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Magazin der Mütter gegen Atomkraft e.V.

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<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V.<br />

2010


Über eine<br />

Distanz von<br />

120 Kilometer<br />

soll am 24. April eine<br />

vielfältige Aktions- und Menschenkette<br />

entstehen. Sie wird von einem breiten Bündnis<br />

von Initia tiven und Organisationen organisiert.<br />

13:30 Uhr: Beginn<br />

14:30 Uhr: Kette steht<br />

16:00 Uhr: Abschlussveranstaltung an mehreren Orten<br />

Kommen Sie zur Aktionsund<br />

Menschenkette!<br />

Werden Sie aktiv!<br />

Reihen Sie sich in die Kette ein.<br />

Damit wir uns gleichmäßig<br />

über die Strecke verteilen, kommen<br />

Sie bitte an den Streckenabschnitt, <strong>der</strong> Ihrer Region zugeordnet<br />

ist (siehe Karte). Sollte Ihr Bundesland/Ihre Region in <strong>der</strong> Karte<br />

nicht aufgeführt sein, finden Sie nähere Infos über den zugeordneten<br />

Streckenabschnitt unter www.anti-atom-kette.de.<br />

Informieren Sie möglichst viele Menschen über die Aktion –<br />

Infomaterialien können Sie mit dem Rückmeldecoupon o<strong>der</strong> auf unserer<br />

Webseite bestellen.<br />

Protest 2009:<br />

farbig und laut<br />

vom Wendtland bis<br />

nach Schwaben<br />

Quelle: BSW-Solar/Langrock<br />

Quelle: www.unendlich-viel-energie.de


EDITORIAL 2010<br />

Liebe Leserin, lieber Leser<br />

Wir sind das Volk! Wir sind über 80 Millionen<br />

Staatsbürger, die Träger unserer Demokratie.<br />

Aber merken wir etwas davon? Wenn es<br />

um lebenswichtige Entscheidungen geht,<br />

dann zersplittern wir in viele kleine Grüppchen.<br />

O<strong>der</strong> die Mehrheit <strong>der</strong> Schweigenden,<br />

die sich zu keiner Aktion aufrafft. All diejenigen,<br />

die nirgends Einfl uss nehmen wollen,<br />

obwohl sie sehr genau merken, dass sie<br />

ausbaden müssen, was an<strong>der</strong>e verbrochen<br />

haben. Schimpfen und klagen, das ja, aber<br />

sich als mächtig und zu Wi<strong>der</strong>stand fähig zu<br />

empfi nden, das doch wie<strong>der</strong> nicht. Stopp!<br />

Es gibt sie, die Aktiven, die offenen Auges<br />

sehen, wie unser Staatskarren an die<br />

(Zukunfts)wand gefahren wird. Die Wi<strong>der</strong>stand<br />

organisieren, vielfältig, kreativ und mit<br />

Wir produzieren Windkraft<br />

enormem persönlichem Einsatz. Die große<br />

Anti-Atom-Demonstration in Berlin Anfang<br />

September letzten Jahres war von diesem<br />

gemeinsamen Willen getragen. In dem Jahr<br />

müsste es gelingen, noch mehr Menschen<br />

im Protest zu vereinen. Eine KettenreAktion<br />

von Brunsbüttel über Hamburg bis<br />

Krümmel, Umzingelung von Biblis und Neckarwestheim,<br />

kurzfristig angesetzte Demos,<br />

sogenannte Flash mops, an den Atommüll-<br />

Grünes Licht für AKWs?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

Foto: © privat<br />

Standorten Asse, Ahaus und Gorleben.<br />

Auch im Zeitalter virtueller Kampagnen und<br />

Online-Unterschriften-Sammlungen kann<br />

die Kommunikation im globalen Netz die<br />

Protestbewegung auf <strong>der</strong> Straße nicht ersetzen.<br />

Die Bil<strong>der</strong> und Berichte in dieser Ausgabe<br />

belegen das augenfällig. Wer sich zu<br />

Großdemonstrationen nicht in <strong>der</strong> Lage<br />

sieht, kann ebenfalls einen Beitrag zur Verän<strong>der</strong>ung<br />

leisten: als Stromverbraucher zu<br />

einem Ökoanbieter wechseln und darüber<br />

im eigenen Bekanntenkreis o<strong>der</strong> am Arbeitsplatz<br />

sprechen. Einige dieser Begründungen<br />

haben wir in unserer Umfrage zusammengestellt<br />

(Seite 18). Man kann eine eigene<br />

Stromwechselparty organisieren wie die<br />

Nürnberger <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong>: mit<br />

Kabarett und Swing und Tanz. (siehe Seite<br />

48). Wenn die schwarz-gelbe Regierung<br />

meint, sie müsse den Erfolg <strong>der</strong> Erneuerbaren<br />

Energien kaputt machen, so beweisen<br />

Sie das Gegenteil. Investieren Sie in<br />

Bürgersolaranlagen o<strong>der</strong> unterstützen Sie<br />

kommunale Projekte für regenerative Energien.<br />

Je<strong>der</strong> von uns trägt bei zur öffentlichen<br />

Meinung. Wenden Sie sich klar <strong>gegen</strong> die<br />

Kräfte, die behaupten, Klimaschutz sei doch<br />

viel zu teuer. Eindrucksvolle Beweise fürs<br />

Gegenteil fi nden sich in Broschüren, Büchern<br />

und Filmen (siehe Seite 30). Sie können<br />

aber auch praktisch helfen, wie das<br />

schon seit langem Einzelne und kleine lokale<br />

Gruppen tun. Sie sammeln für die Aktion<br />

„Kin<strong>der</strong> von Tschernobyl“, in Form von<br />

Lebensmittelpäckchen, durch den Verkauf<br />

von Ostereiern o<strong>der</strong> als fi nanzielle Spenden.<br />

Im Gegenzug bekommt <strong>der</strong> Verein aus <strong>der</strong><br />

Ukraine Fotos und Dankschreiben. Auch<br />

dieses Material können wir digital zur Verfügung<br />

stellen, um es vor Ort, etwa in Kin<strong>der</strong>gärten<br />

o<strong>der</strong> Schulen, zu zeigen.<br />

Das Gefühl <strong>der</strong> Resignation kann man ins<br />

Positive verkehren, am leichtesten zusammen<br />

mit an<strong>der</strong>en. Dazu Erfolg wünschen<br />

Ihnen die <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong><br />

3


4<br />

Grünes Licht für AKWs?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

INHALT<br />

Editorial ______________________________________________________________________<br />

KettenreAktion .......................................................................................................................................................................3<br />

Grünes Licht für AKWs?_______________________________________________<br />

Wunsch und Wirklichkeit<br />

AKW-Bilanz: Zahl weltweit gesunken ................................................................................................................5<br />

Französische Reaktoren stehen still ..................................................................................................................6<br />

Privilegien <strong>der</strong> Atomindustrie ...................................................................................................................................6<br />

Schwerster Störfall in Gronau .................................................................................................................................7<br />

Vom Sofa aus die Welt verän<strong>der</strong>n .......................................................................................................................8<br />

Stadtwerke warnen vor längeren Laufzeiten ..............................................................................................9<br />

Pannen-Meiler Krümmel abschalten – für immer ..................................................................................9<br />

Russland kürt Miss Atom ........................................................................................................................................10<br />

Anti-Atom-Demonstration in Berlin................................................................................................................... 11<br />

Atomare Ewigkeit? ________________________________________________________<br />

Skandale im Untergrund<br />

Atommüll-Lager Ahaus ...............................................................................................................................................12<br />

Endlager-Suche – gewissenhaft und kompetent ................................................................................13<br />

Mehr radioaktives Tritium in <strong>der</strong> Asse ..........................................................................................................15<br />

Forscher warnen vor schwedischem Konzept ......................................................................................16<br />

Castor-Treck auf Endlagersuche in München ........................................................................................17<br />

Fortschritt für Erneuerbare? __________________________________________<br />

Eine Frage des Wollens<br />

Warum Ökostrom nützlich ist - Umfrage bei Stromwechslern ................................................18<br />

Ökostrom als Mogelpackung – Kommunale Energieverträge ................................................20<br />

Das Fiasko von Kopenhagen ................................................................................................................................22<br />

Der Zauberlehrling 2010............................................................................................................................................24<br />

Klimagipfel eine Strafe <strong>der</strong> Natur ......................................................................................................................25<br />

Leukämierisiko durch <strong>Atomkraft</strong> in westlichen Staaten ................................................................26<br />

Hilfe für Kin<strong>der</strong> von Tschernobyl ........................................................................................................................28<br />

Mehr Infos? _________________________________________________________________<br />

Hintergründe zum Lesen und Sehen<br />

Aus dem wissenschaftlichen Elfenbeinturm - Buchvorstellung .............................................30<br />

Fluffy Clouds – Trügerische Fotos ...................................................................................................................32<br />

Die Kernfrage – Insi<strong>der</strong> berichten ...................................................................................................................33<br />

Neue Filme auf DVD ....................................................................................................................................................34<br />

Comedy-Klamauk im Welt-Salon ......................................................................................................................35<br />

Die 4. Revolution Energy Autonomy- Dokumentarfilm ...................................................................36<br />

Wo kann ich mitmachen? ____________________________________________<br />

Gruppen + Aktionen<br />

Mangfalltal – Mess-Station + Stromwechsel ...........................................................................................37<br />

Nürnberg – Gegenwind hat sein Gutes: Interview in den NN .................................................38<br />

Pfaffenhofen/Ilm – Wohltätigkeit + Politik ................................................................................................39<br />

Fürstenfeldbruck – Mit Kin<strong>der</strong>n geteilt + Infos auf Plakatwand .............................................41<br />

Ottobrunn – Sammeln mit Gesang ................................................................................................................42<br />

Unterschleißheim – Energietag im Landkreis ........................................................................................43<br />

Schöner Ferientag für Kin<strong>der</strong> auf dem Biobauernhof ....................................................................45<br />

Atomausstieg-selber-machen ................................................................................................................................46<br />

Nachruf auf Jörg Hube ...............................................................................................................................................47<br />

Stromwechselparty in Nürnberg ......................................................................................................................48<br />

Termine 2010 + Tschernobyltag 2009 im Eine-Welt-Haus .........................................................49<br />

Impressum<br />

Beitrittserklärung + Spendenkonto ..................................................................................................................50


Grünes Licht für AKWs?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

AKW-Bilanz 2009<br />

ZAHL WELTWEIT ERNEUT GESUNKEN<br />

Auch im Jahr 2009 sanken weltweit sowohl die Zahl als auch die<br />

Leistung <strong>der</strong> <strong>Atomkraft</strong>werke. Drei Stilllegungen, zwei Inbetrieb nahmen<br />

und elf Baustarts.<br />

In Betrieb genommen wurden zwei<br />

AKW mit 202 Megawatt (MW) in Indien<br />

und mit 866 MW in Japan. Endgültig<br />

stillgelegt wurden drei AKW:<br />

In Japan ein Atomreaktor mit 515<br />

MW und einer mit 806 MW sowie in<br />

Litauen einer mit 1185 MW. Die Stilllegung<br />

gerade dieses Reaktors mit<br />

gefährlicher Tschernobyltechnik in<br />

dem Ostseestaat freut uns Gesundheits-<br />

und Umweltschützer. Der Bau<br />

elf neuer AKW begann. Hiervon<br />

neun in China, eines in Russland<br />

und eines in Südkorea.<br />

Im zu Ende gegangenen ersten Jahrzehnt<br />

des dritten Jahrtausends wurden<br />

weltweit 46 neue AKW-Bauten<br />

begonnen: in China 21, in Indien 8, in<br />

Südkorea 6, in Rußland 6, in Japan 2,<br />

in Finnland 1, in Frankreich 1 und in<br />

Pakistan 1. Im Jahr 2008 wurde <strong>der</strong><br />

Bau von zehn und im Jahr 2009 von<br />

elf AKW gestartet. Da in den kommenden<br />

Jahren altershalber viele <strong>der</strong><br />

weltweit betriebenen 436 AKW stillgelegt<br />

werden müssen, wird die Gesamtzahl<br />

weiter leicht sinken.<br />

In den letzten zwei Jahren hat China<br />

den AKW-Ausbau stark beschleunigt.<br />

Allein fünfzehn <strong>der</strong> insgesamt<br />

21 Baustarts geschahen in China.<br />

Die energiehungrige Supermacht<br />

China baut die meisten<br />

neuen AKW – aber auch<br />

dort überholt die Windkraft<br />

schon die <strong>Atomkraft</strong><br />

China, das mit seinen Exporten bereits<br />

die USA überholt hat und in die-<br />

sen Jahren Deutschland überholen<br />

wird, leidet unter Strommangel. Viele<br />

neue luftverpestende Kohlekraftwerke<br />

werden gebaut. Und China<br />

geht auch den gefährlichen Atomweg.<br />

Um in zehn Jahren vier (!) Prozent<br />

seines Stroms mit <strong>Atomkraft</strong><br />

herstellen zu können, hat China in<br />

den vergangenen zwei Jahren fünfzehn<br />

neue AKW-Baustellen eingerichtet.<br />

Viel schneller wächst in China jedoch<br />

die Windkraft. So wurden vor fünf<br />

Jahren in 2004 erst Windkraftwerke<br />

mit zusammen 197 Megawatt und ein<br />

<strong>Atomkraft</strong>werk mit 610 MW ans<br />

Stromnetz gebracht. Im Jahr 2009<br />

wurden bereits Windkraftwerke mit<br />

8.000 MW aber kein einziges neues<br />

AKW in Betrieb genommen.<br />

Fazit:<br />

Weltweit stagniert o<strong>der</strong> schrumpft<br />

sogar die <strong>Atomkraft</strong>. Nur in Indien,<br />

China und Südkorea werden in nennenswertem<br />

Umfang neue AKW gebaut.<br />

In mehreren Län<strong>der</strong>n wie den<br />

USA und Großbritannien wird seit vielen<br />

Jahren über neue <strong>Atomkraft</strong>werke<br />

Anti-Atom-Demo Berlin, September 2009<br />

diskutiert. Wegen <strong>der</strong> hohen ökonomischen<br />

Risiken (in Finnland und<br />

Frankreich sprengen die zwei AKW<br />

Bauten den Kostenplan) wie auch<br />

des Wi<strong>der</strong>standes vieler Bürger, <strong>der</strong><br />

durch ungelöste Atom müll-, Krankheits-<br />

und Sicherheitsprobleme immer<br />

neu motiviert wird, werden neue<br />

<strong>Atomkraft</strong>werke praktisch nur in<br />

staatskapitalistischen Län<strong>der</strong>n o<strong>der</strong><br />

mit vielen Subven tionen gebaut.<br />

Deutschland ist mit seinem von Umwelt-<br />

und Gesundheitsschützern gefor<strong>der</strong>ten<br />

Atomausstieg wie auch<br />

dem Ausbau <strong>der</strong> Erneuerbaren Energien<br />

auf einem zukunftsweisenden<br />

Weg. Wenn unser Land endlich ernst<br />

machen würde mit <strong>der</strong> Beschleunigung<br />

des Energieproduktivitätswachstums,<br />

also effi zientere Elektromotoren,<br />

Beleuchtungen und<br />

Elektrogeräte einsetzte, und wenn<br />

die Torpedierung <strong>der</strong> Windkraftnutzung<br />

auch in Hessen, Baden-Württemberg<br />

und Bayern beendet würde,<br />

könnten wir gut im Jahr 2020 fast<br />

schon die Hälfte unseres Stromverbrauchs<br />

aus Erneuerbaren Energien<br />

decken.<br />

Raimund Kamm (Vorstand)<br />

FORUM Gemeinsam <strong>gegen</strong> das<br />

Zwischenlager und für eine<br />

verantwortbare Energiepolitik e.V.<br />

5<br />

Foto: © privat


6<br />

Atomenergie<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

JEDER DRITTE FRANZÖSISCHE ATOM-<br />

REAKTOR STEHT STILL<br />

Paris. In Frankreich steht <strong>der</strong>zeit fast<br />

ein Drittel aller Atomreaktoren wegen<br />

Wartungsarbeiten o<strong>der</strong> Störfällen still.<br />

18 <strong>der</strong> 58 Reaktoren seien <strong>der</strong>zeit<br />

nicht in Betrieb, ergab eine AFP-Befragung<br />

<strong>der</strong> Kraftwerksbetreiber. Normalerweise<br />

sind maximal vier bis fünf<br />

Reaktoren zu Beginn <strong>der</strong> kalten Jahreszeit<br />

gleichzeitig abgeschaltet,<br />

wenn viele Franzosen ihre Elektroheizungen<br />

ein -schalten. Der französische<br />

Netzbetreiber RTE hat schon<br />

am Freitag vor möglichen Stromausfällen<br />

bei einer starken Kältewelle ge-<br />

DIE PRIVILEGIEN<br />

DER ATOMINDUSTRIE<br />

Hoch subventioniert<br />

Das Ausmaß <strong>der</strong> finanzwirksamen Privilegien <strong>der</strong> Atom industrie ist<br />

wenig bekannt. Der Atomstrom kommt <strong>der</strong> Bevölkerung doppelt<br />

teuer zu stehen. Als Stromkunden zahlen wir den Preis für den völlig<br />

überteuerten Bezug des Atomstroms - <strong>der</strong> Strompreis liegt weit über<br />

den Kosten. Als Steuerzahler kommen wir für die zahllosen Privilegien<br />

auf, die die Atomindustrie genießt:<br />

1. Die Atomenergie wird bis zum<br />

heutigen Tag durch staatliche<br />

Forschungs- und Entwicklungsmittel<br />

geför<strong>der</strong>t. Diese Subventionen<br />

sollen sich bereits auf<br />

mehr als 80 Milliarden Euro belaufen.<br />

2. Noch heute werden <strong>Atomkraft</strong>werks-Neubauten<br />

durch zinsgünstige<br />

Staatskredite subventioniert.<br />

Beispielsweise soll <strong>der</strong> Neubau<br />

des Europäischen Druckwasser-<br />

Reaktors (EPR) in Finnland durch<br />

einen Staatskredit mit einem Zinssatz<br />

von 2,9 Prozent subventioniert<br />

werden.<br />

3. Bis heute werden Atomexporte<br />

insbeson<strong>der</strong>e von Siemens vielfach<br />

durch Hermes-Bürgschaften<br />

abgesichert. Das unternehmerische<br />

Risiko wird so auf die Steuerzahler<br />

abgewälzt.<br />

Anti-Atom-Demo Berlin, September 2009 Karin Wurzbacher (Mitte) im Bayernblock<br />

warnt. Er kündigte an, dass Frankreich<br />

schon ab Mitte November voraussichtlich<br />

Strom importieren müsse.<br />

Frankreich erzeugt 76 Prozent seiner<br />

Elektrizität in <strong>Atomkraft</strong>werken.<br />

Radio Basel.de, 02.11.2009<br />

4. Die deutschen <strong>Atomkraft</strong>werke<br />

sind massiv unterversichert. Die<br />

von den Betreibern nachzuweisende<br />

Deckungsvorsorge liegt bei<br />

weniger als 0,1 Prozent <strong>der</strong> erwarteten<br />

Schäden.<br />

5. Der Kernbrennstoff Uran ist bis<br />

zum heutigen Tag von <strong>der</strong> Steuer<br />

befreit.<br />

6. Die Atomindustrie darf mit Billigung<br />

des Staates steuerfreie Entsorgungsrückstellungen<br />

bilden.<br />

Bis 1999 sollen sich diese Rückstellungen<br />

auf über 35 Milliarden<br />

Euro summiert haben. Für die<br />

Atomkonzerne werden die steuerfreien<br />

Rückstellungsmilliarden u.a.<br />

genutzt, um in großem Stil durch<br />

Unternehms-Aufkäufe in an<strong>der</strong>e<br />

Branchen einzusteigen. IPPNW-Quelle:<br />

http://www.ippnw.de/atomenergie/<br />

atomkonzerne/privilegien/artikel/36a40d5055/<br />

die-privilegien-<strong>der</strong>-atomindustrie.html


Grünes Licht für AKWs?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

BISHER SCHWERSTER STÖRFALL<br />

in <strong>der</strong> Gronauer Urananreicherungsanlage<br />

von Udo Buchholz<br />

Am 21. Januar hat sich in <strong>der</strong> einzigen<br />

deutschen Urananreicherungsanlage<br />

(UAA) im westfälischen<br />

Gronau <strong>der</strong> bisher schwerste Störfall<br />

ereignet. In <strong>der</strong> Anlage trat Uranhexafl<br />

uorid aus, und ein Arbeiter wurde<br />

kontaminiert. Ersten Angaben<br />

zufolge bestand für die Bevölkerung<br />

„natürlich“ keine Gefahr und dem<br />

betroffenen Arbeiter sei es gut gegangen.<br />

Und dann wurde kurz darauf<br />

bekannt, dass im Urin des Arbeiters<br />

Uran nachgewiesen wurde.<br />

Nach rund 10 Tagen in vier verschiedenen<br />

Kliniken konnte er wie<strong>der</strong><br />

nach Hause. Dauerhaft bleiben wird<br />

seine Angst vor Spätfolgen …<br />

In <strong>der</strong> UAA Gronau wird Uran für den<br />

Einsatz in <strong>Atomkraft</strong>werken (AKW)<br />

vorbereitet. Das angereicherte Uran<br />

aus Gronau kommt in in- und ausländischen<br />

AKWs zum Einsatz. Notwendig<br />

für den Betrieb <strong>der</strong> UAA sind<br />

zahllose, hochgefährliche Uranhexafl<br />

uoridtransporte, die mit Schiffen,<br />

LKW und Son<strong>der</strong>zügen von und<br />

nach Gronau durch Deutschland<br />

(und an<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong>) fahren. Uranhexafl<br />

uorid ist radioaktiv und reagiert<br />

mit Wasser zu Flußsäure. Es hat in<br />

<strong>der</strong> Anlage bereits wie<strong>der</strong>holt „meldepfl<br />

ichtige Vorkommnisse“ gegeben.<br />

Dabei wurde nach offi ziellen<br />

Angaben aber bislang noch nie ein<br />

Mitarbeiter <strong>der</strong> Anlage in Mitleidenschaft<br />

gezogen. Der Störfall vom<br />

21.1. 2010 hatte jetzt eine neue Qualität.<br />

Die wichtigste Konsequenz, die<br />

daraus zu ziehen ist: Die UAA Gronau<br />

muss sofort stillgelegt werden<br />

(alle an<strong>der</strong>en Atomanlagen natürlich<br />

auch).<br />

Spontaner Protest<br />

Greenpeace-Trommler Trecker aus dem Wendtland<br />

Am Tag nach dem Störfall versammelten<br />

sich rund 35 <strong>Atomkraft</strong>gegnerInnen<br />

zu einer spontanen Mahnwache<br />

vor dem Tor <strong>der</strong> UAA. Am<br />

24.1. mauserte sich eine Mahnwache<br />

mit rund 100 DemonstrantInnen<br />

zu einem spontanen Demonstrationszug<br />

durch die Gronauer Innenstadt.<br />

Und <strong>der</strong> Protest wuchs weiter.<br />

Am 30 Januar waren es dann 200,<br />

die auf die Straße gingen. Das war<br />

die größte Anti-UAA-Demo seit dem<br />

Herbst 2004.<br />

Am 3. Februar kam <strong>der</strong> Rat <strong>der</strong> Stadt<br />

Gronau zu einer Son<strong>der</strong>sitzung zusammen.<br />

Vertreter <strong>der</strong> UAA-Betreiber<br />

schil<strong>der</strong>ten den Störfall aus ihrer<br />

Sicht. Was war geschehen? Ein als<br />

leer deklarierter Urancontainer aus<br />

Schweden war doch nicht leer, als er<br />

in <strong>der</strong> UAA geöffnet worden war. So<br />

konnte eine angeblich geringe Uran-<br />

Foto: © privat<br />

menge austreten und den betroffenen<br />

Arbeiter kontaminieren. Offen<br />

blieb, warum die Uran-Restmenge in<br />

dem Container (laut Urenco immerhin<br />

1,6 Kg) nicht bei <strong>der</strong> Eingangskontrolle<br />

entdeckt worden war. Die<br />

Gronauer Bevölkerung hat insgesamt<br />

Glück im Unglück gehabt. Die<br />

Freisetzung einer großen Uranhexafl<br />

uoridmenge hätte katastrophale<br />

Folgen gehabt. Übrigens: Auf dem<br />

Anlagengelände dürfen Container<br />

mit ca. 40.000t Uranhexafl uorid unter<br />

freiem Himmel gelagert werden.<br />

Und: Weit und breit sind die Krankenhäuser<br />

im Münsterland nicht auf<br />

Strahlenpatienten vorbereitet!<br />

Nachdem 2005 <strong>der</strong> Ausbau <strong>der</strong> UAA<br />

Gronau genehmigt worden war und<br />

2011 neben <strong>der</strong> UAA mit dem Bau<br />

eines Uranoxid“zwischen“lagers begonnen<br />

werden soll, erscheint die<br />

Hoffnung auf ein Ende des atomaren<br />

Spuks in Gronau utopisch. Aber:<br />

Früher gab es im hessischen Hanau<br />

sogar mehrere Atomfabriken. Und<br />

inzwischen sind alle stillgelegt. Weitere<br />

überörtliche Unterstützung des<br />

Wi<strong>der</strong>standes <strong>gegen</strong> die UAA ist<br />

jetzt wichtig. Wer den Wi<strong>der</strong>stand<br />

<strong>gegen</strong> die UAA und <strong>gegen</strong> die Urantransporte<br />

