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16.4. Beitragsbefreiung wegen<br />
Härtefalls<br />
Zusätzlich ist in § 4 Abs. 6 RBStV vorgesehen, dass die Rundfunkanstalt auf gesonderten Antrag hin<br />
in „besonderen Härtefällen“ von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien „hat“ (kein Ermessen!).<br />
Ausdrücklich ist im Staatsvertrag klargestellt, dass ein Härtefall dann vorliegt, wenn die (bereinigten)<br />
Einkünfte nur geringfügig über der Bedarfsschwelle liegen, d.h. im Einzelfall nur deshalb kein<br />
Leistungsbescheid vorgelegt werden kann, weil die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger<br />
als den Rundfunkbeitrag in seiner aktuellen Höhe überschreiten (§ 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV).<br />
Dies ist dem Bundesverfassungsgericht zu verdanken, welches am 09.11.2011 entschieden hat, dass der Wunsch<br />
der Rundfunkanstalten nach Verwaltungsvereinfachung zurück zu stehen hat hinter der Einzelfallgerechtigkeit und<br />
dem Gleichheitsgebot (vgl. BVerfG 1 BvR 665/10).<br />
Dem Härtefall-Antrag ist als Nachweis der ablehnende Bescheid oder eine Bescheinigung der<br />
Behörde über die – entsprechend geringfügige - Einkommensüberschreitung beizufügen.<br />
Auch die Antragsbearbeitung für eine Beitragsbefreiung wegen des Standardfalles der besonderen Härte haben die<br />
Rundfunkanstalten dem BEITRAGSSERVICE AZD übertragen.<br />
Ansonsten steht zu erwarten, dass der Beurteilungsspielraum, was als eine „besondere Härte“<br />
anzusehen ist, eher restriktiv gehandhabt werden wird.<br />
Zum alten Gebührenmodell hatten das OVG Lüneburg (12 PA 408/05 vom 01. 02. 2006) und das OVG<br />
Niedersachsen (4 LB 99/09 vom 15.02.2010) entschieden, dass ein Härtefall jedenfalls dann ausscheidet, wenn vom<br />
Grundsatz her ein Leistungsbescheid möglich wäre. Im entschiedenen Fall hatte es eine Rundfunkteilnehmerin<br />
bewusst abgelehnt, ihren Anspruch auf Grundsicherung geltend zu machen, da ihre Wohnfläche unangemessen groß<br />
war.<br />
Wenn jedoch ein sonstiger (möglichst amtlicher) Bescheid oder Gerichtsbeschluss vorgelegt<br />
werden kann, der ein Einkommensniveau in Höhe des sozialrechtlichen Existenzminimums<br />
ausweist, sollte beim regionalen BEITRAGSSERVICE der jeweiligen Landesrundfunkanstalt eine<br />
individuelle Härtefall-Prüfung durchzusetzen sein.<br />
Kontaktdaten der regionalen Servicestellen bei den Landesrundfunkanstalten siehe unter:<br />
http://service.rundfunkbeitrag.de/service/ansprechpartner_vor_ort/index_ger.html<br />
Möglicher Anwendungsbereich:<br />
In der Schuldnerberatungspraxis kommt eine Beitragsbefreiung als Härtefall insbesondere in<br />
Betracht, wenn in den Vorrechtsbereich vollstreckt wird:<br />
� gegen einen Unterhaltsschuldner nach § 850 d ZPO wegen laufenden Unterhalts bzw. einjähriger<br />
Unterhaltsrückstände<br />
Zu § 850 d ZPO vgl. Teil 5, Kap. 4.8.<br />
� wegen eines Schadensersatzanspruchs aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung nach<br />
§ 850 f Abs. 2 ZPO.<br />
Zu § 850 f Abs. 2 ZPO vgl. Teil 5, Kap. 4.6.4.<br />
In beiden Fällen bestimmt das Vollstreckungsgericht (bzw. die Vollstreckungsstelle des öffentlichen<br />
Gläubigers) den „notwendigen Lebensunterhalt“ in Höhe des fiktiven sozialrechtlichen<br />
Existenzminimums.<br />
Hier kann dem regionalen BEITRAGSSERVICE zwar kein Leistungsbescheid vorgelegt werden, aber<br />
es lässt sich erläutern, dass der PfÜB/PfEV dem Unterhalts- bzw. Deliktsschuldner nur das<br />
individuelle Existenzminimum entsprechend SGB II bzw. SGB XII belässt.<br />
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung diesbezüglich entwickelt!<br />
Strafvollzug und stationäre Wohnungslosenhilfe<br />
Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag stellt nun ausdrücklich klar, dass „Hafträume in Justizvollzugsanstalten“ nicht<br />
als „Wohnung“ gelten, so dass Gefangene keine Rundfunkbeiträge schulden (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 4 RBStV).<br />
Gleiches regelt § 3 Abs. 2 Nr. 2 RBStV für „Raumeinheiten, die der nicht dauerhaften heim- oder anstaltsmäßigen<br />
Unterbringung dienen, insbesondere in Behinderten- und Pflegeheimen“.<br />
Darunter sind auch Zimmer in Übergangswohnheimen der Drogen- und Straffälligenhilfe sowie in<br />
Übergangseinrichtungen der Wohnungslosenhilfe zu subsumieren, so dass ein großes Beratungsärgernis der<br />
Vergangenheit angehören sollte.