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LERNEN MIT ZUKUNFT September 2020

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Impulsmagazin für Erwachsene - Lebensraum: MENSCH

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information & integration Im Bürgerkriegsland: AgentInnen der Veränderung DIE VISION DES LEHRERINNENAUSBILDUNGSZENTRUMS IM SÜDSUDAN Laura Oberhuber ˇ Junior Program Officer South Sudan Caritas Austria 26 | SEPTEMBER 2020 Bildung ist der Schlüssel im Kampf gegen Armut. Diesen Satz würden viele von uns vermutlich unterschreiben. Doch was tun, wenn es in einem Land zwar zahlreiche Kinder im Schulalter gibt, jedoch viel zu wenig LehrerInnen? Genau das ist im Südsudan, dem jüngsten Staat der Welt, der Fall. Hier mangelt es an mindestens 24.000 VolksschullehrerInnen. Ein großer Teil der Bevölkerung kann weder schreiben noch lesen, besonders betroffen sind Frauen. Seit Ausbruch des Bürgerkriegs im Südsudan 2013 musste ein Drittel der Bevölkerung fliehen. Der Konflikt hat zahlreiche Menschenleben gefordert und Lebensgrundlagen zunichtegemacht. Zahlreiche Schulen mussten geschlossen werden oder wurden sogar zerstört. Die Ausbildung von LehrerInnen ist durch die anhaltenden Kriegswirren sowie Nahrungsmangel fast gänzlich zum Erliegen gekommen. Das LehrerInnenausbildungszentrum der Organisation `Solidarity with South Sudan` hat es sich zum Ziel gesetzt, dies zu ändern und dem Problem aktiv entgegen zu steuern. Hier in Yambio, im Südwesten des Landes, werden mit Unterstützung der Caritas pro Jahr ca. 50 LehrerInnen im Solidarity Teacher Training Center (STTC) ausgebildet. Begabte junge Menschen aus dem ganzen Land werden in einer 2-jährigen Ausbildung zu GrundschullehrerInnen ausgebildet. Viele der Studierenden haben bereits Erfahrung als Lehrende, jedoch haben sie nie eine professionelle Ausbildung erhalten. Im LehrerInnenausbildungszentrum erlernen sie daher u.a. pädagogische Unterrichtsmethoden und Lerntechniken. Die Abschlüsse des Ausbildungszentrums werden von den staatlichen Behörden anerkannt und geschätzt. Matthew* studiert am STTC und steht nun kurz vor seinem Abschluss. Er kann es kaum erwarten sein Wissen weiterzugeben: „Unser Land braucht LehrerInnen, die eine Veränderung herbeiführen.“ Matthew hat am STTC Mitstudierende aus allen Ecken des Landes und verschiedenster ethnischer Gruppen kennengelernt. Viele davon sind gute FreundInnen geworden. Ihm ist nun klar: „Wir sind alle SüdsudanesInnen, egal welcher ethnischen Gruppe wir angehören. Nur gemeinsam können wir eine gemeinsame, friedvolle Nation aufbauen.“ Das weiß auch Schwester Margret, die Leiterin des LehrerInnenausbildungszentrums. Gleichbehandlung ist ihr ein großes Anliegen. Nicht nur von unterschiedlichen ethnischen Gruppen, sondern vor allem auch von Frauen und Männern. „Über 90% der AnalphabetInnen im Land sind Frauen. Frauen machen nur ca. 12% des gesamten Lehrpersonals aus“, erklärt Schwester Margaret. Ein Großteil der Mädchen bricht die Schule aufgrund von früher Schwangerschaft oder Heirat vorzeitig ab. Ein besonderer Schwerpunkt des STTC liegt daher auf der Unterstützung und Förderung von jungen Frauen. Eine dieser jungen Frauen ist Nafisa*. Die angehende Lehrerin kennt die Herausforderungen der Frauen im Südsudan: „Meine Mutter hatte nie die Möglichkeit eine Ausbildung zu machen

information & integration und konnte nie einen Beruf erlernen. Nach dem Tod meines Vaters musste sie allein für die gesamte Familie sorgen. Ich habe als erste Frau in der Familie die Möglichkeit, eine Ausbildung zu machen und Lehrerin zu werden.“ INFO https://shop.caritas. at/lehrerinnen-ausbildung-fuer-eine-nachhaltige-perspektive Vor ihrer ersten praktischen Einheit an einer Volksschule war Nafisa sehr nervös. Sie sollte in einer Volksschulklasse mit bis zu 100 Kindern im Alter von 5 bis 10 Jahren unterrichten - keine leichte Aufgabe. Schon gar nicht für eine frisch gebackene Lehrerin. Doch Nafisa nahm die Herausforderung an und schaffte es dank der guten Vorbereitung und des erworbenen Selbstbewusstseins einen guten Unterricht abzuhalten. In einigen Monaten werden die Studierenden Nafisa und Matthew ihren Abschluss feiern. Nafisa wird in ihr Heimatdorf zurückkehren, um dort an der Volksschule zu unterrichten. Besonders die Mädchen möchte sie unterstützten und als Vorbild wirken. Matthew ist es ein großes Anliegen, den Kindern, der nächsten Generation des Landes, zu lehren, dass Gewalt und Konflikt keine Lösung sind. Beide wünschen sich Stabilität und Sicherheit für den Südsudan und möchten als gut ausgebildete LehrerInnen dem jungen Land auf dem Weg zum Frieden ein kleines bisschen unter die Arme greifen. * Der Südsudan ist ein Bürgerkriegsland. Namen wurden geändert. Fotos zeigen Gruppen von Studierenden und keine individualisierten Porträts. Fotos: © Caritas Austria 27 | SEPTEMBER 2020