unterstützen möchte,<br />

sollte sich mit dem AKU Gronau in<br />

Verbindung setzen<br />

(Tel. 02562-23125) o<strong>der</strong> sich über<br />

dessen Homepage auf dem Laufenden<br />

halten, www.aku-gronau.de.<br />

Spendenkonto: AKU Gronau, Volksbank<br />

Gronau, BLZ: 401 640 24,<br />

Konto: 110 551 700.<br />

AKU Gronau / BBU-Vorstandsmitglied<br />

Gegen die Urananreicherungsaqnlage Gronau<br />

30 Januar 2010, c aaa-West<br />

7


8<br />

Grünes Licht für AKWs?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

VOM SOFA AUS DIE<br />

WELT VERÄNDERN von Renate Wolff<br />

Renate Wolff<br />

Foto: © privat<br />

Mit einem Buch, einem Glas Wein<br />

und <strong>der</strong> Fernbedienung auf dem<br />

Sofa zu liegen und dem Leben<br />

draußen den Rücken zu kehren, ist<br />

wun<strong>der</strong>bar. Augenblick, verweile<br />

doch, Du bist so schöööööön gemütlich!<br />

Dann ein Anruf: Schalte mal ganz<br />

schnell auf Arte!<br />

Auf Arte lief am 13.10.2009 die Dokumentation<br />

„Alptraum Atommüll“.<br />

Worum ging es? Der Film zeigte<br />

den Umgang <strong>der</strong> Wirtschaft und<br />

des Militärs europaweit mit dem<br />

Atommüll und die Auswirkung auf<br />

Mensch und Natur. Er zeigte die<br />

Wie<strong>der</strong>aufbereitungsanlage in<br />

Frankreich und über <strong>der</strong>en unverantwortlichen<br />

Umgang mit abgebrannten<br />

Brennstäben und den<br />

fl üssigen und gasförmigen Abfällen.<br />

Greenpeace hat Proben aus<br />

<strong>der</strong> Luft über La Hague und aus<br />

dem Ärmelkanal untersuchen lassen<br />

und festgestellt, dass sich diese<br />

Anlage dauerhaft so auswirkt,<br />

als würde sich ständig ein Atomunfall<br />

ereignen.<br />

Die Betreiber behaupteten im<br />

Brustton <strong>der</strong> Überzeugung, sie erwiesen<br />

<strong>der</strong> Menschheit einen unschätzbaren,<br />

völlig uneigennützigen<br />

Dienst. Sie priesen die<br />

<strong>Atomkraft</strong> als unersetzliche und<br />

saubere Energiequelle und die<br />

Aufbereitung <strong>der</strong> Brennstäbe als<br />

eine verantwortungsbewusste Recyclingmaßnahme,<br />

um Umwelt<br />

und Natur vor weiterem Uranabbau<br />

zu schützen.<br />

Der Film zeigte hin<strong>gegen</strong> die gewaltigen<br />

Umweltschäden in unmittelbarer<br />

Umgebung <strong>der</strong> Anlagen mitten<br />

in Europa und vermittelte dem Zuschauer<br />

einen erschütternden Einblick<br />

in die Praxis <strong>der</strong> gefährlichen<br />

Transporte quer durch Europa nach<br />

Sibirien, wo die strahlenden Brennstäbe<br />

unter freiem Himmel in Containern<br />

gelagert werden.<br />

Die dort lebenden Menschen, auch<br />

<strong>der</strong> Bürgermeister <strong>der</strong> Stadt haben<br />

keinerlei Einfl uss auf diese Praxis<br />

und werden we<strong>der</strong> über die Risiken<br />

aufgeklärt, noch wird irgendeine<br />

Vorsorge für Strahlenunfälle getroffen.<br />

Der größte Teil <strong>der</strong> französischen<br />

Bevölkerung hat keine Ahnung,<br />

welchen Gefahren sie ausgesetzt<br />

ist und sie wird durch ein System<br />

<strong>der</strong> Geheimhaltung an offener<br />

Diskussion gehin<strong>der</strong>t.<br />

An die beängstigende und erschütternde<br />

Dokumentation schloss sich<br />

eine Diskussion mit <strong>der</strong> Filmemacherin<br />

und den französischen Betreibern<br />

<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>aufbereitung<br />

von La Hague an. Der Mo<strong>der</strong>ator<br />

führte die beiden Herren ein, indem<br />

er darauf hinwies, dass in<br />

Frankreich nur Menschen von den<br />

besten ( teuersten ) Schulen und<br />

aus den renommiertesten Elite-<br />

Universitäten an so verantwortungsvolle<br />

Aufgaben gelangten.<br />

Man könne also sicher sein, in den<br />

beiden Herren nur die Besten <strong>der</strong><br />

Besten vor sich zu haben.<br />

Je länger das Gespräch mit den<br />

Diskutanten dauerte, desto mehr<br />

wurde klar, wie hintergründig diese<br />

Einführung war. Beide Herren bemühten<br />

sich sehr, mieden das Wort<br />

Kontamination wie <strong>der</strong> Teufel das<br />

Weihwasser, konnten jedoch beim<br />

besten Willen nicht leugnen, dass<br />

es ihnen einzig und allein um den<br />

Profi t und sonst um nichts ging.<br />

Wach gerüttelt<br />

Der Film ließ mir keine Ruhe mehr.<br />

Mein erschlafftes Engagement für<br />

die „<strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong>“ regte<br />

sich wie<strong>der</strong>.<br />

Jetzt sitze ich mit dem Laptop wie<strong>der</strong><br />

auf dem Sofa und appelliere an<br />

alle, sich für den Wechsel zu einem<br />

umweltfreundlichen Stromanbieter<br />

stark zu machen. Den Atomverbrechern,<br />

ob in Frankreich o<strong>der</strong><br />

Deutschland, kann man nur das<br />

Handwerk legen, in dem man ihnen<br />

das Geschäft verdirbt. Wer nicht<br />

mehr an <strong>der</strong> <strong>Atomkraft</strong> verdient,<br />

wird an<strong>der</strong>e Verdienstmöglichkeiten<br />

suchen. Also… Ausstieg selber<br />

machen!<br />

Wer eine Motivationsauffrischung<br />

braucht o<strong>der</strong> seine Kaffeegäste<br />

mal an<strong>der</strong>s als sonst unterhalten<br />

will, kann den Film auf DVD bei<br />

Gina Gillig ausleihen o<strong>der</strong> bei Arte<br />

kaufen.


Grünes Licht für AKWs?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

STADTWERKE WARNEN<br />

VOR LÄNGEREN AKW-LAUFZEITEN<br />

Die deutschen Stadtwerke haben<br />

gefor<strong>der</strong>t, an den schwarz-gelben<br />

Verhandlungen mit <strong>der</strong> Atomindustrie<br />

beteiligt zu werden - weil längere<br />

Akw-Laufzeiten Investitionen in<br />

hocheffi ziente Kraftwerke und<br />

Windstromprojekte gefährden würden.<br />

„Eine Laufzeitverlängerung<br />

darf keinesfalls Marktzutrittsbarrieren<br />

zu Lasten kommunalwirtschaftlicher<br />

Investoren in hocheffi -<br />

ziente Kraftwerke errichten“, sagte<br />

Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer<br />

des Verbandes Kommunaler<br />

Unternehmen (VKU) in<br />

einem dpa-Gespräch. Die Bundesregierung<br />

solle deshalb bei ihren<br />

Verhandlungen über die künftige<br />

Energieversorgung nicht nur die<br />

vier großen Betreiberkonzerne von<br />

<strong>Atomkraft</strong>werken an den Tisch bitten,<br />

son<strong>der</strong>n „alle wichtigen Akteure<br />

am Energiemarkt“.<br />

PANNEN-MEILER<br />

KRÜMMEL<br />

Abschalten – für immer !<br />

Die Liste <strong>der</strong> Kritikpunkte ist lang.<br />

Von Defi ziten in <strong>der</strong> Organisation<br />

ist da die Rede, von mangeln<strong>der</strong><br />

Lernbereitschaft und von unklaren<br />

Anweisungen – und selbst<br />

ein Blick ins so wichtige Betriebshandbuch<br />

wurde nur als unverbindliche<br />

Empfehlung ausgegeben.<br />

E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW<br />

sind bislang für mehr als 80 Prozent<br />

<strong>der</strong> Stromerzeugung verantwortlich<br />

und bestimmen die Großhandelspreise.<br />

„Die Stadtwerke stehen bereit,<br />

den Wettbewerb durch eigene<br />

Erzeugungsstrukturen zu beleben“,<br />

so Reck.<br />

„Zusätzliche politische Impulse“<br />

für hocheffi ziente KWK-Anlagen<br />

seien nötig. Zum politisch gewollten<br />

Ausbau <strong>der</strong> schwankenden<br />

Windkraft passen die Akw o<strong>der</strong><br />

auch Kohle-Großkraftwerke nicht,<br />

wie sie die vier Energieriesen betreiben.<br />

Statt veralteter „Grundlastkraftkraftwerke“<br />

werden künftig<br />

schnell regelbare Ergänzungskraftwerke<br />

gebraucht. „Eine mögliche<br />

Lösung liegt in fl exiblen, dezentralen<br />

Erzeugungsanlagen und ausgebauten<br />

Netzinfrastrukturen auf<br />

Foto:<br />

© Michael-Bührke,<br />

www.pixelio.de<br />

Die Atomaufsicht kannte die Sicherheitsrisiken des<br />

AKW Krümmel. Trotzdem ließ sie den Meiler wochenlang ans Netz.<br />

Verfasst hat diese Liste das renommierte<br />

Öko Institut mit Sitz in<br />

Freiburg – und was da so harsch<br />

kritisiert wird, sind die Sicherheitsrichtlinien<br />

im umstrittenen<br />

Kernreaktor Krümmel. Nach dem<br />

Trafo-Brand am 28. Juni 2007<br />

hatte das für die Atomaufsicht zuständige<br />

schleswig-holsteinische<br />

Stadtwerke-Ebene“, erklärte <strong>der</strong><br />

VKU-Geschäftsführer. Seine Mitgliedsunternehmen<br />

planten in den<br />

kommenden Jahren, 3.500 Megawatt<br />

neue Erzeugungskapazitäten<br />

zu schaffen und dafür 6,4 Milliarden<br />

Euro zu investieren.<br />

Die kombinierte Erzeugung von<br />

Strom und Wärme (Kraft-Wärme-<br />

Koppelung) sei die klimafreundliche<br />

Alternative vor Ort zu den Großanlagen<br />

mit hohen überregionalen Leistungsverlusten.<br />

Allerdings müsse es<br />

„zusätzliche politische Impulse und<br />

wirtschaftliche Anreize“ geben.<br />

Reck for<strong>der</strong>te verlässliche Rahmenbedingungen.<br />

(und damit eine<br />

schnelle Entscheidung über Akw-<br />

Laufzeiten).<br />

www.wir-klimaretter.de/content/<br />

Sozialministerium die Öko-Experten<br />

beauftragt, die Aufarbeitung<br />

des Ereignisses durch den Betreiber<br />

Vattenfall zu bewerten.<br />

Doch trotz <strong>der</strong>en Sicherheitsbedenken<br />

durfte das <strong>Atomkraft</strong>werk<br />

im Juni dieses Jahres nach zweijähriger<br />

Pause wie<strong>der</strong> ans Netz.<br />

Pikant dabei: Der Atomaufsicht<br />

war die Mängelliste offenbar bekannt,<br />

berichtet das Nachrichtenmagazin<br />

Spiegel. Das <strong>Magazin</strong> beruft<br />

sich dabei auf vertrauliche Unterlagen<br />

und Gutachten. Im für die<br />

Atomaufsicht zuständigen Kieler<br />

Sozialministerium war zunächst<br />

niemand für eine Stellungnahme<br />

erreichbar.<br />

9


10 Grünes Licht für AKWs?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

Fortsetzung: Pannenmeiler Krümmel<br />

Mangelhafte Lernbereitschaft<br />

Beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Bereich „Organisation<br />

und Kommunikation“ wies<br />

offenbar gravierende Defi zite auf.<br />

Insgesamt müsse man davon ausgehen,<br />

„dass bisher <strong>der</strong> Erfahrungsrückfl<br />

uss und die Erfahrungsauswertung<br />

im Kernkraftwerk Krümmel<br />

unzureichend gepfl egt“ wurden,<br />

berichtet das <strong>Magazin</strong> und zitiert:<br />

„Dies kann maßgeblichen Einfl uss<br />

auf die Sicherheitslage haben.“<br />

Zudem monierten die Prüfer dem<br />

Bericht zufolge eine generell mangelhafte<br />

Lernbereitschaft beim<br />

Kraftwerkspersonal. Die von Vattenfall<br />

nach dem Brand in einem „Maßnahmenpaket“<br />

vorgeschlagenen<br />

Än<strong>der</strong>ungen im Bereich <strong>der</strong> „Organisation<br />

und Kommunikation“ seien,<br />

„gemessen an den vorliegenden Erkennt<br />

nissen, unvollständig“.<br />

Die Gutachter empfahlen demnach<br />

„ein funktionsfähiges Sicherheits-<br />

RUSSLAND KÜRT<br />

DIE „MISS ATOM“ Foto:<br />

(dpa) - In Russlands üppiger Natur<br />

posieren die Schönheiten des<br />

Landes gern am Wolga-Strand, in<br />

den Wäl<strong>der</strong>n Sibiriens o<strong>der</strong> an <strong>der</strong><br />

Schwarzmeerküste. Die blonde Mascha<br />

Poschtarenko (23) hat da<strong>gegen</strong><br />

als Kulisse ihre Arbeitsstelle gewählt<br />

- ein <strong>Atomkraft</strong>werk im Gebiet<br />

Twer bei Moskau.<br />

Die Computerspezialistin stellt ihren<br />

Charme bei einer landesweiten Wahl<br />

zur „Miss Atom“ in den Dienst <strong>der</strong><br />

Branche. Weil die Atomindustrie auch<br />

23 Jahre nach <strong>der</strong> Katastrophe von<br />

managementsystem“ aufzubauen.<br />

Der Betreiber solle <strong>der</strong> Atomaufsicht<br />

umgehend ein Konzept für dessen<br />

„zeitnahe Implementierung“ vorlegen.<br />

Noch vor dem Wie<strong>der</strong>anfahren<br />

<strong>der</strong> Anlage müsse „belastbar gezeigt<br />

werden, dass <strong>der</strong> Aufbau“<br />

eines Sicherheitsmanagementsystems<br />

„angegangen und weiterverfolgt<br />

wird“.<br />

Ein wichtiger Baustein eines solchen<br />

Systems sei die korrekte Benutzung<br />

des Betriebshandbuchs. Im Gutachten<br />

des Öko-Instituts aus dem Oktober<br />

2007 heißt es demnach: „Wir<br />

halten es für erfor<strong>der</strong>lich, dass klar<br />

herausgearbeitet wird, in welchen<br />

Situationen und ab welchem Zeitpunkt<br />

<strong>der</strong> zwingende Abgleich <strong>der</strong><br />

Planungen und Handlungen mit dem<br />

Betriebshandbuch (BHB) erfor<strong>der</strong>lich<br />

ist.“<br />

Kurzzeitig am Netz<br />

Denn <strong>der</strong> Blick ins Handbuch, das<br />

hatte das Kommunikationschaos in<br />

Krümmel während des Trafo-Brands<br />

Tschernobyl nicht<br />

den besten Ruf hat,<br />

sollen liebreizende<br />

Kolleginnen wie Mascha<br />

dringend benötigte<br />

Spezialisten<br />

anlocken.<br />

Rechtzeitig zum Internationalen Frauentag<br />

verkündete die nationale Atomholding<br />

Rosatom auf ihrer Website<br />

nun das Ergebnis <strong>der</strong> Miss-Wahl. Die<br />

Siegerin, eine 25-jährige Angestellte<br />

eines Forschungsreaktors an <strong>der</strong><br />

Wolga, hatte mit ihrem branchenkom-<br />

gezeigt, gelte in Krümmel offenbar<br />

nur als unverbindliche Empfehlung,<br />

schreibt <strong>der</strong> Spiegel weiter.<br />

In ihrer Stellungnahme zum Stand<br />

<strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> vorgeschlagenen<br />

Maßnahmen von Ende Mai<br />

2009 monieren die Gutachter: „Die<br />

vom Kernkraftwerk Krümmel vorgeschlagene<br />

Anweisung ist unklar. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

fehlt eine hinreichend<br />

klare und abprüfbare Defi nition,<br />

wann direkt Gebrauch vom BHB zu<br />

machen ist.“ Zum Thema „Anfahrrelevanz“<br />

merken die Gutachter an:<br />

„Kann voraussichtlich vor Wie<strong>der</strong>anfahren<br />

nicht geklärt werden.“<br />

Am 19. Juni ging das Kernkraftwerk<br />

Krümmel dennoch wie<strong>der</strong> ans Netz.<br />

Nach mehreren Problemen wurde<br />

<strong>der</strong> Reaktor schließlich am 4. Juli<br />

wegen einer Störung in einem <strong>der</strong><br />

beiden Maschinentransformatoren<br />

per Schnellabschaltung vom Netz<br />

genommen und ist bis heute abgeschaltet.<br />

Quelle: SZ online<br />

© dpa<br />

patiblen Lebensmotto („Ich lebe energiegeladen“)<br />

und ihren Maßen (95-69-<br />

97) geworben. Als Geschenk darf sie<br />

nun für eine Woche die Energiewirtschaft<br />

in <strong>der</strong> Provinzstadt Dimitrowgrad<br />

<strong>gegen</strong> die Kraft <strong>der</strong> Sonne auf<br />

Kuba eintauschen.


Die Organisatoren <strong>der</strong> bereits zum<br />

sechsten Mal durchgeführten „Miss<br />

Atom“-Wahl werten die große Resonanz<br />

in den Medien als Erfolg. Seit<br />

<strong>der</strong> Katastrophe von Tschernobyl<br />

geisterten „so viele falsche Vorstellungen<br />

über unsere Branche“ in den<br />

Mitglie<strong>der</strong> und Freunde <strong>der</strong> beiden<br />

gemeinnützig anerkannten Vereine<br />

„Bürger <strong>gegen</strong> Atomreaktor Garching<br />

e.V.“ und „<strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong><br />

e. V.“ fuhren am 5. September<br />

2009 nach Berlin, um an <strong>der</strong> Demonstration<br />

<strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> teilzunehmen.<br />

Mit über 50.000 Teilnehmern<br />

war es die größte Anti-Atom-<br />

Demo seit <strong>der</strong> Katastrophe von<br />

Tschernobyl. Angeführt wurde <strong>der</strong><br />

Zug vom Hauptbahnhof zum Brandenburger<br />

Tor von über 350 Traktoren<br />

von Bauern aus dem Wendland,<br />

die sich seit vielen Jahren <strong>gegen</strong><br />

den Bau des Endlagers in Gorleben<br />

einsetzen. Erst kürzlich wurde bekannt,<br />

dass Gorleben aus politischen<br />

Gründen als Endlager ausgesucht-<br />

Köpfen <strong>der</strong> Mitbürger herum, sagt Ilja<br />

Platonow. „Der Wettbewerb zeigt<br />

doch, dass hier ganz normale Leute<br />

und sogar ziemlich hübsche Mädchen<br />

arbeiten.“ Doch auch ohne die<br />

AKW-Schönheiten stehen die Russen<br />

mehrheitlich hinter <strong>der</strong> Kernkraft.<br />

Eindrucksvolle ANTI-ATOMKRAFT-<br />

DEMONSTRATION<br />

in Berlin<br />

wurde und nicht nach wissenschaftlichen<br />

Kriterien, ob er überhaupt geeignet<br />

sei.<br />

Der Protest <strong>gegen</strong> die Atomenergie<br />

ging durch alle Generationen: viele<br />

junge Leute nahmen daran teil sowie<br />

Menschen mittleren und älteren Alters.<br />

Ein Großvater kaufte Gina Gillig,<br />

Vorstand <strong>der</strong> Bürger <strong>gegen</strong> Atomreaktor<br />

Garching e.V. und <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong><br />

<strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V., im Zug nach<br />

Berlin eine Anti-Atomfahne ab: „Ich<br />

fahre auch zur Demo. Mein Sohn arbeitet<br />

in <strong>der</strong> Windenergiebranche,<br />

die Fahne ist für meinen Enkel.“<br />

Auf <strong>der</strong> Abschlusskundgebung<br />

sprach Frie<strong>der</strong>icke von Kirchbach,<br />

Anti-Atom-Demo Berlin, September 2009. Ein Heer von Transparenten vor dem Hauptbahnhof.<br />

Grünes Licht für AKWs?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

11<br />

Im Internet schrieb ein Blogger<br />

dazu, sein Nachttischlämpchen<br />

brenne täglich zehn Minuten<br />

länger, um den Arbeitsplatz <strong>der</strong><br />

Mädels zu sichern.<br />

Pröpstin <strong>der</strong> Evangelischen Kirche<br />

Berlin-Brandenburg und ehemalige<br />

Generalsekretärin des Deutschen<br />

Evangelischen Kirchentages.<br />

Sie sagte: „Wir demonstrieren<br />

<strong>gegen</strong> eine unverantwortliche<br />

Verlängerung <strong>der</strong> Laufzeiten von<br />

<strong>Atomkraft</strong>werken, die immer älter<br />

und störanfälliger werden. Wir setzen<br />

uns ein für die Bewahrung <strong>der</strong><br />

Lebensgrundlagen künftiger Generationen,<br />

für die verstärkte Nutzung<br />

erneuerbarer Energien und den<br />

sparsamen Umgang mit Energie.<br />

<strong>Atomkraft</strong> ist gefährlich, teuer und<br />

unverantwortbar.“<br />

Gina Gillig, 8. September 2009<br />

Foto: © privat


12 Atomare Ewigkeit?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

ATOMMÜLL-LAGER<br />

AHAUS Neue Einlagerungen verhin<strong>der</strong>n!<br />

von Udo Buchholz, BBU-Vorstand<br />

Zwar wurde wie<strong>der</strong>holt hochaktiver<br />

Atommüll in das „Zwischen“lager in<br />

Ahaus (NRW) eingelagert, dennoch<br />

ist das Lager bislang weitgehend<br />

„leer“. Breiter Wi<strong>der</strong>stand ist allerdings<br />

erfor<strong>der</strong>lich, damit das auch<br />

so bleibt. Dieser Wi<strong>der</strong>stand fi ndet,<br />

untereinan<strong>der</strong> verstärkend vernetzt,<br />

auf verschiedenen Ebenen statt. Angefangen<br />

bei <strong>der</strong> Bürgerinitiative<br />

„Kein Atommüll in Ahaus“ (bundesweit<br />

eine <strong>der</strong> ältesten Anti-<strong>Atomkraft</strong>-Initiativen),<br />

