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Die Bauten und Wegmarken, die als Wegbeglei­<br />

Kanton Basel-Stadt<br />

ter den Verlauf der Verkehrs<strong>wege</strong> akzentuieren,<br />

sind Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tszeugen und erfüllen darüber<br />

hinaus no<strong>ch</strong> heute ihre ursprüngli<strong>ch</strong>e Funktion: Sie bil­<br />

den Fixpunkte für das Auge, sagen uns, wo wir sind und<br />

orientieren uns über die einzus<strong>ch</strong>lagende Ri<strong>ch</strong>tung. Ihre<br />

Formenspra<strong>ch</strong>e und Symbolik berei<strong>ch</strong>ert unsere Wege,<br />

au<strong>ch</strong> wenn sie heute ni<strong>ch</strong>t mehr immer verstanden wird.<br />

So, wie sie überliefert sind, stellen die Wegbegleiter wert­<br />

volle Denkmäler dar.<br />

wegzei<strong>ch</strong>en<br />

wie der Verkehr geleitet und bewirts<strong>ch</strong>aftet wurde<br />

<strong>wege</strong> <strong>–</strong> <strong>Grenzen</strong> <strong>–</strong> <strong>Zölle</strong><br />

Wege und Strassen dur<strong>ch</strong>dringen die Lands<strong>ch</strong>aft ni<strong>ch</strong>t ohne weiteres. Wer sie be­<br />

nützt, will si<strong>ch</strong> orientieren, unterwegs ges<strong>ch</strong>ützt sein und si<strong>ch</strong> ausruhen können,<br />

wenn er müde ist. Er wird geführt und regiert und dur<strong>ch</strong> Hoheitszei<strong>ch</strong>en darauf<br />

hingewiesen, wo er si<strong>ch</strong> befindet. Und ni<strong>ch</strong>t zuletzt bewegt er si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t gratis,<br />

sondern hat seinen Beitrag an die Strassenkosten zu entri<strong>ch</strong>ten. Wegzei<strong>ch</strong>en, Grenz­<br />

marken und Zollstellen begleiten daher seinen Weg.<br />

Einzelne Wegweiser in Form von Händen mit aus­<br />

gestrecktem Zeigfinger sind uns bereits aus vers<strong>ch</strong>ie­<br />

denen Darstellungen des 16. Jahrhunderts überliefert.<br />

Interessanterweise hat man sie gern an Bildstöcken be­<br />

festigt, wo sol<strong>ch</strong>e vorhanden waren <strong>–</strong> ob hier die Reisen­<br />

den dur<strong>ch</strong> den S<strong>ch</strong>utz des geweihten Ortes au<strong>ch</strong> im<br />

Abb. 1: Der gut gepflegte Wegweiser in Benken<br />

steht an einer Wegs<strong>ch</strong>eide zwis<strong>ch</strong>en dem<br />

Leimental, dem Sundgau und Basel (CD).<br />

Abb. 2: Am abges<strong>ch</strong>iedenen Passübergang<br />

über den Blauen beim Metzerlen<strong>ch</strong>rüz, einem<br />

Pilgerweg na<strong>ch</strong> Mariastein, steht dieser Wan-<br />

derwegweiser, der auf Ziele in allen Himmels-<br />

ri<strong>ch</strong>tungen verweist. Der bena<strong>ch</strong>barte Kantons-<br />

grenzstein stammt von 1 5 ; er trägt die Wap-<br />

pen Solothurns und des Fürstbistums (CD).<br />

Abb. : Der ins<strong>ch</strong>riftlose römis<strong>ch</strong>e Meilenstein<br />

an der Erzenbergstrasse bei Liestal wird seit<br />

langem als Brunnenstock des «Erzenbergbrunnens»<br />

gebrau<strong>ch</strong>t (ED).


