Ministerialrat Dr. German Jeub - IAMO
Ministerialrat Dr. German Jeub - IAMO
Ministerialrat Dr. German Jeub - IAMO
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Gibt es jetzt den globalen<br />
Konsumenten?<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>German</strong> J. <strong>Jeub</strong><br />
Berlin<br />
16. Januar 2009
Bestimmungsfaktoren des Lebensmittelkonsums aus<br />
globaler Sicht<br />
• Verstädterung: 2007 lebten weltweit erstmals mehr Menschen in den Städten als auf<br />
dem Lande; bis 2050 soll der Anteil der ländlichen Bevölkerung auf 30% zurückgehen<br />
(1950 noch 70%); gleichzeitig Anstieg der Weltbevölkerung von heute 6,5 Mrd. auf 9,2<br />
Mrd. Menschen in 2050;<br />
• Globalisierung von Medien, Film, Werbung und Gastronomie führt in Verbindung mit<br />
einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel (Kleinfamilien, Single-Haushalte) beim<br />
städtischen Mittelstand der Schwellenländer (z.B. BRIC-Staaten) zur Orientierung an<br />
den Werten westlicher Wohlstandsgesellschaften;<br />
• steigende Einkommen ermöglichen nach Absicherung der Grundbedürfnisse eine<br />
Individualisierung des Konsumverhaltens entsprechend den persönlichen<br />
Interessen/Präferenzen; gleichzeitig nimmt durch Berufstätigkeit von beiden<br />
Ehepartnern Bedeutung des Außer-Hausverzehrs sowie von Konvinienzprodukten zu;<br />
• mit zunehmender Bildung und Zugang zu Informationen (Internet) wachsen Umwelt-,<br />
Qualitäts- und Gesundheitsbewusstsein und damit die gesellschaftlichen Anforderungen<br />
an die Lebensmittelsicherheit;<br />
• kulturelle Verankerung von Ess- und Ernährungsgewohnheiten sowie religiöse und<br />
klimatische/geographische Faktoren prägen Geschmack und Präferenz für einzelne<br />
Lebensmittel/-zubereitungen<br />
• demographische Entwicklung verläuft regional sehr unterschiedlich: hohe Anteile<br />
junger Menschen in Indien und Brasilien, zunehmende „Ergrauung“ der Verbraucher in<br />
China, Europa (einschl. Russland).
Agrarpolitik im Spannungsfeld von Erwartungen der<br />
Verbraucher und internationalen Verpflichtungen<br />
WTO (World Trade Organization)<br />
� Agrarabkommen<br />
� Gesundheitsstandards im Agrarhandel (SPS)<br />
� Schutz geistigen Eigentums (TRIPS)<br />
Gemeinsame Agrarpolitik (GAP)<br />
Ziele im EG-Vertrag seit 1957<br />
�Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit (Produktivitätsziel)<br />
�Einkommensperspektiven für die ländliche Bevölkerung<br />
�stabile Märkte und sichere Versorgung<br />
�angemessene Verbraucherpreise<br />
Verbraucherschutz<br />
� Lebensmittelsicherheit<br />
� große Vielfalt und hohe Qualität der Produkte<br />
� nachhaltige umwelt- und tiergerechte Erzeugung<br />
Gesellschaftliche Erwartungen<br />
Multifunktionalität der Landwirtschaft<br />
Zukunft der ländlichen Räume in Europa<br />
� Erhaltung der landestypischen Kulturlandschaften<br />
� Flankierung des landwirtschaftlichen Strukturwandels<br />
� Lebensfähigkeit benachteiligter ländlicher Gebiete
Handel mit Agrar- und Ernährungsgütern 2006
Perspektiven auf dem Weltmarkt am<br />
Beispiel von Milch<br />
Laut FAO ist der Pro-Kopf-Verbrauch an Fleisch in China<br />
in den letzten 20 Jahren von 20 kg auf 50 kg gestiegen.<br />
Parallel zum wachsenden Fleischkonsum wächst auch die<br />
Nachfrage nach Milch, da Milcheiweiß und Milcherzeugnisse<br />
insgesamt als besonders hochwertige Nahrungsmittel<br />
in den Wachstumsländern Asiens und Südamerikas<br />
angesehen werden. Ausgehend von 2006 als Basisjahr wird<br />
bei Milcherzeugnissen bis 2015 folgende Entwicklung der<br />
Nachfrage erwartet:<br />
� Indien plus 28% und China plus 27 %,<br />
� Südamerika plus 16%,<br />
� EU und Russland plus 7%.
