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Neue Szene Augsburg 2015-08

Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info und Veranstaltungskalender unter www.neue-szene.de

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Geheimplanungdas Ergebnisso präsentiertwurde,als müsste manniederknien. Ich dachte dieganze Zeit, dass es sich beidieser Präsentation um dieerste Opern-Inszenierungvon Frau Votteler handelt.Also soll man das Theaternoch mal ganz von vornplanen?Weitzel: Wir haben eine Fürsorgepflicht für Künstler,Musiker, Angestellte. Das Haus ist von der Schließungbedroht und wir können die Mitarbeiter ab 2017 nichtins Nirwana schicken. Ein Theater ist ähnlich wie eineBibliothek, da finden Sie von Thomas Mann bis zumPromikoch alles und Fremdsprachenlektüre auch noch.Ich finde es wahnsinnig überheblich von Ihnen, dassSie dem Publikum Ihre Sparte absprechen wollen.Zagler: Also noch mal, ich gehe selbst gern in dieOper, was soll der Angriff? Niemand der Unterzeichnerwill dem Musiktheater oder unserem philharmonischenOrchester die Bedeutung absprechen. Es gehtdarum, dass wir ein Theater planen, dass so mindestens70 Jahre stehen wird und da kann ich nicht nurvom Denkmalschutz her argumentieren. Wenn man sodenkt, Herr Weitzel, müssen wir die nächsten 1000Jahre das Theater mit unseren läppischen drei Spartenfortführen. Die gegenwärtige Planung hat nichts mitdurchdachter Kulturpolitik zu tun.Herr Weitzel lacht schon wieder.Weitzel: Herr Zagler, Sie haben doch selbst gesagt,dass Theater stärker in die Gesellschaft hineinwirkensoll und andere Formate braucht. Die inhaltliche Ausrichtungentwickelt sich doch, aber mal sagen Sie,dass Sie die Wucht des Theaters wollen und dann stellenSie diese Wucht in Frage, da komme ich nicht ganzmit.Zagler: Dann erkläre ich es Ihnen. Ich stelle die architektonischeWucht des Hauses in Frage, aber nicht diekünstlerische Wucht des Theaters. Überall gibt es Problememit den Budgetkürzungen, diese ganze Diskussionist nicht spezifisch augsburgerisch.Weitzel: Das unterschreibe ich so nicht. Die Städteächzen unter der Last der sozialen Leistungen, die ichgar nicht in Frage stellen will. Aber Kultur darf genausoteurer werden, wie alles andere auch. Für denmarginalen Anteil der Kultur am Gesamtbudget derStadt müssen Mittel da sein, wenn wir uns einig sind,dass der Mensch nicht nur vom Brot lebt, sondernauch ein kulturelles Wesen ist. Wir subventionieren jaauch Schwimmbäder.Zagler: Ein gutes Theater kann auch in einer Bruchbudestattfinden.Weitzel: Es gibt auch gutes Theater in einer Guckkastenbühne.Die Inhalte macht aber nicht der Kulturreferent.Das muss die Kunst gestalten und daswird sich auch entwickeln, ich habe kein großes Zutrauendazu, dass Bürger in einem Teilhabeprozesseine Kunstform definieren.Zagler: Nein. Mir fehlt bei der aktuellen Theaterplanungjede Vision. Zur Not würde ich über diese Planungabstimmen lassen.Weitzel: Darüber würde ich nicht abstimmen lassenwollen, weil solche Abstimmungen nie zugunsten derKunst ausgehen. Ich denke aber nicht, dass das Theaterein elitärer Betrieb für einige wenige ist. Das istein klassenkämpferisches Argument aus dem 19. Jahrhundert.Herr Zagler, was macht Herr Weitzel als Kulturreferentfalsch?Zagler: Wir brauchen Weitzel, er ist kompetent undder richtige Mann, aber man muss ihm manchmal inden Hintern treten, damit er aus der Deckung kommtund sagt, was er will.Weitzel: (lacht)Zagler: Sonst wird er zu bräsig!Weitzel: (ernst) Wenn ich meinen Tagesablauf anschaue,lass ich das nicht gelten. Ich bin für eine differenzierteBetrachtung und kein Freund von politischgetriebenem Aktionismus.Sind Sie politisch getrieben, Herr Zagler?Zagler: Nein, die Art und Weise, wie das Theater saniertwerden soll, ist politisch getriebener Aktionismus.Weitzel: Ich möchte keinen Kulturkampf, ich stehefür Prozesshaftigkeit.Wollen Sie eine Kulturrevolution, Herr Zagler?Zagler: Nein, wir sind doch keine