Interessenkonflikt - Hochschule Regensburg
Interessenkonflikt - Hochschule Regensburg
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<strong>Interessenkonflikt</strong>e<br />
und Integrität der<br />
Wissenschaft<br />
David Klemperer<br />
Consumer Healthcare,<br />
Berlin, 13.6.2012
<strong>Interessenkonflikt</strong><br />
Gefahr für das<br />
Urteilsvermögen<br />
Bias<br />
Gefahr für Patienten<br />
Klemperer
Offenlegung poten,eller <strong>Interessenkonflikt</strong>e<br />
1. Anstellungsverhältnis oder Führungsposi,on <strong>Hochschule</strong> <strong>Regensburg</strong><br />
2. Beratungstä,gkeit<br />
Wiss. Beirat UPD (§ 65b SGB V)<br />
Wiss. Beirat AOUA (§137a SGB V),<br />
Bertelsmann-Stiftung zu Faktencheck Gesundheit<br />
3. Ak,enbesitz<br />
BNP PARIBAS L1 EQUITY GERMANY (CLASSIC) C<br />
CONCENTRA - A – EU<br />
WS VERMOEGENSBILDUNGSFONDS<br />
4. Honorare 2011 / 2012<br />
- Bertelsmann-Stiftung 2011 € 3.200 (4 Beratungstage)<br />
- NAKOS € 3.000 Beitrag Beeinflussung und <strong>Interessenkonflikt</strong>e<br />
(gespendet an BUKO-Pharmakampagne)<br />
- 3 bezahlte Vorträge zu Gesundheitspolitik, <strong>Interessenkonflikt</strong>e € 400, 600, 1.000<br />
- 3 Vorträge am Klinikum Nürnberg, Honorar insgesamt € 2.500 geht an BUKO-<br />
Pharmakampagne<br />
5. Finanzierung wissenschaIlicher Untersuchungen keine<br />
6. Gutachtertä,gkeit<br />
- Evaluation HTA@DIMDI<br />
- externer Gutachter für HTA-Bericht € 2.000<br />
7. Andere finanzielle Beziehungen keine
1. <strong>Interessenkonflikt</strong>e sind gegeben wenn ein Risiko<br />
besteht, dass ein sekundäres Interesse überhand<br />
nimmt und das primäre Interesse beeinträchtigt.<br />
2. <strong>Interessenkonflikt</strong>e können professionelles<br />
Urteilsvermögen und Handeln beeinträchtigen.<br />
Den betroffenen Personen entgeht die<br />
Beeinflussung zumeist.<br />
3. Verzerrte Urteile sind erkennbar, aber nicht im<br />
juristischen Sinne nachweisbar.<br />
4. <strong>Interessenkonflikt</strong> sind zu regeln, um Bias zu<br />
verhindern.<br />
5. Marketing vor Evidenz, Umsatz vor Sicherheit –<br />
zahlreiche Beispiele bei Arzneimittelstudien.<br />
Gegenmittel: Transparenz
1. <strong>Interessenkonflikt</strong>e sind<br />
gegeben wenn ein Risiko besteht, dass ein<br />
sekundäres Interesse überhand nimmt und das<br />
das primäre Interesse beeinträchtigt.
