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Beschaffung aktuell 06.2022

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» MANAGEMENT Wie war

» MANAGEMENT Wie war die Liefersituation in den letzten zwei, ebenfalls nicht einfachen, Pandemie-Jahren? Hochgesand: Die Lieferausfälle und -verwerfungen getrieben durch die Pandemie haben uns vor Augen geführt, dass globale Lieferketten Herausforderungen mit sich bringen und die punktgenaue Lieferung aufgrund von langen Transportmentinnen und Konsumenten im Mittelpunkt stehen. Isabel Hochgesand hat eine klare Vision für den Einkauf bei Beiersdorf. Hochgesand: Wir haben bereits vor der COVID- 19-Pandemie stark in Business Continuity Planning investiert und eine breitere Aufstellung bei der Lieferantenbasis, die Flexibilität in der Formulierung sowie KI-basierte Tools des Risikomanagements der Lieferketten vorangetrieben. Diese Maßnahmen haben uns in den vergangenen zwei Jahren sehr geholfen. Des Weiteren treiben wir Digitalisierung, Transparenz und Datenmanagement weiter voran, um unseren bisherigen Erfolg zu sichern. Inwiefern ist Ihre Lieferkette vom Krieg in der Ukraine und den Sanktionen gegenüber Russland betroffen? Hochgesand: Wir sind trotz der schwierigen Liefersituation und zahlreicher Engpässen in der Lage, unseren Servicelevel im Vergleich zu Wettbewerbern auf einem sehr hohen Niveau zu halten. wegen oder Unterbrechungen in der Lieferkette gestört werden können. Dies hat zu einem Umdenken geführt und einen bereits knappen Markt aus dem Gleichgewicht gebracht. Wir konnten über die vergangenen zwei Jahre hinweg konstant ein sehr gutes Servicelevel halten und haben uns auf die Liefersicherheit für unsere Verbraucherinnen und Verbraucher fokussiert. Dabei haben uns unser gutes Business-Continuity-Plan-Programm sowie die gute Zusammenarbeit mit unseren Schnittstellenfunktionen maßgeblich unterstützt. Bild: Beiersdorf Eine resiliente, nachhaltige Lieferkette braucht eine konsequente End-to-End- Betrachtung. Inwiefern verfolgen Sie diese im Einkauf? Hochgesand: Die End-to-End-Betrachtung habe ich in meiner beruflichen Laufbahn erfahren, gelebt und treibe sie voran. Sie beinhaltet für mich die Prüfung der eigenen Prozesse, aber auch derer mit unseren Kunden und Kundinnen sowie unseren Lieferanten. Wie können wir enger zusammenarbeiten? Wie können wir offener Daten miteinander teilen? Wie können wir die Stärken des anderen besser nutzen? Den Zeiten einer Lieferkette sind wir entwachsen, wir befinden uns in einem Ökosystem, bei dem die Konsu- Menschen, Datenstrukturen, Abläufe, Systeme: Wo setzen Sie den Schwerpunkt in Bezug auf End-to-End? Hochgesand: Bei Beiersdorf spielt Digitalisierung eine sehr große Rolle. Wir haben ein großes Investmentpaket dafür geschnürt, das auch die Umsetzung unserer Ideen für die Digitalisierung unserer Procurement-Prozesse unterstützen soll. Aufseiten unserer Mitarbeitenden begleiten wir das auf allen Ebenen und in allen Altersklassen mit dem Aufbau einer digitalen Denkweise. Wir regen alle dazu an, die Digitalisierung gemeinsam voranzubringen. Unser Ziel ist es, auf diese Weise unsere Kapazitäten auf strategische Inhalte zu verlagern und mehr Wert für das Unternehmen zu schaffen. So bewegen sich heute mehr als 80 Prozent unserer POs durch unsere Systeme, ohne einmal berührt zu werden. Robots and Chatbots erleichtern uns das Leben und eliminieren Prozesse, die keinen Mehrwert liefern. Für Verpackungen kaufen Sie heute statt der Commodity Kunststoff Rezyklate aus Abfällen. Wie gehen Sie mit solchen neuen Beschaffungsmärkten und Lieferketten um? Hochgesand: Wir haben diese Entwicklung früh erkannt und unsere Teams entsprechend neu ausgerichtet. In den Raw & Pack-Einkaufsteams haben wir beispielsweise dedizierte Sustainability Category Manager installiert. Sie befassen sich speziell mit neuen Anforderungen, neuen Märkten und unseren Strategien zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele, die Beiersdorf sich gesetzt hat. Gerne greife ich hier auch noch einmal den Punkt des Ökosystems auf. Wir gehen heute sehr viel tiefer in die Wertschöpfungskette rein – kaufen also Rezyklate selber ein und interessieren uns für den Abfallkreislauf. Wo steht der Beiersdorf-Einkauf 2022 in Sachen nachhaltige Beschaffung? Hochgesand: Im Bereich der nachhaltigen Beschaffung sind wir mit den bereits erwähnten Sustainabiltiy Category Mana- 16 Beschaffung aktuell » 06 | 2022

