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additive 01.2018

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01Pulverbettverfahren

01Pulverbettverfahren „Bei der Additiven Fertigung denkt man aus der gegenüberliegenden Sicht. Der Konstrukteur baut quasi ins Nichts. Er fügt nur dort etwas ein, wo es für die Stabilität, die Steifigkeit und die Funktion unbedingt erforderlich ist“, erläutert Hans-Jürgen Klein. Wie Stefan Thiele hinzufügt, sind dann auch hochkomplexe, bisher undenkbare Bauteile realisierbar, zum Beispiel mit sehr dünnen Wandungen, mit spiralförmigen Kühlkanälen, mit größtmöglichen Oberflächen in Reren, um etwa den Kraftstoffverbrauch von Flugzeugen oder Fahrzeugen zu reduzieren.“ Wie er weiter betont, sind bei konsequenter Auslegung aber auch völlig neue, innovative Produkte realisierbar. „Das ist speziell bei kostenintensiven und schwer zerspanbaren Werkstoffen, wie Titan oder Inconel, interessant. Wo bisher ein Bauteil aus Stahl eingebaut wurde, kann künftig eine Komponente aus Titan eingesetzt werden, ohne eine Kostenexplosion befürchten zu müssen“, so Klein. Thomas Viebrans (li.) Geschäftsfüher der VMR GmbH & Co. KG in Mönchweiler, und Hans- Jürgen Klein präsentieren einen mit 3D-Laserdruck hergestellten Formeinsatz, dessen konturnah gefertigte Temperierkanäle das Spritzgießen komplexer Kunststoffteile überhaupt erst ermöglicht haben. Bild: Mücke Wirtschaftlich durch höherwertige Bauteile bei minimiertem Gesamtaufwand Dabei reduziert der 3D-Druck deutlich den Aufwand, zum einen für Rohmaterial, zum anderen für die Bearbeitung. Werkstoff wird nur dort aufgebaut, wo er tatsächlich benötigt wird. Ein weiterer Aspekt ist die Funktionsintegration. Das bedeutet, man kann eine bisherige Baugruppe durch ein einziges Bauteil ersetzen. In additiv gefertigte Bauteile lassen sich eine Vielzahl an Funktionen integrieren, die das Bauteil ohne nachfolgende Montage vollständig erfüllt. Als Beispiel nennt Hans-Jürgen Klein eine im 3D-Metalldruck hergestellte Komponente für ein Messgerät. Das Bauteil war nicht nur deutlich leichter, es benötigte auch weniger Aufwand beim Nachbearbeiten. Gegenüber dem ehemaligen, gegossenen Kleiner, effizienter und problemlos herstellbar: Beispielsweise für Wärmetauscher ermöglicht der 3D-Metalldruck bisher undenkbare Geometrien und eine weitreichende Funktions - integration, die den Nutzen und Wert des Bauteils erheblich steigern. Bild: Mücke, Trumpf Schweiz Bauteil lässt es sich zudem schneller und einfacher in das Messgerät einbauen. „Das entscheidende Argument zugunsten des 3D-Drucks war aber, dass die Messgeräte nun für den Endkunden einfacher zu handhaben sind und genauer messen“, hebt Hans-Jürgen Klein hervor. Damit weist er auf ein entscheidendes Kriterium bei der Entscheidung zugunsten des 3D-Metalldrucks hin: „Bevor man zu konstruieren beginnt, sollte man sich Gedanken über die Ziele machen, ob und warum man im 3D-Druck fertigen will. Meist kommen dann zur ursprünglichen Idee noch weitere Aspekte hinzu. Daraus entsteht häufig ein völlig neues Produkt, das man sich vorher gar nicht vorstellen konnte.“ Er fügt hinzu, dass eine allein auf die direkten Verfahrenskosten reduzierte Argumentation völlig in eine Sackgasse führt. Auch Stefan Thiele verweist ausdrücklich auf diesen Aspekt: „Anwender müssen erkennen, dass sich häufig mit 3D-Druck ein deutlicher Mehrwert für ein Bauteil erreichen lässt. Das gelingt aber nur, wenn der Konstrukteur alle bisherigen gedanklichen Schranken ablegt und aus einer anderen Perspektive das Entstehen des Bauteils betrachtet.“ Dies bestätigt Hans-Jürgen Klein, auf herkömmliche Art und Weise ging es bisher darum, aus einem massiven Rohteil ein Bauteil herauszuarbeiten. Dabei haben Konstrukteure so gestaltet, dass sie alles behielten, was einerseits für die Stabilität und die Funktion nötig war, andererseits aber auch nicht störte. Das war bei konventioneller Fertigung wirtschaftlich und technisch sinnvoll. Komplexität gibt es gratis 46 additive Mai 2018