übertragenen Sinn «auf den re<strong>ch</strong>ten Weg gebra<strong>ch</strong>t»<br />

werden sollten? (Vgl. Kasten S. 46.)<br />

So hilfrei<strong>ch</strong> die Wegweiser für Ni<strong>ch</strong>t­Ortskundige<br />

bereits damals waren, so kamen sie do<strong>ch</strong> hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong><br />

mit Rücksi<strong>ch</strong>t auf die Erhebung der <strong>Zölle</strong> sowie Brückenund<br />

Weggelder ins Blickfeld der Obrigkeit. Das mittelalterli<strong>ch</strong>e<br />

Geleitsre<strong>ch</strong>t, das den Reisenden den S<strong>ch</strong>utz der<br />

Herrs<strong>ch</strong>aft si<strong>ch</strong>erte (wofür allerdings eine Gebühr zu<br />

entri<strong>ch</strong>ten war), hatte bereits die Mögli<strong>ch</strong>keit enthalten,<br />

die Benützung bestimmter Strassen, so genannter Geleitsstrassen,<br />

vorzus<strong>ch</strong>reiben. Im Deuts<strong>ch</strong>en Rei<strong>ch</strong> wurde<br />

es so no<strong>ch</strong> bis weit in die Neuzeit angewandt, während<br />

es in der Eidgenossens<strong>ch</strong>aft infolge der frühen Dur<strong>ch</strong>setzung<br />

des Landfriedens obsolet geworden wäre, wenn<br />

si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t die Strassenhoheit der Obrigkeit von ihm ableiten<br />

würde.<br />

Bezei<strong>ch</strong>nenderweise erliess die Obrigkeit im Zeitalter<br />

des Kunststrassenbaus au<strong>ch</strong> die ersten Vors<strong>ch</strong>riften über<br />

die Erri<strong>ch</strong>tung von Wegweisern, da man zur Finanzierung<br />

dieser Bauten auf den Ertrag der Weg­ und Brückengelder<br />

angewiesen war. 1737 wurden im Baselbiet<br />

an allen «Haubt Strassen Weegweiser mit Armen, woran<br />

ges<strong>ch</strong>rieben, wohin der Weeg gehet, an den Neben Weegen<br />

Poteaux aufgeri<strong>ch</strong>tet, woran ges<strong>ch</strong>rieben verbottene<br />

Weeg». Die ersten Wegweiser entstanden also<br />

ni<strong>ch</strong>t als Hinweis­, sondern als Gebotss<strong>ch</strong>ilder; wer dur<strong>ch</strong>reiste,<br />

hatte ihnen zu folgen, damit er die Zollstellen<br />

ni<strong>ch</strong>t umgehen konnte. Für Landfremde hatten sie aber<br />

immerhin den Nutzen, die Wege zu den wi<strong>ch</strong>tigsten<br />

Orts<strong>ch</strong>aften anzuzeigen. Diese Funktion setzte si<strong>ch</strong><br />

s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong>.<br />

Im Lauf des 19. Jahrhunderts baute man mit der Zu­<br />

nahme des Personen­ und Güterverkehrs allmähli<strong>ch</strong> ein<br />

immer di<strong>ch</strong>teres Wegweisernetz auf. No<strong>ch</strong> der Entwurf<br />

für ein Strassengesetz von 1839 sah nur 20 Wegweiser­<br />

standorte «mit Angabe der Entfernungen der nä<strong>ch</strong>sten<br />

Haupt­ und Bezirksorte» vor. Die meisten waren bei den<br />

wi<strong>ch</strong>tigsten Grenzübertrittsstellen oder in grenznahen<br />

Dörfern platziert, nur wenige im Innern des Kantons,<br />

nämli<strong>ch</strong> zwei in Reina<strong>ch</strong> und je einer am Altmarkt bei<br />

Liestal, beim Finkenhäuslein (bei Sissa<strong>ch</strong>), in Gelterkinden<br />

und bei der Bubendörfer Badbrücke. Damit steckte man<br />

ein systematis<strong>ch</strong>es Netz aus, das si<strong>ch</strong>er alle wi<strong>ch</strong>tigen<br />

