перегнувшись в<br />
поясе, склонившись над стопами, кухонным ножом<br />
обрезала ногти, так что кусочки летели в разные<br />
стороны. Теща, увидев эту сцену, сказала дочери,<br />
то есть моей жене: «Меня сейчас вырвет». Потом<br />
крикнула в окно Домне: «Домна Антоновна, да вы<br />
бы ножницы взяли». Но та, кряхтя, отрицательно<br />
мотнула головой: «Да уж, поди, все покончила и<br />
так!». Жена выскочила на крыльцо и резко сказала:<br />
«Еще раз увижу, как столовым ножом ногти режете,<br />
уволю. Вы еще и Тимку этому научите! Я требую
136 Владимир Кантор<br />
в своем доме гигиены!». Домна съежилась, словно<br />
над ней взметнулась рука ее ударить, и захныкала:<br />
«Не буду я вашего Тимку этому учить. А с бабой<br />
Доней ему хорошо, она его жалеет». «Бабой Доней»<br />
называла она сама себя. Да и понятно было, что<br />
мы без нее уже не обойдемся. У нас появились не<br />
только дни для библиотеки и работы, но и свободные<br />
вечера, даже свободные ночи, которые мы могли<br />
просиживать у друзей за выпивкой, анекдотами,<br />
разговорами, играми в буриме и т.д.<br />
Но с гигиеной и мытьем дело по-прежнему обстояло<br />
не самым лучшим образом. Мыться она<br />
ужасно не любила. Не говорю о ванне, даже душ<br />
вызывал ее устойчивую неприязнь. По ее понятиям<br />
достаточно было раз в месяц, а то и в два, сходить<br />
в баню. Как-то, когда я вылез из душа, раскрасневшийся<br />
от жара, чистый, с чувством свежести в теле<br />
и одежде, и как бы в воздух бросил, что хорошо бы<br />
так каждый день, словно заново рождаешься. Домна<br />
посмотрела на меня с испугом, как на слегка<br />
тронутого умом, и ойкнула: «Каждый день мыться!<br />
Да ведь так сдохнешь!».<br />
Не собираюсь говорить об органическом неприятии<br />
русским народом чистоты, — это было бы<br />
неправдой. Но, будучи и сам наполовину деревенским,<br />
я бывал в той деревне, откуда была родом<br />
мама, — и прекрасно помню редкое мытье, раз в<br />
неделю банька по-черному, откуда вылезаешь весь<br />
в саже. Неслучайно ходил в конце семидесятых
Няня<br />
137<br />
анекдот об известной нашей певице народных песен,<br />
приехавшей в Париж на гастроли. И на вопрос<br />
горничной, когда-де русская дама принимает ванну,<br />
ответила, что по субботам. Но сколько было людей,<br />
совершенно не воспринимавших этого анекдота.<br />
«А что, разве кто по пятницам моется?». Но бывает<br />
жизнь так построена, что тема мытья тела даже в<br />
голову не придет. Жизнь Домны Антоновны, нашей<br />
воображаемой Арины Родионовны, складывалась<br />
так, что ненормальность стала нормой.<br />
И при ее жизни о каждодневном мытье и думать<br />
не приходилось. Страшная все же была жизнь. Во<br />
время войны в Белоруссии она жила в землянке.<br />
Немцы искали партизан, деревню сожгли, пятнадцатилетнего<br />
сына ее застрелили, почему-то решив,<br />
что он партизанский связной. Осталось трое. Сама<br />
выкопала землянку, старшая дочка Наташка немного<br />
помогала. Глотала слезы, рыла, устраивалась, делала<br />
из земли полки и лежанки, ставила кое-какие<br />
чашки и плошки, лежанки покрывала тряпьем и<br />
ругалась матом. Погодки Геня и Маша лежали в<br />
грязи и ревели. Геня уже ходил, а Машка была еще<br />
пятимесячным младенцем. Потом начали болеть,<br />
больше всего дизентерией маялись. Питались картофельными<br />
очистками, подгнившей ботвой да<br />
корой. Воду из болота брали. Стирать было негде,<br />
да и нечего. Все, что было, было на них. Да и какой<br />
туалет — ближайшие кусты. И в холод, и в дождь.<br />
Гене как-то совсем стало плохо. И вот на санках,
138 Владимир Кантор<br />
местами по глубокому снегу, двадцать километров<br />
тащила до немецкого госпиталя. Дали им там лекарства,<br />
помыли, покормили, на три дня оставили.<br />
Вылечили, короче. А младшая, уже годовалая, тем<br />
временем на старшую девятилетнюю оставалась.<br />
Подхожу к землянке, рассказывала Домна, хихикая,<br />
санки еле волоку, тиф у меня тогда начинался,<br />
а в землянке старшая младшую укачивает: «Спи,<br />
блядишша, спи! А то матка придет — пизду тебе надерет!».<br />
Мы удивлялись ее хихиканью, пока не поняли,<br />
что матерщину она воспринимала как юмор.<br />
И о своей жуткой судьбе рассказывала просто, эпически<br />
спокойно, даже о том, как немецкий офицер<br />
вывел их всех из землянки, целился в них из пистолета,<br />
говорил: «Пиф-паф!». Жестами показывал,<br />
как сбрасывает их трупы в землянку и заваливает<br />
землей. И хохотал, довольный собой. Она именно<br />
повествовала, как будто все так в жизни и должно<br />
было быть.<br />
А я ничего подобного не знал, не испытал, всегда<br />
в квартире ванна была и душ, всю жизнь в городской<br />
квартире, исключая детские годы. Почему-то<br />
стыдно становилось от рассказов Домны, будто я<br />
виноват в такой ее жизни. А может, при высшем,<br />
мировом мистическом раскладе и виноват, ибо говорится:<br />
у неимущего отнимется, имущему дастся.<br />
Старшая дочь Домны в начале пятидесятых вышла<br />
замуж и осталась в деревне, а младшая Маша<br />
уже в шестидесятые раньше даже своего брата при-
Няня<br />
139<br />
ехала в Москву и стала работать официанткой в ресторане,<br />
обеспечив себе жизнь. Тогда я почему-то<br />
впервые понял, что работа при пище, в тепле, при<br />
возможных чаевых, считается у «простого народа»<br />
