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Titelthema: Dachschildkröten

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HerpetoramaEditorialLiebe Mitglieder und Freunde,kürzlich wurde die DGHT mit einem Presseartikel konfrontiert,in dem eine Journalistin ein Schutzprojekt für unsereheimische Kreuzotter in Oberfranken, das auch Nachzuchtund Wiederansiedlung in natürliche Vorkommensgebietebeinhaltete, als „spleenig, fast bizarr“ bezeichnet. In abstruserWeise wurde dann ein Bezug zu amerikanischenKlapperschlangen, australischen Taipanen oder Kobras inThailand gezogen, die ja auch keiner aussetzen würde. DerArtikel, der sprachlich an Populismus schwer zu überbietenist, hat verständlicherweise unter Herpetologen und NaturschützernKopfschütteln ausgelöst, zeigt er doch erneutnicht nur ein verstörendes Beispiel von verantwortungslosemJournalismus bei Themen, die sich mit der von unsgepflegten und gewidmeten Tiergruppe befasst, sondernträgt auch noch dazu bei, Vorurteile und falsche Ängstegegenüber unserer Schlangenfauna zu verfestigen odererstmals hervorzurufen. Dass gerade die Kreuzotter nundurch die DGHT und ihre Partner zum Reptil des Jahresausgerufen wurde, kommt gewissermaßen gerade zumrechten Zeitpunkt.Der oben genannte Artikel hat aber meines Erachtens einenoch schlimmere Wirkung. Er kann dazu beitragen, die oftjahrelange haupt- und ehrenamtliche Arbeit von Natur-schützern zu diskreditieren und sie einmal mehr in eineexotische Ecke zu stellen. Verkannt wird dabei, dass derSchutz von Arten nicht erst seit gestern europarechtlich verankertist und das bundesdeutsche Naturschutzgesetz klareVorgaben macht, wie auch mit Arten, die vielleicht nicht mitdem Kuschelfaktor für sich werben können, umzugehenist. Gerade ein seriöser Journalismus sollte dazu beitragen,Ängste abzubauen und Verständnis für den wichtigenSchutz von Arten und Ökosystemen als Requisiten unserereigenen Lebensgrundlage zu fördern.Noch schöner wäre es, wenn aus solchen Berichterstattungenvielleicht sogar Begeisterung und ehrenamtliches Engagementresultieren würden. Dies ist zum Glück Kernkompetenzder DGHT, und wir werden nicht müde, in Form vonProjekten, Öffentlichkeitsarbeit und umweltpädagogischenAngeboten die Bedeutung intakter Lebensräume und derin ihnen lebenden Amphibien und Reptilien dem breitenPublikum näherzubringen.Besonderes Lob verdient es dabei, wenn sich ganz jungeMenschen bereits dafür einsetzen, unsere einheimische Herpetofaunakennenzulernen. Wie der 13-jährige Schüler KurtBaacke mit seinem eigenen YouTube-Kanal, wo er Amphibienund Reptilien in kurzen sympathischen Videos vorstellt– und dies äußerst professionell. Auch bei der Tagung derAG Feldherpetologie und Terrarienkunde war Kurt zugegenund hat mit einem kurzen Video im Anschluss seinenZuhörern und -schauern die Entscheidung zur Kür derKreuzotter verkündet. Solches ehrenamtliche Engagementverdient höchste Wertschätzung, wird dadurch doch geradeauch eine Generation angesprochen, die nicht automatischvon klein auf in Feld, Wald und Wiese unterwegs ist. SolcheDinge machen nicht nur einfach Freude, sondern – denktman an die junge Mannschaft um den 16-Jährigen LeandroBergmann, die sich in der DGHT um Social Media kümmert– auch hoffnungsvoll, dass das wichtige Thema Natur- undArtenschutz auch in das Bewusstsein der nachfolgendenGenerationen getragen wird.In diesem Sinne wünsche ich Ihnen schon heute einebesinnliche und – trotz der leider nicht friedlichen weltpolitischenLage – friedvolle und persönlich erfüllendeVorweihnachtszeit.Herzlichst,IhrMarkus Monzel3

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