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Centurion Germany Spring 2022

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Art & Design NEUIGKEITEN

Art & Design NEUIGKEITEN AUS DER WELT VON KUNST UND KULTUR B R Ü C K E N B A U E N C O M E B A C K M I T M I S S I O N Cecilia Alemani, Direktorin der Kunstbiennale von Venedig, sprach mit Lee Marshall über die diesjährige Edition, bei der 90 Prozent der Werke von weiblichen Kunstschaffenden stammen. Oben: Installation Inner Earth (2018) in der Röda Sten Konsthall in Götheborg von der Kolumbianerin Delcy Morelos A m Tag nachdem sie der Presse die Kunstbiennale von Venedig vorgestellt hat, ist Cecilia Alemani gut gelaunt. Es ist ein kalter, aber schöner Morgen in der noch immer beinahe besucherfreien Lagunenstadt. Ihre Augen leuchten kindlich aufgeregt, als sie sich an den Moment erinnert, an dem sie im Januar 2020 einen Anruf des ehemaligen Biennale-Präsidenten Paolo Baratta erhielt. Er teilte ihr mit, dass sie als Direktorin der neuesten Ausgabe des weltweit einflussreichsten Events für zeitgenössische Kunst berufen worden sei. FOTO HENDRIK ZEITLER

FOTOS IM UHRZEIGERSINN VON LINKS OBEN: ANDREA AVEZZU; © SIMONE LEIGH, COURTESY THE ARTIST UND MATTHEW MARKS GALLERY, FOTO VON SHANIQWA JARVIS; UGO CARMENI Oben, von links: Cecilia Alemani, Kuratorin der Biennale; Simone Leigh bei der Arbeit; die finnische Künstlerin Pilvi Takala (rechts) mit Kuratorin Christina Li „Ich war überglücklich, aber mir war auch die große Verantwortung bewusst, die mir als erster Italienerin für diese Aufgabe zufällt“, erzählt sie mir. Traditionell reisen Biennale-Direktoren viel umher auf der Suche nach Kunstschaffenden und Inspirationen für die zentrale Ausstellung der Veranstaltung. Diese findet zum Teil in Venedigs alten Arsenale-Werften statt und wird in diesem Jahr von 80 nationalen Beiträgen begleitet, die sich auf separate Pavillons in den Giardini und im Arsenale sowie auf angemietete Räume in anderen Teilen der Stadt verteilen. Doch Alemani hatte noch nicht einmal die Hälfte ihrer ersten europäischen Scouting-Reise absolviert, als Anfang März 2020 die Welt zum Erliegen kam und sie nach New York zurückkehren musste, wo sie seit 2011 als Chefkuratorin des öffentlichen Kunstprojekts High Line lebt und arbeitet. Während sich ihre Reisemöglichkeiten immer mehr einschränkten, verlängerte sich Alemanis Vorbereitungszeit. Aufgrund der Pandemie verschob man die Kunstbiennale, die zuletzt 2019 stattgefunden hatte, um ein Jahr. Als Ergebnis, erzählt sie lächelnd, „glaube ich, dass viele Leute einfach vergessen haben, dass ich eine Ausstellung vorbereite“. Nur einer der Faktoren, die es ihr ermöglichten, ausgefallenere Pfade einzuschlagen als viele frühere Biennale- Kuratoren. „Natürlich habe ich alle Galerien besucht“, erklärt sie, doch gleichzeitig habe sie „nicht den berüchtigten Druck verspürt“, diese oder jene viel diskutierten Kunstschaffenden aufzunehmen. Stattdessen gab sich die 45-jährige Kuratorin Mühe, „nicht an den üblichen Orten nach Künstlern zu suchen“ und stattdessen „Persönlichkeiten einzubeziehen, die sich zwar in der Kunstwelt herumtreiben, aber gar nicht als Künstler im eigentlichen Sinne wahrgenommen werden“. Viele von diesen sind Frauen. Alemani weist auf die Tatsache hin, dass in den ersten hundert Jahren der erstmals 1885 stattgefundenen Veranstaltung „weniger als zehn Prozent der ausgewählten Künstler weiblich waren. Das spiegelt die Präsenz von Frauen in der Kunstwelt absolut nicht wider, geschweige denn in der Welt insgesamt“. Deshalb drehte sie diesmal den Spieß um und präsentiert nun eine Liste von 213 Künstlern, auf der nur 21 Männer stehen. Die Direktoren der Kunstbiennale dürfen „ihrer“ Edition traditionell einen Namen geben. Alemani hat sich in Anlehnung an einen Buchtitel der britischen Surrealistin Leonora Carrington für The Milk of › CENTURION-MAGAZINE.COM 43

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