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Centurion Germany Winter 2023

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|Reſlections| Dr. Tim

|Reſlections| Dr. Tim Spector, OBE Spector ist Professor für Epidemiologie am King‘s College London und untersucht den Zusammenhang zwischen Ernährung und Darmgesundheit – einschließlich der psychischen Gesundheit. „Wir verstehen jetzt besser, wie Nahrung, Stimmung und Mikroben zusammenhängen“, schreibt er in seinem Bestseller Spoon Fed (2020). „Alles deutet darauf hin, dass eine Ernährung mit vielen bunten Pflanzen, Nüssen und Hülsenfrüchten sowie probiotikareichen, fermentierten Lebensmitteln die psychische Gesundheit verbessern kann.“ tung mit einem möglichen Anstieg der Anzahl der Menschen, die sogar 110 Jahre oder älter werden, in ungeahnte Dimensionen vorzustoßen im Begriff ist. Allerdings werden auch schätzungsweise ca. zwei Drittel der rund acht Milliarden Menschen auf der Erde vorzeitig an vermeidbaren Krankheiten sterben. Nach Ansicht von Dan Buettner (National Geographic), Bestsellerautor und Produzent der Netflix-Serie Live to 100 geht es nicht in erster Linie darum, den Tod zu vermeiden – viel wichtiger sei es zu lernen, das Leben zu leben. In seinem neuesten Buch The Blue Zones Secrets for Living Longer trifft Buettner Menschen biblischen Alters in den fünf „Blauen Zonen“ – Regionen mit weit überdurchschnittlich hoher Lebenserwartung: Sardinien (Italien), Ikaria (Griechenland), Okinawa (Japan), Loma Linda (Kalifornien) und die Nicoya-Halbinsel in Costa Rica. Dort versucht er, ein besseres Verständnis der Nahrungsmittel, sozialen Strukturen und Lebensführung zu gewinnen, die in Kombination den Booster für zehn zusätzliche Jahre gesunden Lebens zünden. Buettner legt dar, dass den Menschen in den Blauen Zonen nicht etwa außergewöhnliche Gene oder Willenskraft gegeben sind, sondern dass sie Kraft und Energie daraus schöpfen, „über einen ausreichend langen Zeitraum hinweg aus dem Zusammenspiel bestimmter Faktoren heraus die richtigen Dinge zu tun und falsche zu vermeiden“. Er resümiert: „Wirklich überall in diesen Regionen begegnet man Menschen voller Lebenskraft, die ein aktives, glückliches Leben führen. Auch sie kennen Alltagsstress. Doch sie haben eine Aufgabe und bringen sich jeden Tag mit ihren Stärken und ihrem Potenzial ein. Das hält sie geistig wach, um bei guter Gesundheit ein Alter von 95 Jahren zu erreichen.“ Dr. Bruno Ribeiro glaubt, dass wir viel von diesen Blauen Zonen lernen können. Als Leiter der Abteilung Kognitive Entwicklung und Zerebrale Stimulation in der topmodernen SHA-Wellnessklinik bei Alicante in Spanien, hat er Gesundheit und Tätigkeit von unzähligen Gehirnen untersucht und Gäste dabei unterstützt, ihren Gesundheitszustand und ihre neurologische Leistungsfähigkeit zu verbessern. Eine makrobiotische und saisonale Vollwerternährung mit Verzicht auf verarbeitete Lebensmittel bilden den Kern der Philosophie des SHA. Bis zu 40 Prozent der Gäste FOTO THE VOORHES / GALLERY STOCK; ILLUSTRATIONEN JÖRN KASPUHL 58 CENTURION-MAGAZINE.COM

