IDOLE - Skulptur und Bild Ursula Kling-Rau Peter-Michael Weber
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Momentaufnahme, doch zu kurze Belichtungszeit lässt den Springbrunnen einfrieren <strong>und</strong> ein<br />
Rennpferd im Galopp verharren. Vollständigkeit dagegen heißt, gerade nicht zu akzentuieren <strong>und</strong><br />
somit auf eigenen Inhalt zu verzichten. Der Künstler muss vielmehr das Mäandern <strong>und</strong> Schillern<br />
des Wirklichen in langer Erfahrung so in seine Sprache übersetzen, dass in der Einheit des<br />
Kunstwerkes das vormals Vielfältige gesammelt zum Ausdruck gelangt.<br />
Die Semiotik des Charles S. Peirce nennt ein Zeichen, das durch Ähnlichkeit mit dem<br />
Bezeichneten selbst exempliziert, was es bezeichnet, ein „Icon“; ein „Index“ ist dagegen ein Zeichen,<br />
das in einer situationsbedingten (etwa kausalen) Beziehung zum Bezeichneten steht, während<br />
ein „Symbol“ rein auf Gr<strong>und</strong> von Verabredung (konventionell) denotiert. Nelson Goodman betont,<br />
dass ein Kunstwerk nicht die Darstellung, sondern die Repräsentation eines Objektes ist, d.h. es<br />
fungiert als Bezeichnung für eine neue Verortung desselben, indem es durch Weglassen, Hinzufügen<br />
oder Variation von Aspekten <strong>und</strong> Kontexten das Objekt in neuer Weise – treffender, wirkungsvoller,<br />
erhellender, subtiler, fesselnder, etc. – definiert. Insofern Kunst erfolgreich mit uns kommuniziert,<br />
erzeugt sie so Ausschnitte der Welt neu.<br />
In dem kleinen Stück Werkinterpretation zu Anfang habe ich an einem Beispiel versucht<br />
deutlich zu machen, wie die <strong>Skulptur</strong>en von <strong>Ursula</strong> <strong>Kling</strong>-<strong>Rau</strong> <strong>und</strong> die <strong>Bild</strong>er von <strong>Peter</strong>-<strong>Michael</strong><br />
<strong>Weber</strong> ihre Objekte im genannten Sinne neu definieren, sich dabei aber verschiedener Sprachen<br />
der Kunst bedienen: während die <strong>Skulptur</strong>en einen hohen iconischen Zeichenwert haben, arbeiten<br />
die <strong>Bild</strong>er eher mit einer indexikalischen <strong>und</strong> symbolischen Zeichensprache. Die Gegensätze in<br />
Material <strong>und</strong> Sprache, die sich hier so glücklich ergänzen, gehen weiter. Die Keramik beginnt, das<br />
<strong>Bild</strong> setzt fort; erstere spricht klar, scharf konturiert, manchmal rauh, letzteres deutet an, bleibt<br />
umrisshaft, holt die Dinge aus der Aktualität in ihre Potenzialität zurück; hier irdener Stoff <strong>und</strong><br />
traditionelles Handwerk, dort digitale Informationen <strong>und</strong> image processing wizardry. Und dann<br />
vereinen sich die Gegensätze auch wieder; man beachte etwa, wie sich – dank einer von nur<br />
wenigen gemeisterten keramischen Drucktechnik – auf S. 21–23 gedrucktes <strong>Bild</strong> wieder in die<br />
Keramik aufgenommen findet.<br />
Beide haben ihr Handwerk gelernt. <strong>Ursula</strong> <strong>Kling</strong>-<strong>Rau</strong> war als Keramikerin <strong>und</strong> Restauratorin<br />
auf Grabungsstätten im Nahen Osten <strong>und</strong> lange Zeit an einem archäologischen Institut mit der<br />
Wiederherstellung früher Kunst betraut. <strong>Peter</strong>-<strong>Michael</strong> <strong>Weber</strong> ist im Hauptberuf wissenschaftlicher<br />
Fotograf <strong>und</strong> Graphiker. Zusammen gelingt Ihnen etwa ganz Eigenes <strong>und</strong>, wie ich finde, etwas<br />
ganz W<strong>und</strong>erbares, Kunstwerke nämlich, die Epochen miteinander verbinden, Sprachen <strong>und</strong><br />
Handwerke in einen Dialog miteinander bringen <strong>und</strong> so zu einer völlig neuen Ausdrucksweise<br />
kommen, eine, die direkt zu uns spricht.<br />
Bernd Buldt, im Juli 2005<br />
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