Talstrassen erfasste, aber dasjenige des 18. Jahrhunderts<br />

kaum erweiterte.<br />

Aus den späteren Regelungen lässt si<strong>ch</strong> aber bis ins<br />

späte 19. Jahrhundert eine umfassende Signalisation der<br />

Abb. : Der bernis<strong>ch</strong>e Stundenstein von<br />

Angenstein steht knapp vor der Kantons-<br />

grenze, 2 Wegstunden von Bern entfernt.<br />

Um die Grenznähe zu betonen, wurde er<br />

ausnahmsweise mit dem Kantonswappen<br />

ausgezei<strong>ch</strong>net (CD).<br />

Abb. 5: Das Wegkreuz von 18 unterhalb der<br />

Kir<strong>ch</strong>e von Blauen ist eines der prä<strong>ch</strong>tigsten im<br />

katholis<strong>ch</strong>en Kantonsteil, der rei<strong>ch</strong> an sol<strong>ch</strong>en<br />

Denkmälern ist (CD).<br />

Abb. : Über die Passanten auf der Dorna<strong>ch</strong>brugg<br />

wa<strong>ch</strong>t seit 1 5 der Brückenheilige<br />

Johannes Nepomuk, der 1 2 heilig<br />

gespro<strong>ch</strong>en worden ist. An seiner Stelle fand<br />

si<strong>ch</strong> zuvor ein s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>tes Kreuz (CD).<br />

Kanton Basel-Stadt 5


Abb. : Au<strong>ch</strong> Grenzsteine sind dem Wandel der<br />

Stile unterworfen, obwohl ihre Grundform fast<br />

immer die Stele ist. Der Grenzstein von 1 0<br />

steht an der ehemals österrei<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Grenze<br />

auf der Alp bei Anwil, am Höhenweg na<strong>ch</strong><br />

S<strong>ch</strong>upfart im Fricktal (ED).<br />

Abb. 8: Na<strong>ch</strong> der Vermessung der neuen<br />

Staatsgrenze zwis<strong>ch</strong>en Basel und Bern im Jahr<br />

1822 wurde au<strong>ch</strong> der Glögglifels am mittel-<br />

alterli<strong>ch</strong>en Passweg zwis<strong>ch</strong>en Birseck und<br />

Laufental mit einer neuen Grenzmarke ver-<br />

sehen. Ein kräftiger senkre<strong>ch</strong>ter Stri<strong>ch</strong> trennt<br />

die Wappen (Foto Claude Bodmer).<br />

Wegweisung im Jahr 1598<br />

Der Basler Kaufmann Andreas Ryff hat in seinem<br />

Reisebü<strong>ch</strong>lein darüber beri<strong>ch</strong>tet, wie er 15 8<br />

von Bildstöcken über den einsamen Saumpfad<br />

zwis<strong>ch</strong>en Waldkir<strong>ch</strong> und Rottweil dur<strong>ch</strong> den S<strong>ch</strong>warzwald geleitet wurde.<br />

Von Waldkir<strong>ch</strong> «rith man das thaal hinder uff die isens<strong>ch</strong>mitte, so unden<br />

am berg ligt, so man den neiwen weg nent, I mil [wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> 1 badis<strong>ch</strong>e<br />

Meile = rund 8, km]; do strags den berg auff über den neiwen weg<br />

dur<strong>ch</strong> den wald. Mitten im wald stott ein bildstöcklin; doran ist ein hand,<br />

die wyst strags hinder si<strong>ch</strong> den berg gar auff uff S<strong>ch</strong>önenwald zuo, dohin<br />

ist I 1 ⁄ 2 myl. Dieser weg (welli<strong>ch</strong>en man allein mit soumrossen vahren<br />

kann), so strags dur<strong>ch</strong> den Wald geht, zeu<strong>ch</strong>t uff Fillingen zuo. Der<strong>wege</strong>n<br />

muoss man bim bildtstock strags wider hinder si<strong>ch</strong> den berg auff. [...] Firbass<br />

zeu<strong>ch</strong>t man ein rythwäg [Reitweg] fir etli<strong>ch</strong> höff neben einem grossen<br />