über das Aktionsbündnis<br />

Münsterland <strong>gegen</strong> Atomanlagen<br />

bis hin zum Bundesverband<br />

Bürgerinitiativen Umweltschutz<br />

(BBU), dem auch die BI Ahaus angeschlossen<br />

ist.<br />

Am 28. Januar hat die BI Ahaus in<br />

einem offenen Brief an den NRW-<br />

Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers<br />

ihre Positionen verdeutlicht. In<br />

dem Brief heißt es u. a.:<br />

Nur Bauschutt<br />

und Putzlappen?<br />

„Aktuell stehen für Ahaus drei unterschiedlicheTransportgenehmigungen<br />

an, von denen Sie zwei sicherlich<br />

sofort in unserem Sinn beeinfl<br />

ussen können.<br />

1. Die Bez. Reg. Münster genehmigte<br />

im November 2009 die Einlagerung<br />

von schwach- und mittelradioaktiven<br />

Abfällen aus dem<br />

laufenden Betrieb und Rückbau<br />

deutscher Kernkraftwerke. Genehmigt<br />

wurde eine Gesamtaktivität<br />

von 10 17 Bq. Diese 10 17 Bq entsprechen<br />

<strong>der</strong> 33-fachen Gesamtaktivität<br />

des Atommülls in <strong>der</strong><br />

ASSE, in <strong>der</strong> allerdings 126 000<br />

Atommüllfässer lagern. Die verharmlosenden<br />

Äußerungen über<br />

„Bauschutt und Putzlappen“ passen<br />

überhaupt nicht zu den<br />

genehmigten Werten. Auch nachgeschobene<br />

Kommentare und Bemerkungen<br />

über „absolute Obergrenzen,<br />

die sowieso nicht erreicht<br />

werden“, können die erheblichen<br />

Zweifel an dieser Genehmigung<br />

nicht ausräumen. Wir erwarten von<br />

Udo Buchholz auf <strong>der</strong> Demo im Januar 2010<br />

Ihnen daher, dass Sie diese Genehmigung<br />

zurücknehmen.<br />

2. Das Forschungszentrum Jülich<br />

möchte sich seiner brisanten Altlasten<br />

entledigen und beantragte<br />

daher beim Bundesamt für Strahlenschutz<br />

(BfS) die Verlagerung<br />

von 152 CASTOR THTR/AVR<br />

Behältern nach Ahaus. Zeitgleich<br />

läuft allerdings auch ein zweiter<br />

Antrag zur Verlängerung <strong>der</strong><br />

Aufbewahrungsgenehmigung in<br />

Jülich. Nach unseren Informati-<br />

onen ist <strong>der</strong> Atommüll aus dem<br />

Forschungsreaktor beson<strong>der</strong>s belastet,<br />

da er wegen erheblicher<br />

thermischer Überlastung nicht<br />

mehr <strong>der</strong> prognostizierten Sicherheit<br />

entspricht. Im Klartext, das<br />

Zeug ist <strong>der</strong>art versaut, dass kein<br />

End lager diesen Müll innerhalb<br />

<strong>der</strong> nächsten 150-Jahre annehmen<br />

wird, so <strong>der</strong> unveröffentlichte<br />

Stand <strong>der</strong> Technik.<br />

3. Die angekündigten, erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Abkling- bzw. Zwischenlagerzeiten<br />

von fünfzig Jahren<br />

für die CSD-C Kokillen aus<br />

La Hague überschreiten die<br />

Betriebsgenehmigung des BZA<br />

Foto: © aaa-West<br />

bis 31.12.2036 deutlich. Auch in<br />

dieser Sache gilt unserer Meinung<br />

nach die Devise: „Return<br />

to Sen<strong>der</strong>“. Der Atommüll soll<br />

dort bleiben, wo er entstanden<br />

ist. Ansonsten hilft nur noch Abschalten<br />

und eine demokratisch<br />

und technisch einwandfreie Endlagersuche.<br />

Die andauernden Atommüllverschiebungen<br />

sind kein Beitrag zur geordneten<br />

Entsorgung.“


Am 24. April wird in Ahaus eine <strong>der</strong><br />

zentralen bundesweiten Demonstrationen<br />

zum Tschernobyljahrestag<br />

stattfi nden. Nähere Informationen<br />

gibt es im neuen Büro <strong>der</strong> BI, Bahnhofstr.<br />

27, 48683 Ahaus, Telefon:<br />

02561 / 961791, Infoline: 02561 /<br />

961799. Informationen im Internet<br />

gibt es unter www.bi-ahaus.de<br />

sowie unter<br />

www.kein-castor-nach-ahaus.de.<br />

Ahaus / NRW:<br />

Atomlobby bleibt<br />

in Lauerstellung<br />

Rund 100 Leute demonstrierten am<br />

Zwischenlager Ahaus, denn das<br />

Bundesamt für Strahlenschutz ist<br />

wie<strong>der</strong> einen Schritt näher an <strong>der</strong><br />

Än<strong>der</strong>ungsgenehmigung für die bereits<br />

angekündigten Atommülltransporte<br />

nach Ahaus. Sobald diese Genehmigung<br />

erteilt ist - was je<strong>der</strong>zeit<br />

sein kann -, kann die Atomindustrie<br />

sofort Atommüll nach Ahaus schicken.<br />

Doch für den Tag X sind bereits<br />

Aktionen angekündigt und am<br />

24. April 2010 führt eine Großdemo<br />

zum Zwischenlager, inklusive Wi<strong>der</strong>standscamp.<br />

Die heutige Demo am Zwischenlager<br />

Ahaus war zwar recht überschaubar,<br />

aber die Stimmung war<br />

gut und wie<strong>der</strong> wurde entschlossen<br />

<strong>der</strong> Weg über die Bahngleise eingeschlagen.<br />

Daraufhin drohte die Polizei<br />

dem Demoanmel<strong>der</strong> erneut mit<br />

Konsequenzen. An<strong>der</strong>erseits versucht<br />

die NRW-Landesregierung<br />

<strong>der</strong>zeit das Thema Atom möglichst<br />

weichzuspülen, vor allem weil die<br />

CDU für die Landtagswahl am 9.<br />

Mai die Tür zu den Grünen offenhalten<br />

will. Doch für die Atomanlagen<br />

in Gronau, Ahaus, Duisburg und Jülich<br />

steht <strong>der</strong>zeit nur <strong>der</strong> massive<br />

Ausbau auf dem Programm - das<br />

gilt es zu än<strong>der</strong>n.<br />

Atomare Ewigkeit?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

ENDLAGER-SUCHE<br />

gewissenhaft, kompetent, verantwortungsbewusst,<br />

demokratisch transparent<br />

Kommentar von Dr. Franz Sengl<br />

Je<strong>der</strong> schlägt auf die Politiker ein,<br />

die da so selbstherrlich und selbstverliebt<br />

und von mir aus auch von<br />

<strong>der</strong> Lobby bezahlt sind o<strong>der</strong> wirklich<br />

glauben, was sie sagen.... egal<br />

die Politiker also, die da Einfl uss<br />

nehmen auf irgendwelche Gutachter.<br />

Damit diese, wie im „Zwischenlager<br />

Asse“ aktenkundig geschehen,<br />

bestimmte Probleme „nicht<br />

mehr in den Mittelpunkt stellen“<br />

usw.<br />

Je<strong>der</strong> also schlägt auf diese Politiker<br />

ein. Dabei kann man ja sogar<br />

verstehen, dass jemand, <strong>der</strong> in die<br />

Politik geht, die Dinge also än<strong>der</strong>n<br />

will, auch Gutachten zu den Dingen<br />

zählt.<br />

Hilfreiche Gutachter?<br />

Nehmen wir zum Beispiel einmal die<br />

Gutachter <strong>der</strong> Bundesanstalt für Geologie<br />

und Rohstoffe (BGR). Alles<br />

gestandene Geologen. Naturwissenschaftler.<br />

Was geschieht mit so einem Gutachter,<br />

nachdem er ein bestimmtes Problem<br />

auftragsgemäß aus dem Mittelpunkt<br />

heraus an die Peripherie<br />

seiner Überlegungen gerückt hat?<br />

Wird er öffentlich zur Rechenschaft<br />

gezogen?<br />

Von <strong>der</strong> Presse peinlich befragt?<br />

Von den Kollegen schief angesehen,<br />

weil er die Regeln <strong>der</strong> Naturwissenschaft<br />

gebrochen o<strong>der</strong> zumindest<br />

verbogen hat?<br />

Nein, es passiert gar nichts.<br />

Kaum einer merkt sich seinen Namen.<br />

Unter Kollegen gilt, bloß nicht<br />

das eigene Nest beschmutzen. Bei<br />

13<br />

nächster Gelegenheit wird er wie<strong>der</strong><br />

als Experte eingesetzt. Sein Doktor-<br />

o<strong>der</strong> Professorentitel bürgt für Seriosität.<br />

Die Bundesanstalt für Geologie und<br />

Rohstoffe ist die Seriosität schlechthin.<br />

Wenn man aber mal genau hinschaut,<br />

sich die Mühe macht das<br />

Treiben <strong>der</strong> BGR unter die Lupe zu<br />

nehmen, dann, ja dann.....<br />

Zum Beispiel Gorleben.<br />

Da untersucht die BGR nun seit 1979<br />

die Eignung des Salzstockes Gorleben<br />

als Endlager.<br />

Seit 2000 sind die Erkundungsarbeiten<br />

gestoppt, weil sich die damalige<br />

Bundesregierung Zeit geben<br />

wollte über die ganze Endlagersuche<br />

noch einmal gründlich nachzudenken<br />

und, wenn möglich, ein Verfahren<br />

zu fi nden, bei dem bei <strong>der</strong> Suche<br />

nach einem Endlager nicht schon<br />

von Anfang an das Ergebnis feststeht.<br />

Also 21 Jahre lang erforscht die<br />

BGR die Eignung des Salzstockes<br />

Gorleben als Endlager für radioaktiven<br />

Müll. (Steuer-)Geld spielte<br />

natürlich nie eine Rolle. Das Bohrprogramm<br />

alleine ist ein Traum – aus<br />

Sicht eines Geologen. Auch die<br />

Veröffentlichungen sind mehr als gediegen.<br />

Und zu welchem Schluss kommen die<br />

Herren – Frauen tauchen im<br />

Auto renverzeichnis jedenfalls nicht<br />

auf?<br />

Sie kommen zu dem Schluss, den<br />

sie schon in <strong>der</strong> Beschreibung <strong>der</strong><br />

Ziele des Vorhabens ganz ohne Umschweife<br />

wie folgt formulieren.<br />

„Hauptziel war ...<strong>der</strong> Nachweis, dass


14 Atomare Ewigkeit?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

das Hauptsalz....als Einlagerungsmedium<br />

fl ächen- und volumenmäßig<br />

hinreichend zur Verfügung steht....<br />

und dass keine Verbindung über<br />

Lösungspfade zwischen <strong>der</strong> Erkundungssohle<br />

und dem Aquifer über<br />

dem Salzstock besteht...“ 1<br />

Fortsetzung: Endlager-Suche<br />

Vielleicht ist es je kleinkariert, wenn<br />

man da das Wörtchen „ob“ vermisst.<br />

Für einen Naturwissenschaftler aber<br />

ist das Falsifi kationsgebot eine <strong>der</strong><br />

ehernen Regeln. Verifi kationsbeweise<br />

gibt es seit <strong>der</strong> Neuzeit eigentlich<br />

nur noch in <strong>der</strong> Theologie.<br />

Nun gut, die Wörter Theologie und<br />

Geologie klingen ja auch ziemlich<br />

ähnlich.<br />

Um also das im Ziel schon formulierte<br />

Ergebnis zu erhalten, wurden<br />

aus Steuergel<strong>der</strong>n 410 Pegelbohrungen,<br />

22 Aufschlussbohrungen,<br />

5 strukturgeologische Bohrungen,<br />

44 Salzspiegelbohrun gen, 4 Tiefbohrungen<br />

bis 2 km, 2 Schachtvorbohrungen<br />

bis 1 km, 549 geoelektrische<br />

Tiefensondierungen, 462<br />

km seismische Profi le, bohrlochgeophysikalische<br />

Messun gen (das<br />

waren die vergleichsweise billigen<br />

1 dieses, wie alle an<strong>der</strong>en Zitate aus<br />

„Standortbeschreibung Gorleben, Teil 3:<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> über- und untertägigen geologischen<br />

Erkundung des Salinars“ Geol.<br />

Jahrbuch, Reihe C, Heft 73, Hannover 2008;<br />

Großdeme am 08.11.2008 <strong>gegen</strong> die Endlagerstätte Gorleben<br />

obertägigen Erkundungen) sowie<br />

ein sehr umfangreichesuntertägiges<br />

Er kun dungsprogramm durchgeführt.<br />

Dann „mussten die Erkundungsarbeiten<br />

vor dem Hintergrund des zwischen<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung und den<br />

Energieversorgungsunternehmen<br />

vereinbarten Moratoriums aus politischen<br />

Gründen eingestellt werden.<br />

Durch die Unterbrechung ... ist <strong>der</strong><br />

vorliegende Bericht hinsichtlich<br />

einer .....belastbaren Aussage zur<br />

Eignung des Salzstocks für die Errichtung<br />

eines möglichen Endlagers<br />

..... noch nicht vollständig“ 2<br />

Das macht aber gar nichts,<br />

denn in <strong>der</strong> Zusammenfassung<br />

heißt es:<br />

„Trotz <strong>der</strong> bislang noch nicht<br />

abgeschlossenen Erkundung ....<br />

kann festgestellt werden, dass<br />

..... das Hauptsalz <strong>der</strong> Straßfurt-<br />

Folge als potentielles Wirtsgestein<br />

für die Endlagerung hochradioaktiver<br />

Abfälle in ausreichendem<br />

Maße zur Verfügung<br />

stehen wird“ 3<br />

2 Kap:2: Ablauf und Ziele <strong>der</strong> Erkundung sowie<br />

eingesetzte Untersuchungsmethoden,<br />

Seite 14 f<br />

Einen kleinen Hinweis auf die Vorgehensweise,<br />

die zu solchen Schlussfolgerungen<br />

führt, erhält man aus<br />

<strong>der</strong> Danksagung.<br />

„Die .....Resultate .....wurden im Rahmen<br />

einer jahrelangen intensiven<br />

...und <strong>gegen</strong>seitig befruchtenden<br />

Zusammenarbeit mit den Fachkollegen<br />

<strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft zum<br />

Bau und Betrieb von Endlagern...<br />

und des Bundesamtes für Strahlenschutz<br />

(BfS) ....erzielt.<br />

..... Die Geowissenschaftler <strong>der</strong> BfS<br />

unter Leitung von Dr. B. Thomauske<br />

(jetzt: Vattenfall Europe Nuclear<br />

Power) ....haben die für die Eignungsbewertung<br />

des Salzstocks notwendigen<br />

Untersuchungen durch intensive<br />

Diskussion <strong>der</strong> Ergebnisse .....<br />

umfassend unterstützt 4<br />

Dieser Aussage kann man<br />

nur umfassend Glauben<br />

schenken.<br />

Und ganz am Schluss taucht sogar<br />

ein weibliches Wesen auf, in Gestalt<br />

von Frau S. Rose, <strong>der</strong> für die engagierte<br />

Unterstützung bei <strong>der</strong> Anfertigung<br />

<strong>der</strong> Abbildungen gedankt<br />

wird.<br />

3 Kap:2: Ablauf und Ziele <strong>der</strong> Erkundung sowie<br />

eingesetzte Untersuchungsmethoden, Seite 16<br />

unten<br />

4 Kap.5: Zusammenfassung, Seite 191 unten<br />

5 Danksagung, Seite 192<br />

Foto: © Barbara Geier-Häckh


Atomare Ewigkeit?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

MEHR RADIOAKTIVES TRITIUM IN DER<br />

ASSE ALS ANGEGEBEN Greenpeace-Presseerklärung vom 8. Mai 2009<br />

Greenpeace-Recherchen<br />

decken Wi<strong>der</strong>sprüche in<br />

Einlagerungsdaten auf<br />

Im maroden Versuchsendlager Asse<br />

II lagert offenbar deutlich mehr radioaktives<br />

Inventar als bisher angenommen.<br />

Nach Greenpeace Recherchen<br />

übersteigt die Menge des eingelagerten<br />

Tritiums die Angaben<br />

des früheren Betreibers um das<br />

4,5fache. Die Einlagerungsunterlagen<br />

des Helmholtz Zentrums dokumentieren<br />

ein Tritium-Inventar von<br />

4.380 Gigabecquerel zum 1.1.1980.<br />

Greenpeace hat jetzt jedoch auf<br />

Grundlage <strong>der</strong> regelmäßig durchgeführten<br />

Tritium-Messungen in <strong>der</strong><br />

Abluft <strong>der</strong> Asse ein eingelagertes Inventar<br />

von 20.000 Gigabecquerel<br />

o<strong>der</strong> mehr berechnet.<br />

Greenpeace for<strong>der</strong>t von RWE, E.ON,<br />

Vattenfall und EnBW die lückenlose<br />

Aufklärung darüber, welchen und<br />

wie viel Atommüll sie in die Asse eingelagert<br />

haben.<br />

„Der Umgang des früheren Betreibers<br />

mit dem Atommüll ist skandalös<br />

verantwortungslos“, sagt Thomas<br />

Breuer, Atomexperte von<br />

Greenpeace. „Welchen Einlagerungsdaten<br />

aus <strong>der</strong> Asse kann man<br />

noch trauen, wenn allein das Tritium-<br />

Inventar um den Faktor 4,5 höher ist<br />

als angegeben?“<br />

Das Helmholtz Zentrum berechnete<br />

die Menge des eingelagerten Tritiums<br />

zum Teil im Nachhinein, da die<br />

Einlagerung des Atommülls von<br />

1967 bis 1978 nur äußerst ungenau<br />

dokumentiert wurde. Tritium ist ein<br />

radioaktives Isotop von Wasserstoff<br />

und entsteht hauptsächlich bei <strong>der</strong><br />

Kernspaltung in Atomreaktoren. Es<br />

Gute Stimmung – trotz des ernsten Themas Endlagersuche<br />

führt zu einer gleichmäßigen Strahlenbelastung<br />

aller Organe, kann<br />

Krebs erregen und genetische Schäden<br />

noch nach Generationen hervorrufen.<br />

Tritium ist auch ein entscheiden<strong>der</strong><br />

Bestandteil bestimmter<br />

Atomwaffen.<br />

Erst im Februar hatte Greenpeace öffentlich<br />

gemacht, dass mehr als 70<br />

Prozent <strong>der</strong> Radioaktivität im maroden<br />

Salzbergwerk Asse II von atomaren<br />

Abfällen aus <strong>Atomkraft</strong>werken <strong>der</strong> vier<br />

großen Energiekonzerne EnBW, RWE,<br />

Vattenfall und E.ON stammen. Bis dahin<br />

hatten die Energieversorger behauptet,<br />

Atommüll aus privatwirtschaft-<br />

15<br />

Fotos: © privat<br />

Teilnehmer bei <strong>der</strong> Endlagersuche auf dem Odeonsplatz am 16.09.2009: Eri Schalper zwischen Heinz und Kikki Mittelstaedt<br />

licher Quelle sei nur in geringen Mengen<br />

in die Asse verklappt worden.<br />

Die Probleme im Salzbergwerk Asse<br />

II zeigen, welche gefährlichen Defi zite<br />

die Industrie im Umgang mit Atommüll<br />

aufweist. Die Gefahr, die von <strong>der</strong><br />

<strong>Atomkraft</strong> ausgeht, und die ungelösten<br />

Probleme <strong>der</strong> Endlagerung machen<br />

den kompletten Ausstieg aus<br />

<strong>der</strong> Atomstrom- und damit Atommüllproduktion<br />

so schnell wie technisch<br />

möglich unumgänglich. Das von<br />

Greenpeace vorgelegte Energieszenario<br />

„Plan B“ zeigt, dass Deutschland<br />

bis 2015 komplett aus <strong>der</strong> <strong>Atomkraft</strong><br />

aussteigen kann.


16 Atomare Ewigkeit?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

FORSCHER WARNEN VOR DEM<br />

SCHWEDISCHEN KONZEPT ZUR ENDLAGERUNG<br />

VON HOCH RADIOAKTIVEM ATOMMÜLL<br />

Kupfer rostet schneller<br />

als erwartet<br />

Das schwedische Atommüllendlagerkonzept<br />

wackelt. Es beruht auf<br />

falschen naturwissenschaftlichen<br />

Annahmen, meinen Forscher <strong>der</strong><br />

Technischen Hochschule (KTH) in<br />

Stockholm. Die vorgesehene Lagerung<br />

<strong>der</strong> abgebrannten Brennelemente<br />

in Kupferkapseln sei alles an<strong>der</strong>e<br />

als sicher.<br />

Schweden galt bislang als das Land<br />

mit den am weitesten vorangeschrittenen<br />

Atommüllplänen. Im Sommer<br />

hatte sich die Regierung darauf festgelegt,<br />

dass in <strong>der</strong> Nähe des <strong>Atomkraft</strong>werks<br />

Forsmark bis zum Jahr<br />

2022 ein unterirdisches Endlager für<br />

hochradioaktiven Atommüll entstehen<br />

soll. Den will man in 6.000 je 5<br />

Meter lange Kupferkapseln mit 5<br />

Zentimeter dicken Wänden einschweißen.<br />

Die Schächte sollen mit<br />

Tonerde verfüllt werden. So soll <strong>der</strong><br />

Castor-Treck rollt durch die Münchner Ludwigstraße.<br />

Strahlenmüll 100.000 Jahre lang<br />

sicher aufgehoben sein.<br />

Nun haben Wissenschaftler an <strong>der</strong><br />

KTH herausgefunden, dass Kupfer<br />

auch in sauerstofffreier Umgebung<br />

rosten kann. Sie verweisen sowohl<br />

auf Laborversuche mit Langzeitstudien<br />

von Kupferfolien als auch auf<br />

eine Analyse von Kupfermünzen, die<br />

mit dem Kriegsschiff „Wasa“ vor<br />

über 300 Jahren untergegangen waren<br />

und in einem Sediment aus sauerstofffreiem<br />

Lehm auf dem Meeresboden<br />

gelegen hatten. Selbst wenn<br />

man davon ausgeht, dass die<br />

Schächte sicher vor Grund- und<br />

auch Salzwasser wären, das in Folge<br />

des steigenden Meeresspiegels<br />

eindringen könnte, wären die Kupferkapseln<br />

also Korrosion ausgesetzt.<br />

Peter Szakalos, KTH-Projektleiter für<br />

Metallkorrosion, glaubt, dass sie<br />

nicht einmal 1.000 Jahre dicht bleiben.<br />

„Sollen sie 100.000 Jahre hal-<br />

ten, müssten die Wände statt 5<br />

Zentimeter 5 Meter dick sein.“ Bereits<br />

die jetzigen Kapseln wiegen jedoch<br />

jeweils 8 Tonnen.<br />

Die von den Atomkonzernen Vattenfall,<br />

E.ON & Co betriebene Atommüll-Gesellschaft<br />

Svensk Kärnbränslehantering<br />

hält daran fest,<br />

dass Kupfer nach bisherigen Erkenntnissen<br />

ohne Sauerstoff nicht<br />

roste. „Dann sollen sie das beweisen“,<br />

for<strong>der</strong>t Szakalos.<br />

Schwedens Atomwirtschaft hatte<br />

sich bereits Mitte <strong>der</strong> Achtzigerjahre<br />

auf das unerprobte Lagerkonzept in<br />

Kupferkapseln festgelegt und aus<br />

Kostengründen keine Alternativmethoden<br />

erforscht. Die Theorie <strong>der</strong><br />

Kupferkorrosion müsse jetzt gründlich<br />

untersucht werden, sagt Willis<br />

Forsling, Mitglied des staatlichen<br />

Kernabfallrats: „Sonst kippt die zentrale<br />

Voraussetzung für das gesamte<br />

Konzept.“<br />

Quelle: Alexan<strong>der</strong> Budde, taz<br />

Foto: © privat


Atomare Ewigkeit?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

CASTOR-TRECK MACHT STATION AUF<br />

DEM ODEONSPLATZ<br />

Unsere Castor-Attrappe sorgte<br />

mächtig für Irritation auf den Autobahnen<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik. Am<br />