Prognostizierte Käseimporte 2017
Quelle: DBV Situationsbericht 2008
Quelle: EU-Kommission
Der Europäische Weg<br />
(höchste Anforderungen gemäß Vorsorgeansatz an die gesamte Lebensmittelkette)<br />
Quelle: EU-Kommission
Qualitätsmanagement beginnt auf dem Acker<br />
Quelle: EU-Kommission
Rückverfolgbarkeit ist in der Lebens- und<br />
Futtermittelproduktion in der EU seit 2005 Pflicht!<br />
Quelle: EU-Kommission
Quelle: DBV Situationsbericht 2008
Qualität und Sicherheit<br />
„Gut für den Verbraucher – gut für die Wirtschaft“<br />
QS-Produkte etablieren sich zunehmend am Markt. Der 2001<br />
begonnene Aufbau des Qualitätssicherungs- und -kontrollsystems<br />
„QS Qualität und Sicherheit“ erfasst die gesamte Produktionsund<br />
Vermarktungskette. QS ist heute das weltweit größte<br />
Qualitätssicherungssystem.<br />
Zunächst wurde ein QS-System als Antwort auf die BSE-Krise<br />
für Fleisch und Fleischwaren eingerichtet, das Futtermittelwirtschaft,<br />
Landwirtschaft, Schlacht- und Zerlegebetriebe,<br />
Verarbeitungsunternehmen und Handel umfasst. Auch bei Obstund<br />
Gemüse sowie Kartoffeln hat das System heute nationale<br />
und internationale Bedeutung.<br />
Im Sommer 2007 wurde der hunderttausendste Systempartner<br />
aufgenommen, inzwischen sind es 117 000.<br />
Quelle: DBV Situationsbericht 2008
Ab 1.1.2005: Umweltbereich:<br />
• Vogelschutzrichtlinie (RL 79/409)<br />
• Grundwasserrichtlinie (RL 80/68)<br />
• Klärschlammrichtlinie (RL 86/278)<br />
• Nitratrichtlinie (RL 91/676)<br />
• FFH-Richtlinie (RL 92/43)<br />
Ab 1.1.2005: Gesundheit von Mensch und Tier sowie Kennzeichung und Registrierung von Tieren:<br />
• Kennzeichnungsrichtlinie (RL 92/102)<br />
• Kennzeichnungs-, Registrierungs- und Etikettierungsverordnungen (VO 2629/97 und VO 1760/2000)<br />
• Schafkennzeichnungsrichtlinie<br />
Ab 1.1.2006: Bereich Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze:<br />
• Pflanzenschutz-Zulassungsrichtlinie (RL 91/414)<br />
• Richtlinie zum Verbot von u.a. Hormonen in der Tierhaltung (RL 96/22)<br />
• Verordnung zum Lebensmittelrecht, Lebensmittelsicherheit (VO 178/2002)<br />
• Verordnung zur TSE-Bekämpfung (VO 999/2002)<br />
• Richtlinie zur Bekämpfung von Maul- und Klauenseuche (RL 85/511)<br />
• Richtlinie zur Bekämpfung von Tierseuchen (RL 92/119)<br />
• Richtlinie zur Bekämpfung der Blauzungenkrankheit (RL 2000/75)<br />
Ab 1.1.2007: Tierschutz:<br />
• Kälberhaltungsrichtlinie (RL 91/629)<br />
• Schweinehaltungsrichtlinie (RL 91/630)<br />
• Richtlinie zum Schutz von Nutztieren (RL 98/58)<br />
Cross Compliance<br />
EU-weite Basisanforderungen an die Gewährung der Direktzahlungen
Vermeidung von nicht-tarifären Handelshemmnissen erfordert verbindliche<br />
weltweite Standards/Vorgaben/Verfahrensregeln für Inhaltsstoffe/Rückstände<br />
und Lebensmittel-Kontrolle (Beispiele: GVO, Fleisch)<br />
Quelle: EU-Kommission
Gibt es den globalen Konsumenten?<br />
Nein, aber es gibt globale Trends im Lebensmittelsektor:<br />
- Zunehmende Vereinheitlichung der Anforderungen des Marktes an die Versorgung mit<br />
Lebensmitteln durch Verstädterung und westliche Werteorientierung des Lebensstils eines<br />
wachsenden, gut gebildeten und informierten Mittelstandes;<br />
- Intensivierung des internationalen Handels durch Handelsliberalisierung (WTO) führt zu<br />
zunehmender Wettbewerbsdruck;<br />
- globale Durchsetzung von wettbewerbsfähigen Technologien und Konzepten in den<br />
Bereichen Produktion, Verarbeitung, Logistik und zielgruppengerechte Distribution (Global<br />
operierende Lebensmittelproduzenten, Discounter, Supermärkte, Hypermärkte);<br />
- steigende internationale Anforderungen an die Qualität und die Sicherheit von Lebensmitteln;<br />
Krisen im Lebensmittelsektor führen zur beschleunigten Durchsetzung von hohen<br />
Qualitäts- und Produktionsstandards durch global operierende Unternehmen der<br />
Ernährungsindustrie und des Handels gegenüber Landwirtschaft und Verarbeitungsstufe;<br />
- zunehmende zielgruppenspezifische Differenzierung des Warenangebots mit guten<br />
Marktchancen auch für regionale/traditionelle ausländische Spezialitäten sowie<br />
Markenprodukte;<br />
- kulturelle, religiöse und klimatische Faktoren bestimmen auch in Zukunft auf<br />
lokaler/regionaler Ebene die Präferenzen der Konsumenten hinsichtlich Geschmack, Art<br />
und Zusammensetzung sowie Aufmachung und Verpackung von Lebensmitteln. Global<br />
operierende Anbieter von Lebensmitteln (Lebensmittelkonzerne, Fast-Food-Ketten) müssen<br />
dem bei ihren Rezepturen und Produkten Rechnung tragen.
Vielen Dank<br />
für Ihre<br />
Aufmerksamkeit!