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Beschaffung aktuell 03.2023

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» MANAGEMENT Die Politik- und Sozial wissenschaftlerin Tabea Münch ist Nachhaltigkeitsexpertin bei der Atruvia AG. Bild: Atruvia einfach einen Hakten dahinter setzen“, bemerkt die Nachhaltigkeitsmanagerin nicht nur mit Blick auf das Lieferkettengesetz. Einkauf braucht Leitplanken Damit das nicht passiert, müssen die Vorgaben und Ziele in die Beschaffungsprozesse integriert werden. „Unsere Einkäufer und Einkäuferinnen sind sehr engagiert, trotzdem oder gerade deswegen brauchen sie Leitplanken und Kennzahlen, an denen sie sich orientieren können, sonst bleib das Thema abstrakt und schwer umsetzbar“, beschreibt Münch die Herausforderung, wenn es darum geht, Nachhaltigkeit in der Supply Chain nicht nur „irgendwie“ zu verbessern, sondern systematisch zu einem festen Qualitätskriterium für Ausschreibungen zu machen. »Wir wollen mit unseren Bestrebungen nicht nur compliant, sondern grundlegend nachhaltiger werden.« Tabea Münch, Atruvia AG Scorecards zur Lieferantenbasis Eine Herausforderung für Atruvia – wie für viele andere auch – ist die noch dürftige Datenlage, etwa beim CO 2 -Abdruck in der Lieferkette, um die Fortschritte über Kennzahlen zu messen. Für das Nachhaltigkeitsranking der Lieferantenbasis arbeitet man mit Ecovadis zusammen, dessen Scorecards in SAP Ariba eingespielt werden. Doch, meint Tabea Münch, am Ende entscheide der Mensch: „Die Daten und die Transparenz nutzen wenig, wenn sie der Einkauf nicht in die richtigen Maßnahmen umsetzt und diese konsequent nachhält. Tools sind weiße Billardkugeln, man braucht sie, um Dinge anzustoßen, ins Rollen zu bringen, aber man muss sie richtig zu nutzen wissen, alleine haben sie nur wenig Wert“, mahnt sie und sieht gleichzeitig eine große Chance darin, dass das Lieferkettengesetz mit seinen Vorgaben (etwa für ein systematisches Risikomanagement der Lieferketten) zum Katalysator für nachhaltige Beschaffung wird. Knowhow der Partner nutzen Die Nachhaltigkeitsmanagerin nutzt außerdem das Wissen der Lieferanten. Schließlich arbeiten aktuell viele, zumal die großen Player, an den gleichen Zielen. „Nachhaltigkeit ist oder sollte im Kern noch kein Konkurrenzthema sein, deshalb lässt sich hier im Moment sehr offen diskutieren und die Erfahrungen austauschen“, empfiehlt sie anderen ähnlich vorzugehen. „Nachhaltigkeit ist systemisch und braucht den Blick von vielen Seiten“, meint sie. Und es brauche einen Blick auf das, was möglich ist. „Ich treffe sehr viele engagierte Menschen, mit denen man das Thema gut voranbringen kann“, lautet ihre Erfahrung. Allerdings gelte auch oder gerade in der Nachhaltigkeitsdebatte: Es ist nicht alles grün, was den Anschein erweckt. „Man muss lernen, den Lieferanten unangenehme Fragen zu stellen“, erklärt sie und betont: „Atruvia will die Art Kundin sein, die ihren Einfluss mit Blick auf Nachhaltigkeit geltend macht und tiefer geht als Nachhaltigkeitsberichte blicken lassen.“ Ziele operationalisieren Die Ziele stehen fest, dazu gehören u.a. wiederaufbereitete Geräte zu nutzen (die eigenen Geräte werden bereits zu großen Teilen der gemeinnützigen Afb zur Verfügung gestellt), auf eine komplett erneuerbare Stromversorgung hinzuarbeiten, um so die Rechenzentren grün zu versorgen, die Umstellung des Fuhrparks sowie Sozialstandards im Facilitymanagement. „Um solche Maßnahmen für alle Warengruppen zu definieren und umzusetzen, müssen wir entscheiden, mit wem wir regelmäßig über welche Themen sprechen und bis wann wir welche Verbesserungen erzielen wollen“, beschreibt die Nachhaltigkeitsmanagerin die nächsten Schritte. Immerhin geht es um rund 2500 Lieferanten. Auf dem Weg sei eine offene Fehlerkultur wichtig: „Wenn der Mensch nicht scheitern darf, setzt er sich keine ambitionierten Ziele mehr“, meint die Sozialwissenschaftlerin. Annette Mühlberger, Journalistin 26 Beschaffung aktuell » 03 | 2023