Mittwoch, den 16. September<br />

2009, rollte <strong>der</strong> Castor in München<br />

ein. Im Gepäck hatten wir<br />

hun<strong>der</strong>te Strahlenschutzanzüge,<br />

Atemschutzmasken und etliche<br />

Geigerzähler für die große Endlagersuche<br />

zwischen Sendlinger<br />

Tor und Odeonsplatz. Die provokante<br />

Aktion machte kurz vor <strong>der</strong><br />

Wahl Druck <strong>gegen</strong> eine Aufkündigung<br />

des Atom ausstiegs.<br />

Gemeinsam haben wir eine bunte<br />

und kreative Aktion entstehen<br />

lassen!<br />

Im Anschluss konnten Besucher<br />

ihre Fragen rund um Erneuerbare<br />

Energien und <strong>Atomkraft</strong> an ihre<br />

Kan didat Innen für den nächsten<br />

Bun destag loswerden.<br />

Diskussionsrunde: 17.00 Uhr,<br />

unsere Gäste:<br />

Jerzy Montag (Bündnis 90/<br />

Die Grünen),<br />

Dr. Rainer Stinner (FDP),<br />

Nicole Gohlke (Die Linke),<br />

Dr. Axel Berg (SPD) und<br />

Mechthilde Wittmann (CSU<br />

Kerstin Schnatz, Campact e.V.<br />

www.campact.de<br />

Regine Metz am Infostand<br />

17<br />

Foto: © privat


18 Fortschritt für Erneuerbare?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

WARUM ÖKOSTROM NÜTZLICH IST<br />

Fragebogen zusammengestellt von Renate Wolff<br />

1. Frage: Sie haben sich entschlossen,<br />

Ihren Haushalt nicht mehr<br />

länger mit Strom aus <strong>Atomkraft</strong>werken<br />

zu versorgen. Was gab für<br />

Sie den Anstoß zu dieser Entscheidung?<br />

2. Frage: Dass Ökostrom teuer sei,<br />

ist ein häufi g vorgebrachtes Argument.<br />

Wie sind Sie zu einer Kosten-Nutzen-Entscheidunggekommen?<br />

3. Frage: Welche Erfahrungen haben<br />

Sie mit <strong>der</strong> Umstellung von Ihrem<br />

alten Anbieter zum Ökostromanbieter<br />

gemacht?<br />

4. Frage: Wie haben Sie zu Ihrem<br />

Ökostromanbieter gefunden?<br />

5. Frage: Glauben Sie, dass wir als<br />

Privatverbraucher unseren Einfl uss<br />

in Bezug auf die Energieerzeugung<br />

besser nutzen sollten?<br />

6. Frage: Die Befürworter einer längeren<br />

Laufzeit von <strong>Atomkraft</strong>werken<br />

behaupten, <strong>der</strong> Bedarf an Energie<br />

in Deutschland sei so groß,<br />

dass wir nach dem Abschalten unserer<br />

Reaktoren den Atomstrom<br />

aus dem Ausland importieren<br />

müssten. Kann <strong>der</strong> Ausstieg aus<br />

<strong>der</strong> <strong>Atomkraft</strong> die Entwicklung<br />

neuer Technologien am Standort<br />

Deutschland beschleunigen?<br />

Karin Kittlaus<br />

Pfarrerin <strong>der</strong><br />

evang. Genezareth-Kirche<br />

in Unterschleißheim<br />

Die evangelische Kirchengemeinde hatte schon seit vielen<br />

Jahren im Kirchenvorstand eine Umweltbeauftragte und<br />

unser Kirchenvorstand hat sich auch schon seit langem<br />

Gedanken gemacht, wie man die Gebäude ökologisch<br />

sparsam und sinnvoll betreiben kann. So haben wir z.B.<br />

den Speicher im Genezareth-Haus mit Wärme dämmenden<br />

Platten ausgelegt, um die Heizwärme besser und sparsamer<br />

zu nutzen.<br />

So war es nun die konsequente Entscheidung auch zu<br />

einem Ökostromanbieter zu wechseln.<br />

Der Ökostromanbieter, den wir gewählt haben, hat einen Rahmenvertrag<br />

mit <strong>der</strong> Evangelischen Kirche Deutschlands. Damit<br />

ist <strong>der</strong> Strompreis für die Kirchengemeinde nur geringfügig<br />

höher als bei den nicht-ökologischen Stromanbietern. Der<br />

Unterschied beläuft sich pro Jahr im zweistelligen Bereich.<br />

Außerdem konnten wir einen Zweijahresvertrag abschließen,<br />

so dass die zu erwartenden Erhöhungen im Energiebereich<br />

damit abgefe<strong>der</strong>t werden und wir voraussichtlich für<br />

2010 und 2011 mit Ökostrom sogar kostengünstiger sein werden.<br />

Damit war die Entscheidung leicht gemacht.<br />

Hildegard<br />

Schöpe-Stein<br />

Referentin<br />

Petershausen<br />

In erster Linie wollte ich weg vom Energie-Riesen E.ON.<br />

Und wenn ich schon wechsle, dann zu einem Unternehmen,<br />

das Ökostrom anbietet.<br />

Ja, ich dachte mir schon, dass ich meinen Geldbeutel damit<br />

belaste. Aber mein jetziger Anbieter, Lichtblick, hatte absolut<br />

nachvollziehbare Aufstellungen über die Kosten, die auf mich<br />

zukommen. Bei E.ON waren die Rechnungen eher nebulös.<br />

Die Umstellung verlief völlig reibungslos. Da gab es überhaupt keine Probleme. Mein Mann, Skeptiker,<br />

hatte kurzzeitig Zweifel, ob wir für einen kurzen Zeitraum<br />

evtl. ohne Strom dastehen würden. Aber so war es<br />

- natürlich - nicht.<br />

Erstens durch Informationsmaterial von Frau Gillig, zweitens<br />

durch den Rahmenvertrag <strong>der</strong> EKD.<br />

Privatverbraucher sollten sich <strong>gegen</strong> den Bezug von<br />

Atomstrom entscheiden und Strom aus regenerativen<br />

Quellen bevorzugen.<br />

Privatverbraucher sollten bewusst mit elektrischer<br />

Energie umgehen und Ihren Energieverbrauch mit den<br />

gängigen Mitteln reduzieren: (aktuelle Kühlgeräte mit<br />

guter Isolierung, Energiesparlampen, energiesparende<br />

Computer, etc.)<br />

Solange wir in dem Denksystem bleiben, dass konventionelle<br />

Energiequellen wie <strong>Atomkraft</strong> o<strong>der</strong> Kohlekraftwerke<br />

das „Normale, Reichhaltigste und Günstigste“ sind, ist <strong>der</strong><br />

Anreiz für Politik und Wissenschaft neue Technologien zu<br />

entwickeln gebremst.<br />

Deshalb kann ein Ausstieg aus <strong>der</strong> <strong>Atomkraft</strong> auch Freiräume<br />

schaffen, in neue Richtungen zu denken. Vermutlich<br />

gibt es noch viel mehr Möglichkeiten erneuerbare<br />

Energien zu entdecken und ihre Nutzung sinnvoll zu machen,<br />

als wir heute meinen. Es hat sich in den letzten Jahren<br />

in Deutschland schon viel getan, woran vor einigen<br />

Jahren noch niemand gedacht hat.<br />

Tja, eigentlich bin ich schon vor sehr langer Zeit "bekehrt"<br />

worden. Ich sollte doch unbedingt zu Lichtblick wechseln,<br />

wurde mir gesagt. Alle Vorteile wurden mir ausführlich erklärt.<br />

Aber an meinen Verstand brauchte eigentlich nicht<br />

appelliert werden, eher an die Trägheit, etwas zu verän<strong>der</strong>n.<br />

Einen erneuten Motivationsschub zu wechseln, bekam ich<br />

durch meine Nachbarin, die bei einer Veranstaltung dafür<br />

warb, Ökostrom zu beziehen. Sie verteilte Info-Material von<br />

Lichtblick. Aber selbst von da an war es noch immer ein<br />

schwieriger Prozess, denn ich bin nicht alleiniger Regierungschef<br />

in unserer Familie. Letztendlich sind wir – mein<br />

Mann und ich – aber sehr zufrieden mit <strong>der</strong> Situation.<br />

Ich fi nde, dass je<strong>der</strong> Beitrag wichtig ist. Sicher können<br />

wir mit einem Wechsel zu alternativen Stromanbietern<br />

Zeichen setzen. Und wir können auch politisch Einfl uss<br />

nehmen. Bei je<strong>der</strong> Wahl.<br />

Natürlich. Ich glaube aber auch, dass es an neuen Technologien<br />

gar nicht mangelt. Ich habe lange Zeit in einer<br />

Forschungsgesellschaft gearbeitet - es ist so vieles möglich.<br />

Aber es wird lei<strong>der</strong> nicht uneingeschränkt geför<strong>der</strong>t.


Hilke Blumenberg<br />

Lehrerin<br />

Pinneberg bei Hamburg<br />

Die Ankündigung, dass die neue Regierung die Laufzeitbegrenzung für<br />

<strong>Atomkraft</strong>werke zurück nehmen will, hat mich hellhörig gemacht. Die Presseberichte<br />

über den Salzstock in <strong>der</strong> Asse, in denen wie<strong>der</strong> deutlich wird,<br />

wie verantwortungslos die Betreiber mit radioaktivem Müll umgegangen<br />

sind und immer noch umgehen, waren ein weiterer Mosaikstein. Das hat<br />

auch <strong>der</strong> Film über die Atomenergie, <strong>der</strong> kürzlich auf Arte lief, überdeutlich<br />

nachgewiesen. Die verschiedenen Störfälle im Kernkraftwerk Krümmel haben<br />

ebenfalls nicht zur Vertrauensbildung beigetragen. Ich möchte nicht<br />

länger dazu beitragen, dass unter diesen Umständen und ohne ein Endlager<br />

weiter radioaktiver Müll produziert wird.<br />

Ich habe keine Kosten-Nutzen Entscheidung getroffen, son<strong>der</strong>n nur eine<br />

politische. Selbst wenn <strong>der</strong> Strom aus regenerativen Rohstoffen teurer ist,<br />

bin ich bereit und in <strong>der</strong> Lage, diesen Preis zu zahlen.<br />

Mein Ökostromanbieter war immer sofort direkt telefonisch unter einer<br />

Festnetznummer zu erreichen, im Gegensatz zu meinem vorherigen Anbieter,<br />

<strong>der</strong> nur unter einer kostenpfl ichtigen Son<strong>der</strong>nummer, Computer geleitet<br />

und mit relativ langen Wartezeiten zu erreichen war.<br />

Dr. Martin Streibl<br />

Physiker<br />

Petershausen<br />

Fortschritt für Erneuerbare?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

Regenerative Energieversorgung (Windkraft, Sonnenenergie, Biogas, etc.) kann<br />

mittlerweile bei angepasstem Energieverbrauch einen erheblichen Teil des Bedarfs<br />

decken; die Zusatzkosten durch die Subvention <strong>der</strong> Einspeisung von Ökostrom<br />

sind akzeptabel. Atomenergie birgt ein zu großes Gefahrenpotential.<br />

Entsorgung des Atommülls ist nicht sichergestellt. Verschieben des Problems auf<br />

folgende Generationen, kein Vertrauen mehr in die Bewertung von Lagerstätten<br />

(siehe Asse). Vorrat an Uran begrenzt, d.h. nur temporäre Lösung, verzögert nur<br />

eine nachhaltige Lösung. Atommüllentsorgung (Lagerstätten) und Abriss ausgedienter<br />

Meiler nicht in <strong>der</strong> Kostenrechnung für Atomstrom enthalten = wird intransparent<br />

auf Allgemeinheit umgelegt.<br />

Unser Familien-Stromverbrauch liegt deutlich unter dem durchschnittlichen<br />

Stromverbrauch eines 4-Personen Haushalts = die etwas höheren Kosten für<br />

regenerativen Strom sind durchaus akzeptabel.<br />

Gemessen an den sonstigen Lebenshaltungskosten sind die Zusatzkosten für<br />

Ökostrom gering und die Argumente aus 1) überwiegen.<br />

Keine Probleme bei <strong>der</strong> Umstellung, Ableseverfahren wie bisher.<br />

Durch Freunde, die schon Kunden dort sind, und Presseberichte. Werbekampagne im ortsansässigem Bioladen<br />

Informationen im Internet<br />

Wir werden uns im Energiebereich auf jeden Fall umstellen müssen, da die<br />

konven tionellen Energiequellen – wie wir schon lange wissen – nicht mehr<br />

beliebig lange verfügbar sein werden. Auch verlangt <strong>der</strong> Umweltschutz dringend<br />

danach, aus konventionellen Energiegewinnungsmethoden auszusteigen.<br />

Zwei Wege sind deshalb aus meiner Sicht dringend einzuschlagen:<br />

Ideen zu entwickeln, wie Energie eingespart werden kann.<br />

Erneuerbare Energiequellen zu för<strong>der</strong>n und weiter zu entwickeln.<br />

Dann werden sich die Bedenken, dass erneuerbare Energien den Energiebedarf<br />

nicht decken können von selbst erledigen und es wird auch klar, dass<br />

je<strong>der</strong> Einzelne zählt.<br />

Selbst wenn dieses Argument für längere Laufzeiten stimmt, was ich nicht<br />

glaube, setze ich dennoch mit meinem Wechsel ein Zeichen <strong>gegen</strong> Atomstrom.<br />

Die Entwicklung neuer Technologien zur Energiegewinnung ist auch eine<br />

große Chance für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Es gibt viele und<br />

immer wie<strong>der</strong> erstaunliche, neue Ideen. Geld dafür auszugeben, ist sinnvoll<br />

und zukunftsweisend.<br />

Privatverbraucher sollten sich <strong>gegen</strong> den Bezug von Atomstrom entscheiden<br />

und Strom aus regenerativen Quellen bevorzugen.<br />

Privatverbraucher sollten bewusst mit elektrischer Energie umgehen und<br />

Ihren Energie verbrauch mit den gängigen Mitteln reduzieren: (aktuelle Kühlgeräte<br />

mit guter Isolierung, Energiesparlampen, energiesparende Computer,<br />

etc.)<br />

Ja, die Anpassung des Verbrauchs an die verfügbare Energiemenge aus regenerativen<br />

Quellen, sowie intelligente Stromnetze und Haushaltsgeräte und<br />

großräumige Vernetzung von regenerativen Erzeugern und Energiespeichern<br />

haben großes Innovationspotential. Die dafür benötigte Technologie und Industrie<br />

könnte ein wichtiges Exportstandbein werden.<br />

19


20 Fortschritt für Erneuerbare?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

Das Bundeskanzleramt spiegelt sich in einer größere Solaranlage zur Stromerzeugung.<br />

Auch im Berliner Regierungsviertel kommt Photovoltaik in Mode.<br />

ÖKOSTROM ALS<br />

MOGELPACKUNG<br />

Wie wechselwillig sind bayerische Kommunen?<br />

E.ON kann sich Umweltprüfung nicht leisten<br />

von Cornelia Stadler<br />

Die Zeiten, da Energieversorger die<br />

Städte und Gemeinden mit jahrzehntelangen<br />

Verträgen an sich binden<br />

konnten, sind vorbei. Meint<br />

man jedenfalls. Denn die größeren<br />

Kommunen haben mittlerweile erkannt,<br />

dass Energie aus eigener<br />

Produktion durchaus lukrativ ist.<br />

Ganz abgesehen von den Einfl ussmöglichkeiten<br />

auf künftige Klimaziele,<br />

die die Kommunalpolitiker damit<br />

gewinnen. Auch die Kreisstadt<br />

Pfaffenhofen/Ilm (24.000 Einwohner),<br />

rund 60 Kilometer nördlich von<br />

München, will einen Beitrag leisten<br />

zur umweltverträglichen Energieversorgung.<br />

In den eigenen Einrich-<br />

tungen wie Straßenbeleuchtung,<br />

Ampeln, Freibad, Schulen und an<strong>der</strong>en<br />

städtischen Gebäuden verbraucht<br />

sie rund 4,7 Millionen Kilowattstunden<br />

jährlich und die sollen<br />

aus Ökostrom stammen. Aber während<br />

je<strong>der</strong> Privathaushalt diese Entscheidung<br />

zu wechseln und sich einen<br />

Ökostromanbieter zu suchen,<br />

selbständig treffen kann, müssen<br />

Kommunen einen rechtlichen Hürdenlauf<br />

absolvieren. So warnt <strong>der</strong><br />

Bayerische Gemeindetag seine Mitglie<strong>der</strong><br />

erst mal nachdrücklich, ja<br />

nicht vorschnell einen Versorgungsvertrag<br />

zu kündigen. An<strong>der</strong>nfalls<br />

könnten Stadtwerke gezwungen<br />

Quelle: BSW-Solar/Langrock – www.solarwirtschaft.de<br />

sein, hochpreisigen Strom an <strong>der</strong><br />

Strombörse einzukaufen. Knebelung<br />

Nummer eins. Um einen passenden<br />

Stromanbieter zu suchen,<br />

müssen Kommunen eine europaweite<br />

Ausschreibung durchführen<br />

und anschließend müssen sie den<br />

günstigsten Anbieter nach den vorgegebenen<br />

Kriterien wählen. Wählen?<br />

Das Verfahren klingt eher nach<br />

einer weiteren Knebelung und hat<br />

in <strong>der</strong> Vergangenheit bei vielen öffentlichen<br />

Vergaben keineswegs zu<br />

kostensparenden Ergebnissen geführt.<br />

Häufi ger jedoch zu geheimen<br />

Absprachen, frisierten Angeboten<br />

und Bestechungsskandalen. Und<br />

noch eine dritte Erfahrung machen<br />

die Pfaffenhofener Stadtpolitiker<br />

bei ihrer Suche nach umweltfreundlichem<br />

Strom: Laut Aussage von<br />

Stadtrat Markus Käser (SPD) lassen<br />

sich die strengen Richtlinien für Erneuerbare<br />

Energien für kommunale<br />

Zwecke gar nicht anwenden. Denn<br />

<strong>der</strong> Ökostrom-Mix werde in diesem


Fall auch mit fossilen Energieträgern,<br />

zum Beispiel mit Erdgas betriebenen<br />

Blockheizkraftwerken,<br />

erzeugt.<br />

Mageres Ergebnis <strong>der</strong> Ausschreibung<br />

Die europaweite Ausschreibung <strong>der</strong><br />

Stadt Pfaffenhofen/Ilm brachte im<br />

September 2009 ein erstaunliches Ergebnis:<br />

Lediglich ein einziger Anbieter,<br />

nämlich E.ON-Bayern, hatte sich<br />

beteiligt und <strong>der</strong> Stadtverwaltung ein<br />

sehr günstiges Angebot gemacht. Es<br />

lag 15 Prozent unter dem Preis, <strong>der</strong><br />

laut Rahmenvertrag vorgesehen war.<br />

So bekam <strong>der</strong> Stromriese E.ON in<br />

nichtöffentlicher Sitzung des Stadtrates<br />

den Zuschlag für einen Vertrag<br />

mit vierjähriger Laufzeit. Dafür will das<br />

Unternehmen, so Vertriebsleiter Helmut<br />

Bräckle, „ab 2010 CO 2 -freien<br />

Ökostrom aus Wasserkraft“ liefern.<br />

Ein Ergebnis, das Bürgermeister Thomas<br />

Herker (SPD) gerne in <strong>der</strong> lokalen<br />

Presse verkündete.<br />

Doch nicht alle Bürgerinnen und<br />

Bürger <strong>der</strong> Stadt fi nden diesen<br />

Abschluss so begrüßenswert. Lissy<br />

Fischer, Mitglied <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong><br />

<strong>Atomkraft</strong> e.V., war darüber sogar<br />

ziemlich entsetzt. Sie schrieb einen<br />

geharnischten Leserbrief an die örtliche<br />

Zeitung (siehe Gruppenbericht<br />

aus Pfaffenhofen) und setzte sich<br />

persönlich mit Bürgermeister Herker<br />

in Verbindung. Dieser bestätigte ihr,<br />

dass man sich streng an die gesetzlichen<br />

Vorgaben gehalten habe. Da<br />

E.ON-Bayern ein alteingesessener<br />

Betrieb in <strong>der</strong> Holledauer Kreisstadt<br />

ist, als Gewerbesteuerzahler gleichermaßen<br />

beliebt wie als Lehrstätte<br />

für zahlreiche Azubis, fühlte man<br />

sich auch irgendwie verpfl ichtet, das<br />

Angebot anzunehmen und wollte<br />

nicht mehr bei an<strong>der</strong>en Ökostrom-<br />

Händlern nachfragen.<br />

So, wie <strong>der</strong> „Neuvertrag“ in Pfaffenhofen<br />

zustande kam, ist das beileibe<br />

kein Einzelfall in Bayern. Auch die<br />

Stadt Unterschleißheim (ähnliche<br />

Größenordnung) wollte auf Ökostrom<br />

umsteigen und hat gezielt angefragt<br />

bei drei Ökostromanbietern<br />

(Naturstrom, Lichtblick und Greenpeace<br />

Energy) sowie bei drei konventionellen<br />

Anbietern. Angebote<br />

machten daraufhin lediglich zwei<br />

konventionelle Energieversorger, die<br />

Stadtwerke Dachau und E.ON. „Welche<br />

Überraschung“, meint Bernd<br />

Knatz, Stadtrat <strong>der</strong> ödp: „E.ON war<br />

günstiger und so bezieht die Stadt<br />

Unterschleißheim nun Ökostrom von<br />

E.ON.“ Er habe nur die Hoffnung,<br />

dass irgendwann das Wasserkraftpotential<br />

von E.ON ausgeschöpft<br />

sein muss.<br />

Wasserkraft ohne<br />

Ökonachweis<br />

Ob tatsächlich „AquaPower“ aus (alten)<br />

Wasserkraftanlagen drin ist,<br />

den E.ON als umweltfreundlichen<br />

Strom verkauft, ist keineswegs bewiesen.<br />

Eine Nachfrage beim Vertrieb<br />

in Landshut ergab, dass das<br />

Produkt AquaPower „aufgrund <strong>der</strong><br />

hohen Zertifi zierungskosten durch<br />

den TÜV“, so die fi rmeneigene Begründung,<br />

keine Prüfsiegel mehr besitzt.<br />

Dieses Geld wolle man lieber in<br />

einen Umweltpreis, sprich eigene<br />

Werbung investieren. Es wirkt<br />

lächerlich: Europas größtes Stromunternehmen<br />

kann es sich nicht leisten<br />

für eine ökologische Prüfung seiner<br />

Energieerzeugung Geld auszugeben.<br />

Trotzdem bleibt die Frage, nach welchen<br />

Kriterien die echten Ökostromanbieter<br />

öffentliche Einrichtungen<br />

versorgen. Wir haben nachgefragt<br />

und unterschiedliche Auskünfte erhalten.<br />

Ursula Sladek, Geschäftsfüh-<br />

Fortschritt für Erneuerbare?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

21<br />

rerin <strong>der</strong> Elektrizitätswerke Schönau<br />

(EWS), erklärt briefl ich sehr genau,<br />

wie sich die Preiskalkulation zusammensetzt.<br />

Ökostromer tragen größeres<br />

Preisrisiko<br />

Da ein kleines Unternehmen wie<br />

EWS bei öffentlichen Ausschreibungen<br />

ein größeres Risiko (Bindefristaufschlag)<br />

eingeht als beispielsweise<br />

E.ON mit eigenen Kraftwerken<br />

sind die Chancen, den Zuschlag als<br />

kostengünstigster Anbieter zu erhalten,<br />

sehr gering. Der Arbeitsaufwand<br />

stehe in keinem Verhältnis. Kleinere<br />

Gemeinden in Bayern und Baden-<br />

Württemberg, die keine EU-Ausschreibung<br />

machen mussten, würden<br />

von EWS durchaus beliefert.<br />

Von <strong>der</strong> Strommenge sei das für sie<br />

gar kein Problem.<br />

Der Bundestag leuchtet<br />

umweltfreundlich<br />

Der Ökostromanbieter Lichtblick beschäftigt<br />

eine eigene Abteilung für<br />

Ausschreibungen und hat bereits<br />

eine Reihe von öffentlichen Kunden.<br />

Dazu zählt <strong>der</strong> Deutsche Bundestag<br />

und das Abgeordnetenhaus „mit beson<strong>der</strong>s<br />

hohen Qualitätsstandards“,<br />

sagt Lichtblick-Pressesprecher Ralph<br />

Kampwirth. Aber auch Großstädte<br />

wie Mainz und Wolfsburg lassen<br />

sich - zumindest in Teilmengen -<br />

ebenso wie <strong>der</strong> fränkische Landkreis<br />

Kulmbach und die Sportfi rma Puma<br />

mit Ökostrom versorgen.<br />

Der Maßstab, <strong>der</strong> für private Haushalte<br />

wie für Großkunden möglich ist,<br />

sollte auch für an<strong>der</strong>e öffentliche<br />

Kunden wie bayerische Kommunen<br />

nicht unerreichbar sein. Es ist wohl<br />

auch eine Frage <strong>der</strong> Kenntnisse und<br />

des Willens in den Stadtparlamenten.


