Text - Knappschaftskrankenhaus Dortmund
Text - Knappschaftskrankenhaus Dortmund
Text - Knappschaftskrankenhaus Dortmund
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Rotterdam, der welterfahrene und weltgewandte Vertreter der 'humanitas christiana',<br />
dessen Werk den Geist des Humanismus zukunftsweisend prägte und den<br />
Nährboden der neuen wirtschaftlichen und technischen Welt bereitete. (Denken Sie<br />
nur an Leonardo da Vinci !)<br />
Im Kulturwandel zur Neuzeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts und bis in das<br />
20. Jahrhundert fortlebend erfährt der Humanismus in der Bildungsidee des<br />
sogenannten Neuhumanismus in einer spezifisch deutschen Ausbildung eine<br />
erneuernde, ich meine neue Ausprägung. Die Bildungsidee steht zum einen in der<br />
Tradition des Humanismus, zum anderen findet sie ihre Identität aus dem Geist der<br />
Weimarer Klassik. Bildung bedeutet Aneignung von Weltwissen in einem Prozess<br />
einer "sich selbst bestimmenden Individualität und Persönlichkeit"(Humboldt).<br />
Dieses Bildungsideal, realisiert als Artefakt der preußischen Kultuspolitik, führt zu<br />
einem Verständnis von Bildung als Allgemein- höherer und akademischer Bildung.<br />
Gebildetsein heißt über das notwendige Verfügungs- und Weltwissen hinaus an der<br />
Breite kultureller Erscheinungen vornehmlich der Sprache, Geschichte, Philosophie<br />
und Kunst der Vergangenheit und Gegenwart zu partizipieren mit der intendierten<br />
Fähigkeit, gewonnene Erfahrungen in die individuelle wie gesellschaftlich<br />
vorgegebene und zukünftige Lebenspraxis zu integrieren.<br />
Das neuhumanistische Bildungsideal strahlte über Schule (Neuhumanistische<br />
Gymnasien) weit in das Bürgertum. Dieses "Bildungsbürgertum" definierte sich<br />
nicht nur wirksam politisch und gesellschaftlich, sondern leitete – vielfach den<br />
ökonomischen Status relativierend - auch sein jeweiliges gesellschaftliches Prestige<br />
von Bildung ab. Das staatsloyale Bildungsbürgertum gerät zur "Deutungselite<br />
kultureller Erscheinungen". Der hohe Rang hat seine Kehrseite. Ihm entwächst<br />
Bildungsdünkel und Bildungsarroganz. Vollzog sich die Bildungsbewegung des<br />
Humanismus – wie oben gesagt - in einer Eigendynamik außerhalb der<br />
Universitäten, so erfährt Bildung im neu-humanistischen Verständnis ihre<br />
Institutionalisierung in Schulen und Universitäten, dort vor allem in den Impuls<br />
gebenden Geisteswissenschaften. Bildung auf einer Metaebene zu Ausbildung gerät<br />
zum geistigen Fundament der sich emanzipierenden bürgerlichen Gesellschaft, der<br />
Akademiker, Künstler und Literaten.<br />
Die hohe Reputation der Geisteswissenschaften als Leitwissenschaft im 19.<br />
und beginnenden 20. Jahrhundert ist einerseits ihren hervorragenden Leistungen,<br />
vor allem in den historischen und philologischen Disziplinen, zu verdanken,<br />
andererseits der unmittelbaren Nähe zur der sie befördernden bürgerlichen<br />
Bildungselite.<br />
4