Teammoral auch in schwierigen Zeiten steigern Raus aus dem Loch – aus Fehlern in der Vergangenheit lernen Zunehmender Druck und eine Fülle von Problemen in der Lieferkette – diese Belastung fordert ihren Tribut. In Krisen sind richtungsweisende Führungskräfte besonders gefragt. Wenn sich Teams in schwierigen Zeiten nicht auf ihre Führungskraft verlassen können, werden diese Probleme noch steigen. Was können Teamleiter und Führungskräfte tun, um ihren Teams auch in schwierigen Zeiten beizustehen ? Beschaffungsteams stehen unter zunehmendem Druck, eine Fülle von Problemen in der Lieferkette zu bewältigen – von der Inflation bis hin zu Engpässen. Diese Belastung fordert ihren Tribut und resultiert nicht selten in Unzufriedenheit. Jüngste Untersuchungen haben ergeben, dass die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit der Unternehmensführung von 71 Prozent im Jahr 2019 auf 63 Prozent im Jahr 2022 gesunken ist. In Krisen sind richtungsweisende Führungskräfte besonders gefragt. Strategisch durch die Krise führen Um die Teammoral auch in schwierigen Zeiten zu steigern, müssen sich Teamleiter auf ihre grundlegende Aufgabe zurückbesinnen – der strategischen Führung des Teams. Denn viel zu oft spielen Teamleiter die falsche Rolle in ihrem Unternehmen. In einigen Fällen sind sie einer der „Feuerwehrmänner“, der sich darauf konzentriert, Unternehmensprozesse stabil zu halten und permanent operative Probleme zu lösen. In anderen Fällen sind sie der „Vollstrecker“, der auf der Managementebene Ziele, Richtlinien und Initiativen klärt. In wieder anderen Fällen spielen sie die Rolle des „Beraters“, der wichtige Aufgaben an andere delegiert, während er sich auf Geschäftsbeziehungen und Konfliktmanagement fokussiert. Diese Rolle kann sehr wertvoll sein. Voraussetzung ist, dass sie mit der eigentlichen Aufgabe einer Führungskraft in Einklang gebracht wird: Die Aufgabe als strategische Stimme der Vernunft zu agieren. Als strategische Leitperson richtet der Teamleiter sein Team auf die Kundenbe- dürfnisse aus und legt Prioritäten fest. Die Rolle des Vollstreckers, Feuerwehrmanns oder Beraters sollten niemals die höchste Priorität haben. Durch die Fokussierung auf die Kundenbedürfnisse stellt die strategische Führungskraft die Verbindung zwischen der obersten Führungsebene, den Mitarbeitern und den Kundenbedürfnissen her, um die wichtigsten Werttreiber für das Unternehmen zu definieren und sich darauf zu konzentrieren. Es ist kein Geheimnis, dass die Beschaffungsbranche seit Jahrzehnten in ihren Gewohnheiten festgefahren ist. Wir halten an etablierten Vorgehensweisen fest, weil sie immer funktioniert haben. In den vergangenen drei Jahren haben wir gelernt, dass diese alten Wege in Zukunft nicht mehr funktionieren werden. Beschaffungsteams mussten immer wieder aufs Neue Brände löschen. Die bisherigen Beschaffungsmethoden sind ausgebrannt und erschöpft. Um diesen Branchen-Burn out zu vermeiden, gilt es sich diese Situation zunächst bewusst zu machen sowie im nächsten Schritt neue Herangehensweisen zu finden und die Rolle des Teams neu zu definieren. Silos innerhalb der Organisation aufzubrechen, kann den Druck auf die einzelnen Teams für Technik, Beschaffung und Lieferketten verringern. Kostenreduzierungen sind ein Thema, mit dem sich alle Abteilungen in irgendeiner Weise beschäftigen. Wenn die Entscheidungsfindung teamübergreifend stattfindet, können sich ganz neue Möglichkeiten ergeben. Jedem Brand liegt ein tieferes Problem zugrunde. In der heutigen Welt gibt es zahlreiche Faktoren, auf die wir keinen Einfluss haben. Es ist leicht, Schließungen, Engpässe oder zahlreiche andere externen Gegebenheiten als Ursache für das Problem auszumachen. Teamleiter sollten einen Schritt zurückgehen und sich ansehen, wo genau sich die Druckpunkte in ihren eigenen Teams befinden. Welche internen Fehler in der Vergangenheit haben später zu Problemen geführt? Herangehensweisen immer wieder überdenken Oft liegt das Problem in einem Mangel an Transparenz und externen Informationen begründet. Entscheidungen, die auf begrenzten Daten basieren, sind riskant, doch genau so arbeiten derzeit zahlreiche Teams auf der ganzen Welt inmitten von anhaltenden Bränden. Teamleiter und Führungskräfte müssen ihnen die notwendigen Informationen, Ressourcen und Mittel geben, damit sie jetzt und in Zukunft bessere Entscheidungen treffen können – und aus dem Feuerwehrmodus herauskommen. Bild: Supplyframe Sascha Bütterling Senior Director SaaS, DACH bei Supplyframe Beschaffung aktuell » 03 | 2023 27

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