weyer hin uff Sant Gergen [Sankt Georgen] zuo; dohin ist I myl. [...] Von<br />

S<strong>ch</strong>önenwald biss dohin ist gar irrig zuo reithen, hat kein anderen wäg dan<br />

allein ein huoffs<strong>ch</strong>lag [von den Pferdehufen ausgetretener Pfad], wie in<br />

allen wildtnussen der brou<strong>ch</strong> ist. Uff denselben muoss man seer guote<br />

a<strong>ch</strong>tung geben. Bald kompt man zuo einer myle [Mühle] und bald darna<strong>ch</strong><br />

zuo einem ho<strong>ch</strong>geri<strong>ch</strong>t [Galgen] und glei<strong>ch</strong> zuo einem bildstock. Bei demselben<br />

geht ein trybener [getriebener = von Mens<strong>ch</strong>enhand angelegter]<br />

weg uff die re<strong>ch</strong>t hand gen Fillingen; aber na<strong>ch</strong> Rothwyl muoss man strags<br />

hinaus» (Basler Zeits<strong>ch</strong>rift für Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te und Altertumskunde 2, 1 2: 55.<br />

Vignette: Ryffs Skizze des Bildstocks mit der Hand, die den Weg weist).<br />

Wege und Entfernungen von Ort zu Ort herauslesen.<br />

Aus dieser Zeit haben si<strong>ch</strong> einige gut gepflegte guss­<br />

eiserne Wegweiser mit einer Fassung in den Kantonsfarben<br />

rot­weiss erhalten (Abb. 1). Ihre S<strong>ch</strong>riftgrösse<br />

weist sie als Zeugen einer Zeit aus, in der aller Verkehr<br />

Langsamverkehr war und man no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t auf s<strong>ch</strong>nelles<br />

Erfassen der Signalisation angewiesen war. Ganz in dieser<br />

Tradition stehen die heutigen Wanderwegweiser, die<br />

ein modernes Orientierungsnetz für den Fussverkehr bilden,<br />

das allerdings au<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> gut erkennbare Wegmar­<br />

Kanton Basel-Stadt<br />

kierungen ergänzt ist (Abb. 2). Dagegen ging die Signalisierung<br />

für den motorisierten Strassenverkehr eigene<br />

Wege, die wir hier ni<strong>ch</strong>t verfolgen können.<br />

Die Staatstätigkeit drückte si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> ganz direkt in<br />

der Gestaltung der Distanzsteine und Bauins<strong>ch</strong>riften aus.<br />

Die römis<strong>ch</strong>en Meilensteine wurden im Namen des Kaisers<br />

und häufig als direkte Huldigung an ihn erri<strong>ch</strong>tet,<br />

und sie gaben die Distanz zum nä<strong>ch</strong>sten Hauptort an<br />

(Abb. 3). Bern hat wie andere Mä<strong>ch</strong>te der frühen Neuzeit<br />

diesen Brau<strong>ch</strong> mit seinen Stundensteinen aufgenommen,<br />

die alle die Distanz von der Hauptstadt nennen.<br />

Damals bes<strong>ch</strong>ränkte si<strong>ch</strong> der staatli<strong>ch</strong>e Strassenbau<br />

auf das übergeordnete Strassennetz; die Hauptstadt war<br />

ein fernes Zentrum (Abb. 4). Seit dem 19. Jahrhundert ist<br />

die Präsenz des Staates als Bauherr demokratis<strong>ch</strong>er und<br />

diskreter, aber au<strong>ch</strong> umfassender und selbstverständli<strong>ch</strong>er<br />

geworden. Bauins<strong>ch</strong>riften an wi<strong>ch</strong>tigen Kunstbauten<br />

wie Brücken werden daher meist verwaltungsmässig<br />

sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> und normiert angebra<strong>ch</strong>t, während sie<br />

früher deutli<strong>ch</strong> si<strong>ch</strong>tbar waren, aber dadur<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> zum<br />

