Unzensuriert Magazin 8/2013 - Banken - Leseprobe
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MAGAZIN<br />
4,90 Euro • ISSN 2221-8904<br />
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<strong>Banken</strong><br />
Sprengsätze für den Staatshaushalt<br />
Wehrpfl icht<br />
Das Volk weiß es besser<br />
Kolumbien<br />
Auf und Ab zwischen Atlantik und Pazifi k<br />
Heft 8 • Jg. 3 • Jänner <strong>2013</strong><br />
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Martin Graf<br />
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Das politische Jahr 2012 stand in<br />
Österreich im Zeichen der Korruption<br />
und ihrer Bekämpfung.<br />
Dass diese nachhaltig gelingt, darf<br />
angesichts des unwürdigen Abdrehens<br />
des Untersuchungsausschusses<br />
bezweifelt werden. Kanzler Faymann<br />
wurde geschont, der Blick auf die<br />
Verstrickungen zwischen Politik und<br />
Medien konnte dadurch jedoch nicht<br />
verstellt werden.<br />
Die Korruptionsaffären, die das<br />
Land in Atem gehalten haben, waren<br />
ein Hauptgrund dafür, dass die<br />
Politik hauptsächlich mit sich selbst<br />
beschäftigt war. Kleinen Fortschritten<br />
wie dem Medientransparenzgesetz<br />
stehen beschämende Entwicklungen<br />
wie die enorme Erhöhung der<br />
Parteienförderung entgegen. In diesem<br />
Umfeld versuchen neue politische<br />
Gruppen ihr Glück. Viele Bürger<br />
allerdings wünschen sich eher die<br />
Möglichkeit zur tatsächlichen Mitbe-<br />
stimmung in Form von mehr direkter<br />
Demokratie.<br />
Angesichts des Stillstands wundert<br />
es nicht, dass erneut keine Antworten<br />
auf drängende Fragen gefunden<br />
wurden. Dies betrifft nicht nur Österreich,<br />
sondern ganz Europa. Die unbeirrte<br />
Bekämpfung der Griechen-<br />
Krise mit immer bombastischeren<br />
Mitteln ist dafür Sinnbild. Gleichzeitig<br />
wächst die Ohnmacht gegenüber<br />
den Folgen der Zuwanderung. Islamisten<br />
etablieren Strukturen außerhalb<br />
unseres Wertesystems, Hass<br />
auf die autochthone Bevölkerung ist<br />
immer öfter Motiv ausländischer Gewalttäter.<br />
Das <strong>Unzensuriert</strong>-Jahrbuch 2012<br />
beleuchtet die großen Themen aus<br />
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft<br />
anhand der wesentlichen Ereignisse,<br />
wie sie die Redaktion der Internetzeitung<br />
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Dr. Franz Dinghofer gilt als der "Verkünder der Republik", weil er am<br />
12. November 1918 als Präsident der Provisorischen Nationalversammlung<br />
das Gesetz über die Staats und Regierungsform vor dem<br />
Parlament verkündet hat. Der junge Staat Deutschösterreich wurde<br />
dadurch zur Republik.<br />
Diese Broschüre beinhaltet den von Prof. Dr. Harry Slapnicka am<br />
11. März 1987 in Linz gehaltenen Festvortrag sowie zusätzlich drei historische<br />
Reden Franz Dinghofers, die er als Abgeordneter zum<br />
Reichstag und später als Präsident der Provisorischen Nationalversammlung<br />
gehalten hat.<br />
Einleitende Worte des Präsidenten des Franz Dinghofer Instituts, Dr.<br />
Martin Graf, und des Präsidenten des wissenschaftlichen Beirats,<br />
Univ.Prof. Dr. Wilhelm Brauneder, weisen auf die<br />
historische Bedeutung Dinghofers hin.<br />
Die Herausgabe dieser Broschüre erfolgte mit<br />
Unterstützung des Freiheitlichen Bildungsinstituts.<br />
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Adlerperspektive<br />
„Die Finanzminister und die Bankiers haben<br />
eins gemeinsam. Sie leben von anderer Leute<br />
Geld. Die Bankiers haben nur die unangenehme<br />
Aufgabe, es wieder zurückzuzahlen.“ Dieses Zitat<br />
stammt von Hermann Josef Abs, von 1957 bis 1967<br />
Vorstandssprecher der Deutschen Bank. Fünfzig Jahre<br />
später lässt sich diese Trennlinie nicht mehr so scharf<br />
