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Gabe2015

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an sich 55) von der Gerichtsbarkeit des Dorfschulzen mitnichten eximiert, stand also in dieser<br />

Beziehung wieder auf einer Linie mit den Bauern. Ja es gab, was Westpreußen betrifft,<br />

besonders in den beiden Marienburger Werdern, ganze Ortschaften, die (später wenigstens)<br />

lauter solche „Freie“ aufwiesen. Das sind die spezifisch sogenannten „Kölmischen Dörfer“, ihre<br />

Einsassen hießen Kölmer, auch Freikölmer. Aus ihnen hat sich ein Adel nicht entwickelt 56) ,<br />

wohl aber aus den Inhabern von selbständigen Lehnsgütern, auch wenn solche vom Orden<br />

einst an eine Anzahl Personen zu gemeinsamer Hand verliehen worden waren. Es würde zu<br />

weit führen, dies hier genauer auseinanderzusetzen. Erwähnt sei nur, daß es im Vütower<br />

Lande nur einen „Freien“ in dem oben gedachten Sinne gab.<br />

52) Cramer 1, 305 und 2, 175. Der übliche Titel für Lehnsleute.<br />

53) Cramer 1, 305.<br />

54) Ebenda.<br />

55) Ich sage „an sich“. Denn es kam auch vor, daß Abkömmlinge höherer Gesellschaftsschichten mit solchen<br />

„Freiheiten“ abgefunden wurden. Wenn beispielsweise zwei Söhne des Schlochauer Landrichters Dobrowoy 1352<br />

zwei Freihufen in Pollnitz erhielten, so blieben sie unzweifelhaft (mit ihren Nachkommen) auch in Zukunft dem<br />

Landgericht unterstellt. Vgl. die von mir bearbeiteten Handfesten der Komturei Schlochau (= Quellen und<br />

Darstellungen zur Geschichte Westpreußens 10), Danzig 1921, S. 54 f.<br />

56) Vgl. Johann Friedrich Goldbeck, Vollständige Topographie des Königreichs Preußen, l. Teil: Ost-Preußen,<br />

Königsberg und Leipzig o. J. [1785], S. 62 f. Frhr. v. Vegesack, Westpreußisches Privinzialrecht. 1. Bd., Danzig 1845,<br />

S. 245 f.<br />

Im Jahre 1335 hatte der Stolper Ordenskomtur Otto von Brein dem honestus vir Ugestus 57)<br />

Harman den vierten Teil von Stüdnitz verliehen, und zwar im Austausch gegen 8 Hufen m bonis<br />

Sambinow. Ząbinowice - daraus durch das Suffix -ice erweitert - ist die noch heute bekannte<br />

polnische Benennung von Gersdorf im Kreise Bütow. Hier hat man den Versuch gemacht, ein<br />

Zinsdorf ins Leben zu rufen. Doch scheint die Besetzung nicht den gewünschten Fortgang<br />

gezeitigt zu haben. Wie dem auch sei, unter dem 3. Februar 1350 bekundet der Hauskomtur<br />

des Bütower Konvents, Nikolaus Herr von Frantz, daß Georg (Georius), gewesener Schulz von<br />

Gersdorf (Gorgesdorf), freiwillig auf sein Amt in dem gedachten Dorf - das anscheinend nach<br />

ihm seinen neuen Namen trug - Verzicht geleistet habe. Dafür stattet er ihn mit vier freien<br />

Hufen in Borntuchen aus gegen einen gewissen Jahreszins, des weiteren militärischen<br />

Nachrichtendienst, auch Dienstleistung beim Burgenbau; der Scharwerkspflicht wird er<br />

enthoben, erhält auch freie Fischerei für seinen Tisch, zudem zwei Freijahre. Um keinen Irrtum<br />

aufkommen zu lassen - das von Cramer 2, 180 der Handfeste vorangestellte Regest könnte<br />

dazu verleiten - sei ausdrücklich angemerkt, daß es sich bei den in Rede stehenden 4 Hufen<br />

nicht um Schulzenhufen handelte - in der Urkunde gehören die Worte schulteto quondam in<br />

