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Grenzen demokratischen Rechts? Die ... - eDoc

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<strong>Grenzen</strong> <strong>demokratischen</strong> <strong>Rechts</strong>? 3<br />

teidigung der Gesellschaft, und zwar die Verteidigung gegen innere und äußere, offene<br />

und versteckte, gegenwärtige oder künftige Feinde sei“. 14<br />

2. Kants <strong>Rechts</strong>pazifismus<br />

Es ist exakt diese Logik der exekutivischen Selbstermächtigung, gegen die sich Immanuel<br />

Kants gesamte politische Philosophie stemmt. Und wenn der Neukantianer Hans Kelsen<br />

formuliert, dass „jeder Konflikt, der als Interessen-, Macht- oder politischer Konflikt bezeichnet<br />

wird, [...] als <strong>Rechts</strong>streit entschieden werden“ kann, 15 bringt er das Credo des<br />

<strong>demokratischen</strong> Verfassungsdenkens zum Ausdruck. Doch gerade der Blick auf den sensibelsten<br />

Bereich der <strong>demokratischen</strong> Verregelung der Gewaltmonopolisten zeigt: Noch<br />

immer ist demokratische Kontrolle dem Druck exekutiver Selbstermächtigung ausgesetzt,<br />

die Handlungsspielräume für die Regierung jenseits demokratischer Beschlüsse und rechtlicher<br />

Normen anstrebt. Dem Szenarium sich selbst programmierender Gubernativen<br />

setzt Kants Theorie ihre lückenlose Unterwerfung unter demokratische <strong>Rechts</strong>setzung<br />

und Gewaltenteilung entgegen. Nur eine totale Kontrolle des staatlichen Gewaltmonopolisten<br />

durch die als Legislative und kritische Öffentlichkeit formierte gesellschaftliche Basis<br />

kann den Drang der Regierung nach freien Handlungsspielräumen eindämmen. <strong>Die</strong> demokratische<br />

Rückbindung der Exekutiven ist die Bedingung für die Eigenschaft von Republiken,<br />

Gewalt nicht mehr willkürlich einzusetzen und also „nicht kriegssüchtig“ 16 zu<br />

sein. Daher fordert Kant, dass die staatlichen Machtpotentiale in einer Republik der<br />

„Herrschaft der Gesetze“ unterstellt werden, die wiederum nur demokratisch gesetzt werden<br />

dürfen: 17 In der Republik kommt die Gesetzgebung allein dem Volk zu: „Der rechtsbegründenden<br />

Volkssouveränität korrespondiert die totale Verrechtlichung von Herrschaft“.<br />

18 Eben diese Kontrolle des gesetzgebenden Volkes über die Gewaltmittel des Staates<br />

auch in äußeren Angelegenheiten ist es, die Kant als den alles entscheidenden Unterschied<br />

zwischen Republiken, in denen die Bürger selbst über den Krieg entscheiden, und<br />

Despotien, in denen der Monarch seine Soldaten wie zu einer „Lustpartie“ beliebig in die<br />

Schlacht schickt, geltend macht. 19 Kant ergänzt diese internen Anforderungen durch ein<br />

14 Carl Schmitt, Der Führer schützt das Recht, in: Ders., Positionen und Begriffe, 3. Aufl., Berlin 1994, S.<br />

227 ff. (S. 230).<br />

15 Hans Kelsen, Wer soll der Hüter der Verfassung sein?, in: Hans Klecatsky, René Marcic und Herbert<br />

Schambeck (Hrsg.), <strong>Die</strong> Wiener <strong>Rechts</strong>theoretische Schule, Wien, 1968, S. 1873 ff. (S. 1883).<br />

16 Immanuel Kant, Der Streit der Fakultäten, in: Wilhelm Weischedel (Hrsg.), Werke Bd. XI, Frankfurt am<br />

Main, 1996, S. 361.<br />

17 Siehe auch Tanja Hitzel-Cassagnes, <strong>Rechts</strong>staatliche Domestizierung der Außenpolitik?, in: Kritische<br />

Justiz, Jg. 33, Nr. 1, 2000, 63 ff.<br />

18 Ingeborg Maus, Zur Aufklärung der Demokratietheorie. <strong>Rechts</strong>- und demokratietheoretische Überlegungen<br />

im Anschluss an Kant, Frankfurt/Main 1994, S. 163. Mit rechtsbegründender Volkssouveränität ist<br />

verbunden, dass es sich nicht um eine liberale, herrschaftsbegrenzende <strong>Rechts</strong>form handelt, die prinzipiell<br />

auch ohne Demokratie möglich ist. Siehe dazu Jürgen Habermas, Faktizität und Geltung. Beiträge<br />

zur Diskurstheorie des <strong>Rechts</strong> und des <strong>demokratischen</strong> <strong>Rechts</strong>staats, Frankfurt am Main, 1992, S. 104.<br />

19 Kant, Zum ewigen Frieden, a.a.O. (Anm. 6), S. 198, S. 206.

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