ziehen. Denn die <strong>Banken</strong> leben heute im doppelten<br />
Sinn von anderer Leute Geld: Von dem ihrer Kunden<br />
und von dem, das die Finanzminister den Bürgern<br />
abknöpfen, um es in <strong>Banken</strong>rettungspakete zu stecken.<br />
Österreich musste sechs <strong>Banken</strong> retten, drei<br />
von ihnen wurden völlig oder teilweise verstaatlicht,<br />
drei weitere erhielten Partizipationskapital. Kein Cent<br />
von den Milliarden kam bisher retour.<br />
Keine Konsequenzen für Schädiger<br />
Es scheint, als kämen die Staaten mit den Finanzriesen<br />
nicht mehr zu Rande. Der Wohlstand<br />
in Europa wird leichtfertig aufs Spiel gesetzt, um<br />
Spekulanten vor ihren Verlusten zu schützen. Was<br />
bedeuten schon Dutzende Razzien im Umfeld der<br />
Hypo Niederösterreich, wenn wenige Wochen<br />
später der Verursacher der BAWAG-Pleite vor Gericht<br />
freigesprochen wird, wenn eine ehemalige<br />
Kommunalkredit-Verantwortliche unbehelligt als<br />
Bildungsministerin die Geschicke der Republik<br />
lenken darf oder wenn der Staat selbst bei der Verstaatlichung<br />
der Hypo Alpe Adria drei Milliarden<br />
verschenkt, um damit Wahlkampfmunition gegen<br />
die Opposition zu kaufen?<br />
Die Debakel der heimischen <strong>Banken</strong> spielten sich<br />
allesamt vor den schläfrigen Augen der Finanzmarktaufsicht<br />
ab, die sich kaum fünf Jahre später<br />
InhaltsverzeIchnIs<br />
inhalt<br />
Schwerpunkt: <strong>Banken</strong><br />
Politik und <strong>Banken</strong> gegen die Bevölkerung ............................. 4<br />
Ist der Kapitalmarkt ein Werk des Teufels? .............................. 7<br />
So schaufelten die Bayern das Hypo-Grab............................ 10<br />
Streit um 3 Milliarden .............................................................. 12<br />
Haften für die Hypos .............................................................. 13<br />
Hypo Niederösterreich: Ein Spekulationssumpf ..................... 14<br />
Kommunalkredit: Österreichs „Bad Bank“ ............................. 18<br />
Kriminalfall BAWAG noch immer ungeklärt ............................ 20<br />
Ex-BAWAG-Vorstände machten Karriere ............................... 22<br />
Korb für Finanzmarkt .............................................................. 23<br />
Island rettete sich selbst anstatt seiner <strong>Banken</strong> ..................... 24<br />
Kanal und Straßenbahn verleast – und dabei<br />
Steuergeld verzockt................................................................ 26<br />
an einer kleinen Vermögensverwaltung abarbeitet<br />
und dem für den Finanzmarkt völlig unwichtigen<br />
Institut die Banklizenz entzieht. Der einstige<br />
OMV-Boss und heutige Wirtschaftskammer-Vizepräsident<br />
Richard Schenz nimmt dazu als einer der<br />
Alizee-Miteigentümer Stellung und beklagt zudem<br />
den Zustand der Wiener Börse, die von jenen ausgeblutet<br />
wird, die gleichzeitig mit Steuergeld auf<br />
Teufel komm raus <strong>Banken</strong> retten.<br />
Schwache Argumente gegen die Wehrpflicht<br />
Außerdem in diesem Heft: Wenige Tage vor der<br />
Volksbefragung werden die gängigsten Argumente<br />
gegen die allgemeine Wehrpflicht widerlegt. Wir<br />
stellen die „Identitären“ vor, eine von Jugendlichen<br />
getragene Bewegung, die sich mit dem Lambda-<br />
Zeichen der Spartaner gegen die Überfremdung<br />
der europäischen Heimat stemmt und dabei originelle<br />
Mittel einsetzt, auch im Internet. Wie lange<br />
das noch gut geht, steht freilich in den Sternen.<br />
Schon wird gefordert, bestimmten Daten im weltweiten<br />
Netz Vorrang gegenüber anderen einzuräumen.<br />
Entsprechende Vorstöße konnten bei einer<br />
Weltkonferenz der internationalen Telekommunikation<br />
