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Beschaffung aktuell 05.2022

» MANAGEMENT

» MANAGEMENT Einschränkungen durch Covid-19 in China, können wir aktuell unsere Lieferketten und unsere Versorgung aufrechterhalten. Größere Versorgungsengpässe bei Rohstoffen gibt es bei Bosch bislang nicht. Derzeit können wir auch die Energieversorgung unserer Fertigungs- und Betriebsstätten gewährleisten. Uns ere Expertenteams stehen in solchen Situationen im besonders engen Austausch mit Lieferanten, Vorlieferanten und Kunden. » In enger Zusammen - arbeit mit unseren rund 24.000 Lieferanten wollen wir bis 2030 den CO 2 -Ausstoß im Scope 3 um 15 Prozent gegenüber 2018 reduzieren.« Was ist Ihr generelles Rezept bei Störungen der Lieferketten ? Sind das Feuerwehr-Teams, die in Krisensituationen schnell reagieren, oder haben Sie eine langfristige Strategie, zum Beispiel Multiple Sourcing? Flemming: Wir können auf Basis der in den letzten Jahren massiv verbesserten Standardprozesse zahlreiche Krisen mittlerweile durch die reguläre Supply-Chain-Organisation bewältigen. Aber in Extrem situationen, wie im Fall Ukraine, bilden unsere Spezialisten nach genau definiertem Vorgehen auch Task-Forces. Unser „Local-forlocal“-Prinzip ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Wir fertigen dort, wo unsere Kunden sind. Damit greifen wir auf überwiegend regionale Lieferquellen zurück, verkürzen Lieferketten und machen sie weniger anfällig . Zudem verfolgen wir eine Mehrlieferantenstrategie. Dadurch können wir frühzeitig auf alternative Lieferquellen und -wege innerhalb unseres globalen Lieferantennetzwerkes ausweichen und unser Transportmanagement kurzfristig anpassen. Eine weitere wichtige Säule ist das bei Bosch über viele Jahre aufgebaute internationale Produktionsnetzwerk. Dieser Fertigungsverbund besteht in der Regel aus einem Leitwerk und einem oder mehreren Fertigungswerken, in denen Produkte nach standardisierten Prozessen mit gleicher Qualität gefertigt werden. Dieses starke Netzwerk hilft uns, Lieferengpässen vorzubeugen und Ausweichmöglichkeiten zu schaffen. Dazu gehört auch das Thema Risiko - management und Monitoring der Lieferanten. Wir arbeiten dazu an einem Echtzeit-Reporting. Ziel ist es, jederzeit zu wissen, wie welcher Kunde beziehungsweise Lieferant durch welchen Engpass über mehrere Fertigungsstufen hin beeinflusst wird. Welche Rolle spielt der Mensch dabei? Flemming: Unsere Mitarbeiter in Einkauf und Logistik spielen eine entscheidende Rolle. Sie nutzen Daten und Transparenz, um innerhalb von Handlungsspielräumen zu entscheiden. Diese Aufgabe gewinnt stetig an Bedeutung, weil viele Problemstellungen und deren Lösungen eine hohe Komplexität aufweisen. Die Kolleginnen und Kollegen müssen unterschiedliche Szenarien simulieren können und in Organisationsstrukturen arbeiten, die schnell entscheidungsfähig sind – etwa durch die kurzfristige Einbindung von Experten. Für Meetings mit hundert Personen ist in Krisenfällen oder bei der Bewältigung von Engpässen keine Zeit. Bosch Global Supplier Award Weltweit arbeiten bei der Robert Bosch GmbH rund 30.000 MitarbeiterInnen in Einkauf und Logistik daran, täglich etwa 225 Fertigungswerke mit Teilen oder Rohstoffen zu versorgen. Die besten seiner weltweiten Zulieferunternehmen zeichnet das Technologie- und Dienstleistungsunternehmen seit 1987 alle zwei Jahre mit einem „Bosch Global Supplier Award“ aus. Seit dem Jahr 2021 wird zusätzlich ein Nachhaltigkeitspreis vergeben, um besondere Beiträge im Bereich der sozialen Unternehmens verantwortung in der Lieferkette zu würdigen. Dabei wurde bei der erstmaligen Vergabe der Fokus auf das Thema Klimaschutz und somit die Reduzierung von CO 2 -Emissionen gelegt. Mit einem Einkaufsvolumen von zuletzt 43 Mrd. Euro nimmt sich Bosch in Verantwortung für seine globale Lieferkette weit über das Werkstor hinaus. „Um in die Vorauswahl zu kommen, mussten unsere Lieferanten neben einer exzellenten Gesamtleistung auch im renommierten Carbon Disclosure Project ein A- oder B-Rating vorweisen können“, erläutert Dr. Arne Flemming die Vergabe. 18 Beschaffung aktuell » 05 | 2022