жизненной удачей. Она-то и посоветовала брату<br />
Гене милицейскую карьеру в Москве. Мать она навещала<br />
нечасто, но очень запомнилась мне: хорошей<br />
мордочкой, черными вьющимися волосами,<br />
веселым глазом, умением поиграть с сыном. Один<br />
раз она шумно восхищалась Тимкой, и Домна вдруг<br />
вполне серьезно сказала ей, почти посоветовала,<br />
указывая на меня: «А ты Глебу дай, и у тебя такой<br />
же будет». Дочка блеснула глазками и засмеялась.<br />
Смутился только я.<br />
Зато сын приходил к нам два раза в месяц, долго<br />
стоял в коридоре, потом долго вытирал башмаки о<br />
коврик в прихожей, проходил в комнату, где мать<br />
жила с нашим сыном. Там долго молчал, потом<br />
спрашивал: «Ну как?» И мать торопливо отвечала:<br />
«Да ничего, Геня. Не обижают. И малец послушный».<br />
Первый раз он как бы навещал, заботился,<br />
все ли с матерью в порядке. Второй раз приходил<br />
забрать зарплату матери. Объяснял, что все ее<br />
деньги на сберкнижку на ее имя кладет. Был он степенный,<br />
всегда гладко выбритый, видно, что чисто<br />
вымытый, всегда в форме и непременно в свежей<br />
рубашке. Сыну моему он подарил кокарду, и Домна,<br />
когда мы приходили с работы, всегда подсовывала<br />
сыну кокарду как игрушку. И нам поясняла: «Геня
140 Владимир Кантор<br />
мальцу подарил. А уж он как об этой кокарде обмирает.<br />
Вырастет, тоже, наверно, милиционером станет.<br />
А что — хлебное место…». Хотела нам показать,<br />
какой Геня добрый и заботливый, ибо чувствовала<br />
наше к нему нерасположение. Жена так просто считала,<br />
что он обирает мать и деньги кладет на свою<br />
сберкнижку. И старшая дочь Домне о том же писала<br />
(она нам ее письма показывала), сердилась, что<br />
мать не ей, в нищую деревню, посылает деньги, а<br />
отдает брату в «богатой Москве». Надо сказать, что<br />
Геня старшую сестру во многом обошел. Скажем,<br />
получил от матери доверенность и раз в полгода<br />
ездил в деревенский сельсовет, где копили к его<br />
приезду пенсию матери, и получал ее, естественно,<br />
тоже забирал себе.<br />
Но мать он как-то по-своему жалел. Я даже видел,<br />
как один раз, глядя в сторону, он гладил ее по<br />
плечу. Нежнее этой ласки немыслимо и вообразить<br />
для такого, как он, подумал я тогда. На мои слова,<br />
сказанные мною Домне после его ухода, что негоже<br />
ему так мать обирать, нянька отвечала, что его<br />
собственные деньги, его милицейскую зарплату его<br />
жена, невестка то есть, отбирает, а сама пропивает<br />
все с полюбовником: «Как Геня на дежурство, к<br />
ней мужики сразу, у них вся семья такая. И мать ее<br />
пьет, и отец пил, а сестру Гениной жены всех родительских<br />
прав лишили, так она дите свое бросила<br />
и с ними теперь живет, и каждый день нового мужика<br />
водит, с того и кормится. Да холодильник у
Няня<br />
141<br />
них все равно всегда пустой, сколько бы Геня еды<br />
ни приносил, у них в милиции заказы дешевые бывают,<br />
— все сжирают. А деньги все на водку тратят.<br />
А мой Геня у меня никогда не пил и теперь не пьет.<br />
Он ждет, пока его пропишут, потому и терпит, —<br />
говорила Домна Антоновна, — а когда у него право<br />
будет, он через суд с ними квартиру поделит и уйдет<br />
от них. Да они его все не прописывают, боятся.<br />
Но в милиции ему уже обещали комнату дать с<br />
пропиской. А их он и засудить тогда сможет, и всю<br />
квартиру себе забрать. Нигде не работают, а каждый<br />
день пьют, нажрутся своей водки, наблюют,<br />
так в блевотине и спят, ей-ей! А потом даже и душа<br />
не примут, и сами не подмоются, и срач свой за<br />
собой не уберут. Геня там все чистит и моет». Это<br />
было единственный раз, когда Домна положительно<br />
упомянула душ. Как рассказывали бабушкины<br />
соседки, невестка Домне мыться в ванне не разрешала<br />
и не кормила. Прежнее отсутствие еды она у<br />
нас наверстала, а равнодушие к ванне сохранила,<br />
хотя руки мыла несколько раз в день. Но ванну<br />
принимала не чаще раза в месяц. Зато уж тогда лежала<br />
и, казалось, просто отмокала, чтобы струпья<br />
грязи сошли с нее. Увы, это случалось весьма не<br />
часто. Но и зрелище было, когда она вдруг за обеденным<br />
столом хватала обеденную ложку, запускала<br />
ручкой вниз под свое мешком висевшее платье<br />
и, кривя лицо от наслаждения, принималась чесать<br />
спину! Жена уже молчала, отводила глаза. Ссо-
142 Владимир Кантор<br />
риться не хотелось, поскольку Домна и впрямь<br />
дала нам свободу.<br />
Она спала в комнате сына, где кроме детской<br />
кроватки стояла широкая тахта. Тахту на ночь она<br />
застилала своей собственной коричневой простыней<br />
и огромным одеялом с пестрым пододеяльником,<br />
пошитым на деревенский манер из разных<br />
кусочков ткани. Постель стояла поначалу сутками<br />
неубранная, но как-то после замечания жены Домна<br />
среди дня поверх одеяла начала стелить наш<br />
шотландский плед. Когда мы уходили в поздние гости,<br />
она брала Тимку себе в постель, чтобы ночью<br />
к нему не вставать. Правда, Лилька следила, чтобы<br />
туда же были перенесены Тимкины простыня, подушка<br />
и одеяло. Он укладывался, грустно смотрел<br />
на уходящих родителей, а Домна махала на нас<br />
рукой: «Идить! Мы с Тимочкой спать будем». И<br />
укрывала поверх его одеяла своим пестрым. А мы<br />
мчались в гости и проводили время, будто и забот<br />