diesmal noch abgewehrt werden.<br />
Unsere Reise führt uns nach Kolumbien, das von<br />
einem enormen Wirtschaftsaufschwung auch in<br />
touristischer Hinsicht profitiert. Ebenfalls in Südamerika<br />
hinterließ der kürzlich verstorbene Oskar<br />
Niemayer seine – heftig umstrittenen – architektonischen<br />
Spuren. Und der Wiener Musikuni-Rat<br />
Hans Hallwirth ist zugleich für Uni-Gebühren und<br />
Gratis-Studienplätze. Im <strong>Unzensuriert</strong>-Interview<br />
erklärt er, wie das klappen könnte. ■<br />
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Medieninhaber<br />
1848 Medienvielfalt Verlags<br />
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Mail: buero@unzensuriert.eu<br />
Herausgeber<br />
Mag. Alexander Höferl<br />
Dipl.-Ing. Walter Asperl<br />
ISSN<br />
2221-8904<br />
Druck<br />
online Druck GmbH<br />
Brown-Boveri-Straße 8<br />
A-2351 Wr. Neudorf<br />
Titelbild<br />
Fotomontage<br />
Mopic / Fotolia.com<br />
Politik und Gesellschaft<br />
Das Volk weiß es besser ......................................................... 28<br />
Petition „Pro Wehrpflicht“ ....................................................... 30<br />
Der Krieg ist schnell da .......................................................... 31<br />
Hofburg-Premiere für Wiener Akademikerball ........................ 32<br />
Eine Jugendbewegung erfasst ganz Europa .......................... 34<br />
Die Frau im Islam .................................................................... 37<br />
Die Bombe von Bonn ............................................................. 38<br />
Internet vor Zensur und Profitgier gerettet ............................. 40<br />
Der Weizsäcker-Komplex ....................................................... 43<br />
Reise<br />
Kolumbien: Hochschaubahn zwischen Atlantik und Pazifik .. 44<br />
Kultur<br />
Der Baumeister des neuen Brasilien ist tot ............................ 48<br />
Studiengebühren: „Geld liegt auf der Straße!“ ....................... 50<br />
3
4<br />
Clemens Pfeiff er / Wikimedia<br />
mystroh / fl ickr<br />
<strong>Banken</strong><br />
KommunalKommunalkredit<br />
5,9 Mrd.<br />
Raiffeisen<br />
Zentralbank<br />
1,75 Mrd.<br />
Hypo<br />
Alpe Adria<br />
Volksbank<br />
1,25 Mrd.<br />
1,55 Mrd.<br />
JJ55 / Wikimedia<br />
Robert Polster / ÖVAG
PictureObelix / Wikimedia<br />
vege / Fotolia.com<br />
Erste Bank<br />
1,22 Mrd.<br />
Gleichzeitig sollten ein Austrocknen des Kapitalmarktes<br />
verhindert und fi nanzielle Lasten<br />
im Zuge der Stabilisierung gleichmäßig<br />
verteilt werden. Soweit die Th eorie. Tragende Säulen<br />
des Pakets sind das Interbankmarktstärkungsgesetz<br />
und das Finanzmarktstabilitätsgesetz.<br />
Renommierte Ökonomen warnten vor den Folgen<br />
der Greenspan‘schen Infl ationspolitik. Ihre<br />
mahnenden Stimmen fanden gegenüber dem Dogma<br />
der „New Economy“ kaum Beachtung. Demnach<br />
galt die absolute Überlegenheit des Marktes<br />
durch den Zusammenbruch des real existierenden<br />
Sozialismus als unwiderrufl ich belegt. Je freier und<br />
weniger reguliert das Geschehen an den Märkten<br />
ablaufen würde, desto höher stiege der gesellschaft<br />
liche Wohlstand. Für Krisen wie jene des<br />
Jahres 1929 mit ihren fatalen politischen Folgen<br />
gab es im Modell der New Economy keinen Platz<br />
<strong>Banken</strong><br />
Politik und <strong>Banken</strong><br />
gegen die Bevölkerung<br />
Das <strong>Banken</strong>hilfspaket war die Reaktion der heimischen Bundesregierung<br />
auf die heraufziehende Finanzkrise. Notleidende <strong>Banken</strong> sollten im Ernstfall<br />
ausreichend Liquidität zur Sicherung des Weiterbestandes erhalten.<br />
mehr. Dieses Stadium der Menschheitsgeschichte<br />
sei überwunden. Ein gewagter Ansatz, der durch<br />