<strong>Interessenkonflikt</strong> ≠ Korruption<br />
Finanzielle Beziehungen<br />
• mit angemessener fachlicher Gegenleistung: ok<br />
aktive Teilnahme an Kongressen, Vorträge, Forschung<br />
• ohne angemessene fachliche Gegenleistung: nicht ok<br />
passive Teilnahme an Kongressen<br />
• zur bewussten Umgehung geltender Regeln: nicht ok<br />
Fehlverhalten, Korruption<br />
IKR-Diskussionspapier, DNEBM 2011, S. 5
Thompson NEJM 1993<br />
Institute of Medicine 2009<br />
„<strong>Interessenkonflikt</strong>e sind definiert als<br />
Gegebenheiten, die ein Risiko dafür schaffen,<br />
dass<br />
professionelles Urteilsvermögen oder<br />
Handeln, welches sich auf<br />
ein primäres Interesse beziehen, durch ein<br />
sekundäres Interesse unangemessen<br />
beeinflusst werden.“<br />
Empfehlungen der AWMF zum Umgang mit <strong>Interessenkonflikt</strong>en bei Fachgesellschaften, 2010
Klemperer<br />
Primäres Interesse<br />
• bestmögliche Behandlung der Patienten<br />
• valide nützliche Forschung<br />
• objektive Lehre<br />
è�Anliegen der Berufsausübung
Qualität der Versorgung<br />
Qualität bezeichnet das Ausmaß, in dem<br />
Gesundheitsleistungen für Individuen und Populationen<br />
die Wahrscheinlichkeit erwünschter gesundheitlicher<br />
Behandlungsergebnisse erhöhen und mit dem<br />
gegenwärtigen professionellen Wissensstand<br />
übereinstimmen. SVR Gesundheit 2001, Institute of Medicine 1990<br />
The degree to which health services for individuals and<br />
populations increase the likelihood of desired health outcomes<br />
and are consistent with current professional knowledge<br />
Institute of Medicine 1990
The quality of a clinical decision, or its<br />
patient-centeredness, is the extent to which<br />
it reflects the considered needs, values, and<br />
expressed preferences of a well-informed<br />
patient and is thus implemented.<br />
Klemperer<br />
Sepucha et al. Health Aff 2004
... Wahrscheinlichkeit erwünschter gesundheitlicher<br />
Behandlungsergebnisse<br />
è� fairer Vergleich – randomisierte kontrollierte Studie
sekundäre Interessen<br />
alles was persönlich vorteilhaft oder angenehm ist<br />
Geld Honorare Vorträge / Beratung, Lizenzen, Aktien Geschenke Einladungen<br />
Karriere, Anerkennung, Prestige, Einfluss, Vorteile<br />
für nahestehenden Personen<br />
è� materiell<br />
è� nicht materiell psychologisch / sozial<br />
Klemperer
<strong>Interessenkonflikt</strong><br />
= Risiko dafür, dass das<br />
sekundäre Interesse mehr Gewicht erlangt als<br />
das primäre Interesse.<br />
è� „ex ante“ Beurteilung aus früherer Sicht<br />
è� ob oder ob nicht ist nicht relevant<br />
Klemperer<br />
Zustand, nicht Ergebnis<br />
� Risikosituation
Schwere eines <strong>Interessenkonflikt</strong>s<br />
The severity of a conflict depends on<br />
(1) the likelihood that professional judgment in the<br />
relevant circumstances will tend to be unduly<br />
influenced by a secondary interest, and<br />
(2) the seriousness of the harm or wrong that is likely to<br />
result from such influence<br />
Emanuel und Thompson 2008, S.763
1) Wahrscheinlichkeit von unangemessener<br />
Beeinflussung likelihood of undue influence<br />
Kriterien für Höhe des Risikos bzw. der Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
Wert des Sekundärinteresses value of the secondary interest<br />
z.B. finanzieller Gewinn absolut / relativ<br />
Ausmaß des Konfliktes scope of conflict<br />
z.B. einmalige Interaktion vs. dauerhafter Beziehung<br />
Ausmaß der Ermessensfreiheit extent of discretion<br />
Spielraum bei der professionellen Beurteilung: anerkannte Autorität vs. Mitglied<br />
eines Teams von Peers, Data Safety and Monitoring Board (DSMB)<br />
Emanuel und Thompson 2008, S. 367 f.<br />
Strech D, Klemperer D, Knüppel H, Kopp IB, Meyer G, Koch K. <strong>Interessenkonflikt</strong>regulierung:<br />
Internationale Entwicklungen und offene Fragen. Ein Diskussionspapier, 2011.<br />
Klemperer
2) Größe des möglichen Schadens seriousness of possible harm<br />
