Kapitel 2: Zur Theorie der Borderline-Störungen 2.1 ...
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2.3 Strukturelle Aspekte 52<br />
eines sicheren Gefühls für die eigene Identität gelingt. Wenn <strong>der</strong> Entwicklungsschritt<br />
aus dem narzißtischen Stadium nicht gelingt, dann wird das Ich<br />
des Kindes nach Befriedigung seiner Bedürfnisse und nach Lustgewinn streben<br />
und eine Entwicklung zu einem stärker realitätsorientierten und frustrationstoleranten<br />
Ich verweigern. 4 Unter solchen Umständen kann sich auch die<br />
Wahrnehmung einer Welt, in <strong>der</strong> das eigene Selbst vielen von ihm getrennten<br />
Objekten gegenübersteht, nicht entwickeln. Objektkonstanz, mit Hilfe <strong>der</strong>er<br />
die Trennung von den Bezugspersonen ertragen werden kann, weil ihre<br />
inneren Bil<strong>der</strong> im Kind vorhanden sind, entsteht nicht o<strong>der</strong> nur unzureichend.<br />
Zwei wesentliche Aufgaben beim Übergang vom Lustprinzip zum Realitätsprinzip<br />
müssen bewältigt werden: Es muß eine Subjekt-Objekt-Abgrenzung<br />
erfolgen, und negative Aspekte <strong>der</strong> Realität müssen mit den positiven verschmolzen<br />
werden. Kin<strong>der</strong> mit Bor<strong>der</strong>line-<strong>Störungen</strong> haben die erste Aufgabe<br />
ansatzweise bewältigt, und damit ist ihnen ein partieller Übergang aus dem<br />
Narzißmus gelungen. Allerdings ist die Gefahr einer Verschmelzung von<br />
Subjekt-und Objektimagines in Konfliktsituationen immer gegeben, was einen<br />
erhöhten Angstpegel zur Folge hat.<br />
Kin<strong>der</strong> mit Bor<strong>der</strong>line-<strong>Störungen</strong> können nicht Gut und Böse, gute und böse<br />
Erlebnisse und gute und böse Aspekte des eigenen Selbst und <strong>der</strong> Objekte miteinan<strong>der</strong><br />
verbinden. Ihre Welt besteht aus nur guten o<strong>der</strong> nur bösen Objekten<br />
und Erlebnissen. Dadurch bekommt die Realität für diese Kin<strong>der</strong> einen<br />
bedrohlichen Charakter. Sie projizieren bedrohliche aggressive Triebimpulse<br />
nach außen und erleben dadurch die umgebende Welt als furchterregend,<br />
grausam und gefährlich. Wegen <strong>der</strong> vielfältigen Gefahren in <strong>der</strong> äußeren Welt<br />
verlassen sie nicht völlig die narzißtische Welt des Lustprinzips und suchen<br />
häufig orale Befriedigungen in einer idealisierten Mutter-Kind-Beziehung. 5<br />
Weil sie unfähig sind, gute und böse Aspekte miteinan<strong>der</strong> zu verbinden und<br />
aggressive Triebimpulse nach außen projiizieren, erscheint ihnen die umgebende<br />
Welt als gefährlich und grausam. Sie sind ihr hilflos ausgeliefert, und<br />
sie erleben Angst vor Überwältigung und Vernichtung.<br />
"Solange die Spaltung Schmerz und Vergnügen trennt und die aggressiven<br />
Anteile des Selbst abgespalten werden, wird <strong>der</strong> kritische Entwicklungsprozeß<br />
einer Fusion libidinöser und aggressiver Triebe nicht vollendet. Dieses<br />
Versagen hat einen gewaltigen Einfluß auf die Entfaltung <strong>der</strong> Persönlichkeit<br />
4 CHETHIC 1979<br />
5 CHETHIC 1979, S. 310