die Realität eindrucksvoll widerlegt und zur Gänze<br />
falsifi ziert werden sollte. Der Zusammenbruch<br />
der US-amerikanischen Investmentbank Lehman<br />
Brothers markierte den Beginn einer zweiten, nahezu<br />
weltweit um sich greifenden wirtschaft lichen<br />
Depression. Besonders die Regierungen westlicher<br />
Industrienationen wurden von den Ereignissen<br />
überrascht, so auch Österreichs Kabinett. Lediglich<br />
eines schien gewiss zu sein: Es herrschten Handlungsbedarf<br />
und Eile.<br />
Die Geburtsstunde des <strong>Banken</strong>hilfspakets<br />
Lange Schlangen besorgter oder gar panischer<br />
Menschen vor Bankschaltern, die versuchen<br />
(Fortsetzung auf der nächsten Seite)<br />
BAWAG PSK<br />
0,55 Mrd.<br />
<strong>Banken</strong>paket<br />
www.bawagpsk.com<br />
Von den mit dem <strong>Banken</strong>paket<br />
bereitgestellten 15 Milliarden<br />
wurden bereits 12,23 Milliarden<br />
ausgeschöpft . Die Beträge setzen<br />
sich zusammen aus Partizipationskapital,<br />
verschiedenen<br />
Kapitalisierungsmaßnahmen<br />
sowie Haft ungen.<br />
5
Ein Bild aus 2006 zeigt die Verbundenheit<br />
der Retter mit den<br />
Geretteten. Klaus Liebscher, ehemaliger<br />
Notenbank-Gouverneur<br />
und heute FIMBAG-Vorstand,<br />
erhält eine hohe Auszeichnung<br />
von den Chefs des Volksbanken-<br />
Genossenschaftsverbandes,<br />
Werner Eidherr (links) und<br />
Hans Hofinger. Sechs Jahre<br />
später musste das Volksbank-<br />
Spitzeninstitut ÖVAG teilverstaatlicht<br />
werden. Neuer Chef<br />
dort wurde Stephan Koren, der<br />
zuvor noch im Aufsichtsrat der<br />
FIMBAG saß und davor als<br />
einer von Wenigen den BAWAG-<br />
Skandal ohne Gerichtsverfahren<br />
und in Vorstandsfunktion<br />
überlebte.<br />
12,2 Milliarden ausgeschöpft<br />
Von den 15 zur Verfügung<br />
stehenden Milliarden Euro nach<br />
dem Finanzmarktstabilitätsgesetz<br />
sind derzeit 12,2 Milliarden<br />
ausgeschöpft. 4,1 Milliarden<br />
beträgt das Partizipationskapital.<br />
Der Rest ging für die (Teil-)<br />
Verstaatlichung von Kommunalkredit,<br />
Hypo Alpe Adria und Österreichischer<br />
Volksbanken AG<br />
auf. Partizipationskapital wurde<br />
bisher von keinem einzigen<br />
Kreditinstitut zurückgezahlt.<br />
Zinsen bekommt der Staat nur<br />
dann, wenn die Unternehmen<br />
Gewinne machen. Aktuell steckt<br />
in folgenden <strong>Banken</strong> Partizipationskapital:<br />
6<br />
Maria Pitnauer / ÖGV<br />
ihre Ersparnisse zu beheben, zählen wohl zu den<br />
schlimmsten Vorstellungen jeder Regierung. Die<br />
EU beschloss daraufhin die Durchführung von<br />
Stabilisierungsmaßnahmen durch die jeweiligen<br />
nationalen Mitgliedsstaaten. Die Hilfsmaßnahmen<br />
sollten zeitlich befristet sein und die Interessen des<br />
Steuerzahlers beachtet werden. Aktionäre sollten<br />
ebenso an der Sozialisierung von Verlusten beteiligt<br />
werden wie das Management um Hilfe ansuchender<br />
<strong>Banken</strong>. Staaten sollten Eingriffsrechte in<br />
die Gehaltspolitik der einzelnen Geldhäuser bekommen.<br />
Tatsächlich sollte sich schnell herausstellen,<br />
wer die Last der Sanierung der Finanzmärkte<br />
zu stemmen hatte und bis heute hat.<br />
Die österreichische Bundesregierung fuhr schwere<br />
Geschütze auf: Insgesamt 100 Milliarden Euro<br />
sollten im Ernstfall aufgeboten werden, um die<br />
Krise einzudämmen und zu bekämpfen. In der<br />
Eile kam es dennoch zu Versäumnissen, die sich<br />
für die Realwirtschaft und die Bevölkerung bitter<br />
rächen sollten. Die Hälfte der genannten Summe<br />
war dafür vorgesehen, Kapitalmarktemissionen<br />
von <strong>Banken</strong> zu garantieren und die Clearingbank<br />
zu stützen. Zehn Milliarden sollten große Industrieunternehmen<br />
mit Liquidität versorgen. 15 Milliarden<br />