Kriterien für Schweregrad<br />
Wert des Primärinteresses value of the primary interest<br />
Integrität der Forschung, medizinischer Nutzen bzw. Schaden, Geld<br />
Ausmaß der Konsequenzen scope of consequences<br />
Schäden für Patienten, Forscher, Institutionen<br />
Ausmaß an Verantwortlichkeit extent of accountability<br />
Are the potentially harmful outcomes discoverable by others and reversible?<br />
Is there review by independent researchers or an outside body?<br />
Wahrscheinlichkeit von Sanktionen bei Fehlverhalten<br />
Emanuel und Thompson 2008, S. 367 f.<br />
Strech D, Klemperer D, Knüppel H, Kopp IB, Meyer G, Koch K. <strong>Interessenkonflikt</strong>regulierung:<br />
Internationale Entwicklungen und offene Fragen. Ein Diskussionspapier, 2011
Urteil<br />
Urteilsvermögen<br />
prüfende, kritische Beurteilung,<br />
abwägende Stellungnahme Duden Dt. Universalwörterbuch 2007<br />
judgement<br />
opinion<br />
an opinion that you form, especially after thinking carefully about something<br />
ability to decide<br />
the ability to make sensible decisions about what to do and when to do it<br />
è� kognitive Fähigkeit<br />
Longman online
keine gute Idee:<br />
Klemperer<br />
“Conflict of interest exists when an author,<br />
reviewer, or editor has financial or personal<br />
relationships that inappropriately influence<br />
(bias) his or her actions.”<br />
Uniform Requirements for Manuscripts Submitted to Biomedical Journals 2009<br />
weil:<br />
„ex post“ – Nachweis nicht möglich
<strong>Interessenkonflikt</strong> – nicht neu<br />
Hippokratischer Eid / Berufsordnung für Ärzte<br />
Die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit meiner Patientinnen und Patienten soll<br />
oberstes Gebot meines Handelns sein.<br />
Physician Charter<br />
Principle of primacy of patient welfare. This principle is based on a dedication to serving the<br />
interest of the patient. Altruism contributes to the trust that is central to the physician–patient<br />
relationship. Market forces, societal pressures, and administrative exigencies must not<br />
compromise this principle.<br />
è� Spannungsfeld zwischen<br />
Arztinteressen und Patienteninteressen<br />
Klemperer
Spannungsfeld<br />
Medizin, Pflege, Forschung<br />
Klemperer<br />
• Vergütungsordnungen EBM, GOÄ, DRGs, Pflege<br />
• Impact-Faktoren<br />
• Leistungsorientierte Mittelvergabe (LOM)<br />
(…)<br />
Industrie<br />
Shareholder / Patienteninteressen<br />
è� strukturell angelegte <strong>Interessenkonflikt</strong>e
Klemperer<br />
DÄB<br />
17.2.2012
Arzneimittelgesetz<br />
Qualität nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln<br />
Sicherheit bezüglich toxischer Wirkungen<br />
Wirksamkeit bei den angegebenen Anwendungsgebieten angemessen wirksam<br />
Deutscher Ärztetag 1990<br />
Klemperer
27.2.2011
2. <strong>Interessenkonflikt</strong>e können professionelles<br />
Urteilsvermögen und<br />
Handeln beeinträchtigen.<br />
Den betroffenen Personen entgeht die<br />
Beeinflussung zumeist.
System 1<br />
schnell, intuitiv, unbewusst<br />
Heuristiken, Bauchgefühl, Faustregeln<br />
Bias, kognitive Illusionen<br />
Klemperer<br />
System 2<br />
langsam, prüfend, logisch,<br />
anstrengend<br />
è�System 2 kontrolliert System 1<br />
Fast and slow thinking
Reziprozität<br />
Gefühl der Verpflichtung zur Erwiderung einer<br />
Gefälligkeit<br />
funktioniert<br />
• ohne materiellen Schwellenwert<br />
• ohne bewusste Entscheidung<br />
• unabhängig von der Sympathie des<br />
Empfängers für den Geber<br />
è� Gegengaben im Wert unverhältnismäßig<br />
Klemperer<br />
Reziprozität und Freundschaft
materiell fast wertlos, trotzdem wirksam<br />
• Schreibblock und Klemmbrett<br />
• Lipitor® : Name und Logo<br />
è�verändert Einstellung zu Lipitor®<br />
Klemperer Grande et al. Arch Intern Med 2009;169:887-893<br />
Reziprozität und Freundschaft
Freundschaft, Sympathie<br />
Fugh-Bergman, Ahari. PLoS Medicine 2007;4:e150.<br />
Liking/Friendship.<br />