Gorgesdorf zusammen, das Komma ist vor, nicht hinter schulteto zu setzen (in der Kopie, die<br />

dem Lehnsbrief von 1607 beigefügt erscheint, ist fideli hinter nostro lediglich durch<br />

Nachlässigkeit des Schreibers ausgefallen).<br />

57) Ugest bzw. Ugost ist ein altslawischer Personenname. Die Besitzung eines Ugost heißt - mit „Erweichung“<br />

der beiden Endkonsonanten - Ugoszucz. Das ist der noch heute übliche polnische Name von Bernsdorf im Kreise<br />

Bütow. Möglich, daß diese Ortschaft nach einem gleichnamigen Vorfahren des hier begegnenden Ugest ihren<br />

Namen erhalten hat.<br />

Ich wiederhole: für das Land Bütow ist der vorgelegte Fall der einzige, bei dem es sich um<br />

einen „Freien“ bzw. eine „Freiheit“ handelt, wie diese Begriffe im Ordensstaat aufgefaßt<br />

wurden. Nun wäre es an sich ja schon denkbar, daß beispielsweise Tschebiatkow, von dem<br />

eine Ordenshandfeste - im Sinne einer Verleihung - nicht bekannt ist 58) . zu irgend welcher Zeit<br />

- sagen wir etwa nach dem Hussiteneinfall des Jahres 1433 oder auch später - sich in der<br />

Weise weiter entwickelt hätte, daß Panensöhne. seien es eingeborene oder auch solche aus<br />

Nachbarorten - ich denke dabei zunächst an Glisno in der Schlochauer Komturei, für das<br />

ebenfalls eine Ordenshandfeste nicht bekannt ist - sich in den Besitz der Feldflur teilten und,<br />

untereinander gleichberechtigt, dieselbe bebauten. Die Richtigkeit dieser (rein fingierten)<br />

Aufstellung vorausgesetzt, würden wir sofort verstehen, wie die sechs Männer mit<br />

29<br />

verschiedenen Familiennamen, denen 1515 ein herzoglicher Lehnsbrief zuteil wurde, in<br />

diesem „alle die Herren von Trsebbetkow“ genannt werden konnten. Auch würde nicht<br />

sonderlich auffallen, daß darin „Abgaben. Dienste und Lasten gar nicht auferlegt werden“. Es<br />

blieb eben fürs erste alles beim alten. Die „Gleichschaltung“ mit ihren Standesgenossen stellte<br />

sich dann ja wohl ganz von selbst mit der Zeit ein. Wenn, ich wiederhole es, an sich eine solche<br />

Entwicklung in Einzelfällen wohl denkbar wäre, so ist sie doch allenthalben dort ausgeschlossen,<br />

wo wir, wie z. B. bei den Nachbarorten von Tschebiatkow, Moddrow und<br />

Zemmen, die Gründungsurkunden in Händen haben. Für Moddrow lassen sich da die Besitzer<br />

so gut wie sicher als Nachkommen des Erstbeliehenen (Heinrich Rosen) durch Jahrhunderte<br />

ansprechen; erst 1576 begegnet ein Name, der vielleicht (?) auf fremde Abkunft hinweist. Für<br />

Zemmen ist ein gleiches nicht möglich, da wir hier Namen, und zwar Geschlechtsnamen, erst<br />

spät, nicht früher als eben wieder 1576, antreffen. Was aber Czarndamerow betrifft, so habe<br />

ich mich schon oben dahin ausgesprochen daß die behauptete Abstammung der dortigen<br />

Einsassen des Jahres 1564 von Töchtern und Schwestern des 1346 mit Magdeburgischem<br />

Recht beliehenen Rüdiger der Kritik kaum standhält, wohl aber wenigstens die Mondry sich<br />

auf den Hannos Qwettoschitcz, der 1428 tauschweise 12 Hufen in Czarndamerow auch zu<br />

magdeburgischem Recht erhielt, als ihren Stammvater zurückfuhren lassen dürften. Die<br />

Namensform Kwiatusic ist patronym und bedeutet so viel wie Sohn (oder doch Abkömmling)<br />

eines Kwiatuś; Kwiatuś wieder bedeutet „Blümlein“. Der Name verdankt, offenbar, wie so oft<br />

in ähnlichen Fällen, seinen Ursprung einem alten hantgemâl oder Hauszeichen. Der<br />

