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Redaktion Beratung Korrektur Aufsicht

Schülerzeitung - Robert-Koch-Oberschule

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ich mich am Ende der Fantasy-Regale in der Jubi wieder. Rechts und links befanden sich<br />

Bücher über Pferde und noch etliche kitschige Bücher, deren Covers und Titels ich aus<br />

meinem Gedächtnis verbannt habe, nur mein angewiderter Blick im Angesicht der rosa<br />

changierenden Einbände blieb hängen. Wie sich herausstellte, habe ich durch den direkten<br />

Einstieg in die Fantasiewelt eine Abneigung gegen jegliche Normalitäten entwickelt, erst<br />

recht gegen typische Mädchenromane.<br />

Wenn man bedenkt, dass sämtliche Fantasy-Romane einen männlichen Protagonisten<br />

besaßen, war es auch kein Wunder. „Dreizehn“ von Wolfgang und Heike Hohlbein kannte<br />

ich am Anfang nicht. Das Buch ein Jahr später in dem Regal vorzufinden, war eine wahre<br />

Freude für mich, und umso mehr schockierte es mich, eine Protagonistin vorzufinden. Ich<br />

kam mir deplaziert und verwirrt vor. Die Worte der beiden Autoren vor dem Beginn des<br />

Anfangkapitels ließen mich nur noch skeptischer das Buch lesen:<br />

„Da habt ihr eure Protagonistin!“<br />

Wenn ich jetzt zurückblicke, empfinde ich es als eine Beleidigung, nur wenige Fantasy-<br />

Romane mit einer Protagonistin vorzufinden.<br />

Abenteuer, Kämpfe, heldenhaftes Handeln, dies sollte nicht eine männliche Domäne bleiben,<br />

sie ist es auch nicht. Auch ein Mädchen/eine Frau ist durchaus in der Lage zu kämpfen, sie<br />

kennt auch das harte Leben in der Realität , weiß, was es heißt, für ihre Rechte zu kämpfen<br />

und Risiken einzugehen. Sie kennt Gefahren, sie mag auch Spott und Diskriminierung<br />

kennen, also warum sollte ihr nicht mehr Platz in der Fantasy-Welt gegeben werden?<br />

Als ich in meinen Augen nichts Lesetaugliches mehr vorzufinden vermochte, dauerte es eine<br />

kleine Ewigkeit, bis ich endlich etwas Handfestes wieder fand. Monate, die mir wie Jahre<br />

erschienen. Doch etwas Gutes hatte das mit sich gebracht: anstatt greifbare Geschichten<br />

wandte ich mich der neu entdeckten, bequemeren und elektronischen Variante zu:<br />

Geschichten aus dem Internet. Tschüs, ihr (zwanzig Minuten) langen, eiskalten<br />

Wintermärsche zur AGB!<br />

Nur nannte man diese Geschichten nicht mehr Geschichten, sondern FanFiktions (FF). Der<br />

Unterschied zu der klassischen Geschichte bestand darin, dass FFs auf Bücher, die in der<br />

materiellen Welt existierten, basierten und von Fans geschrieben<br />

waren.<br />

Und, die Potter-Fanatikerin, die ich war, las nur HP-FFs. Die Anzahl<br />

dieser FFs war auch im Vergleich zu anderen<br />

Büchern/Serien/Filmen usw. dramatisch höher. Keine andere<br />

Geschichte erfreute sich einer dermaßen großen Beliebtheit oder<br />

kam ihr auch nur im Geringsten nahe. Jeden auch nur schlecht oder<br />

dichterisch meisterhaft geschriebenen Mist verschlang ich mit den<br />

Augen. Es ging soweit, dass ich in den Ferien und übers<br />

Wochenende fünfzehn Stunden vor dem PC lesend hockte, das<br />

Essen vergaß, nur die linke Hand zum Hinunterrollen der Seiten<br />

bewegte und alles andere an mir vorbeihuschte.<br />

Nur war der deutschsprachige Raum der FFs nicht gerade riesig.<br />

Durstig nach mehr wandte ich mich mit Widerwillen den englischen<br />

FFs zu. Und noch ein Vorteil offenbarte sich mir. Hatte ich am<br />

Anfang große Schwierigkeiten mit englischen Vokabeln, musste ich nicht nach einem<br />

tonnenschweren Wörterbuch greifen. Ein Klick auf Google unter Sprachtools und ich konnte<br />

das unbekannte Wort dort eingeben (EINGEBEN nicht SCHREIBEN! Dazu musste ich nur<br />

das Wort markieren, kopieren und einfügen!) und tatütata! Die deutsche Übersetzung erschien<br />

im Nu. Musste ich zu Anfang zwanzig Wörter in einem Absatz übersetzen, benutze ich nun in<br />

den seltensten Fällen noch Google oder dict.cc, um ein buchlanges FF zu lesen. Und ganz

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