frankfurter zeugen jehovas unter der ns-diktatur - by jwhistory.net
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Ku<strong>ns</strong>tgewerblerin geworden. Nun waren wir auf einmal Staatsfeinde<br />
Nr. 1, und ich durfte keine Schule besuchen. Dafür steckte man mich in<br />
Haushalte zu hun<strong>der</strong>tprozentigen Nationalsozialisten.“ Nach <strong>der</strong> Entlassung<br />
des Vaters bei <strong>der</strong> städtischen Straßenbahn verlor die Familie die<br />
Die<strong>ns</strong>twohnung und musste daraufhin in einer umgebauten Scheune in<br />
Ginnheim hausen. Wenige Tage nach Verhaftung des Vaters holte man<br />
auch die Mutter ab. Sie kam zwar nach relativ kurzer<br />
Zeit wie<strong>der</strong> frei, doch die verbleibende Familie stürzte in<br />
unbeschreibliche Armut. Hinzu kam die ständige Überwachung<br />
durch die Polizei.<br />
Eines Tages kam „hoher Besuch“ – die Gestapo brachte<br />
einen Vertreter des Reichsführer-SS Himmler mit und<br />
zählte die Haftorte des Vaters auf: Frankfurt (Hammelsgasse),<br />
Preungesheim, Walchum, Papenburg, Frankfurt<br />
(Gerichtsgefängnis), Dachau und Mauthausen. Der<br />
Bericht darüber ist erschütternd, die Tochter schreibt:<br />
„Diese Herren machten u<strong>ns</strong> große Hoffnung, dass <strong>der</strong> Familie Lehrbach<br />
Vater bald heim käme. Heute weiß ich, dass sie sich an<br />
u<strong>ns</strong>erem Leid ergötzten, denn <strong>der</strong> Vater kam heim, aber in einer Urne.<br />
Es war nur Tage später, dass wir ein Telegramm erhielten mit dem<br />
Wortlaut: Ehemann heute im Lager verstorben, näheres durch Polizei.<br />
... Es war <strong>der</strong> 19.4.40. Einen Tag vor Hitlers Geburtstag. Vor <strong>der</strong> so<br />
genannten Amnestie.“<br />
Weitere Kin<strong>der</strong> wurden durch die Verfolgung <strong>der</strong> Eltern beson<strong>der</strong>s hart<br />
betroffen. Hedwig En<strong>der</strong>s aus Bornheim war knapp zehn Jahre alt, als<br />
Vater und Mutter im März 1937 verhaftet wurden. Der Vater kam erst<br />
nach eineinhalb Jahren, im Oktober 1938, nach Hause zurück, die Mutter<br />
noch später, im Juli 1940. Während dieser Zeit war das Mädchen bei<br />
unbekannten Pflegeeltern <strong>unter</strong>gebracht.<br />
Maria aus Griesheim war 1936 gerade zwölf Jahre alt, als ihre Eltern,<br />
Balthasar und Elisabeth Mayer, verhaftet wurden. Sie berichtet<br />
knapp, was ihr wi<strong>der</strong>fuhr: „Von <strong>der</strong> Verhaftung <strong>der</strong> Eltern 1936–1941<br />
stets in Fürsorgea<strong>ns</strong>talten, da ich allein stand.“ Danach war sie in <strong>der</strong><br />
Erziehungsa<strong>ns</strong>talt Berlin-Tegel. Die Mutter wurde nach 103 Monaten<br />
Haft in mehreren Frauen-KZ im April 1945 befreit. Ihren Vater sah<br />
sie nie wie<strong>der</strong>. Balthasar Mayer starb im KZ Dachau am 22. Januar 1945.<br />
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