"Three minutes" Let's Netz 01/2010 (PDF 5 - Kirchhoff Consult AG
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SEITE 46<br />
lassen, so haben sich in jüngster Vergangenheit<br />
fast alle deutschen Unternehmen wieder von dieser<br />
Idee verabschiedet. Die Hauptargumente pro<br />
Dual Listing – die Gewinnung zusätzlicher Anleger<br />
und der Zugang zu internationalen Investoren<br />
– sind heutzutage nur noch begrenzt gültig. Diesen<br />
stehen außerdem die nicht unwesentlichen<br />
Kosten einer Notierung im Ausland gegenüber.<br />
Die Vernetzung der Kapitalmärkte, in Verbindung<br />
mit effi zienten Handelssystemen à la Xetra,<br />
ermöglicht praktisch einen Handel rund um die<br />
Uhr, und das über fast alle Kontinente. Ein Unternehmen<br />
muss dementsprechend nicht mehr<br />
zwangsläufi g dort gelistet sein, wo sich auch seine<br />
Investoren befi nden.<br />
Wer heute neue Investoren aktiv für sich gewinnen<br />
möchte, muss diese zunächst einmal identifi<br />
zieren. Zur Lösung dieser Herausforderungen<br />
bietet die Deutsche Börse als Nachschlage werk<br />
den Investor Guide und – neu – den internetbasierten<br />
Investor Guide Online. Diese in Zusammenarbeit<br />
mit der Firma Factset entwickelte<br />
Anwendung gibt einen ersten Überblick über die<br />
25 größten Anleger eines Unternehmens, segmentierbar<br />
nach unterschiedlichen Variablen wie<br />
Branchenfokus oder Herkunftsland. Dabei wird<br />
es bei einem Blick in die Anlegerstruktur der relevanten<br />
Peergroup erst richtig interessant.<br />
One in a million<br />
Kapitalgebern bietet sich heutzutage die Möglichkeit,<br />
aus einer schier unüberschaubaren Zahl<br />
von internationalen Investments zu wählen. Was<br />
nützt es da, die schönste Unternehmensperle zu<br />
sein, wenn die Aufmerksamkeit der Investoren<br />
ausbleibt, weil man schlichtweg übersehen wird?<br />
Positionierung heißt das Zauberwort, damit der<br />
Kapitalmarkt die Qualitäten auch wahrnimmt.<br />
Hier gilt es, das Unternehmen gekonnt medial<br />
in Szene zu setzen und unternehmensrelevante<br />
Themen zu besetzen. Besonders in Krisenzeiten<br />
sind hier die Talente des Vorstands gefragt.<br />
Unbestritten ist zudem die Tatsache, dass Indices<br />
die Visibilität erhöhen und damit die Chance,<br />
auf dem Radar von Investoren aufzutauchen. Die<br />
Aufnahme in einen solchen ist häufi g mit einem<br />
hohen Maß an zusätzlicher Pfl ichtpublizität verbunden.<br />
Dies schafft Transparenz und verringert<br />
die aus der Theorie bekannte Informationsasymmetrie.<br />
Eine Eigenschaft, die nicht nur ausländische<br />
Investoren über die Maßen schätzen.<br />
Nicht zu unterschätzen sind hier auch die<br />
neuen Möglichkeiten der Social Media, glaubt<br />
auch Peter List. Corporate Blogs, Twitter, Webcast<br />
oder Online-Chat bieten seiner Meinung nach<br />
eine sinnvolle Ergänzung zu den klassischen IR-<br />
Instrumenten. Sie erhöhen die Distributionsgeschwindigkeit<br />
von Informationen, fördern den<br />
Dialog mit dem Anleger und führen so zum Abbau<br />
von Informationsdefi ziten. Relevante Nachrichten<br />
können einer sehr breiten Masse von interessierten<br />
Anlegern praktisch in Echtzeit zur<br />
Verfügung gestellt werden – damit wird das<br />
Thema besonders für Unternehmen mit hohem<br />
Free Float interessant.<br />
