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Neue Philharmonie München Herbst/Autumn 2022

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WERKEINFÜHRUNG<br />

Maurice Ravel im Jahre<br />

1912. Im zwei Jahre<br />

später beginnenden<br />

Ersten Weltkrieg entstand<br />

das Werk Le Tombeau de<br />

Couperin.<br />

Dichtern, Musikern und Kritikern zusammen, und in diesem Kreis kamen erste<br />

Kompositionen von ihm zur Aufführung. 1898 unternahm Ravel erneut<br />

einen Versuch im Konservatorium zu reüssieren und belegte Kontrapunkt<br />

und Fuge bei André Gédalge (1856 – 1926) und Komposition bei Gabriel Fauré<br />

(1845 – 1924) mit dem Ziel, sich mit einer Kantate um den jährlich von der<br />

Académie des Beaux-Arts ausgeschriebenen Rom-Preis zu bewerben. In den<br />

Jahren 1901, 1902 und 1903 wurde ihm jeweils nur ein zweiter Preis zuerkannt.<br />

1905 wurde ihm aufgrund seines Antrages die Teilnahme von einem<br />

Kommissionsmitglied mit der Begründung verweigert:<br />

„Herr Ravel mag uns wohl als rückständig ansehen, aber er darf uns nicht ungestraft<br />

für schwachsinnig halten.“<br />

Der Eklat wurde von der Presse aufgegriffen und gelangte als Affäre Ravel in<br />

die Schlagzeilen, trug aber auch zu seiner zunehmenden Bekanntheit bei.<br />

Der Musikkritiker und Schriftsteller Romain Rolland (1866 – 1944) protestierte<br />

energisch und stellte dem Konservatorium daraufhin mit den folgenden<br />

Worten kein gutes Zeugnis aus:<br />

„Wenn der akademische Geist zu oft die Unterweisung hervorragender Lehrer<br />

zunichte gemacht hat, indem er als einziges Ziel ihrer Bemühungen und denen<br />

ihrer Schüler die akademischen Prüfungen festsetzte, so hat doch in dem Hause<br />

ein gewisser Liberalismus geherrscht (der für einen guten Teil der Gleichgültigkeit<br />

zuzuschreiben ist), der den unabhängigsten Temperamenten erlaubt hat, sich dort<br />

friedlich zu entwickeln, – von Berlioz an bis zu Ravel.“<br />

Hector Berlioz (1803 – 1869) hatte erst nach vier vergeblichen Bewerbungen<br />

im Jahre 1830 mit der bewusst traditionell komponierten Kantate La mort de<br />

Sardanapale den 1. Preis errungen. Mit der 1907/8 komponierten Rapsodie<br />

espagnole für Orchester mit den Sätzen 1. Prélude à la nuit, 2. Malagueña, 3.<br />

Habanera und 4. Feria im spanischen Kolorit, jedoch ohne direkte Übernahmen<br />

aus der iberischen Folklore, die am 5. März 1908 in Paris uraufgeführt<br />

wurde, erreichte Ravel ein größeres Publikum. 1909 erhielt er von Serge Pawlowitsch<br />

Diaghilev (1872 – 1929) den Kompositionsauftrag für das Ballett<br />

Daphnis und Cloe, dessen Aufführungen 1912 und 1913 aber als Misserfolg<br />

gewertet wurden.<br />

Am Ersten Weltkrieg von 1914 bis 1918 nahm Ravel – wegen seines labilen<br />

Gesundheitszustandes eigentlich für untauglich erklärt – auf hartnäckiges<br />

Bestehen vom März 1915 bis zum Juni 1917 als Landwagenfahrer teil. In der<br />

Zeit davor und danach entstand das Klavierwerk Le Tombeau de Couperin.<br />

Ravel griff hier auf eine in der Barockzeit in Frankreich verbreitete Gattung<br />

im Bereich der kammermusikalischen Instrumentalmusik für Laute, Gitarre,<br />

Gambe oder Cembalo zurück. Mit einem musikalischen Grabstein wurde ver-<br />

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