Diese Ausgabe herunterladen - Chrischona Gemeinde Affoltern
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<strong>Chrischona</strong> <strong>Gemeinde</strong> <strong>Affoltern</strong> am Albis - Evangelische Freikirche<br />
Leiden, die Schule des Lebens - Teil II<br />
Viele Menschen in unserer Gesellschaft versuchen aus dem Leiden und den<br />
Schmerzen zu fliehen. Leidensfreiheit und Schmerzensfreiheit gelten als<br />
Ideal. Zeichen des Älterwerdens werden kaschiert oder wegoperiert. Falten<br />
im Gesicht sind verpönt und Tränen gelten als Schwachheit. Leidensfreie,<br />
ewige Jugend wird vorgetäuscht. Unsere an Leistung, Profit, Erfolg<br />
orientierte Zeit kann nicht mehr leiden, weil sie im Leiden nur Negatives<br />
sieht. Menschen, die eine solche Art von Leidensfreiheit suchen, entwickeln<br />
eine Berührungs- und Beziehungsangst. Das führt zwangsläufig zu einem<br />
oberflächlichen Lebensstil. Die Tiefe des Lebens geht verloren. Leere und<br />
Langeweile breiten sich aus.<br />
Wir müssen verstehen lernen, dass Leiden nicht einfach nur schlecht und<br />
negativ ist. Nein, Leiden kann unter Umständen auch eine positive Wirkung<br />
auf unser Leben ausüben. Es gibt zwar Leiden, das abgeschafft oder auch<br />
überwunden werden kann. Aber es gibt auch ein Leiden, das zu unserem<br />
Menschsein gehört, weil wir zeitliche und sterbliche Wesen sind. Weil wir<br />
Menschen sind, bleiben uns Enttäuschungen, Verzicht, Opfer,<br />
Frustrationen, Hilflosigkeit und Abschied nicht erspart.<br />
Darum gibt es auch kein schmerzfreies Leben. Wer den Schmerz verdrängt,<br />
verleugnet das Leben, wie es wirklich ist.<br />
Ich erlebe in meinem Dienst immer wieder, dass sogar in einer schlimmen<br />
Krankheit eine Kraft liegen kann. Eine leidvolle Zeit kann für den,<br />
der sie durchmachen musste, zu einer Zeit der Gnade werden.<br />
Da werden uns plötzlich die Augen für Wirklichkeiten geöffnet,<br />
die vorher verschlossen waren. Die aus dem Leiden kommende<br />
Person lebt von nun an viel bewusster und wesentlich dankbarer<br />
als früher. Ja, eine Krankheit kann ein Schlüssel sein, der uns<br />
Türen öffnet, die uns vorher verschlossen waren.<br />
So wurde mir die Zeit meiner Krankheit, die ich in den letzten Monaten<br />
durchgemacht habe, letztlich zum bleibenden Segen. Es gibt Leiden, das wir<br />
weder gesucht noch gewollt haben. Wir wehren uns mit allen Mitteln<br />
dagegen und möchten es schnell wieder abschütteln. Erst in einem längeren<br />
Prozess lernen wir, unser Leiden als Chance zur Veränderung zu entdecken.<br />
Wer leiden kann, der kann auch intensiv Freude erleben und wird auch fähig<br />
zum Mit-Leiden. So erfahren wir, dass Leiden nicht gegen Gottes Segen<br />
sprechen muss. Nein, durch das Leiden werden wir reif. Im Leiden können<br />
wir viel lernen. Deshalb kann das Leiden zur Schule unseres Lebens<br />
werden.<br />
Ueli Baltensperger<br />
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