S<strong>ch</strong>muck der oft nü<strong>ch</strong>ternen Werke wurden.<br />

Die Bildstöcke, Wegkapellen und häufigen Wegkreuze<br />

sind Wegmarken ausserhalb des staatli<strong>ch</strong>en Wirkungskreises<br />

geblieben, die wir ni<strong>ch</strong>t mehr mit Wegweisern<br />

in Verbindung bringen würden (Abb. 5, 6). Als<br />

Elemente einer Sakrallands<strong>ch</strong>aft, die in den ausgedehnten<br />

Siedlungsagglomerationen der Gegenwart kaum mehr<br />

prägnant zu erkennen ist, sind sie neben die Kir<strong>ch</strong>en und<br />

Kapellen zu stellen, die oft weithin si<strong>ch</strong>tbare Landmarken<br />

und Orientierungspunkte bildeten. Sie erfüllten eine Vielzahl<br />

spiritueller Zwecke, unter denen der S<strong>ch</strong>utz der


Passanten auf dem Weg, die spontane Einkehr im Gebet<br />

und das Gedenken an eine verstorbene Person oder ein<br />

besonderes Ereignis im Vordergrund stehen.<br />

Der besondere Anlass zur Erri<strong>ch</strong>tung eines Weg­<br />

kreuzes ist selten bekannt, da die Ins<strong>ch</strong>riften meist keine<br />

Informationen darüber enthalten. Als Ausnahme erzählt<br />

das Wegkreuz in der Felsbalm an der Passwangstrasse<br />

südli<strong>ch</strong> von Zwingen von einem Mord, der si<strong>ch</strong> hier ab­<br />

gespielt hat: «Hier ist der Ort, wo Urs Borer von Büe­<br />

sera<strong>ch</strong> ermordet worden ist den 12 Hornung 1834.»<br />

Früher verbreitete Wegbegleiter waren au<strong>ch</strong> die Bän­<br />

ke, die auf den Wegstrecken zwis<strong>ch</strong>en den Orts<strong>ch</strong>aften<br />

aufgestellt waren. Sie erlaubten den Trägern, Hausierern<br />

und insbesondere den Marktfrauen, die regelmässig<br />

lange Wege ma<strong>ch</strong>ten, das Ausruhen. Ausnahmsweise<br />

waren sie sogar überda<strong>ch</strong>t. So steht etwa im steilen Auf­<br />

stieg zwis<strong>ch</strong>en Benken und Neuwiller ein auf drei Seiten<br />

ges<strong>ch</strong>lossenes Häus<strong>ch</strong>en, in dessen Innerem si<strong>ch</strong> eine<br />

Sitzbank den Wänden entlangzieht.<br />

Grenzmarken<br />

Im Gebiet der heutigen beiden Basel, das wie kaum ein<br />

anderes in der S<strong>ch</strong>weiz von Hoheits­ und Staatsgrenzen<br />

dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nitten wird, in dem We<strong>ch</strong>sel der Gebietszugehörigkeit<br />

ni<strong>ch</strong>t selten waren, und in dem die Landesgrenze<br />

zuglei<strong>ch</strong> in den kulturellen Unters<strong>ch</strong>ieden präsent<br />

und äusserst dur<strong>ch</strong>lässig ist, bilden die Grenzsteine naturgemäss<br />

häufige Wegbegleiter. Seit man begonnen hat,<br />

die Herrs<strong>ch</strong>aftsgrenzen systematis<strong>ch</strong> zu protokollieren,<br />

zu vermessen und «auszusteinen», sind hier Grenzsteine<br />

der vers<strong>ch</strong>iedenen Landesherren und Ämter erhalten.<br />

Oft wirken sie ehrwürdig, oft ana<strong>ch</strong>ronistis<strong>ch</strong>, immer<br />

aber dokumentieren sie die we<strong>ch</strong>selvolle Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te des<br />