22 Fortschritt für Erneuerbare?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

DAS FIASKO VON<br />

KOPENHAGEN<br />

Vom 7. bis 19. Dezember 2009 richtete<br />

Dänemark im Bella Center in Kopenhagen<br />

die mit Spannung erwartete<br />

UN-Klimakonferenz aus. Es sollte<br />

ein Kyoto-Nachfolgeabkommen ausgehandelt<br />

werden. Delegierte aus<br />

193 Staaten nahmen daran teil. Auch<br />

Vertreter einer Vielzahl von Nicht-Regierungs-Organisationen<br />

(NGO) waren<br />

angereist, um die Konferenz zu<br />

beobachten und kritisch zu begleiten.<br />

Insgesamt etwa 45.000 Menschen<br />

waren angemeldet. Es war die<br />

bisher größte Konferenz, jedoch mit<br />

dem kleinsten Ergebnis. Die Staaten<br />

verabschiedeten noch nicht einmal<br />

das Abschlussdokument – sie nahmen<br />

es lediglich zur Kenntnis. Der<br />

Gipfel ist nicht nur gescheitert, weil –<br />

wie die Medien berichteten – die USA<br />

und China blockiert haben, son<strong>der</strong>n<br />

auch weil er schlecht vorbereitet,<br />

von Karin Wurzbacher<br />

schlecht organisiert und schlecht<br />

durchgeführt war.<br />

Auch das Umweltinstitut München<br />

hatte sich als Beobachter bei <strong>der</strong> UN<br />

akkreditiert, so dass wir, Christina<br />

Hacker und ich, die ganzen zwei Wochen<br />

in Kopenhagen dabei waren.<br />

Wir erlebten den Klimagipfel sowohl<br />

im Konferenzzentrum als auch im<br />

Klimaforum, in dem alternativ eine<br />

Konferenz für die Bevölkerung<br />

durchgeführt wurde.<br />

Keine „grüne“ <strong>Atomkraft</strong>!<br />

Die europäischen Energiekonzerne<br />

verfolgen relativ leise aber unbeirrt<br />

Viel Durchhaltevermögen bei den Teilnehmern <strong>der</strong> Umweltinitiativen, wenig da<strong>gegen</strong> bei den Regierungsvertretern<br />

ein Ziel. Sie wollen sowohl <strong>der</strong> <strong>Atomkraft</strong><br />

als auch <strong>der</strong> Kohlekraft mit<br />

CO 2- Abscheidung und Speicherung<br />

(CCS) einen grünen Anstrich verpassen.<br />

Unser Anliegen war es deshalb<br />

zu verhin<strong>der</strong>n, dass diese als „nach-<br />

haltige“ Technologien im Rahmen<br />

des so genannten Clean Development<br />

Mechanism (CDM) in ein neues<br />

Klimaabkommen Eingang fi nden.<br />

CDM ist ein fl exibler Mechanismus<br />

im Emissionshandel, <strong>der</strong> Industrielän<strong>der</strong>,<br />

die nachhaltige Projekte in<br />

Entwicklungslän<strong>der</strong>n durchführen,<br />

mit zusätzlichen Emissionszertifi -<br />

katen belohnt.<br />

Ein offi zielles Papier kam dazu in<br />

Kopenhagen nicht zustande. Am<br />

Rande war zu hören, dass insbeson<strong>der</strong>e<br />

Österreich sich vehement<br />

<strong>gegen</strong> die Aufnahme <strong>der</strong> <strong>Atomkraft</strong><br />

als CDM einsetzte. Und da<br />

die EU mit einer im Konsens erzielten<br />

Stimme spricht, blieb die<br />

<strong>Atomkraft</strong> auch diesmal draußen.<br />

Ebenso hat es CCS noch nicht zur<br />

Akzeptanz gebracht.<br />

Fotos: © privat<br />

Im Gepäck für Kopenhagen hatten<br />

wir unsere Flyerserie „Falsche<br />

Freunde im Klimaschutz“ zu <strong>Atomkraft</strong>,<br />

CCS und Agrosprit, sowie Hintergrundinformationen<br />

(factsheets)<br />

dazu. Außerdem waren wir Partner


<strong>der</strong> internationalen Kampagne<br />

„Don´t Nuke the Climate“, die für<br />

den UN-Gipfel Aktionen und verschiedene<br />

Präsentationen (side<br />

events) geplant und vorbereitet hatte.<br />

Weitere Partner <strong>der</strong> Kampagene<br />

„Don´t Nuke the Climate“ waren Umweltorganisationen<br />

aus verschiedenen<br />

Län<strong>der</strong>n, wie beispielsweise<br />

Sortir du nucleaire (Frankreich), Legambiente<br />

(Italien), Wise Amsterdam,<br />

o<strong>der</strong> WECF (Women in Europe<br />

for a Common Future), um nur<br />

einige zu nennen.<br />

Aktionen mit internationaler<br />

Aufmerksamkeit<br />

Gleich am vierten Tag des UN-Gipfels<br />

beteiligten wir uns an einer gemeinsamen<br />

Aktion bei <strong>der</strong> berühmten<br />

Kopenhagener Meerjungfrau<br />

und wiesen auf die Versuche<br />

<strong>der</strong> Nuklearindustrie hin, den Klimawandel<br />

für die eigenen Interessen<br />

zu nutzen. Die Meerjungfrau bekam<br />

eine Schutzmaske aufgesetzt, um<br />

so die Gefahren <strong>der</strong> Atomtechnologie<br />

und die Notwendigkeit des Ausstiegs<br />

aus <strong>der</strong> <strong>Atomkraft</strong> zu verdeutlichen.<br />

Mit einer Riesenpostkarte<br />

machten wir in <strong>der</strong> zweiten Woche<br />

im Bella Center auf uns aufmerksam.<br />

Prominente konnten diese unter<br />

Anwesenheit <strong>der</strong> Presse unterzeichnen<br />

und damit kund tun, dass<br />

auch sie in <strong>der</strong> <strong>Atomkraft</strong> keine Lösung<br />

für das Klima sehen. In Postsäcken<br />

präsentiert wurden auch die<br />

bereits vor dem Klimagipfel innerhalb<br />

von nur 3 Monaten weltweit gesammelten<br />

und unterzeichneten<br />

50.000 Protestpostkarten. Außerdem<br />

nahmen wir im Verlauf <strong>der</strong><br />

Konferenz an mehreren Side Events<br />

im Bella Center und im Klimaforum<br />

teil, beispielsweise mit Beiträgen zu<br />

Kin<strong>der</strong>krebs in <strong>der</strong> Umgebung von<br />

<strong>Atomkraft</strong>werken (KiKK-Studie).<br />

Alle Side Events waren gut besucht<br />

und fanden großes Interesse.<br />

Klägliches Finale<br />

einer großen Hoffnung<br />

Wir können von Glück reden, dass<br />

alle geplanten Aktionen durchgeführt<br />

werden konnten, wenn auch<br />

zum Teil mit Hin<strong>der</strong>nissen. Die zweite<br />

Woche begann nämlich mit einem<br />

Chaos vor dem Konferenzzentrum.<br />

15.000 Menschen haben darin Platz,<br />

dreimal so viele wurden akkreditiert.<br />

Die kleine Meerjungfrau, Wahrzeichen von<br />

Kopenhagen, protestiert<br />

Tausende standen nun bis zu neun<br />

Stunden in <strong>der</strong> eisigen Kälte Schlange,<br />

ohne Verpfl egung und ohne Toiletten.<br />

In den folgenden Tagen wurde<br />

<strong>der</strong> Zutritt für Nicht-Regierungs-Organisationen<br />

(NGO) erst halbiert und<br />

dann immer mehr eingeschränkt.<br />

Von 15.000 NGO-VertreterInnen<br />

durften schließlich nur noch 900 teilnehmen.<br />

Umweltorganisationen<br />

mussten ihre Ausstellungsstände im<br />

Zentrum vorzeitig abbauen. Die Konferenz<br />

wurde zunehmend zu einer<br />

geschlossenen Veranstaltung. Am<br />

Donnerstag durften nur noch knapp<br />

100 NGO-VertreterInnen das Konferenzgebäude<br />

betreten, wir waren<br />

nicht mehr dabei. Viele neu angereiste<br />

Gruppen kamen überhaupt nicht<br />

mehr hinein. Vor dem Konferenzzentrum<br />

bildeten sich täglich lange<br />

Schlangen, die Metrostation wurde<br />

Fortschritt für Erneuerbare?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

Foto: © privat<br />

23<br />

geschlossen, Busse fuhren das Konferenzzentrum<br />

zeitweise nicht mehr<br />

an, es kam zu Demonstrationen und<br />

Ausschreitungen. Die dänischen<br />

Ordnungskräfte und die Polizei reagierten<br />

ausgesprochen restriktiv.<br />

Das war uns schon bei <strong>der</strong> großen<br />

Klima-Demonstration aufgefallen,<br />

die mit dem Slogan „deal the seal“<br />

von <strong>der</strong> Konferenz ein verbindliches<br />

Abkommen for<strong>der</strong>te. Die Demonstration<br />

vom Stadtzentrum bis vor das<br />

Bella Center fand am Samstag in <strong>der</strong><br />

Halbzeit <strong>der</strong> Konferenz statt. Etwa<br />

100.000 Menschen haben daran mit<br />

viel Phantasie teilgenommen. Es waren<br />

vor allem junge Menschen, die<br />

deshalb übers Wochenende nach<br />

Kopenhagen gekommen waren. Bereits<br />

im Vorfeld <strong>der</strong> Demonstration<br />

wurden Mitglie<strong>der</strong> einer unserer Partner-Umweltorganisationen<br />

„in Gewahrsam“<br />

genommen und sogar außer<br />

Landes gebracht. Einigen hun<strong>der</strong>t<br />

Menschen, Teilnehmern <strong>der</strong><br />

Demonstration, wi<strong>der</strong>fuhr ähnliches.<br />

Den ganzen Tag sah man den<br />

Hubschrauber über <strong>der</strong> Stadt, sah<br />

Blaulicht in den Straßen und hörte<br />

Polizeisirenen<br />

Die letzten Tage verbrachten wir<br />

zwangsweise nur noch im Klimaforum<br />

und in <strong>der</strong> von CAN (Climate Action<br />

Network) angemieteten Halle.<br />

Dort konnte man die schönen Sonntagsreden<br />

<strong>der</strong> Staatsoberhäupter<br />

auf <strong>der</strong> UN-Klimakonferenz per Video-Übertragung<br />

verfolgen und<br />

wusste doch schon, dass alles verspielt<br />

ist. Über <strong>der</strong> Stadt schwebte<br />

bedrohlich <strong>der</strong> Hubschrauber, es<br />

war zu weiteren Demonstrationen<br />

gekommen. Auch wir nahmen spontan<br />

an einer Aktion teil und wie<strong>der</strong>holten<br />

ein letztes Mal lautstark im<br />

Sprechchor, das was 14 Tage lang<br />

durch das Bella Center und die Straßen<br />

getönt war: „climate justice“ und<br />

auch „climate shame“.


24 Fortschritt für Erneuerbare?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

DER ZAUBERLEHRLING<br />

2010<br />

Endlich hatten Kernkraftgegner<br />

nur ein wenig nachgegeben<br />

und so will ich noch verwegner<br />

mehr nach meinen Zielen streben.<br />

Energie und Stärke<br />

för<strong>der</strong>n den Verbrauch<br />

und durch Kernkraftwerke<br />

wächst die Wirtschaft auch.<br />

Glühe, glühe<br />

viele Jahre<br />

dass das bare<br />

Geld kann fl ießen<br />

in die Taschen ohne Mühe<br />

und die Aktienwerte sprießen.<br />

Warum nicht <strong>Atomkraft</strong> nutzen?<br />

Die Bedenken sind vergebens.<br />

Soll ich meine Wünsche stutzen?<br />

Risiken sind Teil des Lebens!<br />

Perfektion ist alles<br />

bis zum letzten Schliff,<br />

wir ham schlimmsten Falles<br />

alles fest im Griff.<br />

Traue, traue<br />

den Konzernen!<br />

Sie entfernen<br />

alle Zweifel.<br />

Sie versprechen viel ins Blaue<br />

und sie schwörn bei Tod und Teufel.<br />

Ach, man hat das Unhaltbare<br />

ohne Skrupel uns verspochen.<br />

Und <strong>der</strong> Schwur, <strong>der</strong> tausend Jahre<br />

halten sollte, wird gebrochen.<br />

Schrecklich sind die Strahlen,<br />

keiner ist immun,<br />

da hilft kein Bezahlen<br />

und kein emsig Tun.<br />

Kurze Zeiten,<br />

die nur heute<br />

reiche Leute<br />

voll genießen<br />

müssen lange Ewigkeiten<br />

Kind und Kindeskin<strong>der</strong> büßen.<br />

Strahlung lässt sich nicht vergraben,<br />

Strahlung lässt sich nicht beheben.<br />

Was wir angerichtet haben,<br />

damit müssen wir nun leben.<br />

Und da hilft kein Meister,<br />

kein Schacht tief und groß.<br />

Die ich rief, die Geister,<br />

werd ich nun nicht los.<br />

Manche sagen,<br />

all das Pfuschen<br />

zu vertuschen<br />

ist misslungen,<br />

denn Verantwortung zu tragen<br />

weigern sich Versicherungen.<br />

Energien, die wir nicht brauchen<br />

machen ärmer uns, nicht reicher.<br />

Dafür soll kein Kühlturm rauchen<br />

und kein Brennstabzwischenspeicher.<br />

Kosten sind verschleiert,<br />

billig war Betrug.<br />

Schaden, <strong>der</strong> verteuert<br />

gibt’s mehr als genug.<br />

Ja, wir sollen<br />

unsern Kin<strong>der</strong>n<br />

deutlich min<strong>der</strong>n<br />

ihre Sorgen<br />

dass sie wissen, was sie wollen:<br />

Ausstieg lieber heut‘ als morgen!<br />

Frei nach Goethes Zauberlehrling<br />

von Klaus Bade, badesta@gmx.de


Hans Schellnhuber:<br />

„KLIMAGIPFEL EINE<br />

STRAFE DER NATUR“<br />

Kanzlerin Merkels Klimaberater Schellnhuber spricht<br />

bei <strong>der</strong> Stiftung <strong>der</strong> Münchener Rück<br />

Hans Schellnhuber hat eine einfache<br />

Botschaft und eine schwierige Aufgabe.<br />

Die Botschaft lautet: Der Erdball<br />

darf sich noch um höchstens zwei<br />

Grad erwärmen, sonst wird das Klima<br />

unumkehrbar kippen. Wenn <strong>der</strong> grönländische<br />

Eisschild wegschmilzt, gibt<br />

es kein Zurück mehr, da helfen we<strong>der</strong><br />

milliardenschwere Rettungspakete<br />

noch UN-Resolutionen. Und die<br />

schwierige Aufgabe von Schellnhuber<br />

besteht darin, die Politik zum Handeln<br />

zu bewegen. Seit Jahren.<br />

„Es gibt nichts Langweiligeres und<br />

nichts Nerventöten<strong>der</strong>es als Klimakonferenzen“,<br />

sagt er auf einer Podiumsdiskussion<br />

<strong>der</strong> Stiftung <strong>der</strong> Münchener<br />

Rück. Die Veranstalter haben Schellnhuber<br />

eingeladen, um über den Klimagipfel<br />

in Kopenhagen zu diskutieren.<br />

Aber es gibt nicht wirklich viel zu diskutieren.<br />

Fazit: Der Gipfel ist gescheitert,<br />

schuld daran sind die beiden größten<br />

Umweltverschmutzer USA und China,<br />

die Zwei-Grad-Grenze wird überschrit-<br />

Gleichen Schneekanonen die Klimaerwärmung aus?<br />

ten werden – sogar wenn alle Län<strong>der</strong><br />

ihre unverbindlichen Reduzierungszusagen<br />

erfüllen. Die Stimmung könnte<br />

man apokalyptisch nennen, wäre da<br />

nicht dieses Lächeln von Hans Schellnhuber.<br />

Es ist das Lächeln eines sehr<br />

intelligenten Menschen, <strong>der</strong> sehr müde<br />

ist. Schellnhuber ist einer <strong>der</strong> kompetentesten<br />

Klimaforscher <strong>der</strong> Gegenwart,<br />

mit direktem Draht ins Kanzleramt.<br />

Er könnte viel erzählen über den<br />

politischen Poker hinter den Kulissen<br />

von Kopenhagen, Kyoto und Co. Aber<br />

er darf nicht. Und dieses Insi<strong>der</strong>wissen<br />

trägt er wie einen schweren Ballast.<br />

Für ihn seien die „Klimakitsch-Reden“<br />

im Kopenhagener Plenum zwar zehn<br />

Literaturnobelpreise wert gewesen,<br />

aber in <strong>der</strong> Realität bestehe momentan<br />

„kein Millimeter Kompromissbereitschaft“<br />

unter den Großen. Deswegen<br />

empfi ndet Hans Schellnhuber<br />

Klimagipfel als „eine Strafe <strong>der</strong> Natur“.<br />

Wie muss sich ein Physiker fühlen, <strong>der</strong><br />

Fortschritt für Erneuerbare?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

Foto: © Harald-Lapp – www.pixelio.de<br />

Protest <strong>der</strong> Schneemänner und -frauen<br />

<strong>gegen</strong> die Er<strong>der</strong>wärmung<br />

25<br />

Foto: © Jam – www.pixelio.de<br />

neben wissenschaftlicher Autorität politischen<br />

Einfl uss besitzt, <strong>der</strong> mit Obamas<br />

Science Advisor befreundet ist –<br />

wie muss sich so einer vorkommen,<br />

wenn seine Botschaft ständig „zur<br />

Kenntnis genommen“ (sprich ignoriert)<br />

wird? Er versteht es nicht. Warum<br />

die Menschen, wenn es ums Auto geht<br />

o<strong>der</strong> ums Haus, einen Versicherungsvertrag<br />

abschließen, und wenn es um<br />

den Planeten geht, sich zurücklehnen.<br />

Und dann ist da dieses Bild von Kiribati,<br />

das ihm nicht aus dem Kopf geht:<br />

Kiribati ist ein Inselstaat im Pazifi k.<br />

Dort wurden letztes Jahr die Friedhöfe<br />

überfl utet. Nur die Grabkreuze ragen<br />

aus dem Wasser.<br />

Timofey Neshitov<br />

Quelle: Süddeutsche Zeitung 21. 1. 2010


26 Was macht Kin<strong>der</strong> krank?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

LEUKÄMIERISIKO DURCH ATOMKRAFT<br />

…auch in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n nachgewiesen<br />

Eine neue Studie zeigt, dass im Umkreis<br />

bis zu 50 Kilometern um einen<br />

Atomreaktor das Leukämierisiko um<br />

20 Prozent höher liegt als an<strong>der</strong>norts.<br />

Nicht nur in Deutschland, auch in<br />

Frank reich, Großbritannien, Kanada<br />

und den USA steigt die Leukämie-<br />

Rate bei Kin<strong>der</strong>n mit <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong><br />

Wohnung zu einem <strong>Atomkraft</strong>werk.<br />

Das ist das Ergebnis einer vergleichenden<br />

Analyse <strong>der</strong> international<br />

vorliegenden Daten, mit <strong>der</strong> die grüne<br />

Bundestagsfraktion den ehemaligen<br />

Leiter des Bremer Krebsregisters,<br />

Prof. Dr. med. Eberhard Greiser,<br />

beauftragt hat.<br />

Die komplette Studie finden Sie unter: http://www.gruene-bundestag.de/cms/<br />

atomausstieg/dok/302/ 302066.akws_erhoehen_das_leukaemierisiko.html<br />

Infoservice <strong>der</strong> Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen<br />

Neue Fotos<br />

aus dem<br />

Kin<strong>der</strong>krankenhaus<br />

in Kiew<br />

Professor Hryhorij Klymnjuk mit jungen Patienten am kin<strong>der</strong>onkologischen Institut Kiew.


