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Titelthema: Bartagamen

Titelthema Eine

Titelthema Eine abwechslungsreiche Ernährung ist wichtig für das Wohlbefinden der Bartagamen Foto: F. Krönke Eine veterinärmedizinische Untersuchung von 529 erkrankten, in Terrarien gehaltenen Bartagamen (Pogona vitticeps) hat folgende Häufigkeitsverteilung gesundheitlicher Störungen ergeben: • 43 % der Tiere litten unter Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts, wobei hier Endoparasiten, Verstopfung und Blähungen zu den häufigsten „Symptomen“ zählten. Hiervon ließen sich wiederum 38 % auf eine Form von MBD (Stoffwechselbedingte Knochenerkrankung, siehe unten) in Verbindung bringen. • 22 % der Agamen litten unter Erkrankungen der Haut, vor allem an Tumoren. • 19 % zeigten Auffälligkeiten an Knochen und Muskelapparat, wobei auch hier MDB eine wichtige Verursachungsquelle darstellte. Aus diesem Befund leiten die Veterinäre die Notwendigkeit einer Verbesserung der Haltungsbedingungen sowie regelmäßige und frühzeitige Besuche bei Fachtierärzten für Reptilien ab (Schmidt-Ukaj et al. 2017). Nahrung Eine Analyse der Mageninhalte (n = 14) im natürlichen Lebensraum lebender Bartagamen (Oonincx et al. 2015) zeigte verschiedene Ergebnisse: Die Nahrung ist sehr vielfältig, der Anteil tierischer Nahrung (vor allem Insekten) besteht zur Hälfte aus Termiten, also relativ kleinen Beuteorganismen, und ist bei Jungtieren wesentlich höher (bis 80 %) als bei adulten Tieren (4–32 %). Andere Quellen geben ein Verhältnis pflanzlicher zu tierischer Nahrung von 90:10 bei adulten und von 50:50 bei juvenilen Tieren an (Stahl 1999). Ein bedeutender Faktor ist in diesem Zusammenhang die Jahreszeit, da nicht alle Nahrungsressourcen gleichmäßig im Jahresverlauf vorhanden sind. So sind Termiten der Gattung Drepanotermes insbesondere nach Regenfällen an der Bodenoberfläche aktiv und als Nahrung sehr begehrt. Insgesamt hat die natürliche Nahrung der Bartagame einen hohen Rohprotein- und einen geringen Anteil gesättigter und ungesättigter Fettsäuren. Sind keine oder wenig Arthropoden (Insekten, Spinnen, Asseln, Tausendfüßer) als Nahrung verfügbar, sinkt der Rohproteingehalt der Nahrung. Eine Inhaltsstoffanalyse hat gezeigt, dass konventionelle Futterheuschrecken im Stadium der vorletzten Häutung ebenso wie Mehlwürmer eine sehr ähnliche Zusammensetzung zeigen wie die von Bartagamen gefressenen Termiten. Zusammenfassend empfiehlt die Studie als gesunde Ernährung einen Großteil unterschiedlicher pflanzlicher Nahrung und einen geringen Anteil an Heuschrecken der vorletzten Häutung, Mehlwürmer und Heimchen oder Grillen (Oonincx et al. 2015). Darüber, welche Bandbreite an pflanzlicher Nahrung und vor allem an heimischen Wildkräutern gefüttert werden kann, existieren zahlreiche gute deutschsprachige Bücher (z. B. Köhler et al. 2013). 14