у нас семейных никаких не было, словно молодые и<br />
бездетные.<br />
Днем она одевала сына, ходила с ним гулять.<br />
Любила знакомиться с прохожими. Подводила<br />
сына к кому-то и говорила: «Дай дяде здрасьте».<br />
Она была очень высокая, поэтому ходила сутулясь.<br />
Все окрестные домработницы и няньки Домну<br />
знали и рассказывали нам, как Тимка любит<br />
бабу Доню. Одна история была такова, что мы растерянно<br />
даже не знали, как ее воспринять. Няньки
Няня<br />
143<br />
и домработницы часто водили выпасаемых ими хозяйских<br />
детей в парк «Дубки». Там они сидели на<br />
лавочках и болтали, а дети резвились перед их глазами<br />
в песочнице и на площадке с качелями. Чтобы<br />
дети не разбегались, няньки запугивали их, что<br />
в парке между деревьев бродит волк, да, может, и<br />
не один, а с голодной волчицей, поэтому далеко от<br />
нянек уходить нельзя. Площадка — как охраняемый<br />
загон. Именно там как-то Домна Антоновна и<br />
устроила спектакль для товарок. Она вдруг спряталась<br />
за дерево. Но Тимка был увлечен игрой и<br />
не замечал ее попыток напугать его. Какая-то из<br />
нянек пришла Домне на помощь: «Тимочка, а где<br />
баба Доня? Ты не видел?». Тимка поднял голову и<br />
огляделся. Домны нигде не было. «Баба Доня», —<br />
позвал он тихо. В ответ молчание. А она не раз говорила<br />
ему: «Вот будешь плохо себя вести, уйду к<br />
другому мальчику». И Тимка решил, что он чего-то<br />
нашалил, не заметив этого, и пришла расплата: баба<br />
Доня бросила его. А где-то за кустами уже наверняка<br />
притаился волк. Открыл рот и заревел во весь<br />
голос, точнее даже, зарыдал, закричал с всхлипами,<br />
с каким-то странным подвыванием. И тут-то и произошла<br />
история. Через «Дубки» шла домой с работы<br />
Лилька. Бросив на землю сумку с продуктами,<br />
она понеслась на рев сына. Но Домна соображала<br />
быстро. Не успела жена добежать к ревущему сыну,<br />
как Домна молнией метнулась из-за дерева и уже<br />
сидела рядом с сыном, прижав его голову к своей
144 Владимир Кантор<br />
груди, так что тот и пикнуть не мог. И приговаривала:<br />
«Ну вот, малец, вот твоя баба Доня! Не пугайся,<br />
она тебя никому в обиду не даст. Ух ты, как<br />
бабу Доню любит! А уж как она тебя жалеет!». Такой<br />
мужик Марей в юбке! Тимка успокоился и, не<br />
видя еще мать, обвил руками шею бабы Дони. Но<br />
лицо няньки, как потом рассказывала Лилька, было<br />
оскалено прямо как волчье.<br />
В этот раз Домна обвела жену, сказав, что решила<br />
поиграть немного с мальцом в прятки. Лилька не<br />
нашла, что ответить, только резко сказала: «Пожалуйста,<br />
впредь без таких игр!». Домна обратилась<br />
к Тимке, будто это была их общая затея: «Слышь,<br />
Тимочка, что мама говорит? Не будем больше так<br />
играть». И впрямь, Домна стала замкнутее, хотя с<br />
товарками болтала по-прежнему, но в «Дубки» ходить<br />
перестала. Они теперь больше гуляли во дворе,<br />
тем более что зелени здесь тоже было немало.<br />
Два газона с кустами сирени по бокам, два ряда лип<br />
меж двух профессорских домов, аллейка между<br />
ними, скамейки, где Домна сидела либо, сутулясь,<br />
ходила за Тимкой, когда он катался на своем трехколесном<br />
велосипеде. Машины во дворе почти не<br />
ездили.<br />
Геня продолжал навещать мать по-прежнему два<br />
раза в месяц. Но начал с ней больше разговаривать.<br />
И как-то Домна, очень гордясь, сказала, что Геня<br />
нашел себе справную женщину и скоро от этой своей<br />
жены-пьянчужки уйдет. Может, и дочку заберет.
Няня<br />
145<br />
В интернат он ее отдавать раздумал. Наверно, ей с<br />
внучкой придется сидеть. И жена, и я немного занервничали,<br />
привыкнув к вольной жизни. Но, как и<br />
обычно, понадеялись, что невыгодно Гене снимать<br />
свою родительницу с места, где ей платят деньги,<br />
которые идут ему в карман. И все-таки жизнь вдруг<br />
изменилась. Никого себе Геня не нашел, но слух<br />
этот он потихоньку внедрял в сознание своей жены,<br />
и та вдруг испугалась остаться без мужа с ребенком<br />
на руках. Дальше произошло невероятное. Она<br />
бросила пить, выгнала сестру в ее квартиру, туда же<br />
отправила и мать. А сама устроилась работать. И<br />
тут-то и впрямь понадобилась им Домна — сидеть<br />
с дочкой.<br />
Мы просили хотя бы пару месяцев повременить,<br />
поскольку у меня как раз должна была быть защита<br />
кандидатской. Но она ни в какую: «Геня велел».<br />
Мы еще боялись, как перенесет ее уход Тимка, за<br />
два года, казалось, сроднившийся со своей нянькой.<br />
«А вы ему скажить, мол, баба Доня поехала к<br />
внучке погостить, а скоро вернется», — учила нас<br />
Домна. Быстро собрала свои пожитки, и уже через<br />
час за ней зашел Геня, сказав, что милицейский газик<br />
уже ждет внизу. Тимка, словно чуя беду, затих в<br />
своем углу, расставляя зверей и играя в важного директора<br />
зоопарка. Только когда хлопнула входная<br />
дверь, он поднял голову. Мы робко подошли к нему.<br />
«Она ушла?» — как-то настороженно спросил сын,<br />
почему-то назвав няньку не «баба Доня», а отчуж-
146 Владимир Кантор<br />
денно «она». Наперебой мы стали его утешать, что<br />
баба Доня уехала только погостить, что через неделю<br />
она вернется. Он недоверчиво смотрел на нас,<br />
чуя неправду. Потом так и спросил: «Вы неправду<br />