Aktuelles Gutachten<br />

bestätigt IPPNW-For<strong>der</strong>ung:<br />

<strong>Atomkraft</strong>werke machen<br />

Kin<strong>der</strong> krank<br />

Die atomkritische Ärzteorganisation<br />

IPPNW sieht sich in ihrer zentralen<br />

For<strong>der</strong>ung zur Verbesserung des<br />

Strahlenschutzes in <strong>der</strong> Umgebung<br />

von <strong>Atomkraft</strong>werken durch ein aktuell<br />

veröffentlichtes Kurz-Gutachten<br />

bestätigt.<br />

Das von Eurosolar in Auftrag gegebene<br />

Gutachten „Sicherheits -<br />

ge winn durch Stärkung <strong>der</strong> Atom-<br />

aufsicht – Eine Umkehr <strong>der</strong> Beweislast<br />

ist überfällig“ <strong>der</strong> Expertin für<br />

Umweltrecht Dr. Cornelia Ziehm verweist<br />

u.a. auf die beson<strong>der</strong>e Strahlenempfi<br />

ndlichkeit von Kleinkin<strong>der</strong>n<br />

und ungeborenen Kin<strong>der</strong>n. Dies<br />

deckt sich mit <strong>der</strong> zentralen For<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> IPPNW nach Einführung<br />

eines „Reference-Embryo“ im Strahlenschutz.<br />

„Es ist mittlerweile unbestritten, dass<br />

die Strahlenempfi ndlichkeit von<br />

Kleinkin<strong>der</strong>n sowie von Feten und<br />

Embryos wesentlich höher als die erwachsener<br />

Menschen ist“, betont<br />

Was macht Kin<strong>der</strong> krank?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

Kontakt: Angelika Wilmen<br />

Tel. 030-69807415<br />

Deutsche Sektion <strong>der</strong><br />

Internationalen Ärzte für die<br />

Verhütung des Atomkrieges,<br />

Ärzte in sozialer Verantwortung<br />

(IPPNW), Körtestr. 10<br />

10967 Berlin<br />

27<br />

Reinhold Thiel, Mitglied des Vorstandes<br />

<strong>der</strong> IPPNW. „Trotzdem basiert<br />

unser Strahlenschutz im Wesentlichen<br />

lediglich auf Untersuchungen<br />

<strong>der</strong> Überlebenden <strong>der</strong> Atombombenabwürfe<br />

von Hiroshima und Nagasaki“,<br />

so Thiel. Die IPPNW weist<br />

erneut darauf hin, dass zur Erklärung<br />

<strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Studie „Kin<strong>der</strong>krebs<br />

in <strong>der</strong> Umgebung von Kernkraftwerken“<br />

(KiKK-Studie) vom<br />

Dezember 2007 und zum Schutz unserer<br />

Kin<strong>der</strong> berücksichtigt werden<br />

sollte, dass die Grundlagen zur<br />

Leukämie-Entstehung von Kleinkin<strong>der</strong>n<br />

bereits in <strong>der</strong> extrem strahlensensiblen<br />

vorge burtlichen Phase –<br />

also bei den Embryos – gelegt werden.<br />

„Im Strahlenschutz muss jetzt<br />

endlich <strong>der</strong> ve r altete „Reference-<br />

Man“ durch einen aktualisierten<br />

„Reference-Embryo" er setzt werden.<br />

Nur so werden unsere Kin<strong>der</strong><br />

geschützt und nicht die Betreiber<br />

<strong>der</strong> <strong>Atomkraft</strong>werke", for<strong>der</strong>t Thiel.<br />

Um die Gesamt-Problematik zum<br />

Krebsrisiko um Atomanlagen besser<br />

verständlich zu machen, hat die<br />

IPPNW zusammen mit den Machern<br />

<strong>der</strong> Kampagne „ausgestrahlt" eine aktuelle<br />

Informationsbroschüre herausgegeben<br />

mit dem Titel „<strong>Atomkraft</strong>werke<br />

machen Kin<strong>der</strong> krank – Fragen<br />

und Antworten zum Krebsrisiko um<br />

Atomanlagen", verfasst von Dr. med.<br />

Winfrid Eisenberg, Kin<strong>der</strong>arzt und aktives<br />

IPPNW-Mitglied. In <strong>der</strong> Broschüre<br />

wird in verständlicher Form die Notwendigkeit<br />

<strong>der</strong> Einführung eines „Reference-Embryo“<br />

im Strahlenschutz<br />

erklärt. Die Printausgabe kann bestellt<br />

werden im Webshop <strong>der</strong> IPPNW


28 Was macht Kin<strong>der</strong> krank?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

HILFE FÜR KINDER<br />

VON TSCHERNOBYL<br />

Im Laufe des Jahres 2009, insbeson<strong>der</strong>e<br />

während <strong>der</strong> Weihnachtpäckchensammlungen,<br />

gingen 10.549,-<br />

Euro an Geldspenden ein.<br />

Mit 30.000 Euro haben wir uns an einer<br />

Ersatzröhre für einen Computer-<br />

tomographen in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>krebsklinik<br />

in Kiew beteiligt. Nur durch unsere<br />

fi nanzielle Unterstützung konnte<br />

die noch wesentlich teurere Anschaffung<br />

bewältigt werden. Viele<br />

<strong>der</strong> Spen<strong>der</strong>innen und Spen<strong>der</strong> gehören<br />

schon seit Jahren zum festen<br />

Kreis, teilweise sammeln sie auch<br />

bei Geburtstagen und an<strong>der</strong>en Jubiläen.<br />

für diese treue Unterstützung<br />

danken wir ebenso wie für die Spenden<br />

zu den Transportkosten nach<br />

Kiew. Olha Tkaczenko aus München,<br />

die sich jedes Jahr um die gesamt<br />

Organisation kümmert, konnte wie<strong>der</strong><br />

zwei LKW-Transporte auf die<br />

Reise schicken. Beladen waren sie<br />

mit rund 2700 Weihnachtspäckchen,<br />

Winterkleidung und Spielsachen.<br />

Nicht allein in Kiew, son<strong>der</strong>n auch im<br />

Kreis Riwno haben Pfadfi n<strong>der</strong>, <strong>der</strong><br />

ukrainische Frauenverband und die<br />

Organisation „Europäische Wolyn“<br />

die Verteilung übernommen. Der siebenjährige<br />

Danylo schreibt, dass er<br />

schon seit zwei Jahren <strong>gegen</strong> einen<br />

bösartigen Tumor an <strong>der</strong> Niere behandelt<br />

wird. Sein Traum sei es, einmal<br />

Chirurg zu werden. „Aber eigentlich<br />

ist es besser, wenn Kin<strong>der</strong><br />

überhaupt nicht krank werden.“


Randvoll ist <strong>der</strong> Kleintransporter, mit dem die Spendenpakete aus Petershausen in<br />

die Spedition nach Riem gebracht werden. Doris Stadler beim Ausladen.<br />

Was macht Kin<strong>der</strong> krank?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

Foto: © privat<br />

29


30 Mehr Infos?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

AUS DEM ELFENBEINTURM<br />

AUF DIE POLITISCHE BÜHNE<br />

Naturwissenschaft als Verpflichtung<br />

Zu seinem 80 Geburtstag hat Hans-<br />

Peter Dürr, Träger des Alternativen<br />

Nobelpreises und als Mitglied von<br />

Pugwash International auch des<br />

Friedensnobelpreises, ein neues<br />

Buch veröffent licht. Unter dem Titel<br />

„Warum es ums Ganze geht“ entwickelt<br />

Dürr eine Vision von einer<br />

gewaltfreien und gerechten Zukunft.<br />

Eine Vorstellung davon, dass<br />

es in einer Weltgemeinschaft durch -<br />

aus mög lich ist, verantwortungsvoll<br />

und human auf und mit unserer<br />

Erde zu leben. Diese Überzeugung<br />

hebt sich wohltuend ab von den vielen<br />

apokalyptischen Szenarien, die<br />

den drohen den Kollaps beschreiben.<br />

Zwar warnt <strong>der</strong> Autor und verschließt<br />

nicht die Augen vor den<br />

von Menschen gemachten Problemen<br />

unserer Zeit.<br />

Das Buch mit dem Untertitel Neues<br />

Denken für eine Welt im Umbruch<br />

liest sich wie ein sehr persönlicher,<br />

biografischer Bericht. Mit den<br />

schreck lichen Kindheitserlebnissen<br />

im 2. Weltkrieg, aus dem sein Vater<br />

als vermisst nicht mehr zurück kehrt.<br />

Vorzeitig gereift, aber auch misstrauisch<br />

<strong>gegen</strong>über allen politischen<br />

Ideen, will sich <strong>der</strong> Student ausschließlich<br />

mit Naturwissenschaften<br />

beschäftigen. Die Physik sei etwas,<br />

was man experimentell und mathematisch<br />

objektiv überprüfen könne,<br />

diesem Wissen kann er mehr vertrauen<br />

als den Appellen <strong>der</strong> Politiker. Zugleich<br />

hat <strong>der</strong> junge Wissenschaftler<br />

das große Glück, vermutlich als einer<br />

<strong>der</strong> ersten Austauschstudenten 1953<br />

ein Stipendium für ein Studium an<br />

<strong>der</strong> kalifornischen Universität von<br />

Berkeley zu erhalten. „Berkeley war<br />

damals einer <strong>der</strong> interessantesten<br />

und aufregendsten Studien-und Forschungsplätze<br />

in <strong>der</strong> Physik“, erinnert<br />

sich Dürr. Edward Teller, <strong>der</strong><br />

1934 aus dem nationalsozialistischen<br />

Deutschland fliehen musste,<br />

nimmt den jungen Deutschen ohne<br />

Vorbehalte als Doktorvater an.<br />

Damit aber gerät Dürr unversehens<br />

ins Zentrum <strong>der</strong> Forschung, die auf<br />

die militäri sche Weiterentwicklung<br />

<strong>der</strong> atomaren Überlegenheit <strong>der</strong> USA<br />

gerichtet ist. Nicht von ungefähr wird<br />

Edward Teller <strong>der</strong> „Vater <strong>der</strong> Wasserstoffbombe“<br />

genannt, <strong>der</strong> als strikter<br />

Antikommunist noch bis in die 80er<br />

Jahre die Militärstrategie <strong>der</strong> USA<br />

voll und ganz unterstützt. Menschlich<br />

bleibt Hans-Peter Dürr dem Wissenschaftler<br />

Teller zeitlebens verbunden,<br />

von dessen politischer Haltung<br />

er sich deutlich distanziert. Was<br />

ihm während seiner Zeit in Kalifornien<br />

leicht fällt, da er sich ausschließlich<br />

mit Experimentalphysik beschäftigt<br />

und nicht in das Kernforschungsprogramm<br />

eingebunden ist.<br />

Frisch verheiratet tritt Dürr 1958 die<br />

Heimreise nach Deutschland an –<br />

und gerät mitten in die aufgeheizte<br />

politische Stimmung um eine mögliche<br />

militärische Aufrüstung mit<br />

Atom waffen. Bundeskanzler Konrad<br />

Adenauer ist ebenso ein<br />

Befürworter wie<br />

Franz Josef<br />

Strauß, <strong>der</strong><br />

1956 <strong>der</strong><br />

erste<br />

Atom-<br />

minister <strong>der</strong> Bundes republik wurde.<br />

Aber dieses Mal spielen die deutschen<br />

Naturwissenschaftler nicht<br />

mit: In <strong>der</strong> sogenannten „Göttinger<br />

Erklärung“ warnen 18 <strong>der</strong> renommiertesten<br />

deutschen Atomphysiker<br />

(darunter Werner Heisenberg, Otto<br />

Hahn, Max Born, Carl Friedrich von<br />

Weizsäcker) eindringlich und scharf<br />

vor einer <strong>der</strong> artigen Bewaffnung <strong>der</strong><br />

jungen Bundeswehr. Für Dürr, den<br />

29-jährigen Doktor <strong>der</strong> Physik, wird<br />

das die prägende Erfahrung: Wissenschaftler<br />

verlassen ihren Elfenbeinturm,<br />

um ihre Kompetenz in einer<br />

lebenswichtigen Debatte einzubringen.<br />

Für Dürr steht zunächst wie<strong>der</strong> die<br />

reine Lehre im Vor<strong>der</strong>grund. „Ich<br />

war einer, <strong>der</strong> den ganzen Tag über<br />

Physik nachdachte“, sagt er über<br />

sich selbst, angespornt vor allem<br />

durch seinen Vorgesetzten und<br />

Lehrer Werner Heisenberg. Doch<br />

die gesellschaftlichen und politischen<br />

Verhältnisse in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

zwingen auch ihn schließlich,<br />

Position zu beziehen. Als Direktor<br />

des Max-Planck-Instituts München<br />

erhält er 1975 einen Aufruf des<br />

damaligen Bundeskanzlers Helmut<br />

Schmidt (SPD): Er, Schmidt, brauche<br />

Vordenker<br />

Hans-Peter Dürr


dringend die Unterstützung <strong>der</strong> Wissenschaftler<br />

zum Ausbau <strong>der</strong> Kernenergie.<br />

Tatsächlich unterschreiben die<br />

Präsidenten <strong>der</strong> wichtigsten deutschen<br />

Forschungsinstitute einen Offenen<br />

Brief, <strong>der</strong> die friedliche Nutzung<br />

<strong>der</strong> Kernenergie als gute Sache postuliert.<br />

Nur Professor Hans-Peter Dürr<br />

unterschreibt nicht. Vom Präsidenten<br />

aller Max-Planck-Institute zur Rede gestellt,<br />

veröffentlicht er seine persönliche<br />

Einstellung in einem längeren<br />

Artikel in <strong>der</strong> Frankfurter Rundschau.<br />

Mit diesem Bekenntnis <strong>gegen</strong> jene<br />

Technologie und ihre Folgen hat Dürr<br />

vermutlich sein weiteres Lebensmotto<br />

festgelegt und konsequent beibehalten.<br />

Das Wissen und die Überzeugung<br />

setzt er in internationalen Gremien<br />

ein, etwa als Mitglied im Club of<br />

Wi<strong>der</strong>stand ist dringend notwendig – gestern wie heute.<br />

Rome o<strong>der</strong> seit 2007 als Ratsmitglied<br />

des World Future Council wie auch<br />

1987 unter dem Eindruck von Tschernobyl<br />

als Grün<strong>der</strong> von Global Challenges<br />

Network (GCN). Aber er ist ehrlich<br />

genug, sich ein Misslingen einzugestehen.<br />

Zum Beispiel, dass die Möglichkeit,<br />

sich digital zu vernetzen, mit<br />

den bescheidenen Mitteln einer Nicht-<br />

Regierungs-Organisation wie GCN,<br />

seinerzeit nicht bestand. „Aufgrund<br />

<strong>der</strong> hohen Komplexität <strong>der</strong> Aufgabe<br />

und <strong>der</strong> Notwendigkeit leistungsfähigerer<br />

Computer ist unser damaliges<br />

Scheitern aus heutiger Sicht mehr als<br />

verständlich“, erklärt Dürr rückblickend.<br />

Heute, über zwei Jahrzehnte später,<br />

gilt Dürr als international anerkannter,<br />

Mehr Infos?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

31<br />

wichtiger Vordenker für eine zukunftsfähige<br />

Gesellschaft. Was er sagt und<br />

schreibt ist deshalb so eindrucksvoll,<br />

weil er es nicht allein in naturwissenschaftlichen<br />

Kategorien ausdrückt,<br />

son<strong>der</strong>n in plastischen Bil<strong>der</strong>n und<br />

mit eigenen Erfahrungen belegt. Deshalb<br />

hören ihm auch physikalischer<br />

Laien gerne zu und lassen sich – hoffentlich<br />

– von seiner positiv-kritischen<br />

Weltanschauung überzeugen.<br />

von Cornelia Stadler<br />

Hans-Peter Dürr:<br />

Warum es ums Ganze geht<br />

Einführung von Dietlind Klemm<br />

und Frauke Liesenborghs<br />

189 Seiten, Hardcover,<br />

Oekom Verlag 2009, EUR 19,90.<br />

Fotos: © privat


32 Mehr Infos?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

FLUFFY CLOUDS<br />

Die trügerische Romantik <strong>der</strong> Kühltürme.<br />

Jürgen Nefzger enttarnt die scheinbare Idylle<br />

Auf den Fotos aus Jürgen Nefzgers<br />

Serie Fluffy Clouds sind idyllische<br />

Ansichten aus ganz Europa zu sehen:<br />

Schafe auf hügeliger Weide, Badende<br />

am Strand, ein einsamer Angler<br />

am Flussufer. Doch den Hintergrund<br />

dieser Motive bilden Kühltür-<br />

Freizeitpark an<br />

einem französischen<br />

<strong>Atomkraft</strong>werk<br />

Golfspiel<strong>der</strong> vor <strong>der</strong><br />

Kulisse von Sellafi eld,<br />

England<br />

me und Kernreaktoren, manchmal<br />

sind Wasserdunstwolken <strong>der</strong> einzige<br />

Hinweis darauf, was hinter dem<br />

nächsten Hügel steht.<br />

Nefzger (*1968 in Fürth) beruft<br />

sich beim Aufbau seiner Bil<strong>der</strong><br />

ganz bewusst auf die Ideale <strong>der</strong><br />

Romantik. Die mit klassischen Mitteln<br />

dargestellte Schönheit <strong>der</strong> Natur<br />

wird konterkariert durch die offensichtliche<br />

Brutalität <strong>der</strong> menschlichen<br />

Eingriffe. Letztlich folgt er<br />

<strong>der</strong> Fiktion <strong>der</strong> Atomlobby und präsentiert<br />

die heile Welt <strong>der</strong> Kernkraftnutzung.<br />

Doch dass wir um<br />

die Fragilität dieser behaupteten<br />

Sicherheit wissen, enttarnt die augenscheinliche<br />

Harmlosigkeit <strong>der</strong><br />

Bil<strong>der</strong> als trügerisch, die Idylle als<br />

überaus bedroht.<br />

Fluffy Clouds,<br />

Text von Ulrich Pohlmann,<br />

Gestaltung Jutta Herden<br />

Deutsch, Englisch,<br />

Französisch – 2009.<br />

144 Seiten, 73 farbige Abb.<br />

Verlag Hatje Cantz<br />

Preis 35,- EUR<br />

Fotos: © Verlag Hatje Cantz


Mehr Infos?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

BRANDAKTUELLE VERÖFFENTLICHUNG<br />

ZUR KERNENERGIE<br />

Im WECF-Buch „Die Kernfrage –<br />

Insi<strong>der</strong> berichten über ihre Erfahrungen<br />

mit <strong>der</strong> Kernenergie“ laden<br />

wir Sie ein auf eine Reise auf<br />

den Spuren des Urans – des Rohstoffs<br />

<strong>der</strong> Kernenergie. Woher<br />

kommt unser Atomstrom? Was<br />

steckt dahinter? Welche Auswirkungen<br />

gibt es und wer ist davon<br />

betroffen? Kernstück des Buches<br />

sind Interviews mit Insi<strong>der</strong>n – Männern<br />

und Frauen, die über ihre<br />

persönlichen Erfahrungen mit <strong>der</strong><br />

Kernenergie erzählen. Die Be-<br />

richte behandeln dabei<br />

die gesamte Prozesskette<br />

des Urans,<br />

von <strong>der</strong> Mine über<br />

das Kernkraftwerk<br />

bis hin zur Lagerung.<br />

Zusätzlich wird die<br />

fachliche Seite prägnant<br />

dargestellt.<br />

„Was haben eine<br />

deutsche Geschäftsführerin,<br />

eine irakische<br />

Forscherin<br />

33<br />

und eine russische Anwältin<br />

gemeinsam?“<br />

Sie alle erzählen von ihren Erfahrungen<br />

mit <strong>der</strong> Atomwirtschaft<br />

und lassen uns tief in ihre Leben<br />

blicken. Heraus kommt ein Buch<br />

„Die Kernfrage“, das auf gelungene<br />

Art informiert.<br />

Helfen Sie uns dabei, dass sich<br />

auch an<strong>der</strong>e die Kernfrage stellen<br />

und bringen Sie "Die Kernfrage"<br />

unter die Leute!<br />

Die Broschüre können Sie im Büro<br />

„<strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong>“ e.V.<br />

unter<br />

kontakt@muetter<strong>gegen</strong>atomkraft.de<br />

für 3,- Euro + Porto erwerben.


34 Mehr Infos?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

DIE 4. REVOLUTION<br />

Ein Kinofilm will die Welt verän<strong>der</strong>n<br />

„Die vierte Revolution – EnergyAutonomie“<br />

ist spektakuläres Kino und<br />

bedeutsame Botschaft zugleich. Der<br />

Film will nichts weniger als den Beweis<br />

antreten, dass die weltweite<br />

Energiewende möglich<br />

ist – wenn die Menschen es<br />

nur wollen. Der Dokumentarfi<br />

lm von Regisseur Carl A.<br />

Fechner beschreibt anhand<br />

von 10 visionären Protagonisten,<br />

darunter Nobelpreisträger,<br />

Umweltaktivisten,<br />

Unter nehmer, ein Banker<br />

und ein Politiker- wie die Energiewende<br />

in den nächsten<br />

30 Jahren zu schaffen ist.<br />

Und er soll zeigen, welche<br />

Chancen die Energierevolution<br />

für eine nachhaltige ökonomische<br />

Entwicklung und<br />

soziale und ökonomische<br />

Gerechtigkeit bietet. Der<br />

Name „Die 4. Revolution“<br />

soll dabei die Bedeutung unterstreichen,<br />

die <strong>der</strong> Energiewende<br />

nach <strong>der</strong> industriellen,<br />

<strong>der</strong> agroökonomischen<br />

und <strong>der</strong> informationstechnologischen<br />

Revolution für die Menschheit<br />

zukommt. Drei Jahre lang hat Regisseur<br />

Carl Fechner an dem 1, 5 Millionen<br />

Euro teuren Film gearbeitet. Gedreht<br />

wurde in zehn Län<strong>der</strong>n, auf vier<br />

Kontinenten. 116 Stunden Material –<br />

aus dem am Ende eine 90minütige<br />

Hochglanz-Kinoproduktion entstand,<br />

die die Menschen mitreißen soll.<br />

Möglich wurde <strong>der</strong> Film nur durch<br />

die fi nanzielle Unterstützung zahlreicher<br />

Öko-Unternehmen, Verbände<br />

und staatlicher Institutionen wie<br />

beispielsweise <strong>der</strong> rheinland-pfälzischen<br />

Landeszentrale für Umweltaufklärung.<br />

Auch <strong>der</strong> größte För-<br />

Foto: © 4-revolution.de<br />

<strong>der</strong>er des Projekts sitzt bei uns im<br />

Land – die Firma JUWI aus Wörrstadt.<br />

Das rasant wachsende Unternehmen<br />

kämpft selbst seit Jahren mit<br />

einer eigenen 100-Prozent-Kampagne<br />

für die Energiewende. Im Kinofi lm<br />

ist Firmengrün<strong>der</strong> Matthias Willenbacher<br />

als visionärer Unternehmer<br />

eine <strong>der</strong> zentralen Figuren. Vor gerade<br />

mal 15 Jahren träumte er<br />

noch davon, ein Windrad zu<br />

bauen. Heute macht die Firma<br />

Juwi rund 600 Millionen<br />

Euro Umsatz im Jahr und beschäftigt<br />

mehr als 750 Mitarbeiter<br />

weltweit. Im Film spielt<br />

Matthias Willenbacher nicht<br />

nur eine zentrale Rolle, weil er<br />

zu den führenden Projektentwicklern<br />

erneuerbarer Energien<br />

gehört, son<strong>der</strong>n weil er<br />

mit seiner Unternehmensführung<br />

immer wie<strong>der</strong> Zeichen<br />

setzt. So ist das JUWI-Bürogebäude<br />

in Wörrstadt das energieeffi<br />

zienteste <strong>der</strong> Welt<br />

und produziert mehr Energie<br />

als es verbraucht.<br />

Der Kinofi lm „Die 4. Revolution“<br />

zeigt aber nicht nur das<br />

technisch Machbare und die<br />

gigantischen High-Tech-Anlagen<br />

in den Industriestaaten, son<strong>der</strong>n<br />

er ist auch ein Film über globale Zusammenhänge:<br />

über Machtstrukturen,<br />

Politik, Lobbyismus und über<br />

den Zusammenhang von Armut und<br />

Energieversorgung. Dezentrale Projekte<br />

wie beispielsweise in Bangladesh<br />

zeigen, dass die Energiewende<br />

auch in Entwicklungslän<strong>der</strong>n ein<br />

Ausweg aus <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />

Misere sein kann. Dort wurden Frauen<br />

zu Energiewirten ausgebildet<br />

und mit Hilfe von Mikrokrediten für<br />

die arme Landbevölkerung mehr als<br />

400.000 Minisolaranlagen auf<br />

Dächern installiert.<br />

Quelle: www.4-revolution.de


Die Tageszeitung, Dienstag, 7, Juli 2009<br />

NEUE FILME AUF DVD<br />

Die Atomlüge<br />

(45 Minuten)<br />

Am 23. Februar 2010 lief die sehr informative<br />

und gut recherchierte Sendung<br />

im NDR Fernsehen mit dem<br />

Titel ‚Die Atomlüge’. Dabei wird aufgezeigt,<br />

mit welchen Behauptungen<br />

die Atomlobby die Bevölkerung belügt.<br />

Sehr erhellend. Sie ist auch unter<br />

folgendem Link zu sehen:<br />

http://www3.ndr.de/sendungen/<br />

45_min/videos/atomluege114.html<br />

Eine Kopie dieser Sendung auf<br />

DVD kann im Büro <strong>der</strong> MÜTTER<br />

GEGEN ATOMKRAFT e. V. kostenfrei<br />

angefor<strong>der</strong>t werden.<br />

Albtraum Atommüll<br />

(98 Minuten)<br />

Dieser Film beleuchtet die Problematik<br />

des Atommülls. Er zeigt, wie<br />

AKWs massiv die Umwelt belasten,<br />

selbst wenn die Anlagen<br />

unfallfrei funktionieren.<br />

Er kann bezogen werden bei<br />

‚absolut Medien Gmbh’,<br />

Adalbertstraße 15, 10997 Berlin.<br />

Tel. 030/28539870,<br />

www.absolutmedien.de,<br />

19,90 Euro.<br />

Mehr Infos?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

35<br />

Uranium – is it a country<br />

(53 Minuten)<br />

Eine Spurensuche nach <strong>der</strong><br />

Herkunft von Atomstrom. Ein<br />

Dokumentarfilm <strong>der</strong> Initiative<br />

"Strahlendes Klima".<br />

Der Film zeigt den globalen Weg<br />

von <strong>der</strong> Uranmine im australischen<br />

Outback bis zu den Atomreaktoren<br />

in Frankreich und<br />

Deutschland. Ein schmutziger<br />

Weg, <strong>der</strong> zerstörte Umwelt, kranke<br />

Menschen und jede Menge<br />

strahlenden Abfall hinterläßt.<br />

Kostenlos zum Verleih<br />

im Büro <strong>der</strong> "<strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong><br />

<strong>Atomkraft</strong> e.V."


