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PLAYING AND REALITY

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DAS INSZENIERTE SELBST<br />

In manchen der ausgestellten Arbeiten erscheint die Künstlerin selbst, wie in Marie Claire RIP (2004-2007), Shoulder<br />

to Shoulder (2009-2011) oder in der jüngst entstandenen Arbeit Every day in November/When nothing will do (2015).<br />

Man sollte die Serien weniger als Selbstporträts betrachten, vielmehr die Künstlerin als Performerin begreifen. Wird dem<br />

Betrachter dieses bewusst, vollzieht sich eine signifikante Verlagerung dessen, was das Werk ausmacht.<br />

Marie Claire RIP ist eine Reaktion auf Polizeifotos, die die voranschreitende Drogenabhängigkeit einer anonymen Frau<br />

dokumentieren. Die Aufnahmen erschienen in einem Hochglanz-Magazin als Kampagne, die Frauen über die Auswirkungen<br />

von Drogen auf ihr Äußeres aufklärte. EJ Majors antwortete auf das, was sie hier als eine verstörende Zurschaustellung<br />

einer Person begriff, mit einer Fotoserie, in der sie das Gesehene detailliert nachstellte und sich selbst als Subjekt in Szene<br />

setzte. Die Vor- und Nachbereitungen im Studio waren sehr zeitaufwendig. In Majors Darstellung sehen wir etwas, was<br />

wir zunächst als eine Abfolge von Bildern lesen, die den schrittweisen Kontrollverlust einer Frau zeigt, nur um dann zu<br />

entdecken, dass die Frau, die wir sehen, eine Künstlerin ist, die die absolute Kontrolle über ihr Äußeres behält und nur in<br />

einer Verkleidung auftritt.<br />

21<br />

Shoulder to Shoulder entstand nach Majors Forschungen im Fotoarchiv der englischen Suffragetten-Bewegung. Die Frauen<br />

dieser frühen politischen Bewegung hatten ein ausgeprägtes Bewusstsein vom Potenzial der Fotografie als Mittel medialer<br />

Einflussnahme. Bilder ihrer Anfang des 20. Jahrhunderts organisierten Auftritte wurden häufig in der Tagespresse veröffentlicht.<br />

Die Bildwirksamkeit ihrer öffentlichen Aktionen reizten die Suffragetten weiter aus, indem sie sich an Geländer<br />

öffentlicher Gebäude anketteten, sich vor galoppierende Pferde warfen oder bei Straßendemonstration ihre Spruchbänder<br />

präsentierten. Um ihrer Botschaft Gehör zu verleihen, taten sie alles, um die höhere Gesellschaft und den Mittelstand zu<br />

schockieren und deren Selbstgefälligkeit bloßzustellen.<br />

Vor allem eine Aktion, die allerdings nicht fotografisch festgehalten wurde, bezog sich auf ein Kunstwerk und führte zu<br />

einer vorübergehenden Schließung der National Gallery in London. Am Dienstag, dem 14. März 1914, attackierte Mary<br />

Richardson die Venus von Rokeby von Diego Velasquez. Mitten am Tag und vor den Augen von zwei Museumswärtern<br />

schlug die zierliche Richardson plötzlich mit einem Beil auf das Bild ein. Sie zerstörte das Sicherheitsglas und schlitzte<br />

die Leinwand auf. Nach ihrer Festnahme und dem Aufenthalt im Londoner Holloway Gefängnis setzte sie sich für die<br />

Suffragetten-Bewegung ein.

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