мне говорите?». Я сказал: «Что ты. Конечно, правду».<br />
Но он покачал головой и вдруг сказал уверенно:<br />
«Нет, неправду». Мы растерянно замолчали.<br />
И вдруг Тимка вскочил с пола и закружился по<br />
комнате, приплясывая и отбрасывая ногами игрушки.<br />
И закричал громко: «Она ушла. Она ушла навсегда!<br />
Она никогда сюда не вернется! Ура! И<br />
никогда больше не будет меня пугать! Ура!». Оказывается,<br />
тот случай в парке был не единственным, но<br />
она запрещала сыну даже заикнуться кому-нибудь<br />
об этом, стращая, что баба Доня уйдет, а родителям<br />
не до него. А мы, занятые нашим самоощущением<br />
духовного возврата в прошлое русской дворянской<br />
культуры, даже не замечали вопросительных глаз<br />
сына, его нежелания нас отпускать надолго из дома.<br />
Презирая себя, я все же позвонил бабушке, рассказав<br />
про ее протеже. Бабушка рассказала соседкам.<br />
Все решили осудить Домну. Но Домна и не думала<br />
стесняться, говоря, что без нее родители Тимочки<br />
совсем бы пропали, сидеть с сыном не умели и ухаживать<br />
тоже. А она всем нужна. Вот и сыну пригодилась.<br />
На том все и успокоились.<br />
2008
Nachwort
Maria Kiseleva<br />
Wladimir <strong>Kantor</strong>:<br />
Ein Leben zwischen zwei Häusern<br />
Wladimir <strong>Kantor</strong> — russischer Kulturhistoriker,<br />
Philosoph und Literaturwissenschaftler,<br />
seit 1974 Mitherausgeber der<br />
Zeitschrift Voprosy filosofii (Probleme<br />
der Philosophie) und seit 2003 Universitätsprofessor<br />
für Philosophie (Staatliche Hochschule<br />
für Ökonomie, Moskau) — gehört laut der französischen<br />
Zeitschrift Le Nouvel Observateur (2005) zu den 25 größten<br />
Denkern der heutigen Welt („25 grands penseurs du<br />
monde entier“). Nicht zuletzt ist er Autor von fünf Romanen<br />
sowie 63 Erzählungen, von denen ein Großteil in<br />
verschiedene Sprachen übersetzt wurde. Er zählt zu den<br />
‚nicht veröffentlichenden Schriftstellern’ der Sowjetunion<br />
(neprochodnoj), die ‘in die Schublade’ schreiben mussten<br />
und sich selbst nie vorstellen konnten, dass die Sowjetmacht<br />
ihr Ende findet und nach ihr freie Publikationen<br />
möglich sein werden. So konnte auch <strong>Kantor</strong> nicht einmal<br />
davon träumen, dass dieses gefährliche Spiel mit verbotenen<br />
Büchern, Texten aus Sam- und Tamizdat, die Aufbewahrung<br />
antisowjetischer Werke von Freunden (<strong>Kantor</strong><br />
verwahrte u.a. Kormers Roman), antisowjetischen Hu-
150 Maria Kiseleva<br />
mor, für den man jederzeit mit Verhaftung rechnen musste<br />
usw., in ein mehr oder weniger freies Leben eines erlaubten<br />
und publizierenden Schriftstellers übergehen würde.<br />
Erst ab 1985 (als der Autor 45 Jahre alt war) begannen<br />
die Verlage, <strong>Kantor</strong>s Werke nach und nach zu veröffentlichen.<br />
Folglich wurde sein Schaffen mit den Preisen Literaturnaja<br />
misl (1997) und Oktjabr (2001) ausgezeichnet.<br />
Weiterhin wurde er für die Preise Buker (2003), Jurij<br />
Kasakow (2008) und Iwan Bunin (2009) nominiert. Den<br />
deutschen Slawisten ist er vor allem als Wissenschaftler,<br />
Dostojewski-Forscher, Stepun- und Lotman-Herausgeber<br />
sowie Experte der russisch religiösen Philosophie des 20.<br />
Jahrhunderts bekannt. Seine einzige Erzählung, die bisher<br />
in die deutsche Sprache übersetzt wurde (Die Notbremse),<br />
findet in der aktuellen deutschen Presse leider keine Beachtung<br />
und kann im Grunde nicht repräsentativ für die<br />
gesamte literarische Vielfalt seiner Werke gelten.<br />
Überblickt man die Geschichte der Weltliteratur, so<br />
stellt man fest, dass die großen ‚Epochemacher’, die das literarische<br />
Denken vorwärts gebracht haben, nicht immer<br />
nur Schriftsteller waren, sondern sich auch mit kulturphilosophischen<br />
und theoretischen Fragen beschäftigten.<br />
Friedrich Schlegel erfand sogar eine neue Möglichkeit der<br />
Gattungsmischung, die er Arabeske nannte, indem er die<br />
Theorie des Erzählens zum Inhalt des Erzählens werden<br />
ließ. Es erscheint auch schwierig, den Schriftsteller <strong>Kantor</strong><br />
vom Philosophen <strong>Kantor</strong> zu trennen. So finden die<br />
kulturphilosophischen Themen wie Freiheit und Willkür,<br />
Karneval als Teufelei, die ,Professorenkultur’ und russische
Wladimir <strong>Kantor</strong>: Ein Leben zwischen zwei Häusern<br />
151<br />
Mentalitätstypen, das Westlertum und die russische Geschichte<br />
bzw. Russlands Haltung gegenüber dem Westen,<br />
die in seiner Forschungsliteratur betrachten werden, Eingang<br />
in sein literarisches Werk und werden von seinen Figuren<br />
immer wieder aufs Neue aufgegriffen und diskutiert.<br />
Seit Nikolaj Gogol bietet sich in der russischen Tradition<br />
für diese Art der Vereinigung des Wissenschaftlichen,<br />
Theoretischen und Kulturphilosophischen auf<br />
der einen und des Literarischen auf der anderen Seite<br />
das vergessene Genre der Arabeski an.<br />
„Es ist ein Neuer Gogol erschienen“: Sosedi.<br />
Arabeski.<br />
Nekrasows Worte über <strong>Kantor</strong>s Lieblingsautor Dostojewski<br />
„Es ist ein Neuer Gogol erschienen“ gelten auch<br />
für <strong>Kantor</strong>. Er kann als Autor in der Tradition Dostojewskis<br />
bezeichnet werden. Darüber hinaus spielt sein<br />
Buch mit dem Untertitel Arabeski eindeutig auf Gogols<br />
