lesen - Tom Ammermann
lesen - Tom Ammermann
lesen - Tom Ammermann
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
lich wirkende und druckvolle Aufnahmen.<br />
Die kompakte Bauart hat den großen Vorteil,<br />
dass diese Mikrofone zum einen mobil<br />
einsetzbar sind und dass man zum anderen<br />
einer Klangquelle sehr nah auf den Pelz rücken<br />
oder sich, wie bei einem Schlagzeug,<br />
sogar in sie hinein begeben kann. Diese Tatsache<br />
gepaart mit der Erkenntnis, dass diese<br />
Mikrofonsysteme aufgrund ihrer koinzidenten<br />
Konstruktion Pegeldifferenzen in Bezug<br />
auf die Kanäle verursachen, macht sie<br />
nach unserer Auffassung sehr interessant.<br />
Die Phasenlagen, die hier erzeugt werden,<br />
dienen zwar, wie schon gesagt, nicht so gut<br />
der räumlichen Ortung wie die von nicht koinzidenten<br />
Mikrofonanordnungen mit Laufzeitunterschieden,<br />
schaffen aber aufgrund<br />
ihrer Direktheit, besonderen Positionierbarkeit<br />
und 'exotischen' Phasenlage Klangbilder,<br />
die so manchen Kollegen in Begeisterung<br />
versetzen werden. In kulinarischen Dimensionen<br />
gedacht lässt sich vielleicht der<br />
Vergleich mit einer scharfen Kokosnusssuppe<br />
herstellen, die vielleicht nicht jedermanns<br />
Sache und hierzulande erst recht nicht traditionell<br />
ist. Trotzdem werden sich auch für<br />
diese Geschmacksrichtung Freunde finden.<br />
Ich gehöre jedoch nicht dazu. Zu erwähnen<br />
ist noch, dass das Soundfield-Mikrofon durch<br />
sein B-Format-Raum-Scan-Verfahren die Möglichkeit<br />
eröffnet, zum einen über den systemeigenen<br />
5.1-Konverter die Klangcharakteristik<br />
zu beeinflussen, zum anderen durch<br />
das Aufzeichnen der 4 Kanäle des B-Formates<br />
dies auch noch nachträglich tun zu können.<br />
Man hat also mit anderen Worten die<br />
Option, später bei der Mischung noch Einfluss<br />
auf die räumliche Darstellung zu nehmen.<br />
Ich kann aus eigener Erfahrung sagen,<br />
dass eine derartige Variabilität zuweilen hilfreich<br />
ist, da im Mix mit den anderen Quellen<br />
das Klangbild einer solchen Aufnahme<br />
nicht selten anders erscheint als beim diskreten<br />
Abhören. Natürlich hat man ähnliche<br />
Möglichkeiten in anderem Umfang auch bei<br />
der Doppel- MS-Technik über das Mischpult<br />
oder die DAW.<br />
Die Anordnungen<br />
mit Laufzeitunterschieden<br />
Fangen wir mit einem der kleinsten Systeme<br />
an: Das Neuman WNS 100 ist ebenfalls noch<br />
mobil einsetzbar, wovon wir auch Gebrauch<br />
gemacht haben. Hierzu aber später mehr.<br />
Unser erster Eindruck war, dass es ebenfalls<br />
sehr direkt klingt, jedoch den Aufnahmeraum<br />
auch noch nicht differenziert und<br />
komplett abbildet. Aber<br />
es machte die Ortung<br />
der Klangquelle deutlich<br />
einfacher als bei<br />
den kompakteren Anordnungen.<br />
Ein Klangereignis,<br />
das in einer<br />
Distanz von ungefähr<br />
1,5 Metern stattfand,<br />
empfanden wir als<br />
deutlich ortbar und<br />
druckvoll. Bei dieser<br />
Anordnung hörte man<br />
schon recht gut den Unterschied<br />
der Phasenlagen<br />
seiner diskreten<br />
Kanäle zueinander<br />
– im Vergleich zu<br />
den Anordnungen ohneLaufzeitunterschiede.<br />
Auch wenn man ein bisschen 'hin- und<br />
herrückte', hatte man kein akustisch irritierendes<br />
Gefühl, wie man es von 'kritischen<br />