lation zum Volumen. Wie er bestätigt, erkennen inzwischen mehr und mehr Interessenten und Konstrukteure solche Aspekte und versuchen, diese als Innovation für ihre Bauteile zu nutzen. Hans-Jürgen Klein ergänzt, dass mit der Additiven Fertigung jetzt auch Konstruktionsweisen nach dem Vorbild der Natur (Bionik) zu verwirklichen sind. Wie er sagt, gibt es „complexity for free“. Das bedeutet, dass es für die Kosten beim 3D-Druck unerheblich ist, ob das Bauteil einfach oder hoch komplex ist. Das wird nach seiner Ansicht noch zahlreiche Innovationen hervorbringen. Grenzenlos denken: Damit die industrielle Fertigung wirtschaftlich und technisch von der Additiven Fertigung profitieren kann, müssen Konstrukteure alle Einschränkungen bis - heriger Fertigungs - technik zurücklassen und lernen, völlig frei zu gestalten. Bild: 3D-Laserdruck Für kleine und mittlere Serien bereits wirtschaftlich sinnvoll Bisher sehen zudem viele Fertigungstechniker den 3D-Druck einzig als Verfahren zum Herstellen von Prototypen oder allenfalls Kleinstserien. Auch dieses Argument können Klein und Thiele weitgehend entkräften. Auf den Plattformen aktueller 3D-Metalldruckmaschinen, die überwiegend im Laser-Schmelz-Verfahren arbeiten, lassen sich kleinere Bauteile mehrfach aufbauen. Zudem gibt es bereits 3D-Druckmaschinen, in denen zwei oder gar vier Laser parallel an einem Bauteil oder in jeweils zugewiesenen Arbeitsbereichen parallel an mehreren Bauteilen arbeiten. Darüber hinaus arbeitet das 3D-Laserschmelzen nach dem Einrichten der Maschine völlig bedienerlos. Somit wird eine ausreichende Produktivität möglich. Dazu sagt Hans-Jürgen Klein: „Betrachtet man das 3D-Druckverfahren lediglich Selektives Laser - schmelzen (SLM) Als Selective Laser Melting SLM bezeichnet man das Verfahren, aus pulverigen Metallen mit einem Laser schichtweise feste Körper zu erzeugen. Dabei wird eigentlich nicht gedruckt, sondern mit einem Laser parametrisiert geschweißt. Dies geschieht unter Schutzgasatmosphäre. Wie bei anderen Schweißverfahren eignen sich optimal Werkstoffe mit niedrigem Kohlenstoffgehalt. Der schichtweise Aufbau sorgt für den größten Vorteil, die beinahe völlige Gestaltungsfreiheit. Daher sind Bauteile mit nahezu jeglicher Geometrie problemlos herstellbar. als Alternative für ein bestehendes Verfahren, erscheint die Additive Fertigung wegen der langen Laufzeiten sicher zunächst unwirtschaftlich. Berücksichtigt man aber die spezifisch mit diesem Verfahren integrierbaren Vorteile, ändern sich die Verhältnisse deutlich zugunsten eines 3D-Drucks.“ Trotz der aufwendig erscheinenden Pulverlogistik ist der gesamte Fertigungsablauf wesentlich schlanker als eine konventionelle Fertigung. Die Logistikkette zum Beschaffen und Bereitstellen von Rohlingen, Halbzeugen und Maschinenelementen zur Montage, die Vorbearbeitung und der mehrfache Programmieraufwand entfallen nahezu völlig. Automatisierung wird wesentlich zu breiterem Anwendungsspektrum beitragen Trotz der bisher bereits deutlich erkennbaren, vielfältigen Vorteile wünschen sich Fertigungstechniker nach ersten Erfahrungen mit dem 3D-Druck weitere Innovationen für die 3D-Metalldruckmaschinen, speziell für das Laserschmelzverfahren. Neben Hans-Jürgen Klein äußert dies auch Daniel Kündig bei der Ecoparts AG in Rütti. So sollten die Laserschmelzanlagen unter ande- rem höhere Arbeitsgeschwindigkeiten und größere Bauräume bieten. Darüber hinaus fordern die Fertigungsbetriebe eine weiter vereinfachte und sicherere Handhabung der feinen Pulver. Hans-Jürgen Klein sieht vor allem in einer Automatisierung große Chancen, um dem 3D-Metalldruck sehr viel breitere Anwendungen zu erschließen. Wie er vorschlägt, sollten zum Beispiel die Bauplattformen, auf denen die Laserschmelzanlage die Bauteile generiert, direkt als Spannsysteme für die anschließende spanende Nacharbeit nutzbar sein. Dann könnte man die 3D-Drucker automatisiert beispielsweise mit einem Roboter be- und entladen. Die generierten Bauteile könnten ebenso automatisiert ohne manuelle Bedienung und Handhabung den gesamten Fertigungsablauf bis zum Abtrennen von der Bauplattform durchlaufen. Darüber hinaus gibt es noch Bedarf hinsichtlich der Qualität und der Zuverlässigkeit der eingesetzten Metallpulver. Zahlreiche Werkstoffeigenschaften, die beispielsweise durch unterschiedliche Partikelgrößen der Pulver variieren, sollten nach Ansicht der Fertigungsbetriebe noch zuverlässiger qualifiziert werden. Insgesamt sehen die befragten Unternehmen anhand ihrer bisherigen Erfahrungen künftig einen deutlichen Bedeutungszuwachs für den 3D-Metalldruck als ernstzunehmendes Fertigungsverfahren mit großen Entwicklungschancen. ■ additive Mai 2018 47