People prefer to say yes to those they know and like<br />
Klemperer<br />
Robert Cialdini . Six universal principles of influence .http://www.influenceatwork.com<br />
Reziprozität und Freundschaft
Klemperer<br />
niedergelassener Arzt<br />
• ∅ 7 Kontakte pro Woche<br />
• 40% ≥8 Kontakte<br />
• der persönliche Kontakt zum Pharmarvertreter<br />
für 65 % ein positiver Aspekt<br />
Gebuhr 2008<br />
Reziprozität und Freundschaft
The human understanding when it has once<br />
adopted an opinion (...) draws all things else to<br />
support and agree with it. And though there be a<br />
greater number and weight of instances to be<br />
found on the other side, yet these it either neglects<br />
and despises, or else by some distinction sets<br />
aside and rejects; in order that by this great and<br />
pernicious predetermination the authority<br />
of its former conclusions may remain<br />
inviolate.<br />
Francis Bacon 1620 / 1863<br />
motivierte Evaluation / Bestätigungsbias
motivierte Evaluation / Bestätigungsbias<br />
Bestätigungsbias<br />
starke Vorerwartung an die Daten<br />
• tatsächliche Struktur wird nicht erkannt<br />
• lässt einen Zusammenhänge sehen, die<br />
objektiv gar nicht vorhanden sind<br />
Felser und Klemperer 2011<br />
„We are pattern seekers,<br />
believers in a coherent world.“ Kahneman 2011, S.115<br />
BBBGGG<br />
GGGGGG<br />
BGBBGB
Klemperer<br />
"It is difficult to get a man to understand<br />
something, when his salary depends<br />
upon his not understanding it!"<br />
Upton Sinclair<br />
Candidate for Governor: And How I Got Licked (1935)<br />
motivierte Evaluation / Bestätigungsbias
Motivierte Evaluation<br />
eine von mehreren möglichen Schlussfolgerungen<br />
entspricht Erwartungen / erscheint vorteilhaft<br />
è�Wahrnehmung und Gewichtung<br />
• bestätigende Anteile der Evidenz �<br />
• widersprechende Anteile der Evidenz �<br />
è� Gefühl der Objektivität<br />
è� unbewusster kognitiver Bias<br />
Dana, Institute of Medicine 2009<br />
Klemperer<br />
motivierte Evaluation / Bestätigungsbias<br />
Resistenzillusion
„llusion der Unverwundbarkeit“<br />
è� wer sich als resistent oder nicht beeinflussbar<br />
wahrnimmt, ist besonders anfällig für Beeinflussung<br />
Sagarin et al. 2002<br />
Klemperer<br />
„bias blind spot“<br />
Resistenzillusion<br />
Suche nach Bias<br />
• bei uns selbst: Ergebnis negativ<br />
• bei anderen: Ergebnis positiv<br />
Selbst-Evaluation von Bias è� systematischer Bias<br />
Pronin et al. 2002, Ehrlinger al. 2005
3. Verzerrte Urteile sind<br />
erkennbar, aber nicht im juristischen<br />
Sinne nachweisbar.
Avastin bei metastasiertem Brustkrebs<br />
European Medicines Agency November 2011<br />
Nutzen höher als Schaden � Zulassung<br />
U.S. Food and Drug Administration 18.11.2011<br />
Schaden höher als Nutzen �<br />
Zulassung entzogen
„... composed of independent European experts selected<br />
according to their specific expertise“<br />
ein unabhängiger (?) deutscher Experte:<br />
Consultancy<br />
Glaxo Smithkline, Bayer Healthcare, Pfizer,<br />
Wyeth, Biogen, Roche<br />
Principal Investigator<br />
Roche, Novartis, Pfizer, Bayer Healthcare,<br />
Biogen, Cytavis, Wyeth/Pfizer<br />
Investigator<br />
16 Studien von 11 Firmen<br />
26.4.2012
motivierte Evaluation / Bestätigungsbias<br />
Zum Verordnungsausschluss zu Lasten der GKV<br />
von Glitazonen und Gliniden durch den GBA<br />
17.6.2010<br />
(...) Die Beschlüsse des GBA in den letzten 2 Jahren hinsichtlich der<br />
Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 haben zur Folge, dass diese<br />
Therapie auf den Stand der frühen 80ziger Jahre<br />
zurückgeworfen wird. Die GBA Beschlüsse stehen außerdem<br />
im Widerspruch zu den Leitlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft<br />
und zu internationalen Leitlinien zur medikamentösen Therapie des Diabetes<br />
mellitus Typ 2. Ferner steht das GBA Urteil im Widerspruch zu den<br />
Maßgaben der nationalen und internationalen Zulassungsbehörden.