Landstri<strong>ch</strong>s (Abb. 7, 8).<br />

Zollstellen<br />

Während wir gewohnt sind, Grenze und Zoll eng aufeinander<br />

zu beziehen, war der Übergang zum Grenzzollsystem<br />

ein Vorgang, der si<strong>ch</strong> historis<strong>ch</strong> gesehen spät und<br />

nur allmähli<strong>ch</strong> abgespielt hat. In einzelnen S<strong>ch</strong>weizer<br />

Kantonen wie Luzern setzte er im späten 17. Jahrhundert<br />

ein, im Fürstbistum Basel im frühen 18. Jahrhundert,<br />

in Solothurn na<strong>ch</strong> 1767, im Aargau na<strong>ch</strong> der Kantonsgründung<br />

1803; Bern ging erst 1841 zu einem reinen<br />

Grenzzollsystem über. In den anderen Fällen wurden die<br />

bisherigen, an zentralen Orten gelegenen Zollstellen<br />

dur<strong>ch</strong> eine mehr oder weniger di<strong>ch</strong>te Kette von Zolleinnehmereien<br />

an den grenzübers<strong>ch</strong>reitenden Strassen und<br />

Abb. (oben): Ländli<strong>ch</strong>e Zollhäuser unter-<br />

s<strong>ch</strong>ieden si<strong>ch</strong> bis ins 1 . Jahrhundert nur dur<strong>ch</strong><br />

ihre Grösse von anderen repräsentativen<br />

Gebäuden wie Mühlen oder Gasthöfen. In der<br />

so genannten Wa<strong>ch</strong>t am östli<strong>ch</strong>en Brücken-<br />

kopf des Zunzgerba<strong>ch</strong>s in Sissa<strong>ch</strong>, die 1 0<br />

erstmals erwähnt wird, war zuerst die Zollstelle<br />

und später die Dorfwa<strong>ch</strong>t untergebra<strong>ch</strong>t.<br />

Heute versammelt si<strong>ch</strong> hier die Bürger-<br />

gemeinde (ED).<br />

Abb. 10 (unten): Der Zoll- und Polizeiposten<br />

am St. Johann-Tor in Basel wurde im frühen<br />

1 . Jahrhundert erbaut und diente bis zur<br />

Aufhebung der Torsperre im Jahr 18 0 als<br />

Zolleinnehmerei. Der einstöckige klassizistis<strong>ch</strong>e<br />

Bau mit dem grossen Vollwalmda<strong>ch</strong> und der<br />

Säulenvorhalle ist ein typis<strong>ch</strong>er Vertreter dieses<br />

zeitgenössis<strong>ch</strong>en Bautyps (CD).<br />

Kanton Basel-Stadt


8<br />

Wegen ergänzt (Abb. 11). Basel praktizierte dieses System<br />

nie, sondern bes<strong>ch</strong>ränkte si<strong>ch</strong> auf althergebra<strong>ch</strong>te<br />

zentrale Zollstellen. Die Zollerhebung an der Grenze<br />

wurde hier erst na<strong>ch</strong> der Aufhebung der Binnenzölle und<br />

der Einführung der eidgenössis<strong>ch</strong>en Zollhoheit mit der<br />

Bundesverfassung von 1848 praktiziert.<br />

Aus dem Mittelalter ist au<strong>ch</strong> bei uns eine Vielzahl von<br />

Handels­ und Verkehrsabgaben überliefert, die si<strong>ch</strong> nur<br />

vereinfa<strong>ch</strong>end als «<strong>Zölle</strong>» zusammenfassen lassen. Ursprüngli<strong>ch</strong><br />

waren sie als Entgelt an den verkehrsbezogenen<br />

Geleits<strong>ch</strong>utz auf Strassen und Flüssen gebunden,<br />

an den Unterhalt von ausgebauten Strassen und<br />

Brücken (Weg­ und Brückengelder) oder an verkehrsbezogene<br />

Einri<strong>ch</strong>tungen wie die Sust, das Kaufhaus und<br />

den Markt. Es bestand daher eine grosse Vielfalt von<br />

Zollabgaben.<br />

Mit der Vereinheitli<strong>ch</strong>ung des Zollwesens und dem<br />

Vers<strong>ch</strong>winden der Binnenzölle wurden die meisten Zollbauten<br />