36 Mehr Infos?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

COMEDY-KLAMAUK ZUR<br />

KLIMA-DEBATTE<br />

Science Busters auf dem Tollwood-Festival in München<br />

von Cornelia Stadler<br />

Ökologisch korrekt feiern. Diesen<br />

Anspruch vertritt das Festival Tollwood<br />

seit Anfang an, genauer gesagt,<br />

seit seiner Gründung im Sommer<br />

1988. Doch böse, respektive<br />

kritische Stimmen erklären, <strong>der</strong> umweltpolitische<br />

Anspruch sei längst<br />

einem rein kommerziellen gewichen.<br />

Die Macher wi<strong>der</strong>sprechen nicht nur<br />

heftig, sie bemühen sich auch, das<br />

Gegenteil zu beweisen. Mit Bio-zertifi<br />

zierten Lebensmitteln in <strong>der</strong> Gastronomie,<br />

mit Ökostrom von den Stadtwerken<br />

München, Eintrittskarten, die<br />

im Münchner Verkehrsverbund gelten<br />

und seit 2007 mit einem Extra-<br />

Zelt für Themen <strong>der</strong> „großen sozialen<br />

und ökologischen Fragen unserer<br />

Zeit“, wie es <strong>der</strong> Ankündigungs-Prospekt<br />

verheißt.<br />

Bei freiem Eintritt können sich die<br />

Besucher im Welt salon faszinierende<br />

Fotoausstellungen anschauen,<br />

sich über die neuesten Energietechniken<br />

des (Sponsors) Münchner<br />

Stadtwerke informieren o<strong>der</strong> an verschiedenenDiskussionsveranstaltungen<br />

mit Politikern, Experten und<br />

Aktivisten teilnehmen. Zwischen all<br />

den gelehrsamen und oft genug bedrohlich<br />

erscheinenden Inhalten ist<br />

Von außen zauberhaft beleuchtet, im Inneren handfeste Informationen: Der Weltsalon auf dem<br />

Münchner Tollwood-Festival<br />

Foto: © tollwood<br />

man gerne geneigt, sich <strong>der</strong> ökologischen<br />

Frage auch mal unterhaltsam<br />

zu nähern. Als Kabarett, das<br />

den Titel „Global Warming<br />

Party“ trägt, zum Beispiel. Darin versprechen<br />

die Science Busters, eine<br />

dreiköpfi ge österreichische Gruppe,<br />

Antworten auf die Fragen zu geben,<br />

„warum sich die Erde erwärmt, wer<br />

daran verdient und warum Kernenergie<br />

unser Leben retten könnte.“<br />

Die haben sich ja eine Menge vorgenommen,<br />

denkt man und ist gespannt.<br />

Vor dem geheimnisvoll bläulich<br />

schimmernden Globus sind auf<br />

<strong>der</strong> Bühne zwei Tische mit mehreren<br />

Gegenständen aufgebaut, dahinter<br />

sitzt jeweils ein leibhaftiger Physiker,<br />

Heinz Oberhummer, ehemaliger Professor<br />

<strong>der</strong> TU Wien sowie <strong>der</strong> Univ.-<br />

Lektor Werner Gruber, dazwischen<br />

als Mo<strong>der</strong>ator <strong>der</strong> Comedian Martin<br />

Puntigam im quietschgrünen Leiberl<br />

und einer ausgeleierten Trainingshose.<br />

Seine Ausstaffi erung ist allerdings<br />

auch das Witzigste an diesem<br />

Abend. Vom berühmten Schwarzen<br />

Humor österreichischer Kabarettisten<br />

ist kaum was zu spüren, bei dem<br />

fast zwei Stunden dauernden Versuch,<br />

Infos zu den oben genannten<br />

Fragen satirisch und verständlich zugleich<br />

über die Rampe zu bringen.<br />

Vieles von dem, was mit Hilfe von Diagrammen,<br />

Fotos und Filmen auf die<br />

Leinwand gebeamt wird, ist dem interessierten<br />

Publikum vermutlich<br />

nicht neu, an<strong>der</strong>es da<strong>gegen</strong> sorgt<br />

eher für Verwirrung. Die Schelte des<br />

physikalischen Theoretikers Oberhummer<br />

über die <strong>der</strong>zeitige Klimadiskussion,<br />

die „unwissenschaftlich“<br />

sei und das Gegenteil des CO 2 -Anstiegs<br />

leicht zu belegen. Sind alle<br />

klimabesorgten Menschen demnach<br />

blöd und hat es ähnliche Verän<strong>der</strong>ungen<br />

bereits vor Jahrhun<strong>der</strong>ttausenden<br />

gegeben, also ganz ohne jedes<br />

menschliche Zutun? Wenn dann<br />

auch noch Experimente mit brennenden<br />

Gummibärchen und heliumgefüllten<br />

Luftballons für aufklärerische<br />

Unterhaltung sorgen sollen,<br />

ist es kein Wun<strong>der</strong>, dass <strong>der</strong> Schlussapplaus<br />

mehr als dürftig ausfällt.<br />

Das Publikum unter dem Zeltdach:<br />

ratlos, aber hoffentlich weiter daran<br />

interessiert wie man mit weniger Energieverbrauch<br />

zu mehr Lebensqualität<br />

gelangen kann. Das Bemühen<br />

<strong>der</strong> Tollwood-Betreiber um dieses<br />

Ziel ist auf jeden Fall ein Weg in die<br />

richtige Richtung.


Wo kann ich mitmachen?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

Gruppe Mangfalltal<br />

MESSSTATION FÜR RADIOAKTIVITÄT<br />

von Caroline Schnei<strong>der</strong><br />

Die <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> betreiben<br />

seit 1993 eine eigene Meßstation<br />

für Radioaktivität. Bis 2003 war<br />

<strong>der</strong> Standort in Bruckmühl, seitdem<br />

ist sie in Westerham an einem Privathaus<br />

befestigt und wird von <strong>der</strong><br />

Ortsgruppenvorsitzenden <strong>der</strong> Bund<br />

Naturschutz Gruppe gepfl egt und<br />

ausgewertet.<br />

Die Datenüberwachung erfolgt mit<br />

Ermittlung <strong>der</strong> jeweiligen Tagesmittelwerte<br />

<strong>der</strong> Gammadosisleistung<br />

automatisch. Lediglich am<br />

STROMWECHSELN<br />

IM MANGFALLTAL<br />

Aktion zum Tschernobyltag 2009<br />

Zum 23.Mal jährte sich <strong>der</strong> Atomunfall<br />

von Tschernobyl am 26. April.<br />

Aus diesem Grund trafen sich die<br />

Frauen des Vereins „<strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong><br />

Atom kraft e.V.“ Gruppe Mangfalltal<br />

in Bad Aibling. Sie legten ein Atom-<br />

Monatsende müssen die Daten<br />

(Tagesmittelwerte und Luftdruckdaten)<br />

per Hand in den PC eingegeben<br />

werden, was ca. eine Stunde<br />

dauert.<br />

Längerfristig haben wir vor, eine<br />

Schaltung zu entwickeln, die die<br />

Daten direkt in den PC einspeist,<br />

so dass <strong>der</strong> Aufwand noch geringer<br />

wird.<br />

Die Messergebnisse werden<br />

im BN-Schaukasten, an den<br />

Foto: © privat<br />

zeichen aus Blüten als<br />

Mahnmal und um zum<br />

Wechsel – weg vom Atomstrom<br />

hin zu grünem<br />

Strom – aufzurufen.<br />

Ein Schwerpunkt des Vereins<br />

ist die Hilfsaktion<br />

„Kin<strong>der</strong> von Tschernobyl“.<br />

Wie schon in vielen vergangenen<br />

Jahren fanden<br />

erfolg reich Sammelaktionen<br />

von Lebensmittelpäckchen<br />

zu Weihnachten<br />

statt. Es wurden 392 Päckchen<br />

in die Ukraine an die Kin<strong>der</strong>krebsklinik<br />

Kiew, Waisenhäuser und<br />

Familien mit behin<strong>der</strong>ten Kin<strong>der</strong>n<br />

verteilt. Hier bedankt sich <strong>der</strong> Verein<br />

ganz herzlich nochmals bei den<br />

Sammelstellen, den Kin<strong>der</strong>gärten in<br />

37<br />

An schlag fl ächen <strong>der</strong> Gemeindebücherei<br />

und am Rathaus Feldkirchen-Westerham<br />

veröffentlicht.<br />

Außerdem natürlich auf <strong>der</strong> MgA-<br />

Homepage. Es gab allerdings<br />

noch keinerlei Nachfragen aus<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung. Falls bei uns<br />

einmal erhöhte Werte gemessen<br />

werden sollten, die einen Alarm<br />

auslösen, würden wir uns mit dem<br />

Umweltinstitut München in Verbindung<br />

setzen.<br />

Feldkirchen und Götting, den Grundschulen<br />

Götting und Vagen, <strong>der</strong><br />

Familie Pauls in Au und bei <strong>der</strong> Firma<br />

Roadrunner in Heufeld, die den<br />

Transport nach München zur Verfügung<br />

stellte.<br />

Beson<strong>der</strong>s dankenswert ist noch die<br />

Arbeit, die Frau Salminger-Tosa in<br />

die Anfertigung von zahlreichen Kin<strong>der</strong>pullis,<br />

Mützchen und passenden<br />

Schals gesteckt hat. Zur fi nanziellen<br />

Unterstützung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>krebsklinik<br />

in Kiew wurde <strong>der</strong> Verkaufserlös von<br />

in <strong>der</strong> Ukraine hergestellten Weihnachtskugeln<br />

und Ostereiern komplett<br />

überwiesen. Hier bedankt sich<br />

<strong>der</strong> Verein beson<strong>der</strong>s beim Team<br />

<strong>der</strong> Bücherei Feldkirchen, <strong>der</strong> beiden<br />

Eine-Welt-Läden Feldkirchen<br />

und Bruckmühl und beim Bioladen<br />

Ährensache in Bad Aibling, wo die<br />

Kugeln und Eier angeboten wurden.<br />

Anita Fuchs,Bad Aibling<br />

Tel.: 08061-37971<br />

AnitaDieter.Fuchs@gmx.net


38 Wo kann ich mitmachen?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

Gruppe Nürnberg<br />

GEGENWIND HAT<br />

SEIN GUTES<br />

Initiative «<strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong>» will<br />

aus Schwarz-Gelb neue Kraft gewinnen<br />

Geschockt sei sie vom Wahlsieg für Schwarz-Gelb, sagt<br />

Barbara Geier-Häckh von <strong>der</strong> Nürnberger Initiative «<strong>Mütter</strong><br />

<strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong>». Denn mit <strong>der</strong> neuen Koalition in Berlin<br />

rückt <strong>der</strong> Atomausstieg wohl in weite Ferne. Doch <strong>der</strong> politische<br />

Gegenwind habe auch sein Gutes, meint die 56-Jährige:<br />

Er mache die Anti-<strong>Atomkraft</strong>bewegung nur stärker.<br />

Frau Geier-Häckh, CDU und FDP<br />

sind gewählt worden, obwohl sie<br />

angekündigt haben, dass sie die<br />

Laufzeiten <strong>der</strong> <strong>Atomkraft</strong>werke über<br />

2021 hinaus verlängern wollen. Sind<br />

sie enttäuscht von den Wählern?<br />

Barbara Geier-Häckh: Nein. Denn<br />

eine aktuelle Umfrage hat gezeigt,<br />

dass 57 Prozent <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

<strong>gegen</strong> eine Verlängerung <strong>der</strong> Laufzeiten<br />

ist. Bei den CDU- und FDP-<br />

Wählern sind es immerhin 40 Prozent.<br />

Bei <strong>der</strong> Bundestagswahl scheinen<br />

für die Menschen nur lei<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Themen wichtiger gewesen<br />

zu sein. Die versprochenen Steuererleichterungen<br />

etwa.<br />

Vielen scheint ein gefüllter Geldbeutel<br />

also wichtiger zu sein als die Energiewende.<br />

Sehen Sie nach dem politischen<br />

Wandel schwarz für Ihren<br />

Kampf <strong>gegen</strong> Atom- und für Öko-<br />

Strom?<br />

Geier-Häckh: Sicher nicht. Mir<br />

macht es Mut, dass kurz vor <strong>der</strong><br />

Wahl 50 000 Menschen in Berlin für<br />

den raschen Atomausstieg demonstriert<br />

haben. Ich denke, die Zahl <strong>der</strong><br />

Kernkraftgegner nimmt zu. Auch wir<br />

von «<strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong>» haben<br />

seit <strong>der</strong> Wahl eine Aktive mehr, die<br />

Barbara Geier-Häckh von <strong>der</strong> Initiative<br />

«<strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V.».<br />

Foto: © Hippel<br />

mit <strong>der</strong> Energiepolitik von Schwarz-<br />

Gelb unzufrieden ist.<br />

Sieben Frauen gehören in Nürnberg<br />

zu «<strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong>» - was<br />

können Sie ausrichten <strong>gegen</strong> die<br />

große Politik und die Energiekonzerne?<br />

Geier-Häckh: Wir informieren in Kulturläden<br />

und an Infoständen, wie<br />

je<strong>der</strong> einzelne seinen Atomausstieg<br />

praktizieren kann - nämlich mit<br />

einem Wechsel zu einem Ökostrom-<br />

Anbieter. Das ist ganz leicht und<br />

macht im besten Fall Atomstrom<br />

irgendwann unverkäufl ich. Außerdem<br />

engagieren wir uns für die<br />

«ständige Vertretung» <strong>der</strong> deutschen<br />

<strong>Atomkraft</strong>gegner in Berlin, die<br />

Druck macht auf CDU und FDP. Und<br />

in Nürnberg for<strong>der</strong>n wir schon lange<br />

eine Solar- o<strong>der</strong> Passivhaussiedlung,<br />

erfolglos.<br />

Was sind Ihre Befürchtungen für die<br />

Zukunft?<br />

Geier-Häckh: Es ist ja bislang kaum<br />

durchschaubar, was CDU und FDP<br />

wirklich wollen. Aber es alarmiert<br />

mich, dass Atommeiler am Netz bleiben<br />

sollen, die schon in <strong>der</strong> letzten<br />

Legislaturperiode abgeschaltet<br />

gehört hätten, weil sich die Störfälle<br />

häufen. Ich verstehe auch nicht,<br />

warum Schwarz-Gelb an dieser<br />

Dinosaurier-Technologie festhalten<br />

will. Schließlich sind es die erneuerbaren<br />

Energien, die bislang 280 000<br />

neue Jobs gebracht haben und<br />

durch zügigen Ausbau den Atomstrom<br />

ersetzen können.<br />

Was motiviert Sie persönlich, seit 23<br />

Jahren, seit dem Reaktorunfall in<br />

Tschernobyl, <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> zu<br />

kämpfen?<br />

Geier-Häckh: Allein <strong>der</strong> Gedanke<br />

daran, wie unverantwortlich es ist,<br />

AKWs zu betreiben, ohne zu wissen,<br />

wohin <strong>der</strong> Müll soll, treibt mich<br />

an. Der Wassereinbruch im Atommüll-Salzstock<br />

Asse II ist eine<br />

Katastrophe. Umso schlimmer ist<br />

es, dass Schwarz-Gelb daran festhält,<br />

Endlager in Salzstöcken einzurichten.<br />

Es ist das Wissen um all<br />

diese Missstände, das mich<br />

antreibt, in <strong>der</strong> Anti-Atom-Arbeit<br />

nicht nachzulassen<br />

Interview: Ute Möller, NÜRNBER-<br />

GER NACHRICHTEN, 14.10.2009


Wo kann ich mitmachen?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

Gruppe Pfaffenhofen an <strong>der</strong> Ilm<br />

SCHÖNER SCHMUCK FÜR GUTEN ZWECK<br />

Handgefertigte Ostereier in Batik-<br />

Technik aus <strong>der</strong> Ukraine, farbenfroh<br />

und fantasievoll, werden wie jedes<br />

Jahr von den „<strong>Mütter</strong>n <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong>“<br />

bei folgenden Firmen zum Kauf<br />

angeboten: Naturkost Mandala, Linden-Apotheke,<br />

Buchhandlung Kilgus,<br />

Schuhhaus Walter, Bäckerei Rumetshofer<br />

und Bäckerei Wörmann in Ilmmünster.<br />

Der ge samte Erlös geht wie<strong>der</strong><br />

an die Kin<strong>der</strong>onkologie in Kiew,<br />

die seit <strong>der</strong> Reaktorkatastrophe von<br />

Tschernobyl im April 1986 von den<br />

<strong>Mütter</strong>n <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> unterstützt<br />

wird. Die atomare Verseuchung verursacht<br />

immer wie<strong>der</strong> neue Krebsfälle,<br />

beson<strong>der</strong>s häufi g Schilddrüsenkrebs.<br />

Die Spenden werden für hochwertige<br />

Arzneimittel, sowie diagnostische und<br />

therapeutsche Geräte verwendet.<br />

Die Menschen von Tschernobyl werden<br />

die Unterstützung noch für ihre<br />

Kindeskin<strong>der</strong> brauchen, denn die<br />

Verstrahlung hält noch für lange Zeit<br />

an. Der Erlös aus den Spenden<br />

betrug 750,- Euro.<br />

Kunstwerke für den<br />

Christbaum<br />

Pfaffenhofen (PK) Wun<strong>der</strong>schöne<br />

Weihnachtskugeln, die Frauen aus<br />

<strong>der</strong> Ukraine in feiner Handarbeit hergestellt<br />

haben, verkaufen die „<strong>Mütter</strong><br />

<strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong>“ wie jedes Jahr<br />

beim Adventsmarkt „Eine Welt für<br />

Alle“ am Sonntag, 6. Dezember, im<br />

evangelischen Gemeindezentrum.<br />

Außerdem sind die kleinen Kunstwerke<br />

in <strong>der</strong> Lindenapotheke, bei<br />

Naturkost Mandala, in <strong>der</strong> Bäckerei<br />

Rumetshofer, im Schuhhaus Walter<br />

und in <strong>der</strong> Bäckerei Wörmann in Ilmmünster<br />

erhältlich. Der Erlös fl ießt<br />

an die Kin<strong>der</strong> von Tschernobyl für<br />

Aus dem Pfaffenhofener Kurier - Heimatzeitung für<br />

den Landkreis Pfaffenhofen an <strong>der</strong> Ilm - Ausgabe<br />

PK Nr. 71, Donnerstag, 26. März 2009, Seite 25<br />

Artikel aus dem Pfaffenhofener Kurier - Heimatzeitung für den Landkreis Pfaffenhofen an <strong>der</strong><br />

Ilm - Ausgabe PK Nr. 275, Samstag/Sonntag, 28./29. November 2009, Seite 25<br />

medizinische Geräte und Medikamente<br />

und an das Projekt „Peru –<br />

Kampf für ein besseres Leben“.<br />

Geldspenden zugunsten <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong><br />

von Tschernobyl sind außerdem will-<br />

39<br />

Foto: © W. Hailer<br />

Foto: © W. Hailer<br />

kommen auf das Konto „<strong>Mütter</strong><br />

<strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong>“, Nummer 7 85 73<br />

bei <strong>der</strong> Raiffeisenbank Pfaffenhofen,<br />

Spendenquittungen können unter<br />

Telefon (0 84 41) 66 37 angefor<strong>der</strong>t<br />

werden.


40 Wo kann ich mitmachen?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

Bil<strong>der</strong> oben und rechts: Infostand <strong>der</strong> „<strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong><br />

<strong>Atomkraft</strong>“ – Gruppe Pfaffenhofen.<br />

Bil<strong>der</strong> unten: Kin<strong>der</strong> malen für Kin<strong>der</strong> in Peru - Aktion „Eine Welt<br />

für Alle“. Die Bil<strong>der</strong> werden auf dem Adventsmarkt verkauft.<br />

Gruppe Pfaffenhofen an <strong>der</strong> Ilm<br />

KREISSTADT SETZT AUF ÖKOSTROM<br />

Bravo, endlich ist da ein Politiker,<br />

<strong>der</strong>, angesichts des drohenden Klimawandels,<br />

nicht nur redet, son<strong>der</strong>n<br />

gleich jährlich 1500 t CO ² einspart<br />

mit einem Vertrag, <strong>der</strong> unserer Stadt<br />

auf 4 Jahre Strom aus 100 % erneuerbaren<br />

Energien zusichert! Aber,<br />

was steckt wirklich dahinter? Laut<br />

eigener Homepage setzt sich <strong>der</strong><br />

E.ON Energiemix zusammen aus<br />

20 % Kernkraft, 65 % fossilen und<br />

sonstigen Energieträgern sowie<br />

15 % erneuerbaren Energien (hauptsächlich<br />

Wasserkraft). Wenn also<br />

ein Kunde – wie hier die Stadt Pfaffenhofen<br />

– Strom aus 100 % regenerativen<br />

Energien bestellt, so bekommt<br />

er diesen selbstverständlich <strong>gegen</strong><br />

einen kleinen Aufpreis. Zurückgefahren<br />

wird dafür aber we<strong>der</strong> Kohle-<br />

noch Kernkraft, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> „Energiemix“,<br />

den die konventionellen<br />

Kunden erhalten, än<strong>der</strong>t sich halt<br />

geringfügig um 0,.. Prozent. Ein Bürgermeister<br />

mit Managerqualitäten<br />

sollte dieses Spielchen eigentlich<br />

durchschauen! Die in <strong>der</strong> Presse so<br />

hoch gelobte Aktion ist also nichts<br />

an<strong>der</strong>es als billige Publicity, sowohl<br />

für die Stadt wie auch für E.ON. Wäre<br />

es unseren Stadtvertretern wirklich<br />

um ehrlichen Klimaschutz gegangen,<br />

so hätten sie zu einem Anbieter<br />

wechseln müssen, <strong>der</strong> ausschließ-<br />

lich regenerativen Strom erzeugt<br />

und seinen Gewinn großenteils wie<strong>der</strong><br />

in erneuerbare Energien investiert.<br />

Immerhin ist E.on Kernkraft die<br />

größte private Kernenergiegesellschaft<br />

Europas und betreibt u.a. das<br />

veraltete und unsichere <strong>Atomkraft</strong>werk<br />

Isar I und II im benachbarten<br />

Landkreis Landshut.<br />

Listen von Anbietern von echtem<br />

Ökostrom gibt es beim Bund Naturschutz,<br />

bei den <strong>Mütter</strong>n <strong>gegen</strong><br />

<strong>Atomkraft</strong> o<strong>der</strong> einfach im Internet.<br />

Elisabeth Fischer, Leserbrief im<br />

Pfaffenhofener Kurier vom 29.11.09


Gruppe Pfaffenhofen an <strong>der</strong> Ilm<br />

UNSERE AKTIONEN IN 2009<br />

• Monatl. Sitzungen zu aktuellen<br />

Themen und Planungen.<br />

• Teilnahme an den Kontaktfrauen<br />

Treffen u. <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

in MUC<br />

• Ostereieraktion für die Kin<strong>der</strong> von<br />

Tschernobyl mit Presseartikel,<br />

Erlös 750.- Euro<br />

• Infostand zum Tschernobyl<br />

Gedenktag am Hautplatz in PAF mit<br />

Unterschriften-Aktion <strong>gegen</strong> Laufzeitverlängerung<br />

u. zur Haftpfl ichtproblematik<br />

<strong>der</strong> AKWs. Rosen mit<br />

Stromwechselbroschüren, Halbedelsteine<br />

und Luftballons für Kin<strong>der</strong><br />

verteilt.<br />

• Verteilung an Haushalte von über<br />

Tausend IPPNW-Broschüren und<br />

MgA-Infoblätter ( Argumente <strong>gegen</strong><br />

AKWs) in PAF und Landkreis.<br />

• Sommerspaziergang <strong>der</strong> Gruppe<br />

mit anschließendem Abendessen<br />

im Biorestaurant bei Kranzberg.<br />

• PAF-MgA-<strong>Mütter</strong> fahren nach<br />

Berlin zur großen Antiatom-Demo<br />

vor <strong>der</strong> Bundestagswahl.<br />

• Infostand am Hauptplatz in PAF vor<br />

<strong>der</strong> Bundestagswahl: Haftpfl icht<br />

und Endlagersuche.<br />

• Beteiligung am Adventsmarkt „Eine<br />

Welt für Alle“ im ev. Gemeindezentrum<br />

PAF mit malen für Kin<strong>der</strong> zum<br />

Projekt: „Peru – Kampf für ein bes-<br />

Gruppe Fürstenfeldbruck<br />

MIT ANDEREN KINDERN GETEILT<br />

Am 11. November durften unsere<br />

Kin<strong>der</strong> ein schönes Martinsfest<br />

erleben. Dass es nicht allen Kin<strong>der</strong>n<br />

gut geht thematisierte <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>garten in den vergangenen<br />