Erbe an. Genrehafte Freiheit, wie sie die Arabeski manifestiert,<br />
verweist laut Bachtin nicht zuletzt auf die Poetik<br />
der Romane Dostojewskis: eine Textstruktur, in der<br />
alle Stimmen gleichberechtigt dargestellt werden. Die<br />
Arabeski erlaubt eine „echte Polyphonie“ gleichberechtigter<br />
wissenschaftlicher und literarischer Stimmen.<br />
Leider hat Gogols Entdeckung keine Verehrer und<br />
Nachfolger gefunden. Sein Arabeski-Band gehört zu den<br />
am wenigsten erforschten Bereichen und wurde noch<br />
nicht einmal als einzelnes Werk angesehen. Da der Autor
152 Maria Kiseleva<br />
selbst aus dem Arabeski-Band drei Novellen herausgenommen<br />
und sie im Petersburger Zyklus veröffentlicht<br />
hatte, wurde im Nachhinein der wissenschaftliche Teil<br />
der Arabeski getrennt vom literarischen rezipiert. Später<br />
benannte Andrej Belyj eine Sammlung seiner wissenschaftlichen<br />
Beiträge Arabeski, wodurch die ursprüngliche<br />
Idee von Gogols Arabeski als Zusammenstellung von<br />
theoretischen Aufsätzen und künstlerischen Novellen absolut<br />
in Vergessenheit geriet. Daher kann das Erscheinen<br />
von <strong>Kantor</strong>s Arabeski als Wiederbelebung des Genres in<br />
der russischen Literatur angesehen werden. Der Titel des<br />
Buches — Sosedi (Die Nachbarn) verdeutlicht denselben<br />
Sinn, den auch die Arabeski repräsentiert: Philosophie und<br />
Kunst leben im Buch nebeneinander (russisch ‚sosedstvovat’,<br />
vom Substantiv ‘sosedi’ (Nachbarn) abgeleitet).<br />
<strong>Kantor</strong>s Arabeski-Buch ist in drei Zyklen unterteilt.<br />
Der erste — Knizhnij maltschik (Der Bücherbube), in dem<br />
neben den Novellen Ich bin der Andere, Gesprächspartner,<br />
Bibliophil u.a., Essays über Borges, Tolkien, Dostojewski,<br />
Nietzsche und der Aufsatz Krise des Christentums<br />
koexistieren, versucht die Wurzeln, die Ausgangspunkte<br />
der im Buch behandelten Problematik anzudeuten, die<br />
Frage unserer kulturellen Identität und Abstammung<br />
zu beantworten. Der zweite Zyklus Predčuvstvija (Vorahnungen)<br />
setzt diese Problematik fort, indem er das<br />
Schreckliche im Realen vorführt und vorherzuahnen versucht,<br />
worauf alles hinausläuft: Hier werden neben den<br />
Erzählungen Die Weihnachtsgeschichte, Aufzeichnungen<br />
aus einem halbtoten Haus, Zufälliger Kummer und Tod,
Wladimir <strong>Kantor</strong>: Ein Leben zwischen zwei Häusern<br />
153<br />
Essays über Franz Kafka und Arthur Koestler sowie die<br />
Aufsatz Die Nihilismustradition in Russland und Erwartetes<br />
Ende der europäischen Geschichte unterbracht. Der<br />
dritte Zyklus — Stolknovenija (Zusammenstöße), der das<br />
Gesamtkonzept des Buches abrundet, versucht Auswege<br />
aus den kulturell, geschichtlich und biologisch bedingten<br />
Katastrophen zu finden, indem ein Manifest des ,Widerstandes‘<br />
deklariert wird. Freiheit ist nach <strong>Kantor</strong> — nur<br />
durch handeln, widerstehen, kämpfen zu erwerben. Diese<br />
Motivik kommt in den Erzählungen des dritten Zyklus<br />
Pistole, Polizeimütze, Nachbarn, Führer zum Ausdruck,<br />
deren Problemstellungen von den Aufsätzen Ist der Drache<br />
gestorben?, Überlegungen zum Werk von Joseph Conrad,<br />
Gibt es für russische intellektuelle Gesellschaft einen<br />
freien Raum?, Antichrist oder Feindschaft gegenüber Europa:<br />
Entstehung des Totalitarismus sowie nicht zuletzt<br />
vom Essay über Puschkin Dichter und Freiheit oder die<br />
Überwindung des Schweren vollendet werden.<br />
Topographie des Werks, oder: Zwischen Lichobori<br />
und Krasno-Studentscheski<br />
Der Lehrer und spätere Freund <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong>s —<br />
Merab Mamardaschwili — sagte auf einer seiner Vorlesungen:<br />
„Du musst so leben, dass deine Nachbarn ‚Platon’<br />
und ‚Kant’ sind und nicht diejenigen, die in deiner<br />
direkten Nähe (Haus, Wohnung, Hof) wohnen“. Ein<br />
Hauptthema in <strong>Kantor</strong>s Werks ist die Nachbarschaft<br />
zweier unterschiedlicher sozialer Ebenen: der so ge-
154 Maria Kiseleva<br />
nannten Professorenfamilien und Intellektuellen einerseits<br />
und der sozialen Schicht der Armen andererseits.<br />
Im Werk Dva doma i okrestnosti (<strong>Zwei</strong> Häuser und<br />
Umgebung) werden diese zwei Welten bzw. zwei Wohnungen,<br />
eine auf der Straße Krasno-Studentscheski, wo<br />
die Eltern von Boris (die Hauptfigur) wohnen, und die<br />
andere auf der Straße Lichobori, wo die Großeltern mütterlicherseits,<br />
die ‘einfachen’ Arbeitsleute, wohnen —<br />
zum Handlungsort und zur Kernproblematik. Der Junge<br />
erkennt das zwischen diesen zwei sozialen Schichten<br />
und Häusern, die zwei unterschiedliche Welten repräsentieren:<br />
Bei seinen Eltern ist er der Sohn des Professors<br />
(‚professorskij sinotschek’), ‚der Andere’, der sich<br />
von allen in der Schule und im Hof unterscheidet und<br />
nicht zu den ‘einfachen’ Kindern passt, wogegen bei seinen<br />
Großeltern ein Kind wie alle anderen ist. Bei seinen<br />
Eltern herrscht eine kalte intellektuelle Atmosphäre,<br />
man hat immer ruhig und höflich zu sein, anständig und<br />
wenig zu essen; bei den Großeltern, wo es im Gegensatz<br />
dazu immer warm und gemütlich ist, kann er ganz er<br />
selbst sein — ein Kind, das gerne Süßigkeiten isst und<br />