Bilderstürmer, wennwir sagen, dass die Theatersanierung mit 189 MillionenEuro zu teuer ist. Das geht besser und günstiger,vermute ich.Weitzel: Aber Herr Zagler, da bin ich doch dafür, dasswir diese Einschätzung den Fachleuten überlassen,die mit spitzem Bleistift die Konzepte berechnen.Zagler: Bei den Kommunen ist einfach zu wenig Kompetenzda, deswegen werde öffentliche Projekte oftviel teurer als geplant.Weitzel: Ach, und alle 70 Briefunterzeichner sindkompetenter als die städtischen Fachleute? Herr Zagler,das ist Volksverdummung!Zagler: Mit Kommunen kann man das ja irgendwiemachen, mit privaten Bauherren wirdes komischerweise sofort billiger.Weitzel: Komischerweise nicht ! Kommunenmüssen den billigsten Anbieter nehmen unddas rächt sich nach 20, 30 Jahren. Was ist alsodie Alternative? Wer soll die Theatersanierungdenn planen, Herr Zagler, die Bürger? BleibenSie doch bei den Fakten.Herr Weitzel, Sie vermuten bei den Theatersanierungskritikernpolitische Motive?Weitzel: Ich glaube, sie wollen, dass ein politischererSpielplan entsteht.Zagler: Mich stört einfach, dass man der Stadtgesellschafteinfach etwas Fertiges präsentiert und sagt:Kniet nieder! Das kotzt mich an, da würde ich selbstdann knurren, wenn ich’s gut fände. Wir können jetztdie Weichen stellen, das kommt alle 100 Jahre mal vor.Weitzel: Sie müssen doch mal sagen, ob Sie einenNeubau und einen Sanierungsfall wollen. Über wasreden wir hier denn?Zagler: Herr Weitzel, was glauben Sie denn, woherdas allgemeine Unbehagen kommt?Weitzel: Da gibt es ganz unterschiedliche Beweggründe.Der eine sorgt sich um das Stadtbild, derzweite um den Spielbetrieb. Unter den Unterzeichnerndes Briefs gibt es so viele verschiedene Argumente,was aber unterschwellig alle gemeinsam haben, isteine Neiddebatte, die aus einer sehr dürftigen Zuschusssituationder freien <strong>Szene</strong> auch verständlich ist.Aber Neiddebatten bringen uns nicht weiter.Es geht also in Wirklichkeit um den Futterneid derfreien <strong>Szene</strong>.Weitzel: Mir wurde zugerufen, dass ich das Problemganz leicht lösen könnte, indem ich der freien <strong>Szene</strong>einfach höhere Zuschüsse gebe, dann würde sich dieKritik an der Theatersanierung erledigen. Es gehteben letztlich auch um die Verteilung von Geldern, dasmuss ich leider so sagen.Zagler: Es gibt immer und überall Leute, die Partikularinteressenverfolgen, aber man darf sich doch auchvorstellen, was wäre, wenn wir jedes Jahr die 25 Millionenfür den Theaterunterhalt frei zur Verfügunghätten. Da hätten wir hier blühende Kulturlandschaften.Stattdessen bauen wir für 200 Millionen Euro einTheater, das dann als ein Gemischtwarenladen geführtwird.Weitzel: Sie essen doch auch jeden Tag was anderes,ich kaufe auch gern bei Tante Emma ein. Die Visionsteckt unter anderem in der Konzeption eines neuenOrchesterprobesaales, Bereiche für Theaterpädagogik,in diesem Sinne ist das neue Große Haus geplant.Zagler: Wenn er immer so redet, würde ich mich beiihm am liebsten gleich als Referent bewerben, dasklingt immer so gut. Ich fürchte aber, wenn wir sovielGeld ins Theater investieren, wird bei anderen Projektengekürzt werden.Weitzel: Entschuldigung, wir haben uns einen Innenstadtausbaugeleistet, wir haben uns ein Eisstadiongeleistet und jetzt leisten wir uns ein funktionierendesTheater.Geben Sie es zu, Herr Zagler, Sie sind neidisch undwollen die Theaterkohle für die freie <strong>Szene</strong>.Zagler: Die freie <strong>Szene</strong> ist mir egal. Das ist so ein Diffamierungskanonvon Herrn Weitzel und Teilen derMedien, als würden wir nur aus Neid Kritik üben. Diemeisten Unterzeichner gehören, wie ich auch, nichtzur freien <strong>Szene</strong>.So weit sind Sie gar nicht auseinander, am Endeunterschreibt Herr Weitzel den Brief auch noch.Zagler: Müsste er eigentlich. Dem Theater tut es jedenfallssaumäßig gut, wenn man solche Debattenführt. Das hat nichts mit Neid zu tun.

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