Skeptiker halten trotzdem die noch immer<br />
mangelnde Aufmerksamkeit wichtiger Investoren<br />
und Analys ten dagegen. Laut einer Studie<br />
der Brunswick Group im September 2009,<br />
die 500 insti tutionelle Investoren und Sell-Side-<br />
Analysten befragte, lesen 43 Prozent von ihnen<br />
Blogs, 29 Prozent stöbern durch Internetforen und<br />
13 Prozent nutzen das Angebot an sozialen <strong>Netz</strong>werken.<br />
67 Prozent von ihnen stuften die Information<br />
als unseriös ein.<br />
Auch wenn sich Unternehmen – sei es nun<br />
aus Kosten- oder anderen Gründen – gegen den<br />
Einsatz von Social Media entscheiden, sollte das<br />
Monitoring dieser Plattformen ein Minimum<br />
darstellen. Spekulationen, Gerüchte und Ängste<br />
können sich über diese Medien schnell zu Reputationsrisiken<br />
für ein Unternehmen bündeln, dies<br />
erhöht die Wichtigkeit, sich auf dem Laufenden<br />
zu halten. Oder mit den Worten von Mark Twain:<br />
„A lie can travel halfway around the world while<br />
the truth is still putting on its shoes.“ So oder so,<br />
Sheryl Joyce, Director Marketing & Communications<br />
bei dem amerikanischen Unternehmen Q4<br />
Web Systems, ist sich sicher: „No question now:<br />
Social media is here to stay.“<br />
Wissen, worauf es ankommt<br />
Auf dem Laufenden zu bleiben, ist gerade auch<br />
bei institutionellen Investoren von elementarer<br />
Bedeutung. Gerade internationale Anlagegesellschaften<br />
oder Hedgefonds verfolgen häufi g ganz<br />
eigene Interessen, die nicht zu kennen sich spätestens<br />
auf der Hauptversammlung schmerzlich<br />
rächen kann. Hier spielt der persönliche Kontakt<br />
eine wichtige Rolle. Neben Konferenzen sind<br />
Roadshows, mit gezielten Stopps auch im angloamerikanischen<br />
Raum, ein adäquates Mittel, um<br />
nicht nur neue Insights zu gewinnen, sondern<br />
auch Meinungen und Stimmungen einzufangen<br />
oder Letzteren im Bedarfsfall proaktiv zu begegnen<br />
(siehe auch Artikel ab S. 38). Dabei versteht<br />
sich ein sattelfestes Englisch ebenso wie eine<br />
professionell aufbereitete Investorenpräsentation<br />
mit Antworten bezüglich der zukünftigen<br />
Unternehmensstrategie.<br />
Wer sich das Geld für die Reise sparen<br />
möchte, kann mit der Perception-Analyse auf eine<br />
günstige Alternative zurückgreifen. Gerade auch<br />
für Small und Mid Caps bietet diese Art gezielter<br />
Investoreninterviews die Möglichkeit, mehr über<br />
die eigene Außenwahrnehmung zu erfahren.<br />
Der Blick in die Zukunft<br />
So viel zur Gegenwart. Aber wie sieht der Kapitalmarkt<br />
2030 aus? Die zunehmende Verfl echtung<br />
der nationalen Kapitalmärkte könnte nicht nur<br />
nach Ansicht von Peter List letzten Endes dazu<br />
führen, dass es in Zukunft nur noch eine Leitbörse<br />
pro Zeitzone gibt.<br />
Ein kurzer Blick in den Atlas zeigt, dass<br />
Frankfurt in direkter Konkurrenz mit Paris liegen<br />
könnte. Auch London ist nur eine Stunde<br />
entfernt, Dubai immerhin noch vier. Letztlich<br />
bleibt zu hoffen, dass auch die Deutsche Börse<br />
über ein gutes <strong>Netz</strong>werk verfügt und noch einige<br />
fi nanzkräftige Investoren in der Hinterhand hält,<br />
um sich in diesem harten Wettbewerb gut zu<br />
positionieren.<br />
Text: christoph.tesch@kirchhoff.de<br />
Design: tim.faulwetter@kirchhoff.de