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Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung Internet-Supplement ...

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20 BzG-<strong>Supplement</strong> No. 1/2000<br />

einen erfolgreichen Konkurrenzkampf in <strong>der</strong><br />

Friedenswirtschaft zu wappnen. Gregor hat<br />

mit seiner abschließenden Feststellung recht,<br />

daß <strong>der</strong> vom NS-Regime gewollte und begonnene<br />

Krieg <strong>der</strong> deutschen Wirtschaft keine<br />

“Mo<strong>der</strong>nisierung” brachte. “Man täte einem<br />

Regime, das sich durch eine historisch einzigartige<br />

Destruktivität auszeichnete, zuviel <strong>der</strong><br />

Ehre an, würde man ihm eine Vorkämpferrolle<br />

für eine konstruktive Entwicklung bescheinigen.”<br />

(377) Gleichzeitig ist aber unbestreitbar,<br />

daß Unternehmen wie Daimler-Benz<br />

dank Nazidiktatur und zweitem Weltkrieg<br />

enorm gewachsen sind, im wahrsten Sinne des<br />

Wortes also Kriegs- und Diktaturgewinnler<br />

waren.<br />

Zu bemängeln an dem insgesamt vortrefflichen<br />

Buch ist das nahezu völlige Fehlen <strong>der</strong><br />

Deutschen Bank als agierende Größe. Durch<br />

ihre Spitzenposition im Aufsichtsrat, <strong>der</strong> im<br />

Fall <strong>der</strong> Daimler-Benz AG dem Vorstand weisungsmäßig<br />

übergeordnet war, hat sie mehr<br />

als an<strong>der</strong>e die Unternehmenspolitik bestimmt.<br />

Manfred Behrend<br />

Heinz Niemann: Meinungsforschung in <strong>der</strong><br />

DDR. Die geheimen Berichte des Instituts<br />

für Meinungsforschung an das Politbüro<br />

<strong>der</strong> SED. Bund-Verlag GmbH. Köln 1993,<br />

408 S. (I);<br />

<strong>der</strong>s.: Hinterm Zaun. Politische Kultur und<br />

Meinungsforschung in <strong>der</strong> DDR - die geheimen<br />

Berichte an das Politbüro <strong>der</strong> SED.<br />

edition ost. Berlin 1995, 255 S. (II)<br />

Einer <strong>der</strong> Gründe des Unterganges <strong>der</strong> DDR<br />

wie <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en staatssozialistischen Regimes<br />

war die Unfähigkeit und <strong>der</strong> faktische Unwille<br />

<strong>der</strong> jeweiligen Führungen, sich ein reales Bild<br />

von den Problemen und Wi<strong>der</strong>sprüchen ihrer<br />

Gesellschaft zu machen. Obwohl eine tatsächliche<br />

Öffentlichkeit und freie Medien fehlten,<br />

hätten sie mit den systemeigenen Mitteln dazu<br />

trotzdem weitgehend und nur für sich exklusiv<br />

in <strong>der</strong> Lage sein müssen. Sie besaßen alle<br />

Möglichkeiten, sich Informationen zu Stim-<br />

Rezensionen<br />

mungen und Sachverhalten im Lande zu verschaffen.<br />

Für die SED gehörten zu diesen<br />

Möglichkeiten die reguläre Systeme <strong>der</strong><br />

Stimmungs- und Meinungsberichte, die alle<br />

Organisationsstrukturen <strong>der</strong> Partei, aber auch<br />

<strong>der</strong> FDJ, des FDGB und <strong>der</strong> Massenorganisationen<br />

sowie <strong>der</strong> Blockparteien meist monatlich<br />

und in beson<strong>der</strong>en Situationen auch<br />

öfter erstellten. Zu diesen Informationsquellen<br />

gehörten die Eingaben <strong>der</strong> Bürger an Parteiund<br />

Staatsorgane ebenso wie die nicht wenigen<br />

Zuschriften, die die Massenmedien erhielten.<br />

Nicht zuletzt sorgte das Ministerium für<br />

Staatssicherheit mit seinen offiziellen wie inoffiziellen<br />

Mitarbeitern dafür, daß über jede<br />

Regung im Lande informiert werden konnte.<br />

Nur, was half ein solch perfektes Informationssystem,<br />

wenn es nicht für die Meinungsbildung<br />

und Entscheidungsvorbereitung <strong>der</strong><br />

obersten Führung genutzt wurde. Ein Blick in<br />

die Archive zeigt, daß nicht wenige Informationen<br />

im Prozeß ihrer Verdichtung geschönt<br />

und in Sprachhülsen verpackt wurden, die den<br />

Politbürokraten genehm waren, daß Berichterstatter<br />

durch entsprechende Formulierungen<br />

dafür sorgten, daß schlechte Nachricht nicht<br />

unbedingt sofort auf den Boten <strong>zur</strong>ückfiel.<br />

Ausschlaggebend war aber die zunehmende<br />

Wahrnehmungs- und Denkblockade, die zumindest<br />

die SED-Führung um Honecker in<br />

ihrem letzten Jahrzehnt hin<strong>der</strong>te, die Wirklichkeit<br />

real wahrzunehmen und entsprechend zu<br />

reagieren. Zu fest war das selbst gebaute geistige<br />

Bild einer heilen Welt, einer Insel <strong>der</strong><br />

Seligen, die man zwar nicht sein wollte, aber<br />

doch sehr wohl war. “Der Betrug an <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

wurde immer mehr zum öffentlichen<br />

Selbstbetrug”, <strong>der</strong> auch die eigene Sicht<br />

verkleisterte. (I: 58)<br />

Solch ein idyllisches Bild wollte sich Honekker<br />

nicht durch zuviel Wirklichkeit zerstören<br />

lassen. Da mußten Strukturen und Möglichkeiten<br />

stören, die die Wirklichkeit, die Stimmungen,<br />

Meinungen, Einstellungen gar wissenschaftlich<br />

verallgemeinert aufbereiteten<br />

und <strong>der</strong> Führung, geschweige denn <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

vorlegten. Nicht zuletzt deshalb<br />

hatten es die Soziologie mit ihren empirischen<br />

Untersuchungen in <strong>der</strong> DDR so schwer.

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