überflüssig (Abb. 9, 10). Viele von ihnen sind<br />

abgebro<strong>ch</strong>en oder umgewidmet worden. Sie sind daher<br />

nur no<strong>ch</strong> seltene Wegbegleiter, denen man ihre Funktion<br />

zudem meist ni<strong>ch</strong>t mehr ansieht. Insbesondere sind<br />

die spri<strong>ch</strong>wörtli<strong>ch</strong> gewordenen «Zolls<strong>ch</strong>ranken» aus den<br />

Ortsbildern vers<strong>ch</strong>wunden <strong>–</strong> S<strong>ch</strong>lagbäume, die au<strong>ch</strong> im<br />

Landesinneren bis ins 19. Jahrhundert neben den Zollhäusern<br />

aufgestellt waren.<br />

Kanton Basel-Stadt<br />

Abb. 11: Aus<strong>ch</strong>nitt aus der Zollkarte der<br />

S<strong>ch</strong>weiz von 1825: Mit «Z» sind die Zollstellen<br />

bezei<strong>ch</strong>net, die si<strong>ch</strong> im Basler Gebiet auf die<br />

Stadt selbst und wenige Aussenposten kon-<br />

zentrierten.<br />

Literatur<br />

Baumann, Josef: <strong>Grenzen</strong> und Grenzsteine des Fürstbistums Basel<br />

(Quellen und Fors<strong>ch</strong>ungen zur Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te und Landeskunde des Kantons<br />

Baselland ). Liestal 2001.<br />

Bulletin IVS 1 /1: «Wegbegleiter».<br />

Heitz, August: <strong>Grenzen</strong> und Grenzzei<strong>ch</strong>en der Kantone Baselstadt und<br />

Baselland (Quellen und Fors<strong>ch</strong>ungen zur Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te und Landeskunde des<br />

Kantons Baselland 5). Liestal 1 .<br />

Horat, Heinz: Sakrale Bauten (Ars Helvetica ). Disentis 1 88.<br />

Kapff, Dieter; Wolf, Reinhard: Steinkreuze, Grenzsteine, Weg-<br />

weiser ... Kleindenkmale in Baden-Württemberg. Stuttgart 2000.<br />

S<strong>ch</strong>arfe, Martin: Wegzeiger. Zur Kulturges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te des Verirrens und<br />

Wegfindens. Marburg 1 8.<br />

Stohler, Hans: Geheime Grenzzei<strong>ch</strong>en und Gebräu<strong>ch</strong>e der Baselbieter<br />

Ges<strong>ch</strong>eide. Ein Beitrag zur Vermarkungsges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te von Muttenz und<br />

Pratteln. In: Baselbieter Heimatbu<strong>ch</strong> , 1 8, S. 1 <strong>–</strong>1 5.<br />

Strübin, Martin: Die Kreuzsteine des Territoriums und der Leuga<br />

Bannalis [Bannmeile] im alten Basel. Basel 1 .<br />

Weber, Ber<strong>ch</strong>told: Stundensteine im Kanton Bern. In: Berner Zeits<strong>ch</strong>rift<br />

für Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te und Heimatkunde 8, 1 , S. <strong>–</strong>82.<br />

Welker, Klaus: Stätten der Anda<strong>ch</strong>t und Sakrallands<strong>ch</strong>aft. Vom<br />

Wegkreuz zur Wallfahrtskir<strong>ch</strong>e. In: Ernst Halter, Dominik Wunderlin<br />

(Hrsg.): Volksfrömmigkeit in der S<strong>ch</strong>weiz. Züri<strong>ch</strong> 1 , S. 182<strong>–</strong>201.<br />

Zell<strong>wege</strong>r, Johann Kaspar; Keller, Heinri<strong>ch</strong>: Zollkarte der S<strong>ch</strong>weiz<br />

1825, ca. 1:500 000. Faksimileausgabe mit Kommentar. Murten 1 .

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