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Beschaffung aktuell 05.2022

» MANAGEMENT Dr. Arne

» MANAGEMENT Dr. Arne Flemming, Leiter Supply Chain Management bei Bosch „In einer vernetzten Welt ist die Innovationskraft ein Motor“ Innovationsführerschaft, Spitzenqualität und Nachhaltigkeit – das sind die Ansprüche , die Bosch an sein Supply Chain Management stellt. Eine herausfordernde Aufgabe für Dr. Arne Flemming, der diesen Bereich weltweit verantwortet. Dabei wie auch im Umgang mit Krisensituationen setzt er auf die Digitalisierung der Lieferketten. Sie verantworten das Corporate Supply Chain Management . Welche Rolle spielt das SCM bei Bosch? Dr. Arne Flemming: Das Ziel von Bosch ist es, ein führender Anbieter im Internet der Dinge zu sein und nachhaltige Mobilität voranzubringen. Als Unternehmen haben wir den Anspruch, mit Produkten und Dienstleistungen die Lebensqualität der Menschen zu verbessern und natürliche Ressourcen zu schonen. Hierzu liefert das Supply Chain Management einen wichtigen Beitrag. Einkauf und Logistik arbeiten weltweit an wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Lieferketten, die dafür ein hohes Maß an Produktqualität, Klimaschutz und sozialen Standards entwickeln sollen. Mit unserem Einkaufsvolumen von zuletzt gut 43 Mrd. Euro können wir als globaler Auftraggeber dazu beitragen, die Beschaffungsmärkte »Für Meetings mit hundert Personen ist in Krisenfällen oder bei der Bewältigung von Engpässen keine Zeit.« Dr. Arne Flemming, Leiter Supply Chain Management bei Bosch, erwartet von den Lieferanten einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und eine Selbstverpflichtung im Sinne der CO 2 -Reduzierung. Bild: Bosch 16 Beschaffung aktuell » 05 | 2022

entsprechend zu prägen. Gleichzeitig wollen wir dazu alle Möglichkeiten der Digitalisierung für unsere Supply-Chain-Prozesse ausschöpfen. Da haben Sie ein interessantes Thema angesprochen. Wie messen Sie die Nachhaltigkeit bei Ihren Lieferanten? Wie stellen Sie sicher, dass die Maßnahmen so umgesetzt werden? Und wie vergleichen Sie die unterschiedlichen Ansätze? Flemming: Gemeinsam mit unserem globalen Lieferantennetzwerk streben wir eine hohe Nachhaltigkeit in den Lieferketten an. In enger Zusammenarbeit mit unseren rund 24.000 Lieferanten wollen wir einen großen Schritt machen, damit Bosch bis 2030 den CO 2 -Ausstoß im Scope 3 um 15 Prozent gegenüber 2018 reduzieren kann. Wir erwarten von unseren Lieferanten einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und eine Selbstverpflichtung im Sinne der CO 2 -Reduzierung. Wir sehen in der Praxis aber in der Tat auch die aktuell noch sehr diversen Ansätze. Trotzdem gibt es erste Standards, die Vergleiche etwa hinsichtlich des „Carbon Footprints“ ermöglichen. Wir gehen hier flexibel vor und sind in der Lage, CO 2 -Aspekte wie zum Beispiel die Emissionen bezogener Bauteile oder auch CDP-Ratings zu berücksichtigen. 2021 haben wir dazu bereits erste konzeptionelle Ansätze realisiert und Pilotvergaben mit ausgewählten Lieferanten erprobt. Darüber hinaus arbeiten wir mit Verbänden zusammen und wollen mit dazu beitragen, weltweite Standards zur Messbarkeit und Vergleichbarkeit zu entwickeln. Können Sie Tipps geben, worauf man entsprechend im Einkauf achten sollte? Flemming: Das Thema Nachhaltigkeit ist für uns mehr als nur Klimaschutz. Beim Beurteilen der entsprechenden Maßnahmen blicken wir auf drei Kategorien. Genauso wie CO 2 -Emissionen spielen die Recyclingfähigkeit und die Prozessintegration wichtige Rollen. Die entsprechende Ressourceneffizienz und notwendige Digitalisierung helfen, die Resilienz der eigenen Lieferketten zu stärken. Was meinen Sie mit Prozessintegration? Flemming: Für eine hohe Transparenz und Effizienz in den Lieferketten setzen wir auf die möglichst umfassende Digitalisierung entsprechender Prozesse, zum Beispiel die Lenkung von Warenströmen, das Vertragswesen, Anfragen – und die Gewährleistung der erforderlichen IT-Schutzkonzepte. Weil wir grundsätzlich langfristige Partnerschaften mit unseren Lieferanten anstreben, investieren wir hier intensiv. Das erwarten wir genauso von unseren Partnern und nutzen beispielsweise die Plattform SupplyOn für die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten. Apropos reibungslose Prozesse: Was macht Bosch, um aus Lieferkettenkrisen möglichst unbeschadet rauszukommen? Flemming: Die Dynamik der Veränderungen hat zugenommen, Bosch hat wie viele andere Unternehmen gelernt, damit umzugehen. Wir haben Erfahrungen aus verschiedenen Krisen situationen gesammelt, Supply Chain bei Bosch ... besteht aus* • 24.000 Lieferanten • 225 Fertigungswerken • 775 Lagerhäusern • 30.000 MitarbeiterInnen weltweit, davon - 9000 Menschen im Einkauf - 21.000 in der Logistik • Einkaufsvolumen 43 Mrd. Euro, davon - 64 Prozent direktes Material - 28 Prozent indirektes Material & Dienstleistungen sowie - 8 Prozent Handelsware *Stand Mai 2021 sei es die Fukushima-Katastrophe oder die anhaltende Corona-Pandemie. Bosch setzt grundsätzlich auf ein umfassendes Supply Chain Risk Management. Es erlaubt uns, auf mögliche Risiken wie Lieferengpässe oder Naturkatastrophen schnellstmöglich zu reagieren. Im engen Schulterschluss aller Mitarbeiter entlang der Wertschöpfungskette versuchen wir, die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten. Das ist auch aktuell im Ukraine-Konflikt mit all seinen Auswirkungen der Fall. Inwieweit sind durch den Ukraine-Konflikt und die Sanktionen die Lieferketten von Bosch betroffen? Flemming: Abgesehen von dem bekannten weltweiten Engpass bei Halbleitern und sanktionsbedingten Unterbrechungen in Russland sowie aktuellen »Ziel ist es, jederzeit zu wissen, wie welcher Kunde bzw. Lieferant durch welchen Engpass über mehrere Fertigungs stufen hin beeinflusst wird.« Beschaffung aktuell » 05 | 2022 17

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