Süddeutsche Zeitung<br />
25.12.2009, S.16<br />
motivierte Evaluation / Bestätigungsbias
14.7.2007 NEJM. Nissen und Wolski.<br />
Metaanalyse: Erhöhung der Mortalität<br />
durch Herz-Kreislauf-Krankheiten<br />
motivierte Evaluation / Bestätigungsbias<br />
18.3.2010 BMJ Wang et al.<br />
Veröffentlichungen Stand 10 April 2009<br />
Bewertung von Rosiglitazon durch Autoren<br />
mit <strong>Interessenkonflikt</strong>: positiv<br />
ohne <strong>Interessenkonflikt</strong>: negativ
2000<br />
7 gynäkologische Fachgesellschaften DÄB 29.9.2000<br />
"In großen prospektiven amerikanischen Studien wurde<br />
festgestellt, dass die Sterblichkeit postmenopausaler Frauen<br />
durch eine Hormonsubstitution um circa 50 Prozent<br />
gesenkt wird, was in erster Linie auf die günstigen<br />
Auswirkungen der Östrogenpräparate auf das Herz-<br />
Kreislauf-System zurückzuführen ist."<br />
2009<br />
motivierte Evaluation / Bestätigungsbias<br />
S3-Leitlinie zur Hormontherapie in der<br />
Peri- und Postmenopause, September 2009<br />
WHI, HERS – kein Einfluss auf kardiale Mortalität<br />
(…)
• Zwischenanalyse: Progredienz verlangsamt<br />
• Novartis: Abbruch aus „ethischen Gründen“<br />
• EMA: Endpunkt möglicherweise klinisch nicht<br />
relevant, aber klinischer Nutzen „reasonably likely“<br />
Keller M. Der Preis des Lebens. Die ZEIT 20.1.2011, S. 13-15.<br />
GBA. Beschluss zu Everolimus,17.12.2009<br />
Klemperer<br />
motivierte Evaluation / Bestätigungsbias
4. <strong>Interessenkonflikt</strong>e<br />
regeln um<br />
Bias verhindern
Klemperer<br />
<strong>Interessenkonflikt</strong>regulierung<br />
Bias verhindern um<br />
• Patienten zu schützen<br />
• Integrität der professionellen<br />
Urteilsfähigkeit und des professionellen<br />
Handelns zu schützen<br />
• Vertrauen der Öffentlichkeit zu bewahren<br />
„Ich werde mit allen meinen Kräften die Ehre und die edle Überlieferung des<br />
ärztlichen Berufes aufrechterhalten“ Ärztliche Berufsordnung 2011<br />
• dem Staat zuvoruzkommen<br />
USA Physician Payment Sunshine Act 2009
Strategien der Regulierung von<br />
<strong>Interessenkonflikt</strong>e<br />
• disclosure notwendig, zumeist nicht hinreichend<br />
• management z.B. Überwachung, Kontrolle der Daten<br />
• prohibition z.B. keine Tätigkeit in Bereichen, in denen der <strong>Interessenkonflikt</strong><br />
schwerwiegende Konsequenzen haben kann<br />
IOM-Report 2009, Kapitel 3, S. 62-96,<br />
DNEBM-Diskussionspapier 2011, S.15<br />
primäre Prävention: vermeiden, wenn möglich<br />
Klemperer
Transparenz<br />
ja, aber:<br />
unerwünschte Effekte<br />
von Offenlegung<br />
• strategische Übertreibung<br />
(strategic exaggeration) stärkere Verzerrung um der<br />
Korrektur durch den Rezipienten entgegenzuwirken<br />
• moralische Genehmigung (moral licensing):<br />
verzerrte Information, weil der Rezipient ja gewarnt war<br />
Loewenstein et al. JAMA 22./29.2 2012
Mitwirkende mit <strong>Interessenkonflikt</strong>en, die (…) als<br />
befangen bewertet wurden, sollen nicht an der<br />
Bewertung der Evidenzen und der Konsensfindung<br />
mitwirken Empfehlung IOM 4.1<br />
Klemperer
(Muster-) Berufsordnung für die deutschen<br />
Ärztinnen und Ärzte (Stand 2011)<br />
§ 32 Unerlaubte Zuwendungen<br />