Titelthema Durch dauerhaft falsche Ernährung können ernstzunehmende Erkrankungen entstehen. Nicht alles, was eine Bartagame gerne frisst, ist auch gesund für sie. Foto: F. Krönke Häufige Haltungsfehler sind die einseitige Fütterung mit Insekten, die Gabe von zu viel Obst und dementsprechend von zu wenig abwechslungsreichem Grünfutter. Mittel- bis langfristig resultieren hieraus meist gesundheitliche Störungen vielfältiger Art. Außerdem ist es schwierig, ein Tier, das nur „Leckerlis“ als Nahrung kennt, auf Grünfutter umzustellen. Von großer Bedeutung ist es, darauf zu achten, ob die Agame trinkt. Dehydratation ist eine wesentliche Ursache für die häufig auftretenden Verstopfungen (Wright 2008; Boyer 2015). Manche Tiere trinken nicht aus Näpfen und tun sich (anfangs) schwer bei der Wasseraufnahme. Für weitere Informationen siehe die allgemeine Haltungsliteratur. Temperatur und Thermoregulation Bartagamen haben einen Bereich bevorzugter Körpertemperatur von 35–39 °C (Cannon 2003), weshalb an ihrem Sonnenplatz eine Temperatur von 40 °C vorherrschen sollte (Raiti 2012). Werden die Agamen zu kühl und/oder zu dunkel gehalten, sind sie anfällig für zahlreiche Erkrankungen und Verdauungsstörungen (Cannon 2003). Ist den Tieren zu warm, versuchen sie kühlere Orte aufzusuchen. Ist dies nicht möglich bzw. die Temperatur deutlich oberhalb ihrer Vorzugstemperatur, beginnen sie zu hecheln (Cannon 2003). Die Temperaturspanne bis zum Hitzetod ist dann nur noch sehr gering. Bartagamen können im Sommer, wenn es richtig warm ist, hervorragend in einem geräumigen Freilandterrarium gehalten werden, niemals jedoch in einem Glasterrarium, da hier – wie in einem Gewächshaus – sehr rasch sehr hohe Temperaturen erreicht werden, die zum Tod der Tiere führen, was leider schon viel zu oft vorgekommen ist. Verschiedene Studien haben sich mit dem Farb- und Musterwechselvermögen von Bartagamen beschäftigt. Dass Farbe und Muster ein Schutzmechanismus gegenüber Prädatoren sind, ist naheliegend. Daher überrascht es nicht, dass Tiere aus Herkunftsgebieten mit rötlichem Boden einen rötlichen und solche aus beigebraunen Habitaten einen entsprechenden Farbton zeigen (Cadena et al. 2017). Eine weitere Funktion steht in Zusammenhang mit der Thermoregulation. So konnte bei Bartagamen ein relativ konstanter Wechsel ihrer „Helligkeit“ (Luminanz) im 24-Stunden-Tageslauf nachgewiesen werden. In den Morgenstunden waren die Tiere stets am dunkelsten und in den späten Abendstunden am hellsten gefärbt (Fan et al. 2014). Dieses zeitliche Muster steht darüber hinaus auch in Abhängigkeit zur Umgebungstemperatur: Bei niedrigen Temperaturen sind die Tiere dunkel, bei hohen hell gefärbt (Smith et al. 2016). Der biologische Sinn dahinter ist, dass dunkle Oberflächen weniger Licht reflektieren und entsprechend mehr Wärmestrahlung absorbieren. Mit hellen Oberflächen verhält es sich entgegengesetzt (Fan et al. 2014). Daraus folgt, dass die Agamen ihren morgendlichen Aufwärmprozess durch Steuerung der Reflexionseigenschaften ihrer Haut beschleunigen können. Ein weiterer interessanter Aspekt ist, dass Farbe und Luminanz noch eine andere Funktion haben, nämlich im Zusammenhang mit der Signalgebung. Damit diese Funktionen nicht mit jenen der Thermoregulation in Konkurrenz treten bzw. optimal erfüllt werden können, finden sie in unterschiedlichen Körperregionen statt: Thermoregulation auf der Körperober- und Signalgebung auf der Körperunterseite – der „Bart“ ist neben seiner morphologischen Veränderbarkeit der in Kombination mit seiner Farbigkeit wichtigste Signalgeber der Tiere (Smith et al. 2016). 15

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