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Beschaffung aktuell 04.2024

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» MANAGEMENT ESG-Berichterstattung Wie sich der Einkauf auf EUDR, CSRD & Co. vorbereiten muss Auch wenn mit dem Jahreswechsel gerade erst die zweite Welle des Lieferkettengesetzes für Unternehmen in Deutschland gestartet ist, wird das Thema Nachhaltig keitsberichterstattung weiter an Relevanz gewinnen. Denn mit der europäischen Richtlinie für entwaldungsfreie Lieferketten, EUDR, und der EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie , CSRD, stehen weitere ESG-Gesetze vor der Tür, die Unternehmen kurz- bis mittelfristig zum Handeln zwingen werden. Bild: Osapiens Alberto Zamora ist Mitbegründer und Geschäftsführer von Osapiens. Bereits seit 2019 arbeitet die Europäische Union mit dem „Green Deal“ an einem umfassenden Maßnahmenkatalog, der in den letzten Jahren in zahlreiche ESG-Richtlinien eingeflossen ist, die eine nachhaltige Unternehmensführung zum europäischen Standard machen sollen. Kern dieser Regelungen ist die Schaffung von Transparenz in globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten, die europäische Unternehmen in die Pflicht nimmt, stärker auf Sozialund Umweltstandards in ihren Lieferketten zu achten, um Risiken für Mensch und Klima umfassender abzuschätzen und zu schützen. Neben der European Deforestation Regulation (EUDR) und der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sind hier vor allem die EU-Taxonomie, der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM), die aktuell umstrittene Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und mittelfristig der Electronic Product Passport (ESPR) zu nennen. All diese Regelungen wurden und werden in den nächsten Jahren sukzessive von den politischen Entscheidungsträgern der europäischen Länder in Gesetze und Verordnungen zur ESG-Berichterstattung umgesetzt. Auch wenn sich die einzelnen Länder noch nicht auf die erst Mitte Dezember letzten Jahres von Rat und Parlament der EU vorgelegte Fassung der CSDDD einigen konnten, zeigen die Diskussionen, dass ein Regelwerk, das den Rahmen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung in Europa effektiv und schlagkräftig vereinheitlicht, mehr als notwendig ist. Größter Streitpunkt: Im Gegensatz zum deutschen Lieferkettengesetz (LkSG) sind die zu erfüllenden Anforderungen deutlich weiter gefasst. So sollen bereits europäische Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern und einem Nettoumsatz von mehr als 150 Millionen Euro von der neuen Richtlinie betroffen sein. Darüber hinaus sollen auch Unternehmen außerhalb der EU in den Anwendungsbereich fallen, sofern sie einen Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro erzielen und davon mindestens 40 Millionen Euro in der EU erwirtschaften. Entscheidend ist jedoch, dass die CSDDD im Gegensatz zum LkSG eine Betrachtung der gesamten Lieferkette verlangt, d. h. nicht nur vorgelagerte Geschäftsbeziehungen (z. B. Zulieferer), sondern auch nachgelagerte Aktivitäten eines Unternehmens, wie z. B. Vertrieb oder Recycling, müssen berücksichtigt werden. Die CSDDD soll zudem über den Sanktionsrahmen des LkSG hinausgehen: Sieht das LkSG bei einem Jahresumsatz von mehr als 400 Millionen Euro Bußgelder in Höhe von zwei Prozent des weltweiten Nettoumsatzes vor, sollen es bei der CSDDD bereits fünf Prozent sein. Darüber hinaus könnten bei grenzüberschreitenden Verstößen sogar zivilrechtliche Sanktionen gegen Unternehmen verhängt werden. In jedem Fall würde die CSDDD erhebliche Auswirkungen auf das deutsche Lieferkettengesetz haben, dessen Anpassung dann ebenfalls zu erwarten ist. Rund 50.000 europäische Unternehmen in der Pflicht Nicht weniger umfassend als die geplante CSDDD ist die bereits im Januar 2023 von der EU verabschiedete CSRD, die in Deutschland bis Anfang Juli 2024 in nationales Recht umgesetzt werden muss und die bestehenden Regelungen zur nichtfinanziellen Berichterstattung auch für den deutschen Mittelstand neu definieren wird: Allein in Deutschland werden rund 15.000 Unternehmen von der CSRD betroffen 30 Beschaffung aktuell » 04 | 2024

Bild: Osapiens sein und Daten und Informationen erheben müssen, um ihren Berichtspflichten nachzukommen. Als Nachfolgeregelung der bereits 2016 von der EU verabschiedeten Non-Financial Reporting Directive (NFRD) wird die CSRD für alle Unternehmen in der EU – einschließlich EU-Tochtergesellschaften von Nicht- EU-Muttergesellschaften – relevant, die mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen: Sie haben mehr als 250 Beschäftigte, einen Umsatz von mehr als 40 Millionen Euro oder eine Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro. Für Unternehmen, die bereits unter die NFRD fallen, gelten die CSRD-Berichtsstandards ab 2025, wenn sie über das Geschäftsjahr 2024 berichten. Alle anderen Unternehmen müssen im ersten Quartal 2026 über das Geschäftsjahr 2025 berichten. Ausgenommen vom Pflichtenkatalog der CSRD sind Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen, die nicht kapitalmarktorientiert sind. Mit der CSRD fordert die EU-Kommission die Unternehmen auf, Informationen über „Risiken und Chancen, die sich aus sozialen und ökologischen Fragen ergeben, sowie über die Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf Mensch und Umwelt“ offen zu legen. Da auch über Fortschritte in diesen Bereichen berichtet werden muss, fördert das Gesetz die allgemeine Umstellung auf CO 2 -Neutralität und Ressourceneffizienz im Einklang mit dem „Green Deal“ der EU. Die Auswirkungen der ESG-Richtlinie sind enorm, denn sie macht die Nachhaltigkeitsberichterstattung für rund 50.000 europäische Unternehmen zur Pflicht. Dies entspricht 75 Prozent des Gesamtumsatzes europäischer Unternehmen und großer Nicht- EU-Unternehmen. Mehr Digitalisierung im Einkauf als logische Konsequenz Mit Blick auf EUDR, CSRD & Co., die nur den Kern einer kommenden Flut weiterer europäischer ESG-Gesetze darstellen, sind Unternehmen jeder Größe – und hier vor allem die betroffenen Abteilungen wie Einkauf und Logistik – gut beraten, die Übergangsfristen bis zur nationalen Umsetzung sinnvoll zu nutzen. Bereits ein Jahr LkSG hat gezeigt, dass auch kleinere Unternehmen, die als Zulieferer oder Zwischen händler agieren, von ihren größeren Geschäftspartnern in die Pflicht genommen werden und damit kurz- bis mittelfristig ebenfalls von den Auswirkungen dieses und weiterer ESG-Gesetze betroffen sein werden. Doch wie können die umfangreichen Sorgfaltspflichten dieser Gesetze schnell, ressourcenschonend, einfach und vor allem mit einem Höchstmaß an Rechtskonformität erfüllt werden? Die Antwort auf diese Frage liegt auch hier in der Digitalisierung der entsprechenden Prozesse. Eine speziell auf die Anforde- Die Prospitalia GmbH arbeitet seit Anfang 2023 mit dem Softwareunternehmen Osapiens zusammen, das eine KI-basierte Softwareplattform zur digitalen und automatisierten Umsetzung des LkSG entwickelt hat. Beschaffung aktuell » 04 | 2024 31

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