(1) Geschenke nicht gestattet, wenn „hier durch der<br />
Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der<br />
ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird.“<br />
(2) „Die Annahme von geldwerten Vorteilen in<br />
angemessener Höhe ist nicht berufswidrig, sofern diese<br />
ausschließlich für berufsbezogene Fortbildung<br />
verwendet werden.“<br />
$<br />
� $Wissenschaft der Beeinflussung<br />
noch nicht umgesetzt<br />
Klemperer
5. Marketing vor Evidenz,<br />
Umsatz vor Sicherheit –<br />
zahlreiche Beispiele bei<br />
Arzneimittelstudien.<br />
Gegenmittel: Transparenz
Eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Herstellern<br />
von Arzneimitteln und Medizinprodukten auf der einen<br />
Seite und Forschern und Wissenschaftlern auf der<br />
anderen Seite ist möglich.<br />
Dafür muss die Industrie in Zweifelsfällen dem<br />
Patientennutzen Vorrang geben vor dem<br />
Gewinnstreben.<br />
In zahlreichen Fällen haben Hersteller von Arzneimitteln<br />
grob und vorsätzlich gegen die Patienteninteressen<br />
verstoßen, indem sie in Arzneimittelstudien die<br />
wissenschaftliche Integrität verletzt haben: „Marketing<br />
vor Evidenz, Umsatz vor Sicherheit“
Die gesamte Wissensbasis im Arzneimittelbereich<br />
ist fragwürdig.<br />
Zur Schließung der bestehende Glaubwürdigkeitslücke<br />
kann die Industrie durch Anerkennung und Lösung der<br />
Probleme beitragen.<br />
Die Gesetzgeber sind gefragt, dass erforderliche Maß an<br />
Transparenz und Öffentlichkeit in allen Phasen einer<br />
Arzneimittelstudie herzustellen.<br />
„Nicht schaden“ muss auch für die pharmazeutische<br />
Industrie oberstes Gebot werden.
Industriefinanzierung<br />
Schott et al. 2010 Nov. 2002 bis Dez. 2009<br />
Bekelman et al. 2003 OR 3.60 Jan. 1980 bis Okt. 2002<br />
Lexchin et al. 2003 OR 4.05 Jan. 1966 bis Dez. 2002<br />
è�„sponsorship bias“
Klemperer
Themenfelder von Untersuchungen zum Einfluss<br />
pharmazeutischer Unternehmen auf Arzneimittelstudien<br />
è� Einer Studie einen Drall in die gewünschte<br />
Richtung zu geben, ist in jeder Phase des<br />
Forschungsprozesses möglich.<br />
Schott et al. 2010
Studienprotokoll / "Designbias"<br />
• Ein- und Ausschlusskriterien<br />
z.B. Krebspatienten in relativ gutem Allgemeinzustand<br />
• Endpunkte nicht relevant<br />
• Kontrollgruppe Plazebo<br />
• Vergleichssubstanz Dosierung<br />
• Studiendauer<br />
z.B. stoppen bei positivem Surrogatparameter
Publikationsbias<br />
è�selektives Publizieren<br />
• Zulassungsstudien FDA: 25-50% nicht veröffentlicht<br />
• positive Outcomes veröffentlicht, teils mehrfach<br />
• negative Studien bzw. Outcomes nicht veröffentlicht<br />
• negative Outcomes positiv dargestellt<br />
• häufigeres Zitieren<br />
�Zulassungsbehörden und Öffentlichkeit erhalten<br />
verzerrte Informationen<br />
�Nutzen von Arzneimitteln wird überschätzt,<br />
Schäden werden unterschätzt<br />
Turner et al. 2008 Antidepressiva / Spielmans und Parry 2010 Psychopharmaka /<br />
Rising et al. 2008
Seroquel besser<br />
Seroquel schlechter<br />
Quetiapin (Seroquel®)<br />
„The data don’t look good. In fact, I don’t know how we can get a<br />
paper out of this”. interne Email. Tumas 2000<br />
Quetiapin zu Haldol<br />