Wochen. Nach dem Vor-<br />

Kin<strong>der</strong> im Kin<strong>der</strong>garten<br />

Adelshofen<br />

bild des Heiligen Martin wollten<br />

Kin<strong>der</strong> und Eltern ein Zeichen<br />

setzen und sammelten Lebensmittel,<br />

Kuscheltiere und Süßigkeiten<br />

für die kranken Kin<strong>der</strong> in<br />

Tschernobyl. Insgesamt sechs<br />

Wo kann ich mitmachen?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

41<br />

seres Leben“. Seit 20 Jahren mit<br />

Nikolaus-„Mo<strong>der</strong>atorin“ Sonja Preller<br />

und Weihnachtskugelverkauf.<br />

• Weiterer Weihnachtkugelverkauf<br />

über verschiedene Geschäfte für<br />

Kin<strong>der</strong> von Tschernobyl – Erlös:<br />

450,- Euro und 2 Presseartikel.<br />

• Spenden <strong>der</strong> Gruppe für Kin<strong>der</strong><br />

von Tschernobyl 400,- Euro<br />

• Beteiligung an Demo zum Weltklimatag.<br />

• Weihnachtsfeier <strong>der</strong> Gruppe<br />

• Leserbrief <strong>der</strong> MgA an PAF-Kurier<br />

zum Eon-„Öko“-Stromvertrag mit<br />

<strong>der</strong> Stadt Pfaffenhofen.<br />

Zusammenstellung: Kiki Mittelstaedt<br />

Pakete packten die Kin<strong>der</strong> für<br />

die Aktion „<strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong>"<br />

im Kin<strong>der</strong>garten Adelshofen<br />

und brachten sie gemeinsam<br />

im Bollerwagen zur Sammelstelle.<br />

Foto: © TB


42 Wo kann ich mitmachen?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

Gruppe Fürstenfeldbruck<br />

UNSERE PLAKATWAND IM STADTZENTRUM<br />

Wie jedes Jahr um den Tschernobyljahrestag<br />

gestalteten Agnes Grimm<br />

und Marianne Klehmet am Viehmarktplatz,<br />

mitten in FFB eine vom 28.April<br />

bis 7. Mai 2009 gemietete Plakatwand<br />

zum Thema Atomares Risiko. Lei<strong>der</strong><br />

verunglückte <strong>der</strong> Fotoversuch und wir<br />

können heuer kein Anschauungsmaterial<br />

liefern. Der Ostereierverkauf verlief<br />

sehr erfolgreich, es gibt mittlerweile<br />

schon Stammkunden. Wir konnten<br />

hierfür einen Erlös von 610 Euro<br />

überweisen. Unsere ebenso etablierte<br />

Gruppe Ottobrunn<br />

Päckchenaktion im November ergab<br />

mehr als 60 Lebensmittelpakete und<br />

eine Menge Klei<strong>der</strong>pakete, die Robert<br />

Lang zur Spedition nach Riem fuhr.<br />

Die Päckchen werden jedes Jahr an<br />

drei Standorten gesammelt: in FFB<br />

bei Familie Promper/Aicher Str. 1, in<br />

Althegnenberg bei Familie Lang,<br />

Schulstraße 9, und in Adelshofen bei<br />

<strong>der</strong> Raiffeisenbank. Insgesamt war<br />

bei allen Mitwirkenden eine hohe<br />

Spendenbereitschaft zu erkennen im<br />

Hinblick auf Transport und allgem.<br />

SAMMELN MIT GESANG<br />

<strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. am 05. und 06. Dezember<br />

Spenden. Die Weihnachtsaktion mit<br />

dem Verkauf von selbstgestalteten<br />

Buchskränzen von Carla Fink und<br />

Waltraud Promper ergab einen Erlös<br />

von 150 Euro. Wir haben zwar keine<br />

Treffen mehr, aber bei den verschiedenen<br />

Aktionen wird klar, dass wir<br />

zusammen immer noch ein Thema<br />

und ein Ziel haben.<br />

Aktionen 2009 zusammengestellt<br />

von Petra Lang, Althegnenberg,<br />

familie-lang@web.de


Gruppe Unterschleißheim<br />

ENERGIETAG zum Umwelt- und<br />

Klimaschutz präsentieren 50 Firmen und Initiativen Ihre Ideen<br />

Atomenergiegegnerin Gina Gillig.<br />

Nachgefragt<br />

Machen Sie politisch mobil?<br />

Gina Gillig ist Vorsitzende des gemeinnützigen<br />

Vereins „<strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong><br />

e.V.“ und Vorstandsmitglied des<br />

Vereins „Bürger <strong>gegen</strong> Atomreaktor<br />

Garching e.V.“. Beim Tag <strong>der</strong> Energie<br />

warb sie mit an<strong>der</strong>en <strong>Mütter</strong>n für den<br />

Ausstieg aus <strong>der</strong> <strong>Atomkraft</strong>.<br />

Die Hilfsaktion<br />

«Kin<strong>der</strong> von<br />

Tschernobyl» 2009<br />

in Unterschleißheim<br />

war wie<strong>der</strong> ein voller<br />

Erfolg.<br />

Wir haben insgesamt<br />

327 Lebensmittelpakete<br />

gesammelt,<br />

und Kin<strong>der</strong>kleidung<br />

und Spielsachen.<br />

Der 7,5 t-LKW war<br />

gerammelt voll.<br />

Es haben mehrere<br />

Kin<strong>der</strong>gärten und<br />

Schulen mitgemacht<br />

wie z. B. die Schule<br />

in Haimhausen und<br />

die GS Johann-<br />

Schmid-Schule in<br />

Unterschleißheim.<br />

SZ: „Mal richtig abschalten“ lautet<br />

Ihr Slogan. Warum?<br />

Gillig: Wir möchten möglichst viele<br />

Menschen zum persönlichen Atomausstieg<br />

bewegen. Wir brauchen<br />

dringend einen Umbau des Energiesystems<br />

in Deutschland – das hat<br />

<strong>der</strong> Verbraucher in <strong>der</strong> Hand.<br />

SZ: Was kann <strong>der</strong> tun?<br />

Gillig: Je mehr Menschen auf Ökostrom<br />

umsteigen, desto schneller werden<br />

die regenerativen Energien den<br />

Atom- und Kohlestrom verdrängen,<br />

aufgrund <strong>der</strong> Investitionen in neue,<br />

regenerative Stromerzeugungs an lagen.<br />

Es kommt darauf an, dass <strong>der</strong><br />

Kunde nicht m ehr an einen Atomkonzern<br />

bezahlt, son<strong>der</strong>n an einen Ökostromer,<br />

<strong>der</strong> nicht mit den Atomkonzernen<br />

verbandelt ist. Unter www. Atomausstieg-selber-machen.de<br />

fi ndet<br />

man die Anbieter, die wir empfehlen.<br />

Wo kann ich mitmachen?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

43<br />

SZ: Angenommen, Schwarz-Gelb<br />

gewinnt die Bundestagswahl. Was<br />

würde das für Sie bedeuten?<br />

Gillig: Das wäre ein großer Rückschritt.<br />

Es würde bedeuten, dass die<br />

Laufzeiten <strong>der</strong> <strong>Atomkraft</strong>werke verlängert<br />

würden. Manche Politiker<br />

aus CSU und CDU wollen sogar<br />

neue <strong>Atomkraft</strong>werke, damit blockieren<br />

sie den Ausbau regenerativer<br />

Energien.<br />

SZ: Nutzen Sie den Energietag auch,<br />

um politisch mobil zu machen?<br />

Gillig: Wir rufen dazu auf, am 5. September<br />

an <strong>der</strong> bundesweiten Anti-<br />

Atom-Demo in Berlin teilzunehmen.<br />

Mit <strong>der</strong> Demo wollen wir deutlich<br />

machen, dass die Mehrheit <strong>der</strong><br />

Bevölkerung keine <strong>Atomkraft</strong> will.<br />

Unter www. Muetter<strong>gegen</strong>atomkraft.<br />

de kann man sich anmelden, mit<br />

nach Berlin zu fahren.<br />

Interview:<br />

Ines Alwardt<br />

Süddeutsche Zeitung Nr. 124 LKN<br />

Fotos: © privat


44 Wo kann ich mitmachen?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

Gruppe Unterschleißheim<br />

Unbekannte <strong>Atomkraft</strong>gegner hatten<br />

CSU-Werbung beklebt. „Von Vandalismus<br />

zu sprechen angesichts <strong>der</strong><br />

Gefahren, die diese Parteien ihrem Volk<br />

antun“, steht in keinem Verhältnis, fi ndet<br />

die Unterschleißheimerin Gina Gillig.<br />

Aber mit solch relativ kleinen Aktionen<br />

– nach außen deutlich sichtbar – könne<br />

man Aufmerksamkeit bei den Atomparteien<br />

erregen.


Wo kann ich mitmachen?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

Gruppe Unterschleißheim<br />

EINEN TAG VOLLER LANDLEBEN<br />

Da sind auch starke Jungs erst mal<br />

sehr vorsichtig. Denn wer von den<br />

Stadtkin<strong>der</strong>n ist schon vertraut im<br />

Umgang mit Kühen, Pferden und<br />

ungestümen Kälbern? Aber es dauert<br />

nicht lange, dann wissen die Kin<strong>der</strong><br />

aus Unterschleißheim, wie man das<br />

Heu richtig verfüttert und gekonnt mit<br />

<strong>der</strong> Mistgabel umgeht. In den letzten<br />

Sommerferien war es wie<strong>der</strong> soweit:<br />

Der Erlebnistag auf dem Biobauernhof,<br />

den die <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong><br />

e.V. jetzt schon traditionsmäßig veranstalten.<br />

Die Kin<strong>der</strong> riechen und schme-<br />

45<br />

cken und erfahren ganz nebenbei eine<br />

Menge über naturnahe Landwirtschaft.<br />

Nach einer kräftigen Brotzeit<br />

und einer ausgelassenen Toberei auf<br />

<strong>der</strong> Sprungmatte kommen sie müde,<br />

aber ausgefüllt mit neuen Eindrücken<br />

wie<strong>der</strong> nachhause.<br />

Fotos: © privat


Nachruf<br />

DANKE, JÖRG HUBE<br />

22.11.1943 – 19.6. 2009<br />

Jörg Hube<br />

Foto: © privat<br />

War das nicht erst vor kurzem, dass<br />

wir ihn auf <strong>der</strong> Bühne im Alten Rathaus<br />

gesehen haben? Wie er in<br />

einem furiosen Auftritt als „Herzkasperl“<br />

seine Empörung über die<br />

<strong>Atomkraft</strong> und die Kräfte, die sie<br />

unterstützen, hinaus gebrüllt hat. So<br />

ungestüm und mitreißend war dieser<br />

Jörg Hube, dass wir, die Zuschauer<br />

ganz benommen waren, bis <strong>der</strong> Beifallssturm<br />

ihn und uns erlösten.<br />

Dabei hatte er seine Vorstellung bei<br />

<strong>der</strong> Benefi zmatinee zum 20. Jahrestag<br />

von Tschernobyl (23. April 2006!)<br />

eher grantig begonnen: jetzt sei er<br />

schon so weit, dass er sogar bei den<br />

<strong>Mütter</strong>n <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> auftrete.<br />

Aber das war eben typisch für diesen<br />

außergewöhnlichen Schau spieler<br />

und mitunter schwierigen Menschen.<br />

Er verschanzte sich gern hinter<br />

einer stachligen Schale, um dann<br />

umso deutlicher zu zeigen, wie wichtig<br />

ihm die Sache ist. Denn er hatte<br />

sich die Mühe gemacht, in seinem<br />

langjährigen, erprobten Stück „Herzkasperl“<br />

eigens eine längere Passage<br />

für diesen Auftritt neu zu schreiben<br />

und einzustudieren. Was uns<br />

davon geblieben ist, sind viele Szenenfotos,<br />

aber lei<strong>der</strong> nicht <strong>der</strong> Text.<br />

Jörg Hube hat seiner Krankheit zum<br />

Trotz bis in die letzten Monate vor<br />

seinem Tod gearbeitet, hatte Pläne,<br />

die er gemeinsam mit den Well-Brü<strong>der</strong>n<br />

verwirklichen wollte, doch <strong>der</strong><br />

Tod war schneller. Erstaunlich, mit<br />

Jörg Hube als "Herzkasperl" bei <strong>der</strong> Benefi zvorstellung am 23. April 2006 im Alten Rathaus, München<br />

Wo kann ich mitmachen?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

47<br />

welch klarer, fast distanzierten Haltung<br />

er die Erzählung „Krebs“ vorliest.<br />

Darin beschreibt <strong>der</strong> kabarettistische<br />

Kollege Werner Schney<strong>der</strong><br />

den Krankheits- und Behandlungsverlauf<br />

seiner Frau; Jörg Hube als<br />

Sprecher des Hörbuchs konnte sich<br />

in diesen Kampf wohl sehr gut einfühlen.<br />

Uns bleibt <strong>der</strong> Schauspieler lebendig<br />

in seinen Filmen, beson<strong>der</strong>s als<br />

Kommissar Grandauer in <strong>der</strong><br />

„Löwengrube“, in den aufgezeichneten<br />

Theaterstücken und als literarischer<br />

Sprecher etlicher Hörbücher,<br />

darunter Werke von Lion Feuchtwanger,<br />

Oskar Maria Graf, Viktor Klemperer<br />

u.a..<br />

Als am 19. Juni letzten Jahres sein<br />

Tod bekannt wurde, haben viele seiner<br />

künstlerischen Weggefährten<br />

sehr persönliche Nachrufe veröffentlicht.<br />

Das Bayerische Fernsehen<br />

widmete ihm eine Lange Jörg-<br />

Hube–Nacht.<br />

Auch wir, <strong>der</strong> Umweltverein <strong>Mütter</strong><br />

<strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong>, sagen ihm noch<br />

einmal posthum Dank dafür, dass er<br />

sich so vehement für eine bessere<br />

Zukunft eingesetzt hat.<br />

Cornelia Stadler<br />

Fotos: © privat


TERMINE<br />

Die <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e. V.<br />

nehmen teil am Ökumenischen<br />

Kirchentag in München zusammen<br />

mit WECF (www.wecf.de) und projekt21plus<br />

(www.projekt21plus.de).<br />

Ort: München, Neue Messe,<br />

Halle B4, Stand E25<br />

Zeit: Do 13. Mai 2010,<br />

10:30-20:00 Uhr<br />

Fr 14. Mai 2010,<br />

10:30-20:00 Uhr<br />

Sa 15. Mai 2010,<br />

10:30-17:00 Uhr<br />

Neubiberg, 22.04.2010:<br />

Thema Postfossile Mobilität.<br />

Jörg Schindler, Autor des Buchs<br />

‘Peak Oil‘, im Haus für Weiter bildung<br />

(kleiner Saal)<br />

Beginn 19.30 Uhr<br />

Eintritt frei<br />

Friedensmuseum Nürnberg:<br />

Noch bis zum 26. April 2010<br />

(Tschernobyltag). Ausstellung zum<br />

historischen Wi<strong>der</strong>stand <strong>gegen</strong> die<br />

atomare Wie<strong>der</strong>aufarbeitungsanlage<br />

Wackersdorf (WAA) wie zum<br />

aktuellen Kampf um den Atomausstieg.<br />

Kontakt:<br />

Friedensmuseum Nürnberg,<br />

Kaulbachstr. 2, 90408 Nürnberg,<br />

Tel. 0911/3609577<br />

www.friedensmuseum.odn.de<br />

Die gestrige Aktion war super! Die<br />

Gorlebener sind total witzig drauf,<br />

es hat großen Spaß gemacht.<br />

Ursula Setzwein und Elke Both<br />

haben Doris und mich tatkräftig<br />

Wo kann ich mitmachen?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

VORSTANDSARBEIT<br />

Tschernobyl-Tag 2009: Mit einem Infostand, dem Film «Uranium is it a country» und einem<br />

Vortrag von Gina Gillig waren die <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. im Eine-Welt-Haus in München<br />

Endlager in Haidhausen?<br />

Endlagersuche in Haidhausen: Aktionen auf dem Weissenburger Platz.<br />

49<br />

Foto: © privat<br />

unterstützt als auch eine neue<br />

Interessentin, Frau Anika Baum.<br />

Vielen Dank an alle.<br />

Gina Gillig<br />

Foto: © privat


50 Wo kann ich mitmachen?<br />

<strong>Magazin</strong> <strong>der</strong> <strong>Mütter</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Atomkraft</strong> e.V. 2010<br />

Hinweis<br />

in eigener Sache:<br />

Mein Job bei den <strong>Mütter</strong>n steht nicht<br />

zur Verfügung!<br />

Eintüten, Stempeln, Etikettieren und<br />

Versenden <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>post ist<br />

nicht das Aufregendste was man<br />

sich an Tätigkeit vorstellen kann.<br />

Aber: es tut gut!<br />

Erstens ist es schön, dass sich immer<br />

wie<strong>der</strong> Helfer fi nden.<br />

Und zweitens arbeite ich damit mein<br />

schlechtes Gewissen ab.<br />

Diese ganze <strong>Atomkraft</strong>-Thematik<br />

kotzt mich unglaublich an. Ganz<br />

beson<strong>der</strong>s seit Schwarz-Gelb kann<br />

ich bei dem Gedanken dran schnell<br />

die Nerven verlieren. Lügen,<br />

ge schönte Gutachten und eine komplett<br />

enthemmte Profi tgier machen<br />

mich sehr wütend.<br />

Aber ich tu kaum was da<strong>gegen</strong>!<br />

Auf Demos geh ich und den Stromanbieter<br />

hab ich gewechselt und ich<br />

stell mich als Mutter-<strong>gegen</strong>-<strong>Atomkraft</strong><br />

vor. Der Name ist Programm<br />

und hat schon viele Diskussionen<br />

gestartet.<br />

Ich möchte Mitglied werden bei<br />

MÜTTER GEGEN ATOMKRAFT e.V.<br />

Tel./Fax (089) 35 56 53<br />

Frohschammer Straße 14, 80807 München<br />

Bürozeiten: Di/Do 14.30 – 16.30 Uhr<br />

www.muetter<strong>gegen</strong>atomkraft.de<br />

Bitte Beitrittserklärung in ein Fensterkuvert stecken.<br />

MÜTTER GEGEN ATOMKRAFT e.V.<br />

Frohschammer Straße 14<br />

80807 München<br />

<strong>Mütter</strong> Courage<br />

erscheint einmal jährlich als Mitglie<strong>der</strong>zeitschrift<br />

<strong>der</strong> MÜTTER GEGEN ATOMKRAFT e.V.<br />

Büro<br />

Sieghild Kerschbaumer<br />

Frohschammerstr. 14, 80807 München<br />

Telefon/Fax 089-35 56 53<br />

Mail: kontakt@muetter<strong>gegen</strong>atomkraft.de<br />

www.muetter<strong>gegen</strong>atomkraft.de<br />

Alle Rechte vorbehalten<br />

Redaktion<br />

Cornelia Stadler, v.i.S.d.P.<br />

✃ BEITRITSERKLÄRUNG<br />

Doch das ist ja alles zu wenig, das<br />

weiß ich natürlich.<br />

Und da beruhigt diese stumpfsinnige<br />

Arbeit mein aufgebrachtes<br />

Gemüt und die Aktiven im Verein<br />

sind ein bisschen entlastet.<br />

Erika Schalper, Starnberg<br />

Spendenkonto für Kin<strong>der</strong><br />

von Tschernobyl:<br />

Genossenschaftsbank eG<br />

München<br />

Kto-Nr. 412 422,<br />

BLZ 701 69464<br />

Meinen Mitgliedsbeitrag von 26,00 Euro für das laufende Kalen<strong>der</strong>jahr<br />

❏ zahle ich mit Verrechnungsscheck<br />

❏ zahle ich mit Überweisung auf das Mitglieds-Konto-Nr. 430734707<br />

BLZ 70250150, bei <strong>der</strong> Kreissparkasse München Starnberg<br />

❏ bitte ich jeweils abzubuchen von<br />

Beiträge von<br />

Klaus Bade, Udo Buchholz,<br />

Elisabeth Fischer, Anita Fuchs,<br />

Barbara Geyer-Häckh, Gina Gillig,<br />

Raimund Kamm, Petra Lang,<br />

Kiki Mittelstaedt, Caroline Schnei<strong>der</strong>,<br />

Dr. Franz Sengl, Cornelia Stadler,<br />

Jochen Stay, Ola Tkazcenko,<br />

Angelika Wilmen, Renate Wolff,<br />

Karin Wurzbacher<br />

Grafische Gestaltung/Layout<br />

Monika Se<strong>der</strong>, Grafik • DTP • Werbung<br />

Marbacher Str. 3 a, 85238 Petershausen<br />

E-Mail: mse<strong>der</strong>@t-online.de<br />

Druck<br />

Pinsker Druck und Medien GmbH<br />

Pinskerstr. 1, 84048 Mainburg<br />

Tel. 08751-8619 16, Fax 08751-86 19 21<br />

E-Mail: kb@pinsker.de<br />

Auflage<br />

1.500 Stück, gedruckt auf 100 % Recyclingpapier,<br />

<strong>der</strong> Umschlag auf chlorfrei gebleichtem<br />

Papier.<br />

Auslieferung<br />

Monika Palinkasch<br />

Kto Nr. ....................................................................................................................................................................................................................................................<br />

BLZ:<br />

bei ..................................................................................................................................................................................................................................................................<br />

genaue Bezeichnung des Geldinstitutes.<br />

Der Mitgliedsbeitrag ist jeweils am Anfang eines Jahres fällig.<br />

Name/Vorname: .............................................................................................................................................................................................................<br />

Straße: ..................................................................................................................................................................................................................................................<br />

PLZ/Ort: ...........................................................................................................................................................................................................................................<br />

Tel./E-Mail: ..................................................................................................................................................................................................................................<br />

Ich hätte Lust mitzuarbeiten: ❏ ja ❏ nein<br />

Das Einbringen Ihrer berufl ichen Erfahrungen wäre für uns wertvoll.<br />

Beruf: .......................................................................................................................................................................................................................................................<br />

Datum/Unterschrift: ................................................................................................................................................................................................


Freude zu<br />

Weihnachten<br />

aus<br />

Deutschland<br />

An 600 Kin<strong>der</strong> verteilte <strong>der</strong><br />

Kiewer Samariter Bund die<br />

Päckchen. Auch in einer<br />

Schule für taube Kin<strong>der</strong> und<br />

in 30 Familien mit schwerstbehin<strong>der</strong>ten<br />

Kin<strong>der</strong>n.


Mit kunstvollen Urkunden<br />

bedanken sich die ukrainischen<br />

Partnerverbände für die<br />

Hilfsaktion.

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