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Redaktion Beratung Korrektur Aufsicht

Schülerzeitung - Robert-Koch-Oberschule

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FOR THE GREATER GOOD<br />

Quäle den Künstler zum Wohle der Menschheit<br />

Am 10.11.1998 haben die Vereinten Nationen (UNO) und die UNESCO gemeinsam das erste<br />

Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts, 2001 bis 2010, zur Internationalen Dekade für eine Kultur<br />

des Friedens und der Gewaltlosigkeit zugunsten der Kinder der Welt erklärt, „[…]in der<br />

Erkenntnis, dass Kindern weltweit durch verschiedene Formen der Gewalt auf allen<br />

Ebenen der Gesellschaft ungeheures körperliches und seelisches Leid zugefügt wird und<br />

dass eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit die Achtung des Lebens und der<br />

Würde jedes Menschen ohne Vorurteile oder Diskriminierung jedweder Art fördert […]“.<br />

Indes sind die Resultate sehr bescheiden, insbesondere der Beitrag der Unterhaltungsindustrie<br />

zur Friedensforschung. Neue Film- bzw. Musikproduktionen und Computerspiele zeigen:<br />

Gewalt, Sex und Diskriminierung (vorzugsweise die einer Frau), soweit das Auge reicht.<br />

Wahre Kunst droht unterzugehen. Den meisten der Mainstream-Entertainer mangelt es nicht<br />

an reichlich hirnlosem Sex, aber an Talent. Sie können keine guten Lieder schreiben, aber<br />

offensichtlich sind sie durchaus in der Lage, ihre T-Shirts hochzuheben, und das verkauft sich<br />

anscheinend großartig. Gesichter huschen an dem MTV-Bildschirm vorbei, erwecken den<br />

Anschein von Kunst, zu der Musik ja immerhin gehört, nichts zu wissen. Die Lyrik ist<br />

einförmig, dumm, rassistisch, sexistisch, unoriginell, und trotzdem besitzen sie Ruhm und ein<br />

Vermögen.<br />

Ich möchte behaupten, daß die Unterhaltung die Kunst getötet hat. Die Akteure im<br />

Entertainment sind eher Sexsymbole als wahre Künstler. […] Statt Kunst haben wir<br />

Unterhaltung, statt Künstlern schöne Gesichter, die geil sind auf Ruhm, Spaß und Reichtum.<br />

So lauten die Worte des steinreichen Medienmoguls Foster Lipowitz in dem neuen Roman<br />

Vincent von Joey Goebel. Der sterbenskranke Multimillionär erkennt in seinem letzten Jahre,<br />

welche Dimensionen sein nur auf der Profitmaximierung beschränktes Arbeitsvorgehen<br />

angenommen hat. >Je dümmer die Produkte, desto größer der Gewinn.< An Stelle gut<br />

geschriebener, geistreicher Produkte haben wir der Öffentlichkeit eine geistlose Mischung<br />

aus Sex, Gewalt und Dummheiten präsentiert. Jetzt blickt er mit Reue auf seine Taten und<br />

sieht sich vor der ungeheueren Aufgabe, das Publikum in eine geistreichere Richtung zu<br />

lenken. Ab jetzt will ich die Kunst zurückbringen, koste es, was es wolle, oder mindestens die<br />

künstlerische Seite der Unterhaltung stärken.<br />

Machen wir zunächst einen Abstecher ins Reich der Philosophie, bevor es mit Vincent<br />

weitergeht.<br />

In ihrem Essayband Dialektik der Aufklärung erklären Max Horkheimer und Theodor W.<br />

Adorno wie es in der Unterhaltungsindustrie 1 abläuft und üben starke Kritik.<br />

Die Unterhaltungsindustrie agiere kapitalistisch, sie sei Akteur des Kapitalismus, d.h. ihr<br />

Bemühen sei auf wirtschaftliche Erfolge gerichtet. Geld, Geld und nochmals Geld. Welche<br />

Produkte dem Publikum verkauft würden, sei nebensächlich. Die Unterhaltungsindustrie sei<br />

eben genau das – eine Industrie, die von Produktionsfirmen beherrscht werde, die einen<br />

maximalen Profit erzielen wollten. Genau wie andere Kapitalisten ignoriere sie dabei die<br />

Bedürfnisse der Menschen oder die Auswirkungen ihres Tuns.<br />

Der Konsument werde mit dem bedient, was er will, was er versteht, was ihn nicht verwirrt,<br />

mit eingängigen Melodien, einfach gestrickten Sachverhalten. Nun mögen Sie sich fragen, wie<br />

ich auf die Idee komm, daß sich das Publikum überhaupt mit hochwertigen Filmen,<br />

Fernsehsendungen und Musik abgeben will, da ihm Sex und Gewalt doch offensichtlich lieber<br />

sind als Inhalte, bei denen man denken muß.<br />

Speisekarte der Konsumenten: triviale, oberflächliche Nichtigkeiten.<br />

1 Ursprünglich wird in dem Essayband von Kulturindustrie gesprochen, doch ist dies gleichbedeutend wie der Begriff<br />

Unterhaltungsindustrie. Für unsere Zwecke wird weiterhin dieser Begriff verwendet.

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