Wie unterstützt dabei die Digitalisierung in der Supply Chain von Bosch? Flemming: In einer vernetzten Welt ist die Innovationskraft von Einkauf und Logistik ein wesentlicher Motor für die Digitalisierung der Lieferketten – beginnend beim Netzwerkdesign bis hin zu einer besseren Steuerung anhand valider Echtzeit-Informationen für Disponenten. Mit digitalen Logistik - ketten erreichen wir heute schon Kosten- und Flexibilitätsvorteile. Das kann zum Beispiel durch eine bessere Kontrolle und Verknüpfung von Daten aus verschiedenen Funktionen wie etwa Beschaffung und Transport entstehen. Dazu setzen wir auf eine Data- Analytics-Plattform, die den Nutzern unter anderem Echtzeit-Daten für die höchste Transparenz in den Wertschöpfungsketten zur Verfügung stellt. Ein gutes Praxisbeispiel hierzu sind unsere Aktivitäten zur Daten anbindung unserer Transportdienstleister. Mit den Daten der Dienstleister zu Transportvolumen und -status können wir zum einen unsere Transportkosten reduzieren und damit auch den CO 2 -Ausstoß verringern . Und zum anderen senken wir den Aufwand in der Beschaffungsplanung. Welche Rolle spielt KI? Flemming: KI ist für uns ein Katalysator der Digitalisierung. Es ist ein Sammelbegriff für verschiedene Verfahren, um Muster in vorhandenen Datenbeständen zu erkennen, Daten zu klassifizieren oder Vorhersagen zu treffen. Wir nutzen in zunehmendem Maße Machine Learning und Deep Learning. In den Lieferanten-Hotlines beispielsweise kommen Text-to-Speech-Technologie und Spracherkennung zum Einsatz. In den Supply Chains nutzen wir KI für Prädik tion, aber auch im Qualitätswesen oder bei der Extraktion von Daten aus Zeichnungen und Spezifikationen. Wir können hierbei von der eigenen KI-Kompetenz in der Bosch- Gruppe profitieren. Zum Beispiel sammeln wir gerade weitere Erfahrung in der Bild erkennung mit neuronalen Netzen sowie in den Liefer prognosen mittels Trends und Mustern aus vergangenem Bestellvolumen. Wenn Sie zurückschauen und die Erfahrungen mitnehmen: Wie stellen Sie sich vor, wird die Supply Chain von morgen aussehen? Flemming: Die Supply Chain von morgen wird noch nachhaltiger und noch resilienter sein als heute. Die Kernaufgabe ist es, stabile und zugleich agile Lieferketten entlang des gesamten Wertstroms sicherzustellen. Innovative Technologien und vernetzte Warenströme – »Wir setzen auf eine Data-Analytics-Plattform, die Echtzeit-Daten zur Verfügung stellt.« beispielsweise auf Basis von Echtzeitdaten – können dabei helfen. Ich bin überzeugt, dass wir in vielen Unternehmen eine hohe Partner integration sehen werden . In allen Branchen wird eine Integration in die logistischen Prozesse der Kunden über funktionierende Datenschnittstellen erwartet. Ein reines Liefern – sei es als Abnehmer oder Lieferant – reicht dann nicht mehr. Zugleich steigen die Nachhaltigkeitsanforderungen, etwa die Verpackungsreduzierung durch Vermeidung von Kunststoffen und die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft. Wer soll zukünftig die Führung der Supply Chain übernehmen? Ist das eher die Logistik oder der Einkauf? Flemming: Einkauf und Logistik gehen Hand in Hand. Wir sind davon überzeugt, dass die unterschiedlichen Funktionen über spezifische Fähigkeiten und Stärken verfügen. Diese werden im Supply Chain Management bei Bosch so kombiniert, dass im engen Zusammenspiel mit unseren Partnern aus der Fertigung bestmögliche Lösungen für unsere Kunden gestaltet werden. Die Logistik braucht für die Millionen Teile, die tagtäglich bewegt werden, reibungs - lose Abläufe und zuverlässige Lieferanten. Damit deren Qualität zu wettbewerbsfähigen Preisen stimmt, ist ein leistungsfähiger Einkauf erforderlich. Nicht zu vergessen ist, dass wir auch von der Innovationsfähigkeit unserer Lieferanten profitieren, die unser Einkauf dahingehend fördert. (sas) Weltweit müssen sich Unternehmen und ihre Lieferanten frühzeitig auf Veränderungen im Falle andauernder Disruptionen von Lieferketten einstellen. Innovative Technologien und vernetzte Warenströme – beispielsweise auf Basis von Echtzeitdaten – helfen Bosch hierbei. Bild: Bosch Beschaffung aktuell » 05 | 2022 19

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