Bestätigungsbrief König Michaels von Polen vom Jahre 1670, bei Cramer 2, 177 f. abgedruckt,<br />

hilft uns weiter. Wir erfahren aus ihm, daß schon Wladislaus IV. in einem eigenen (seorsivo)<br />

Privileg vom 17. Januar 1642 59) den Besitz der Kraft der Handfeste vom Jahre 1346 verliehenen<br />

30 Hufen dem nobilis Adam Mondrzewski als Erbherrn (possessor et haeres) dieser Hufen<br />

bestätigt hatte. König Michael wiederholte nun seinerseits diese Bestätigung, dehnt sie aber<br />

weiter aus auch auf duodecim mansos Kwiatuskie nuncupatos 60) ... ab avo quondam jpsorum<br />

possessos. Dies geschieht (beides) zu Gunsten der gegenwärtigen Besitzer, der nobiles Johann<br />

und Stanislaus Dąbrowski alias Mądrzewski. Mądry heißt auf deutsch klug: Mądrzewo ist das<br />

Besitztum eines Mądry; davon wieder die adjektivisch gebildete Namensform Mądrzewski<br />

bedeutet (hier) den (Herrn) von Mądrzewo, m. a. W. des Mądrygutes. Wenn nun aber der<br />

Großvater von Johann und Stanislaus sich im Besitz der vor Zeiten dem Hannos Qwettoschitcz<br />

verliehenen 12 Hufen befand, so hat er diese offenbar durch Erbschaft überkonmen, und<br />

wenn Adam Mondrzewski (wohl der Vater) 1642 wirklich auch die andern 30 Hufen (voll?) in<br />

Besitz hatte, so sind die vielen Geschlechter, die dort noch 1607 begegneten, in der<br />

Zwischenzeit entweder ausgekauft oder auch ausgestorben, vielleicht teilweise verdrängt<br />

worden 61) . Etwas Sicheres läßt sich darüber nicht sagen; doch ist zu beachten, daß schon bei<br />

der Huldigung 1658 außer Hannß Jakob und Stanislaus Mondri - der erste und dritte lebten<br />

noch 1670, Jakob wird vor diesem Jahr gestorben sein - nur noch ein Greger Wnuck als in<br />

Czarndamerow angesessen bekundet wird 62) . Im Jahre 1672 erscheint ein Krysztof Wnuk-<br />

Dąbrowski 63) .<br />

58) Der Ausdruck im Tauschvertrag von etwa 1427 (vgl. oben S. 75), wo von zwei Teilen des ganzen Gutes<br />

Trzebetka, in den Grenzen der Güter Tuchem genannt, die Rede ist, erweckt stark den Eindruck, als ob eine<br />

eigene Konstituierung von Tschebiatkow dazumal noch gar nicht erfolgt war, wie denn auch die „zwei Teile“ des<br />

„ganzen“ Gutes Trzebctka wohl zwei Drittel bedeuten sollen.<br />

59) So (MDCXLII) ist offenbar zu lesen (statt MDCXIII).<br />

60) Cramer scheint nicht gemerkt zu haben, daß die Kwiatuskie genannten Hufen mit dem Qwettoschitcz<br />

etymologisch zusammenhängen; doch hätte schon die Zwölfzahl ihn darauf aufmerksam machen können.<br />

61) Es sei hier hingewiesen auf die Urkunde König Wladislaus' IV. vom 4. März 1637 (Cramer 2, 311 f.), in der von<br />

Ämtern und Einwohnern der Distrikte Lauenburg und Bütow die Rede ist mit der Restriktion: „nachdem Uns zu<br />

Ohren kommt, daß sich viele neue und fremde Nation in die Ämter gesetzt, und zum Teil etliche, auch so keine<br />

von Adel sind, sich solches Titels gebrauchen und adlige Guter der Ortern (= daselbst) besitzen und also durch<br />

dieses Mittel sich des Indigenats bemächtigen wollen, solche wollen Wir hiemit per expressum ausgeschlossen<br />

wissen“; Oberstleutnant Krockow wird zum Kommissar bestimmt, „daß er sich der Örter (= Ortschaften) des Adels<br />

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