dabei Bücher verschlingt. Das Werk stellt ganz einfache<br />
Fragen aus einer kindlichen Perspektive, auf die schwer<br />
Antworten zu finden sind. Es wird hinterfragt, was es bedeutet,<br />
in einem kommunistischen Land ein Individuum<br />
zu sein, was es überhaupt heißt, ein Ich zu sein, warum es<br />
immer Unterschiede zwischen einem selbst und allen anderen<br />
gibt, warum es zu Konflikten zwischen der Mutter<br />
des Vaters (Parteimitglied) und der eigenen Mutter (Ge-
Wladimir <strong>Kantor</strong>: Ein Leben zwischen zwei Häusern<br />
155<br />
netikerin — Repräsentantin einer ‚ Pseudowissenschaft’)<br />
kommt usw. Das Werk entwirft das Bild der sowjetischen<br />
Epoche auf eine neue Art und Weise: Man kann es<br />
als eine Art Comédie humaine bezeichnen.<br />
Eine neue Comédie humaine des 20. Jahrhunderts<br />
oder eine neue Art Yoknapatawpha zu schreiben, gehörte<br />
bestimmt zu den Hauptideen des Autors. Wenn man<br />
sein Gesamtwerk betrachtet, fällt auf, dass die Figuren<br />
einer in seinen Novellen oder Erzählungen wandern. So<br />
scherzt zum Beispiel in einer Erzählung der Vater von<br />
Boris, dass sein Kumpel Leva sie als Dantes Virgilius<br />
ins Paradies führt, und hoffentlich sei es auch wirklich<br />
ein Paradies und nicht ein Moor, wo sie von einem<br />
Krokodil aufgefressen werden. Diese Anmerkung ergibt<br />
Sinn, weil Leva in einem anderen Roman wirklich von<br />
einem Krokodil aufgefressen wird. Diese Echos und<br />
Resonanzen zwischen <strong>Kantor</strong>s Werken bilden eine originelle<br />
epische Schattierung seines Gesamtwerks.<br />
Die Handlung spielt nicht in Frankreich oder Amerika,<br />
sondern in der Sowjetunion der Ära Chruschtschows,<br />
also in der Zeit der Entstalinisierung, als die inneren<br />
Emigranten und Dissidenten ein wenig mutiger wurden,<br />
ihre Gedanken frei zu äußern und die typischen Küchengespräche<br />
mit Wodka über die ewigen Fragen nicht unbedingt<br />
mit einer Festnahme durch den Geheimdienst<br />
endeten. Die Intelligenz wurde aber weiterhin kontrolliert.<br />
Das zeigen auf wunderbare Weise <strong>Kantor</strong>s Erzählung<br />
Prjatki (Das Versteckspiel) sowie seine Fortsetzung<br />
im Hörspiel Pistolet (Pistole). Im Versteckspiel gerät die
156 Maria Kiseleva<br />
Hauptfigur (der dreizehnjährige Boris) mit seinem Vater<br />
unbeabsichtigt in eine Versammlung der intellektuellen<br />
Gesellschaft (Regisseure, Dichter, Philosophen u.a.), in<br />
der antisowjetische Gespräche geführt werden. Der Junge<br />
geht aus Langeweile auf den Vorschlag der Tochter<br />
des Gastgebers ein, mit ihr Versteck zu spielen. Während<br />
er hinter den Mänteln im Flur darauf wartet, von ihr<br />
entdeckt zu werden, stößt er in einer Jackentasche auf<br />
eine echte Pistole. Dieses harmlose Kinderspiel verweist<br />
direkt wie auch metaphorisch auf ein Spiel einer anderen<br />
Ebene: die Erwachsenen spielen ebenfalls, und wer<br />
verliert, verliert möglicherweise auch sein Leben. In der<br />
Folklore symbolisiert das Versteckspiel unmittelbar den<br />
Tod. Freiheit unter Kontrolle, Leben unter Beobachtung,<br />
Existenz als ein permanentes Versteckspiel — das<br />
sind die Leitthemen seiner Erzählung.<br />
Freiheit als Symbol wird zum wichtigen Strukturelement<br />
in <strong>Kantor</strong>s Hauptroman. Der Autor hebt die für<br />
sein Werk zentrale Thematik der Freiheit und Unfreiheit<br />
des Raumes, der Zeit und der Gedanken bereits im<br />
Titel (Krepost — Die Festung) hervor. Im Roman baut<br />
<strong>Kantor</strong> Ziegelstein auf Ziegelstein die Geschichte dreier<br />
Generationen und zeigt dabei, dass diese Ziegel keine sichere<br />
Festung bilden können, sondern mit der Zeit auseinander<br />
fallen. Die ältere Generation — die Großmutter,<br />
die an der hellen Zukunft des Kommunismus (Festung<br />
des Kommunismus) mitgebaut hat, stirbt schwer krank,<br />
von allen vergessen, nach einer langen Zeit körperlicher<br />
Qualen. Ihre Stiefenkelin wird verrückt, weil ihr Lieb-
Wladimir <strong>Kantor</strong>: Ein Leben zwischen zwei Häusern<br />
157<br />
haber (Timaschew, der Freund des großmütterlichen<br />
Sohnes, der für die zweite Generation steht) gestorben<br />
ist. Ihr Enkel Petja wird von seinen Klassenkameraden<br />
aus bloßer jugendlicher Freude an der Gewalt und<br />
Feindseligkeit gegenüber denjenigen, die anders als alle<br />
sind, umgebracht. Damit wird das Errichten der Festung<br />
zum Struktur- und Handlungselement des Romans. Es<br />
geht um den Versuch, eine Festung zu bauen, in der man<br />
sich frei und sicher fühlt. Allerdings besitzt das Wort<br />
Krepost (die Festung) im Russischen mehrere Bedeutungen,<br />
trägt in sich mehrere Andeutungen, Anspielungen<br />
und Assoziationen. Die Begriffe ‚Festung‘ und ‚Befreien‘<br />
haben im Russischen ein und dieselbe Wurzel:<br />
krepost (Festung) und raskrepostit (befreien). Das<br />
Wort ‚versklaven‘ sowie der Terminus ‚Leibeigenschaft‘<br />
(in Russland in Bezug auf die Bauern) werden ebenfalls<br />
von der Wurzel krepost (Festung) abgeleitet. Somit<br />
wird auch auf der sprachlich-semantischen Ebene der<br />
Themenkomplex Freiheit — Versklavung angedeutet.<br />
Das Kontrastprinzip von raskreposchenie (Befreiung)<br />
und zakreposchenie (Versklavung) bildet auch die<br />