der ursprünglichen Gesamtsumme wurden<br />
schließlich zur Stabilisierung des Euro umgewidmet.<br />
Ein möglicher Bank Run sollte durch eine<br />
staatliche Einlagensicherung vermieden werden.<br />
Beträge bis zu 100.000 Euro je Bürger und Institut<br />
wurden garantiert – bis zu einem Betrag von zehn<br />
Milliarden Euro. Nur eine im Verhältnis betrachtet<br />
kleine Gruppe hatte fortan berechtigte Sorge, einen<br />
Bank Höhe<br />
Raiffeisen Zentralbank Österreich AG € 1.750 Mio.<br />
ERSTE Group Bank AG € 1.224 Mio.<br />
BAWAG P.S.K. Bank für Arbeit und<br />
Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse<br />
AG<br />
€ 550 Mio.<br />
Österreichische Volksbanken-AG € 300 Mio.<br />
HYPO ALPE-ADRIA-BANK<br />
INTERNATIONAL AG<br />
€ 275 Mio.<br />
Summe € 4.099 Mio.<br />
<strong>Banken</strong><br />
Teil ihrer Ersparnisse zu verlieren. Der restliche<br />
Betrag wurde der Stabilisierung des Finanzmarktes<br />
gewidmet.<br />
Eigene Gesellschaft ohne Ablaufdatum<br />
Mit der konkreten Durchführung von Maßnahmen<br />
im Rahmen des Finanzmarktstabilitätsgesetzes<br />
wurde die „Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft“<br />
– kurz FIMBAG − betraut. Diese wurde<br />
eigens zu diesem Zweck am 11. November des Jahres<br />
2008 durch das Finanzministerium ins Leben<br />
gerufen. Die Eigentümerin ist die staatliche Österreichische<br />
Industrieholding AG. Der Existenzdauer<br />
der FIMBAG ist unter rechtlichen Perspektiven<br />
keine Grenze gesetzt. Ein Verstoß gegen die EU-<br />
Maxime, wonach Rettungsmaßnahmen zeitlich<br />
befristet werden sollten.<br />
Bisher hat die Republik allein über die FIMBAG<br />
insgesamt 4,1 Milliarden Euro an Partizipationskapital<br />
an <strong>Banken</strong> übertragen. Die BAWAG erhielt<br />
550 Millionen Euro. Treichls Erste Group stellt die<br />
Skandalbank um Längen in den Schatten. Sie erhielt<br />
mit circa als 1,2 Milliarden mehr als das Doppelte.<br />
Rekordhalter ist die Raiffeisen Zentralbank:<br />
Ihr wurde mit 1,75 Milliarden Euro an Steuergeld<br />
großzügig unter die Arme gegriffen. Während die<br />
Bundesregierung die <strong>Banken</strong>welt bereitwillig rekapitalisierte,<br />
bleibt die Realwirtschaft weitgehend<br />
auf der Strecke. Das in den Finanzsektor gepumpte<br />
Geld scheint die Finanzmärkte nicht zu verlassen.<br />
Dennoch versuchte man, das <strong>Banken</strong>hilfspaket der<br />
Wählerschaft gegenüber als gutes Geschäft zu verkaufen:<br />
Sofern die betreffenden Institute Gewinne<br />
erwirtschaften, sollen sie für das erhaltene Partizipationskapital<br />
Zinsen bezahlen. Aber eben nur,<br />
wenn Gewinne erwirtschaftet werden.<br />
Die Hintermänner der Rettung<br />
Die <strong>Banken</strong>retter selbst verfügen über ausgeprägten<br />
politischen Hintergrund. Seit ihrer Gründung<br />
fungiert der frühere Nationalbank-Gouverneur<br />
Klaus Liebscher als Vorstandsvorsitzender der<br />
FIMBAG. Sein Vorstandskollege ist der frühere<br />
Nationalbank-Präsident Adolf Wala, der bei der<br />
Sozialdemokratie tief in der Pflicht steht. Auch der<br />
Aufsichtsrat hat einiges zu bieten. Zum Vorsitzenden<br />
wurde Hannes Androsch bestellt. Der frühere<br />
rote Vizekanzler und Finanzminister sowie jetzige<br />
Unternehmer ist die bekannteste Persönlichkeit<br />
des politischen Lebens innerhalb der Aktiengesellschaft.<br />
Nach welchen Prämissen die Organe im<br />
Detail besetzt werden, lässt sich von außen kaum<br />
attestieren. Eines jedoch scheint sicher. Die Verflechtungen<br />
zwischen Österreichs <strong>Banken</strong> und ihren<br />
Rettern sind eng. Ebenso wie zur Politik. Wer<br />
tatsächlich am längeren Hebel sitzt, wird sich zeigen.<br />
Eines jedoch kann als sicher angenommen<br />
werden: Wähler und Steuerzahler sind es nicht. ■