Globalisierung und gerechte Weltwirtschaft Globalisierung ... - Inwo
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Freigeld in Argentinien?<br />
Führt die argentinische Währungskrise<br />
wirklich zu "Freigeld", wie Herr Margreiter<br />
dies schon in der Überschrift behauptet?<br />
Mit dem vielleicht nicht mehr ganz<br />
aktuellen Begriff "Freigeld" ist Geld gemeint,<br />
das durch eine zeitabhängige Nutzungsgebühr<br />
auf liquide Zahlungsmittel<br />
umlaufgesichert ist. Und genau dies sind<br />
die im Artikel genannten "Creditos"<br />
nicht. Nur das Geld ohne Aufbau von<br />
Schulden in Umlauf zu bringen, macht<br />
noch nicht jenes Geldwesen, das wir fordern.<br />
Wir wollen ein Geldwesen, in dem es keine<br />
Erpressungsverhältnisse gibt. Derjenige,<br />
der Arbeit anbietet, muss Arbeit annehmen,<br />
um leben zu können, <strong>und</strong> wir<br />
wollen dafür sorgen, dass derjenige, der<br />
Geld anbietet ebenfalls das Geld verleihen<br />
muss, um nicht einen schleichenden Vermögensverlust<br />
zu erleiden. Dies erreicht<br />
man durch eine Nutzungsgebühr für Geld,<br />
<strong>und</strong> nicht nur damit, Geld ohne Aufbau<br />
von Schulden in Umlauf zu bringen.<br />
LeserInnen haben das Wort<br />
Trotzdem ist es interessant, dass Verantwortliche<br />
für Währungen neben den oben<br />
genannten Zusammenhängen auch sonst<br />
immer wieder dieselben Fehler machen.<br />
In Argentinien wurde der Wechselkurs zu<br />
der Außenwelt faktisch eingefroren. Das<br />
hat zur Folge, dass sich ungleiche Entwicklungen<br />
in den verschiedenen Volkswirtschaften<br />
nicht mehr in den Wechselkursen<br />
ausgleichen können. Also merkt<br />
man diese Ungleichheiten eben an anderer<br />
Stelle. In Argentinien war es die sinkende<br />
Exportfähigkeit an der die vorhandenen<br />
Ungleichheiten ans Tageslicht kamen.<br />
Ein ähnliches Experiment war die Deutsche<br />
Einheit, bei der ebenfalls der Wechselkurs<br />
zwischen zwei Wirtschaftsgebieten<br />
willkürlich festgesetzt worden ist.<br />
Hier traten die vorhandenen Ungleichgewichte<br />
schließlich in einer hohen Arbeitslosigkeit<br />
<strong>und</strong> einem hohen staatlichen<br />
Unterstützungsbedarf für die östlichen<br />
Regionen zu Tage, an der wir bis<br />
heute zu tragen haben.<br />
Auch die Einführung des Euro in Europa<br />
ist ja letztendlich der gleiche Vorgang. In<br />
Europa wird zwischen den beteiligten<br />
Volkswirtschaften der Wechselkurs eingefroren.<br />
Ich vermute, dass sich die zukünftigen<br />
Unterschiede zwischen den<br />
Volkswirtschaften in einem Zwang zur<br />
Mobilität der Arbeitnehmer niederschlagen<br />
werden, in Unterschieden der Entlohnung,<br />
in zunehmenden Unterschieden<br />
zwischen Arm <strong>und</strong> Reich. Wenn die Verantwortlichen<br />
nicht aufpassen, endet das<br />
Euro-Experiment in einem zunehmenden<br />
Haß gegen Fremde <strong>und</strong> in starken gesellschaftlichen<br />
Konflikten.<br />
Interessant ist auch ein zweiter Fakt: Die<br />
argentinische Notenbank hat die Menge<br />
der umlaufenden Zahlungsmittel nicht<br />
an den Tauschbedarf der Wirtschaft gekoppelt,<br />
sondern an den Vorrat an Dollars<br />
auf den Devisenkonten der Notenbank.<br />
Auch dieser Fehler wurde mehr als<br />
einmal gemacht. Der Auslöser für die<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
Wirtschaftskrise in Deutschland um 1920<br />
war, dass die Notenbank die Menge des<br />
umlaufenden Geldes von der Menge des<br />
Goldes in den Notenbanktresoren abhängig<br />
gemacht hat. Jedoch gehörte dieses<br />
Gold nicht der Notenbank, sondern war<br />
geliehen, <strong>und</strong> als der Gläubiger sein Gold<br />
zurückforderte, musste auch die umlaufende<br />
Geldmenge verringert werden. Die<br />
Folge war eine Deflation <strong>und</strong> eine Wirtschaftskrise.<br />
Klar, dass in einer Situation des Mangels<br />
am Tauschmittel Geld andere Tauschmittel<br />
für die Menschen attraktiv werden. So<br />
ist der Erfolg der im Artikel genannten<br />
"Creditos" möglich, weil nicht mehr genügend<br />
Notenbankgeld da ist, um die<br />
Tauschbedürfnisse der Bürger zu befriedigen.<br />
Dies ist auch der Gr<strong>und</strong>, warum solche<br />
alternativen Tauschsysteme in Europa bis<br />
jetzt nicht den durchschlagenden Erfolg<br />
haben: Es ist genügend Notenbankgeld<br />
da, (wenn es durch das Zinssystem auch<br />
teuer ist) um die Tauschbedürfnisse zu<br />
befriedigen, also brauchen wir keine alternativen<br />
Währungen.<br />
Man muss also gar nicht eine bestimmte<br />
Art, Geld in Umlauf bringen (hier: durch<br />
Verschuldung der Geschäftsbanken bei<br />
der Notenbank), bemühen, um die Wirtschaftskrise<br />
in Argentinien erklären zu<br />
können. Auch dass die "Creditos" ohne<br />
Aufbau von Schulden in Umlauf kommen,<br />
ist kein Gr<strong>und</strong> für den Erfolg dieser<br />
"Währung".<br />
Überraschend für mich ist nur immer<br />
wieder, mit welcher Überzeugung <strong>und</strong><br />
welcher Energie die Verantwortlichen in<br />
Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft immer wieder<br />
die gleichen Fehler machen, an denen<br />
dann wieder alle zu leiden haben. Es<br />
wird wohl leider nicht das letzte mal<br />
sein...<br />
Bernhard Thomas,<br />
Schwalbenstr. 9,<br />
82110 Germering<br />
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