Raumkonstellation des Romans, die auf dem Grundsatz<br />
‚offene‘ — ‚geschlossene‘ Räume basiert. Das Haus im<br />
Gegensatz zur Straße symbolisiert Freiheit, Sicherheit,<br />
das Eigene. Die Straße ist dagegen der gefährliche Ort,<br />
der keine Freiheit und Sicherheit garantieren kann, der<br />
Ort, wo das Selbst nicht mehr Eigentum des Einzelnen<br />
ist, sondern zufällig von der Masse zerstört werden kann.<br />
Ihren Höhepunkt erreicht die Konstellation Innen —
158 Maria Kiseleva<br />
Außen im Tod von Timaschew (zweite Generation) im<br />
Kapitel Russisches Roulette, als er auf dem Balkonvorsprung<br />
steht, die Balkonmauer loslässt und rücklings ins<br />
Leere fällt, um im letztmöglichen Moment diese wieder<br />
zu ergreifen. So zwischen Leben und Tod, Realem und<br />
Möglichem, Innen und Außen schwebend, fällt er aus<br />
dem Haus, das keine Festung für ihn sein kann, ins Freie.<br />
Und erst nach seinem Tod (s. das vorletzte Kapitel Nach<br />
dem Tod) öffnen sich für ihn die Tore als letzte Möglichkeit<br />
der Freiheit (s. das letzte Kapitel Die letzte Möglichkeit<br />
der Freiheit). Das Thema des Überganges wird auch<br />
in der Gestalt der Großmutter zum Ausdruck gebracht:<br />
<strong>Kantor</strong> entwickelt es meisterhaft im Dialog zwischen<br />
dem gestorbenen Körper und der sterbenden Seele.<br />
Auch in diesem Roman spielt das Zusammenleben<br />
von wissenschaftlichen und literarischen Diskursen eine<br />
besondere Rolle. Hier verknüpfen sich die Überlegungen<br />
seiner Figuren zu denselben Themen, die <strong>Kantor</strong> als Literaturforscher<br />
und Historiker untersucht, seine Textinterpretationen<br />
gehen unbemerkt ins Kerngeschehen der<br />
Texte ein. So erkennt man beispielsweise in der Episode<br />
(Die Festung) der Schuldübergabe eines Klassenkameraden<br />
mit proletarischer Abstammung auf den Professorensohn<br />
Petja <strong>Kantor</strong>s originelles Konzept der Unschuld<br />
Iwan Karamasows sowie der Verantwortung und Mündigkeit<br />
Smerdjakows wieder. Der Schriftsteller <strong>Kantor</strong><br />
ergänzt, setzt fort, vollendet den Wissenschaftler <strong>Kantor</strong>.<br />
Das kann für jeden, der auf seine literarischen Werke noch<br />
nicht aufmerksam geworden ist, eine Bereicherung sein.
Об авторе<br />
Владимир Карлович Кантор — доктор философских наук, профессор<br />
философского факультета Национального Исследовательского<br />
Университета — Высшей Школы Экономики (НИУ-<br />
ВШЭ), член редколлегии журнала «Вопросы философии», член<br />
Союза российских писателей, прозаик, стипендиат фонда Генриха<br />
Бёлля (Германия,1992), лауреат нескольких отечественных<br />
премий, трижды номинировавшийся на премию Букера,<br />
историк русской культуры, автор более пятисот опубликованных<br />
работ. Лауреат премии «Золотая вышка» за достижения в<br />
науке (2009, Москва). Область научных интересов — философия<br />
русской истории и культуры. По европейскому рейтингу,<br />
публикуемому раз в 40 лет (январь 2005) парижским журналом<br />
«Le nouvel observateur (hors serie)», вошел в число 25 крупнейших<br />
мыслителей современности, как «законный продолжатель<br />
творчества Ф.М. Достоевского и В.С Соловьева». Произведения<br />
Владимира Кантора переводились на английский, немецкий,<br />
французский, испанский, итальянский, польский, чешский,<br />
сербский, эстонский языки.<br />
Основные опубликованные сочинения<br />
Владимира Кантора<br />
ПРОЗА<br />
Два дома. Повести. — М.: Советский писатель, 1985.<br />
Крокодил. Роман // Нева. 1990, № 4.<br />
Историческая справка. Повести и рассказы. — М.: Советский<br />
писатель,<br />
1990.<br />
Победитель крыс. Роман-сказка. — М.: Изд-во им. Сабашниковых,<br />
1991.<br />
Поезд «Кёльн-Москва». Повесть // Вопросы философии.<br />
1995. № 7.<br />
Мутное время. Из цикла «Сны» // Золотой век. 1995. № 7.
160 Об авторе<br />
Крепость. Роман (журнальный вариант) // Октябрь. 1996, №№<br />
6, 7.<br />
Чур. Роман-сказка. — М.: Московский Философский Фонд,<br />
1998.<br />
Соседи. Повесть // Октябрь. 1998, № 10.<br />
Два дома и окрестности. Повесть и рассказы. — М.: Московскийфилософский<br />
Фонд. 2000.<br />
Рождественская история, или Записки из полумертвого дома.<br />
Повесть<br />
// Октябрь. 2002. № 9.<br />
Крокодил. Роман. — М.: Московский философский Фонд.<br />
2002.<br />
Записки из полумертвого дома. Повести, рассказы, радиопьеса.<br />
— М.:<br />
Прогресс-Традиция. 2003.<br />
Крепость. Роман (сокращенный вариант). — М.: РОССПЭН,<br />
2004. (Серия «Письмена времени»).<br />
Krokodyl. Roman. Przekład: Walentyna Mikołajczyk-Trzcińska. —<br />
Warszawa:<br />
Dialog. 2007.<br />
Гид. Немного сказочная повесть // Звезда. 2007. № 6.<br />
Соседи. Арабески. — М.: Время, 2008.<br />
Смерть пенсионера // Звезда. 2008. № 10.<br />
Krokodill. Romaan. Vene keelest tõlkinud Jüri Ojamaa. Tallinn:<br />
Loomingu Raamatukogu, 2009 / 3 -5.<br />
Смерть пенсионера. Повесть, роман, рассказ. М.: Летний сад,<br />
2010<br />
Няня Рассказ // Знамя. 2010. № 12.<br />
Сто долларов. Маленькая повесть // Звезда. 2011. № 4.<br />
Наливное яблоко. Повествования. М.: Летний сад. 2012.<br />
Запах мысли. Повесть (не опубликована).<br />
Помрачение. Роман (в печати).<br />
МОНОГРАФИИ<br />
Русская эстетика второй половины XIX столетия и общественная<br />
борьба. — М.: Искусство, 1978.
