lesen - Tom Ammermann
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Produkt herzustellen, ist es von großem Vorteil,<br />
wenn man nicht erst bei der Mischung<br />
in Surround denkt. Schon bei der ersten<br />
Inspiration zu einem Musiktitel muss die<br />
mehrkanalige Denkweise, in der Komposition<br />
der einzelnen Instrumente und deren<br />
Melodieführung, Harmonien und den rhythmischen<br />
Unterbau bis hin zur Vorproduktion,<br />
allgegenwärtig sein. Auf diese Weise<br />
werden sich Surround-Produktionen in Zukunft<br />
mit Sicherheit deutlich in ihrer Wirkung<br />
auf den Zuhörer verbessern. Ich bin<br />
deshalb davon so überzeugt, weil ich es<br />
aus meinen eigenen praktischen Erfahrungen<br />
nur bestätigen kann.<br />
Wir haben zum Beispiel die Titel, die wir für<br />
unsere Produktion komponiert haben, auf<br />
Layoutniveau vorproduziert, um schon einmal<br />
erproben, hören und strukturieren zu<br />
können, wie das klangliche Ergebnis später<br />
aussehen könnte oder würde. Ich arbeite<br />
sehr viel an Surround-Produktionen, unter<br />
anderem für Filme, aber auch für Musikanwendungen<br />
auf DVD, und habe daher<br />
schon vor einiger Zeit in diesem Bereich<br />
Infrastrukturen geschaffen, die uns die beschriebene<br />
Arbeitsweise glücklicherweise ermöglichten.<br />
Wenn sich die Erfahrungswerte<br />
in nächster Zukunft etablieren und die verschiedenen<br />
Ansätze und ihre Durchführung<br />
klar sind, kann man vermutlich des Öfteren<br />
auch mal auf die Vorproduktionen verzichten.<br />
Doch zurzeit halte ich sie noch für eine<br />
große Hilfe im 'Surround-Dschungel'.<br />
Aufwand und<br />
Produktionsverfahren<br />
Einer der wichtigsten Aspekte für uns war,<br />
Produktionsverfahren auszuprobieren, die<br />
Surround-Musikproduktionen auf einem hohen<br />
Niveau ermöglichen, ohne gleich einen<br />
Staatsakt daraus zu machen; also mit angemessenen<br />
Mitteln ein gutes Ergebnis zu erzielen.<br />
Hierzu bedarf es Produktionsverfahren,<br />
die denen einer herkömmlichen Standard-Stereoproduktion<br />
in Aufwand und Kosten<br />
etwa gleichkommen müssen. Vielerorts<br />
ist das Fehlen entsprechender Ideen neben<br />
dem Irrglauben, Surround hätte keine Zukunft<br />
(ich darf einmal schmunzeln), noch eine<br />
Hemmschwelle, Surround-Produktionen<br />
ernsthaft anzugehen. Da wir, wie schon erwähnt,<br />
das Format Surround aber für sehr<br />
'zukunftsträchtig’ halten, hoffen wir hier einen<br />
Beitrag leisten zu können, der Anstoß<br />
für weitere Projekte gibt, um dann letztlich<br />
Surround auch als selbstverständlichen Stan-<br />
Pyramix auf vier Schirmen: <strong>Tom</strong> an seinem Arbeitsplatz<br />
dard zu begreifen. Wichtige Schritte, auf denen<br />
unsere Erkenntnisse und Ansätze beruhen,<br />
sind hier von verschiedenen Kollegen<br />
und Wissenschaftlern bereits gemacht worden.<br />
Nun gilt es, diese weiter in Anwendung<br />
zu bringen und noch deutlicher herauszuarbeiten,<br />
wie sie sich in gängige Produktionsverfahren<br />
integrieren lassen.<br />
Ein bedeutender Schritt in diese Richtung<br />
ist die derzeitige, und weiter zunehmende,<br />
Leistungsfähigkeit der DAWs. Es ist nun,<br />
wie dereinst in der Stereoproduktion, nicht<br />
mehr zwingend notwendig, riesige und entsprechend<br />
kostspielige Konsolen einzusetzen<br />
(die natürlich in großen Kinomischungen<br />
weiterhin ihre Berechtigung haben),<br />
um eine Standard-Musik-Surround-Produktion<br />
durchzuführen. Die Auswertung unserer<br />
Aufnahmen und der daraus resultierenden<br />
Mischungen tragen, wie wir uns erhoffen,<br />
auch dazu bei, ambitionierten Produzenten<br />
Informationen an die Hand zu geben,<br />
die eine Surround-Produktion schlank und<br />
effektiv planbar machen.<br />
Durch die vielen Konstanten, die wir bei den<br />
Aufnahmen geschaffen haben, wird es zum<br />
Beispiel später weniger vonnöten sein, dass<br />
jeder, der eine Surround-Produktion machen<br />
möchte, die Mikrofonsysteme noch einmal<br />
für sich aufnehmen und testen muss, um<br />
die Charakteristik einer oder verschiedener<br />
Anordnungen zu ergründen. Sicher, wir<br />
7<br />
haben uns diese Arbeit dennoch gemacht.<br />
Aber bisher gab es, meines Wissens nach,<br />
auch noch nie eine Aufnahmesession, die<br />
einen so direkten Vergleich der Systeme<br />
und Verfahren ermöglicht hätte und bei der<br />
so ziemlich alle am Markt erhältlichen Anordnungen<br />
teilgenommen haben. An dieser<br />
Stelle sei noch erwähnt, dass es selbstverständlich<br />
eine DVD mit direkten Vergleichsmöglichkeiten<br />
geben wird. Dazu aber später<br />
noch mehr.<br />
Die Einmessung und akustische<br />
Gestaltung des Aufnahmeraums<br />
Natürlich war es von elementarer Bedeutung,<br />
sich Gedanken über den Klang und<br />
dessen Funktion in unserem Aufnahmeraum<br />
zu machen. Der Raum hat eine Grundfläche<br />
von 50 qm und ist zwischen 3,5 und 4,5<br />
Metern hoch. Außerdem sind alle Wände<br />
sowie die Decke so angeordnet, dass sich<br />
keine stehenden Wellen bilden können, da<br />
sie nicht parallel zueinander stehen. Der<br />
Raum hat, ohne Inventar, eine recht konstante<br />
Nachhallzeit von etwa 1,5 Sekunden,<br />
annähernd über das gesamte Hörfrequenzspektrum.<br />
Dies war uns eindeutig zu lang.<br />
Wir wollten mit den Raummikrofonen eigentlich<br />
nur die frühen Reflektionen einfangen,<br />
die für die räumliche Ortung wesentlich<br />
sind. Zu lange beziehungsweise zu diffuse<br />
Raumreflexionen hätten den Nachteil<br />
gehabt, dass der Gesamtklang der Raum-