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STANFORD - Chandos

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dann allerdings am 11. Januar in Cambridge.Parry, der in Stanfords Haus zugegen war, alsdas Werk einmal durchgespielt wurde, zeigtesich sehr beeindruckt und sagte dessen Erfolgvoraus.Das Gedicht, das 1880 in TennysonsBallads and Other Poems veröffentlichtwurde, ist typisch für den viktorianischenKult des “großen Mannes”, der aus Heldender Vergangenheit – Drake, Ralegh, Nelson,Wellington – nationale Ikonen machte.Eine solche Ikone, Sir Richard Grenville,Flottenkommandeur und Cousin von Ralegh,nahm 1591 vor der Küste der Azorenden Kampf gegen die spanische Flotteauf, zahlenmäßig hoffnungslos unterlegenund daher in vollem Bewußtsein seinerunvermeidlichen Niederlage. Grimmige Mannzu-Mann-Kämpfemit fünfzehn feindlichenSchiffen fügten der spanischen Seite jedochverheerende Verluste zu, bevor die Britenschließlich kapitulierten. Die überlebendeBesatzung wurde gefangen genommen, undGrenville erlag seinen Wunden.Reich an lebhaften Orchesterbildernunternimmt Stanfords Ballade den Versuch,die Handlung mit fast opernhaften Mittelndarzustellen. Symptomatisch für denBalladenstil werden einzelne Teile des Chorsdazu verwendet, die Protagonisten mit Hilfebestimmter Themen zu charakterisieren –Lord Thomas Howard wird von den Bässendurch eine kraftvolle Melodie in g-Molldargestellt, der wagemutige Sir RichardGrenville von den Tenören in der Dur-Tonika,und die Einsamkeit von Grenvilles noblemSchiff durch einen bewegenden choralartigenmusikalischen Gedanken im Chor (“So LordHoward pass’d away with fi ve ships of war thatday”; “So zog Lord Howard sich an diesemTag mit fünf Kriegsschiffen zurück”), dereffektvoll als Turba behandelt wird. Ausgehendvon dieser thematischen Exposition in G-Durbaut sich die Spannung der Vorbereitung zurSchlacht über einer Passage eher fl ießendertonaler Entwicklung auf (“Sir Richard spokeand he laugh’d”; “So sprach Sir Richard,und er lachte”). Diese Passage endet in dergespenstischen Ruhe des Schiffs, das, von denSpaniern umringt, die lange Gasse zwischenden feindlichen Schiffen hinuntersegelt,angefangen mit der “großen San Philip”, diedie Revenge haushoch überragt und ihrenSegeln daher im wörtlichen Sinne den Atemnimmt. Die wilde Schlacht selbst, die an dasdramatische Höllenfeuer von Verdis Requiemerinnert, wird in drei Teilen geschildert,von denen zwei das Gemetzel der Schlachtund Grenvilles Weigerung zu kapitulierendarstellen, während der dritte die Beruhigungdes Kampfes bei Anbruch des folgendenTages (“And the night went down”; “Und dieNacht neigte sich dem Ende zu”) zeigt und mitder Erkenntnis endet, daß es kein Entrinnengibt (dargestellt durch die Wiederholung des“gespenstischen” Tonmaterials von unmittelbarvor Beginn der Schlacht). Während Grenvilledas Schiff versenken will, fl eht die Mannschaftihn an, ihr Leben ihren Familien zuliebe zuverschonen. So kommt es zur Kapitulationgegenüber der San Philip, die hier von einermajestätischen quasi barocken Sarabandedargestellt wird. Grenville stirbt (“I have foughtfor Queen and Faith”; “Ich habe für Königinund Glauben gekämpft”) zu den Klängendes noblen Anfangsthemas im Chor. Sodannsind erneut Anklänge der Sarabande zuhören – jetzt in einem feierlicheren g-Moll –,als Grenvilles Leiche im Meer versenkt wirdund die Revenge mit spanischer Besatzungdavonsegelt. Doch einem Signal natürlichermoralischer Vergeltung gleich kommt plötzlichein Sturm auf, der unter den spanischenSchiffen große Verwüstung anrichtet und dieRevenge versenkt, deren Untergang (“And thelittle Revenge herself went down”; “Und auchdie kleine Revenge versank”) noch einmal vonzutiefst bewegenden gedämpften Anklängenan das zu Beginn ertönende Choralthemauntermalt wird. Hier zeigt sich StanfordsBegabung als Komponist für das Theater mitgroßer Bravour.Nicht lange nach dem spektakulärenErfolg in Leeds traf der Komponist in denRäumen von Augustus Austen-Leigh, demstellvertretenden Leiter des King’s College inCambridge, zum ersten Mal mit Henry Newboltzusammen. Diese Begegnung hinterließ beidem jungen Newbolt einen unauslöschlichenEindruck; in seiner Autobiographie My Worldas in My Time (Die Welt im Spiegel meiner Zeit,1932) beschrieb er Stanford als “eine Briseirischen Humors, die da zu uns hereinwehte”.Newbolt erinnerte sich an diese Begegnungauch wegen des aufbrausenden TemperamentsStanfords, wegen seiner “jugendlichenBegabung, plötzlich zu explodieren und danncharmant Reue zu zeigen”; er konnte sich imNu mit seinen Freunden entzweien und siedann so entwaffnend beschwichtigen, daßviele ihm sogleich verziehen. Am meisten aberschätzte Newbolt seine Erinnerungen an seineZusammenarbeit mit Stanford an den beidenSammlungen von maritimen Liedern, Songs ofthe Sea op. 91 für Bariton und Männerchorund Songs of the Fleet op. 117 für Bariton undvollen Chor, die 1904 und 1910 für Leedsentstanden. Er schrieb hierzu:Er war der feinsinnigste undverständnisvollste Kritiker und Deuter vonGedichten, der mir jemals begegnet ist.Wieder und wieder erhielt er meine Gedichtemit der Morgenpost und hatte sie bereitsmittags mit unwiderstehlicher Musik versehen.Wenn ich diese Lieder so hörte, wie HarryGreene sie darbot, hatte ich immer das Gefühl,Geheimnisse über mich selbst zu erfahren,eine absolut akkurate Refl ektion meiner14 15CHSA 5043 BOOK.indd 14-15 21/8/06 10:24:56

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