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Redaktion Beratung Korrektur Aufsicht

Schülerzeitung - Robert-Koch-Oberschule

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Sorry, dass ich nicht so große Töne spucken kann<br />

wie der werte Goethe,<br />

auch wenn mich alle auslachen sollten!<br />

Klagt ihr etwa in der Schule, die Klassiker seien eures Niveaus unwürdig und wollet<br />

modernere Literatur?<br />

Dabei solltet ihr erfreut sein mit den einfach gestrickten Sachverhalten, denn je moderner und<br />

zeitnaher die Literatur wird, desto komplexer wird deren Psychologie und umso schwieriger<br />

die Analyse in den Arbeiten. Da müsste man doch Freuds Bücher wälzen und als Basiswissen<br />

unbedingt in den Lehrplan einbringen.<br />

Nehmt „Die Räuber“ von Schiller und „Mephisto“ von Klaus Mann in die Hand (schon<br />

allein die Seitenanzahl der modernsten Literatur steigt stetig) und versucht auf die Schnelle<br />

was zu analysieren/interpretieren! Gegen das Argument, die Sprache sei bei „Mephisto“ doch<br />

leichter zu verstehen, könnte ich einwenden, dass eben dies eine weitere Hürde bei der<br />

Sprachanalyse sein könnte, denn da müsste man genauer hinschauen, so raffiniert und leicht<br />

zu übersehen sind die stilistischen Mitteln eingebaut. Doch „Mephisto“ nebenbei zu lesen,<br />

ohne Analyse, dagegen habe ich nichts einzuwenden.<br />

Ich bedauere es sehr, dass wir keine Weltliteratur in der Schule behandeln.<br />

Weder russische noch polnische, arabische, persische, japanische, chinesische, portugiesische<br />

Literatur, und nicht einmal die deutsche Übersetzung davon, kriegen wir zu lesen! And if I<br />

can't have everything well then just give me a taste! So vieles entgeht uns dadurch!<br />

Wer möchte jedem von uns versichern, dass nur durch die deutsche Literatur der Mensch<br />

Interesse am Lesen entwickelt?<br />

Wenn diese törichten Gesetzgeber doch nur wüssten, wie beflissen sie unsere Gefühle<br />

befördern, in dem sie sich das Recht anmaßen, den Menschen Satzungen aufzuerlegen. Sich<br />

keinen Deut um Gesetze zu scheren, sie samt und sonders zu brechen, mein Freund, dies ist<br />

die wahre Kunst, Wollust zu empfinden. Erlerne diese Kunst und zerreiße alle Zügel.<br />

„Justine oder vom Missgeschick der Tugend“ und „Die 120 Tage von Sodom“ von Marquis<br />

de Sade, „Venus im Pelz“ von Leopold von Sacher-Masoch und „Geschichte der O“ von<br />

Dominique Aury musste ich immer heimlich lesen. Gott bewahre, hätte jemand zu Hause die<br />

Illustrationen von „Die 120 Tage von Sodom“ erblickt, wäre ich in der Psychiatrie gelandet!<br />

Dabei muss ich gestehen, wie anstrengend das Weiterlesen war. Alle zugleich faszinierend<br />

und doch abscheulich.<br />

Beim Anblick so vieler Bücher wird der Drang, selber etwas zu hinterlassen, mächtig. Bei<br />

dem Gedanken, etwas selber zu veröffentlichen, erscheint immer wieder dasselbe Bild vor<br />

meinem inneren Auge.<br />

Eine verwüstete Stadt breitet sich vor dem Auge aus, die Straßen über und über mit Schutt<br />

und Asche bedeckt und der Himmel mit tiefhängenden Wolken, die ihn verdecken, und<br />

fallendem Schnee, der schmitzt, sobald er den heißen Boden berührt. Das Ergebnis eines<br />

Atombombenangriffs. Überall das gleiche Bild.<br />

Und bei der Vorstellung tönen mir die Verse von Nine Inch Nails immer und immer wieder in<br />

den Ohren:<br />

Shame on us<br />

Doomed from the start<br />

May God have mercy<br />

On our dirty little hearts<br />

Shame on us<br />

For all we've done<br />

And all we ever were<br />

Just zeros and ones

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