Об авторе<br />
161<br />
«Братья Карамазовы» Ф. Достоевского. — М.: Художественная<br />
литература, 1983.<br />
«Средь бурь гражданских и тревоги...» Борьба идей в русской<br />
литературе 40-70-х годов XIX века. — М.: Художественная<br />
литература, 1988.<br />
В поисках личности. Опыт русской классики. — М.: Московский<br />
Философский Фонд, 1994 (Серия «Россия и Запад»).<br />
«...Есть европейская держава». Россия: трудный путь к цивилизации.<br />
Историософские очерки. — М.: РОССПЭН, 1997.<br />
Russija je evropska zemlja. Mukotrpan put ka civilizaciji. Prevela<br />
s ruskog Mirjana Grbic. (Biblioteka XX vek). Beograd. 2001.<br />
Феномен русского европейца. Культурфилософские очерки. —<br />
М.: Московский общественный научный фонд; ООО «Издательский<br />
центр научных и учебных программ», 1999.<br />
Русский европеец как явление культуры (философскоисторический<br />
анализ). — М.: РОССПЭН. 2001.<br />
Русская классика, или Бытие России. М.: РОССПЭН, 2005.<br />
(Серия «Российские пропилеи»).<br />
Willkür oder Freiheit? Beiträge zur russischen Geschichtsphilosophie.<br />
Ediert von Dagmar Herrmann sowie mit einem Vorwort<br />
versehen von Leonid Luks. — ibidem-Verlag. Stuttgart 2006.<br />
Между произволом и свободой. К вопросу о русской ментальности.<br />
М.: РОССПЭН, 2007. (Серия «Россия в поисках<br />
себя…»)<br />
Санкт-Петербург: Российская империя против российского<br />
хаоса. М.: РОССПЭН, 2008. (Серия «Российские пропилеи»).<br />
Das Westlertum und der Weg Russlands. Zur Entwicklung der<br />
russischen Literatur und Philosophie. Ediert von Dagmar Herrmann.<br />
ibidem-Verlag Stuttgart. 2010.<br />
«Судить Божью тварь». Пророческий пафос Достоевского.<br />
Очерки. М.:РОССПЭН, 2010. (Серия «Российские пропилеи»).<br />
«Крушение кумиров», или Одоление соблазнов (становление<br />
философского пространства в России). М.: РОССПЭН,<br />
2011. (Серия «Российские пропилеи»).
162 Об авторе<br />
СБОРНИКИ<br />
Русская эстетика и критика 40-50-х годов XIX века. Подготовка<br />
текста, составление, вступительная статья и примечания<br />
В.К. Кантора и А.Л. Осповата. — М.: Искусство, 1982. — (Серия<br />
«История эстетики в памятниках и документах»).<br />
А.И. Герцен. Эстетика. Критика. Проблемы культуры. Составление,<br />
вступительная статья и комментарии В.К. Кантора.<br />
— М.: Искусство, 1987. — (Серия «История эстетики в<br />
памятниках и документах»).<br />
К.Д. Кавелин. Наш умственный строй. Статьи по философии<br />
русской истории и культуры. Составление, вступительная<br />
статья В.К. Кантора. Подготовка текста и примечания В.К.<br />
Кантора и О.Е. Майоровой (Серия «Из истории отечественной<br />
философской мысли»). — М.: Правда, 1989.<br />
Метаморфозы артистизма. Составление, первая статья. — М.:<br />
РИК, 1997.<br />
Ф.А. Степун. Сочинения. Составление, вступительная статья,<br />
примечания и библиография В.К. Кантора (Серия «Из истории<br />
отечественной философской мысли»). — М.: РОССПЭН, 2000.<br />
Simon L. Frank. Licht in der Finsternis. Versuch einer christlichen<br />
Ethik und Sozialphilosophie. Einleitung und Kommentar<br />
von <strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong>. — Verlag Karl Alber. Freiburg/München.<br />
2008.<br />
Юрий Михайлович Лотман. Сборник. Составление, вступительная<br />
статья В.К. Кантора (Серия «Философия России<br />
второй половины XX века»). — М.: РОССПЭН, 2009.<br />
Федор Августович Степун. Жизнь и творчество. Избранные<br />
сочинения. Вступительная статья, составление и комментарии<br />
В.К. Кантора (Серия «Социальная мысль России»). —М.:<br />
Астрель, 2009.<br />
Федор Августович Степун. Большевизм и христианская экзистенция.<br />
Избранные сочинения. Вступительная статья, составление<br />
и комментарии В.К. Кантора (в печати).<br />
Александр Иванович Герцен. Избранные труды. Составление,<br />
предисловие, комментарии В.К. Кантора. (Серия «Библиотека<br />
общественной мысли»). М.: РОССПЭН, 2010.
Об авторе<br />
163<br />
Федор Августович Степун. Сборник. Составление, вступительная<br />
статья В.К. Кантора (Серия «Философия России первой<br />
половины ХХ века»). — М.:РОССПЭН, 2012.<br />
Петр Бернгардович Струве. Сборник. Составление, вступительная<br />
статья О.А. Жуковой и В.К. Кантора (Серия «Философия<br />
России первой половины ХХ века»). — М.: РОССПЭН.<br />
2012.
<strong>Vladimir</strong> <strong>Kantor</strong><br />
Владимир Кантор<br />
<strong>Zwei</strong> Erzählungen<br />
Два рассказа<br />
Tod eines Pensionärs<br />
Njanja<br />
Смерть пенсионера<br />
Няня<br />
Перевод с русского языка на немецкий — Claudia Woldt<br />
Художник: Петр Ефремов<br />
Компьютерная верстка: Юрий Балабанов<br />
Формат 70x100/32. Печать офсетная. Печ. л. 5.<br />
Тираж 200 экз. Книга печатается в авторской редакции.<br />
Printed in Germany<br />
Dresden 2012