Phasenlagen' her kennt. Diese Mikrofonanordnung<br />
werde ich voraussichtlich für meine<br />
Bassaufnahmen verwenden, da sie ein dezentes<br />
Maß an Räumlichkeit, aber in deutlicher<br />
Direktheit abbildet und dabei nicht<br />
schwammig oder undifferenziert wirkt. Die<br />
Schwanenhälse für die Frontkanäle finde ich<br />
persönlich nützlich, um die Kapseln gegebenenfalls<br />
noch individueller auf eine Klangquelle<br />
ausrichten zu können. Natürlich birgt<br />
diese Flexibilität auch die Gefahr in sich, bei<br />
ungünstigen Überlagerungen von Phasenlagen<br />
der Kanäle zueinander, ungewünschte<br />
Auslöschungen, beziehungsweise unbeabsichtigte<br />
psychoakustische Phänomene zu<br />
verursachen. Ich bin zwar auch ein Freund<br />
klarer Klangbilder, konnte aber der Versuchung<br />
dennoch nicht widerstehen, mit den<br />
Schwanenhälsen ein wenig herumzuexperimentieren.<br />
Das OCT-Surround und das Atmos 5.1 sind<br />
nach unserer Ansicht die 'Allrounder'! Beide<br />
Anordnungen sind in der Lage, den Raum<br />
klar zu erfassen, gewähren ein hohes Maß<br />
an Ortbarkeit und sind trotzdem noch recht<br />
druckvoll. Das Atmos 5.1 hat natürlich den<br />
Vorteil, ein Komplettsystem zu sein. Strom<br />
ran, Kabel ran, DAW, Multitrack, oder was<br />
auch immer… und los. Nun, das OCT-Surround<br />
hingegen wird aber wohl dennoch<br />
häufiger im Mix die Anordnung meiner persönlichen<br />
Wahl sein. Es schien mir dem Atmos<br />
5.1 gegenüber doch noch ein bisschen<br />
differenzierter in der Ortbarkeit der Schall-<br />
Soundfield- und Atmos-Steuereinheiten<br />
9<br />
quellen zu sein. Außerdem muss ich Herrn<br />
Wuttke von Schoeps zustimmen, dass es<br />
entgegen der überwiegend vorherrschenden<br />
Meinung sehr wohl möglich ist, Tiefen<br />
räumlich zu orten. Seitlich des 5.0-Grundsetups<br />
hatten wir deshalb zusätzlich die<br />
CCM 41VL Kapseln mit Kugelcharakteristik<br />
und dazwischen geschalteten Tiefpass-Filtern<br />
angebracht, die diese Anordnung eine<br />
faszinierend durchsichtige, aber trotzdem<br />
deutliche Präsenz der Tiefen abbilden lassen.<br />
Nun wieder ein Exot: Der Fukada Tree,<br />
eine Groß-AB-Anordnung, die auf dem klassischen<br />
Decca Tree basiert. Die Firma Sennheiser<br />
war so freundlich und hat uns in einer<br />
beispiellosen 'Rückholaktion aus der gesamten<br />
Republik’, sieben ihrer edelsten Stücke,<br />
Mikrofone der MKH-800-Serie, zur Konstruktion<br />
eines Fukada Trees zur Verfügung gestellt.<br />
Die 'güldenen Zigarren' in der Hand<br />
zu halten, war mir bereits ein außerordentliches<br />
Vergnügen. Trotzdem folgt zunächst<br />
die schlechte Nachricht: mit dem Fukada<br />
Tree war es uns nicht möglich, druckvolle<br />
Aufnahmen zu erhalten. Außerdem ist die<br />
Ortbarkeit von Schallquellen gerade innerhalb<br />
der Anordnung nicht so berauschend.<br />
Der Aufbau hat Ausmaße von 2,7 mal 1,8<br />
Metern, beziehungsweise von Kugel zu Kugel<br />
sogar einen Abstand von 3,6 Metern.<br />
Das ist weder handlich, noch ist es in den<br />
meisten Aufnahmeräumen möglich, ein Instrument<br />
außerhalb seiner Anordnung zu<br />
positionieren, ohne dass der Künstler mit<br />
dem Rücken an der Wand steht. Wenn man<br />
nun doch einen sehr großen Aufnahmeraum<br />
besitzt, der dies ohne Probleme zulässt, hat