schlechter: Symptome subjektiv, psychotische Episoden<br />
besser: kognitive Funktionen<br />
Marketing: “… appears to have a positive impact on important<br />
domains of cognitive performance that have been found to predict<br />
role function and community outcomes in patients with<br />
schizophrenia”<br />
Spielmans und Parry 2010
z.B.<br />
Hersteller hält Studien zurück<br />
Oseltamivir Tamiflu® Roche<br />
Roche hält zurück: 42 von 67 Studien; GSK zanamivir (Relenza®) hält nicht zurück<br />
Reboxetin Edronax® Pfizer<br />
Pfizer hielt 10 von16 Studien zurück Daten mit 74% der Probanden (3033/4098)<br />
Hersteller hält Informationen über schwere<br />
unerwünschte Arzneimittelwirkungen zurück<br />
z.B.<br />
Cerivastatin Lipobay® 1997 / 2001<br />
Rofecoxib Vioxx® 1999 / 2004<br />
Rosiglitazon Avandia® 2000 / 2010
ghostwriting / guest authors<br />
Rolle und Einfluss des Sponsors wird verborgen<br />
Frage der Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit der Autorenschaft<br />
Klemperer
Firmen sponsern die Kreation einer Krankheit<br />
disease mongering<br />
Female Sexual Dysfunction<br />
è� Pfizer: Viagra<br />
Durchblutungsstörung<br />
è� Procter and Gamble: Testosteronpflaster<br />
Hormonmangel<br />
è� Boehringer Ingelheim: Flibanserin<br />
Transmitterstörung<br />
Medikamente gescheitert –<br />
wissenschaftliches Gebäude erhalten<br />
Ray Moynihan<br />
BMJ 2010
Bias in klinischen Studien<br />
Klemperer
Klemperer
Ten Recommendations for Closing the Credibility Gap in<br />
Reporting Industry-Sponsored Clinical Research: A Joint<br />
Journal and Pharmaceutical Industry Perspective<br />
Mayo Clinic Proceedings<br />
Volume 87, Issue 5 , Pages 424-429, May 2012<br />
Funded by Amgen, AstraZeneca, Bristol-Myers Squibb,<br />
GlaxoSmithKline, Johnson & Johnson Pharmaceutical Research<br />
& Development, LLC, Merck, Pfizer, and Takeda Pharmaceuticals<br />
North America. Bristol-Myers Squibb, Johnson & Johnson<br />
Pharmaceutical Research & Development, LLC, Merck, and<br />
Takeda Pharmaceuticals North America joined the initiative after<br />
the 2010 MPIP roundtable meeting<br />
Klemperer
1. Ensure Clinical Studies and Publications Address Clinically<br />
Important Questions<br />
2. Make Public All Results, Including Negative or Unfavorable<br />
Ones, in a Timely Fashion, While Avoiding Redundancy<br />
3. Improve Understanding and Disclosure of Authors' Potential<br />
Conflicts of Interest<br />
4. Educate Authors on How to Develop Quality Manuscripts and<br />
Meet Journal Expectations<br />
5. Improve Disclosure of Authorship Contributions and Writing<br />
Assistance and Continue Education on Best Publication<br />
Practices to End Ghostwriting and Guest Authorship<br />
6. Report Adverse Event Data More Transparently and in a More<br />
Clinically Meaningful Manner<br />
7. Provide Access to More Complete Protocol Information<br />
8. Transparently Report Statistical Methods Used in Analysis<br />
9. Ensure Authors Can Access Complete Study Data, Know<br />
How to Do So, and Can Attest to This<br />
10. Support the Sharing of Prior Reviews From Other Journals
Klemperer<br />
Transparenz<br />
x<br />
Strukturelle <strong>Interessenkonflikt</strong>e zwischen<br />
Patientenwohl und Gewinnstreben mindern