LSV kompakt Dezember 2011 (Niederbayern/Oberpfalz/Schwaben)
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Individuelle Gesundheitsleistungen<br />
wenn Patient zum<br />
Kunden wird<br />
Neben den gewohnten Kassenleistungen bieten<br />
viele Ärzte gegen privatrechnung auch Extraleistungen.<br />
Doch als patient fühlt man sich durch<br />
diese Angebote oft überrumpelt.<br />
nicht alles, was inzwischen medizinisch<br />
machbar ist, enthält<br />
der Leistungskatalog der gesetzlichen<br />
Krankenversicherung. Diese Lücke<br />
bleibt jedoch nicht offen. Inzwischen<br />
ist es in vielen Arztpraxen üblich, dass<br />
Patienten neben den Kassenleistungen<br />
auch Angebote für weitere Zusatzleistungen<br />
erhalten. Man spricht dabei<br />
von den sogenannten individuellen<br />
Gesundheitsleistungen, oder kurz<br />
IGeL. Hinter diesem Begriff steht ein<br />
kaum überschaubares Spektrum an<br />
medizinischen Leistungen, die lediglich<br />
eines gemeinsam haben: Die Krankenkasse<br />
übernimmt die Kosten für<br />
diese Maßnahmen nicht. Das Angebot<br />
an Extra-Leistungen ist dabei breit gefächert.<br />
Es reicht von reinen Wellness-<br />
Angeboten bis hin zu neuartigen Behandlungsmethoden.<br />
Sehr beliebt sind<br />
vor allem ergänzende Vorsorgeuntersuchungen.<br />
die häufigsten iGelAngebote<br />
Zu den häufigsten IGeL-Angeboten<br />
zählen das Augeninnendruckmessen<br />
zur Früherkennung des Grünen Stars<br />
sowie Ultraschalluntersuchungen zur<br />
Prävention von Eierstock- oder Gebärmutterhalskrebs.<br />
Für den Patienten ist<br />
ein Vergleich, ob diese Angebote wirklich<br />
sinnvoll sind, oft schwierig. Der<br />
Grund: Das IGeL-Angebot erhält der<br />
Patient meist direkt während der ärztlichen<br />
Behandlung. Durch die kurze<br />
Bedenkzeit und dem (vermeintlichen)<br />
Nutzen für die eigene Gesundheit,<br />
fühlt man sich als Patient schnell in seiner<br />
freien Entscheidung bedrängt.<br />
Die Gründe, weshalb die Krankenkasse<br />
die individuellen Gesundheitsleistungen<br />
nicht bezahlt, sind vielfältig<br />
und begründet. Zahlreiche IGeL-Angebote<br />
dienen nur der persönlichen Lebensgestaltung<br />
(z.B. Tauglichkeitsuntersuchungen<br />
oder Schönheits-OPs),<br />
bei anderen Maßnahmen ist deren<br />
Wirksamkeit nicht wissenschaftlich<br />
belegt. Sehr oft ist auch kein Mehrwert<br />
zu etablierten Kassenleistungen nachgewiesen.<br />
Daneben kann es sich aber<br />
auch um Vorsorgeuntersuchungen<br />
handeln, die nur bei bestimmten Indikationen<br />
oder ab einem bestimmten<br />
Alter als Kassenleistung vorgesehen<br />
sind. Beispiele hierfür sind die Knochendichtemessung<br />
oder auch die Vorsorge<br />
gegen bestimmte Krebserkrankungen.<br />
Aber keine Sorge: Leistungen,<br />
die über die Krankenkasse abgerechnet<br />
werden können, muss der Arzt auch<br />
dieser in Rechnung stellen. Daneben<br />
besteht ebenfalls kein Grund, eine Entscheidung<br />
zu übereilen. Bei IGeL handelt<br />
es sich um keine zeitkritischen<br />
Maßnahmen, die sofort durchgeführt<br />
werden müssen. Auch die gelegentliche<br />
Aussage, dass die IGeL für eine Weiterbehandlung<br />
zu Lasten der Kasse erforderlich<br />
sei, trifft nicht zu.<br />
Beim Arzt nachfragen<br />
Überlegt man dennoch ein IGeL-Angebot<br />
wahrzunehmen, sollte man unbedingt<br />
mit dem Arzt ein ausführliches<br />
Beratungsgespräch führen. Dieses<br />
sollte sachlich und für einen medizinischen<br />
Laien verständlich sein. Hat<br />
man den Eindruck, dass es sich lediglich<br />
um ein Verkaufsgespräch handelt,<br />
sollte man das Angebot im Zweifel lieber<br />
ablehnen. Im Fokus des Gesprächs<br />
sollten der Sinn und der Nutzen der<br />
Leistung stehen. Diese gilt es kritisch<br />
zu hinterfragen.<br />
Foto: Gerd Altmann / PiXeliO<br />
Auch bei der Abrechnung gibt es einiges<br />
zu beachten: Willigt man ein,<br />
das IGeL-Angebot wahrzunehmen,<br />
schließt man mit dem Arzt einen privaten<br />
Dienstleistungsvertrag. Am besten<br />
macht man das schriftlich, nur so<br />
vermeidet man spätere Unklarheiten.<br />
Neben der genauen Bezeichnung der individuellen<br />
Gesundheitsleistung soll te<br />
der Vertrag auch die voraussichtlichen<br />
Kosten enthalten. Wichtige Bestandteile<br />
sind weiterhin zwei Erklärungen:<br />
Zum einen muss der Patient die Leistung<br />
ausdrücklich wünschen, zum<br />
anderen muss er durch den Arzt darüber<br />
beraten worden sein, dass er sie<br />
selbst bezahlen muss und eine Kostenerstattung<br />
durch die Kasse ausgeschlossen<br />
ist. Nach der Behandlung<br />
sollte der Patient eine ausführliche Privatrechnung<br />
erhalten. Darin sind<br />
nicht nur alle Leistungen aufgelistet,<br />
die der Arzt erbracht hat, sondern<br />
auch mit welchem Steigerungssatz die<br />
Abrechnung erfolgt. Damit legt der<br />
Mediziner für jede einzelne Leistung<br />
einen eigenen Preis fest. Üblich ist<br />
hierbei der 2,3-fache Satz. Nur bei besonders<br />
umfangreichen oder schwierigen<br />
Behandlungen darf der Arzt mit<br />
Begründung auch einen Multiplikator<br />
von 3,5 in Rechnung stellen. Ein noch<br />
höherer Steigerungssatz hingegen<br />
muss getrennt mit dem Patienten vereinbart<br />
werden. Was man nicht akzeptieren<br />
sollte, sind eine einfache Quittung<br />
oder Rechnungen mit einem<br />
Pauschalbetrag. Damit sind die Anforderungen<br />
an eine ordentliche Abrechnung<br />
nicht erfüllt. ■<br />
Robert Hirsch<br />
geSunDheit ■ ❘ ❘ ❘ ❘ ❘<br />
<strong>Dezember</strong> I 11 <strong>LSV</strong> <strong>kompakt</strong> 15