gern, unserer engen Zusammenarbeit mit dem Corporate Sustainability Team gut aufgestellt. Ergänzt wird dies durch eine Mitarbeiterin in unserem Excellence Team, die das gesamte Thema zusammenhält und die Steuerung der übergreifenden Themen wie CoC (Chain-of-Custody- Zertifikate), SMETA Audits (Supplier Ethical Data Exchange) und das Lieferkettengesetz verantwortet. An der Messung aller relevanten Daten und deren Integration in unsere Systeme arbeiten wir derzeit. Inwiefern verändert die neue Komplexität die Zusammenarbeit mit Ihren Business-Partnern? Hochgesand: Wir scheuen Komplexität nicht. Im Gegenteil, wir sehen in ihr die Chance, uns ständig weiterzuentwickeln. Wir hinterfragen, überprüfen und gestalten bestehende Prozesse neu, um Effizienzen zu generieren. Zudem helfen uns im Bereich Marketing unsere neuen regionalen Business Partner ein höheres Level an Standardisierung in den Ausschreibungsprozessen gegenüber den Märkten durchzusetzen und eine Konsolidierung des Agenturgeschäfts auf der Ebene der Management Unit und der Region voranzutreiben. Neue Lieferkette: Für Verpackungen beschafft der Einkauf Rezyklate und beschäftigt sich mit Abfallthemen. Wie lässt sich der Beitrag des Einkaufs zur Nachhaltigkeit oder an der Innovation eines Unternehmens messen? Haben Sie hierfür die richtigen KPI? Hochgesand: Im vergangenen Jahr haben wir für alle drei Dimensionen unserer »Den Zeiten einer Lieferkette sind wir entwachsen, wir befinden uns in einem Ökosystem, bei dem die Konsumentinnen und Konsumenten im Mittelpunkt stehen.« Beiersdorf Bild: Beiersdorf Vision Messgrößen definiert und Zielkorridore vereinbart. Dazu gehören Sustainability-Messgrößen hinsichtlich des Beiersdorf-Zieles, wie zum Beispiel die Reduzierung von Plastik und CO 2 sowie Themen wie CoC-Abdeckung oder Supplier Audits. Beiersdorf ist ein dezentral aufgestelltes Unternehmen. Inwiefern verträgt sich dies mit einem zentral agierenden Einkauf? Hochgesand: Ein zentraler Einkauf hat viele Vorteile. Wir können besser sicherstellen, dass weltweit einheitliche Prozesse Anwendung finden. Themen wie Compliance und Nachhaltigkeit können inten- Die Beiersdorf AG schloss das Geschäftsjahr 2021 mit 7,6 Mrd. Euro Umsatz und einem Plus von 9,7 Prozent gegenüber Vorjahr ab. Zum Unternehmensbereich Consumer gehören neben der Kernmarke Nivea u.a. die Dermokosmetik-Marke Eucerin und die Premium-Marke La Prairie. Seit 2001 wird der Unternehmensbereich Tesa im Konzern als unabhängiger Teilkonzern geführt. Beiersdorf beschäftigt weltweit 20.567 Menschen (Stand Ende 2021). siver und schneller vorangetrieben werden. Des Weiteren haben wir im Headquarter Expertenteams aufgebaut, die auf Augenhöhe mit unseren internen und externen Business-Partnern agieren. Dies hilft uns dabei, Wissen zu bündeln und Bedürfnisse gegenüber unseren externen Partnern klar zu formulieren. Zentralisierung bedeutet für uns aber nicht, dass lokale Bedürfnisse außer Acht gelassen werden oder keine Kommunikation stattfindet. Unsere lokalen Einkaufsleiter innnen und Einkaufsleiter sind Business Partner für das lokale Management und auch in großen Ausschreibungen, wie Media oder Seefracht, werden am Anfang lokale Bedürfnisse abgefragt. Welche Ziele in Bezug auf Diversität verfolgen Sie? Hochgesand: Entsprechend unserer im Jahr 2021 verkündeten „Beiersdorf Gender Parity Ambition“ streben wir bis 2025 eine geschlechterparitätische Besetzung von Führungspositionen unterhalb des Vorstands im Verhältnis 50:50 an. Im Einkauf sind bereits 50 Prozent der Mitarbeitenden in Führungspositionen weiblich und im gesamten Einkauf liegt der Frauenanteil bei 60 Prozent. Wir fördern und fordern Gleichberechtigung, Chancengleichheit und Inklusion – unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer oder sozialer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung oder Identität. Im Jahr 2012 haben wir die Charta der Vielfalt unterzeichnet, um sicherzustellen, dass Vielfalt in der deutschen Arbeitskultur anerkannt, wertgeschätzt und einbezogen wird. Auf Initiative unserer eigenen Mitarbeitenden haben wir interne Communities gegründet, die sich für LGTBIQ+ (lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, intersexuell, queer und mehr), die Gleichberechtigung von Frauen am Arbeitsplatz, die Integration neuer internationaler Kollegen und Kolleginnen und die Interessen älterer Kolleginnen und Kollegen einsetzen. Die Fragen stellte Annette Mühlberger, Journalistin. Beschaffung aktuell » 06 | 2022 17

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