Schweitzers Ethik der Dankbarkeit - Deutsches Albert-Schweitzer ...
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digt aus dem Jahr 1903, wenn er die Worte Jesu „Das Reich Gottes ist inwendig in euch“<br />
als die Glücksstunden deute, „wovon ihr euch sagtet: Das kann mir niemand mehr nehmen.“<br />
Predigt als Publikumsbeschimpfung sei <strong><strong>Schweitzer</strong>s</strong> Sache nicht gewesen, obgleich<br />
er so manche zeitkritischen Äußerungen mit deutlicher Schärfe vorgetragen<br />
habe. Am Schluss bringt Langel elf Anregungen aus <strong>der</strong> Beschäftigung mit <strong><strong>Schweitzer</strong>s</strong><br />
Predigten, die auch die Homiletik unserer Tage beeinflussen können. Für mich sind es,<br />
auch nach 45-jähriger Predigtpraxis, goldene Worte. Ich nenne eines: „Suche eine einfache<br />
Sprache, die die Menschen, die dir zuhören, sprechen und verstehen können. Sei frei in<br />
deinen Formulierungen, auch wenn sie dem kirchlichen Duktus nicht entsprechen.<br />
Vermeide aber jede Art von sprachlicher Anbíe<strong>der</strong>ung. Man nimmt sie dir nicht ab.“<br />
Gleich anschließend entfaltet Werner Zager „Die Rede vom heiligen Geist in <strong>Albert</strong><br />
<strong><strong>Schweitzer</strong>s</strong> Predigten“. Für unsere Zeit beson<strong>der</strong>s wegweisend sei <strong><strong>Schweitzer</strong>s</strong> bewusster<br />
Verzicht auf dogmatische Lehrformeln. – Ich assoziiere: Die Formel vom heiligen Geist<br />
höre ich oft, wenn man nichts mehr zu sagen hat. – Und weiter Zager: <strong><strong>Schweitzer</strong>s</strong><br />
Weise, vom heiligen Geist zu sprechen, sei nicht die, welche man aus den theologischen<br />
Büchern <strong>der</strong> Dogmatik kenne. Zwar identifiziere <strong>Schweitzer</strong> den heiligen Geist<br />
mit dem Geist Christi bzw. mit dem Geist Gottes, aber dieser Geist sei nicht die dritte<br />
Person <strong>der</strong> göttlichen Dreieinigkeit. Der Geist Christi sei als solcher nicht selbst<br />
Person, son<strong>der</strong>n werde erst in <strong>der</strong> Verbindung mit dem Geist eines konkreten Menschen<br />
wie<strong>der</strong> Person, um „die Taten dessen zu wirken, <strong>der</strong> ihn auf die Welt gebracht“ hat.<br />
Das Buch schließt mit Markus Aelligs Aufsatz „Jesus von Nazareth und <strong>der</strong> christliche<br />
Glaube Martin Werners“. Trefflich, dass hier wie<strong>der</strong> einmal von dem Berner Theologieprofessor<br />
Martin Werner (1887-1964) die Rede ist, den eine tiefe persönliche und<br />
theologische Freundschaft mit <strong>Albert</strong> <strong>Schweitzer</strong> verband und <strong>der</strong> auf seine Studenten<br />
prägend wirkte.<br />
Von Werners Gedanken, wie sie Aellig ausführt, gebe ich diesen wie<strong>der</strong>: Die Bestimmung<br />
des Menschen zur Ehrfurcht vor dem Leben bringe ihn in einen Gegensatz<br />
zur Welt, in <strong>der</strong> auch Sinnwidriges geschähe. Im Weltgeschehen walte ein Sinnwi<strong>der</strong>spruch<br />
zwischen Ordnung und Zufall, Aufbau und Zerstörung, Werden und Vergehen,<br />
Blühen und Welken, Gesundheit und Krankheit, Leben und Tod, Zweckmäßigem<br />
und Unzweckmäßigem, Liebe und Hass. Sinnzwiespältigkeit, nicht Sinnlosigkeit sei<br />
<strong>der</strong> Charakter <strong>der</strong> Welt. Sie erlebe <strong>der</strong> Mensch auch als Wi<strong>der</strong>spruch in sich selbst. In<br />
<strong>der</strong> Todesangst sähen wir den Tod als Versinken in den furchtbaren Abgrund eines<br />
finsteren Nichts. Im Glauben würden wir das Geheimnis des Todes als das Geheimnis<br />
einer Seinsverwandlung anerkennen, die uns zum ewigen Ursprung zurückbringt.<br />
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