klagen laut Dr. Ribeiro immer wieder über ein Ungleichgewicht der Darmflora oder Dysbiose, was oft auf den Verzehr hochverarbeiteter Speisen mit ungesunden Fetten sowie Konservierungs- und Farbstoffen zurückzuführen ist, welche Oxidationsprozesse und Entzündungen auslösen und die Balance des Darmgleichgewichts stören können. Er erklärt: „Die Ernährung in der westlichen Welt hat sich von pflanzlich basierter Ernährung hin zu immer stärker verarbeiteten Lebensmitteln, billigen Pflanzenölen und Zucker in allen erdenklichen Verkleidungen entwickelt. Die Folge? Zu viele Lebensmittel und zu wenig Nährstoffe.“ Das Mikrobiom des Darms und das Gehirn sind untrennbar gekoppelt, da bis zu 90 Prozent des Serotonins (der für Stimmung, Wahrnehmung und Belohnungssystem mitverantwortliche Neurotransmitter) im Darm produziert werden – da liegt es auf der Hand, dass unsere Ernährung unmittelbare Auswirkung darauf hat, wie wir uns fühlen. „Im SHA experimentieren wir laufend mit gesunden Rezepten, die reich an Antioxidantien sind. Wir verarbeiten verschiedene Nüsse, Samen sowie Pflanzen etc. und ergänzen das mit fermentiertem Sauerkraut und Algen (die erwiesenermaßen Quecksilber und Schwermetalle aus der Leber ausleiten),“ führt Dr. Ribeiro aus. Die Optimierung des Mikrobioms steht auch im Zentrum der Arbeit von Tim Spector. Nach Ansicht des Professors für Epidemiologie am King’s College in London laufen allgemeine Ratschläge an die Gesamtbevölkerung ins Leere, da weniger als ein Prozent der Erwachsenen in Großbritannien sich an Empfehlungen der Regierung hält. Als wichtigsten Rat für einen gesunden Darm leitet er aus in Großbritannien und den USA durchgeführten Projekten (British bzw. American Gut Project) ab, 30 verschiedene Pflanzen pro Woche zu verzehren: „Das ist der ideale Weg zur maximalen Vielfalt von Darmmikroben für eine optimale Gesundheit.“ In einer Welt, in der die Menschen sich wesentliche Nährstoffe selbst vorenthalten, klingt seine positive Ernährungsbotschaft einladend: „Anstatt unsere Ernährungsgewohnheiten auf den Kopf zu stellen, können wir einfach noch etwas zusätzlich auf unsere Teller legen, um ein gesünderes Darmmikrobiom und damit unsere Gesundheit zu fördern.“ Die gebürtige Neuseeländerin Analiese Gregory gilt als eine der faszinierendsten Küchenchefinnen ihrer Generation und hat die Michelin-Sterne von Paris gegen eine 100 Jahre alte Farm im tasmanischen Huon Valley, etwa 35 Autominuten von Hobart entfernt, eingetauscht. Hier, auf dieser schroffen und oft wilden Insel, fand sie einen neuen Lebensrhythmus – sie angelt, sammelt, jagt, zelebriert die Natur und das Slow-Food-Leben. „Die Verschwendung von Lebensmitteln hat mich lange belastet. Ich wollte mir die Hände schmutzig machen, um zu begreifen, wo die Dinge, die wir essen, herkommen“, so Gregory. Nachdem sie auf die harte Tour lernen musste, dass sie nicht alles selbst machen konnte, beschränkt sie sich auf das, was sie gut kann: „Ich halte Hühner, Schweine und Bienen. Und Ziegen, die aber eher zum Spaß.“ Nachdem sie über hawaiianische Seegärten zur Bewahrung heimischer Pflanzenarten gelesen hatte, legte sie ihren eigenen an, trocknet und konserviert regionale Algen wie Wakame und nutzt sie in ihrer Küche als wichtigste Zutat für die Geschmacksqualität Umami. „Unterm Strich ziehe ich einfach los und sammle“, meint sie mit einem Lächeln. Es ist diese mit Tatkraft und Kreativität einhergehende Freiheit, die nachzuahmen viele zu ihrer Mission gemacht haben. Zurück in New York stellt Humm klar: „Es geht nicht um Anti-Fleisch, sondern um Pro-Planet. Unsere Kochphilosophie sollte einen Weg in die Zukunft ebnen. So viel von dem, was wir essen, ist Teil unserer Identität – und ich wünsche mir, dass die Menschen sich öffnen und den Anstoß für eine bessere Zukunft geben.“ Viele führende Restaurants folgen dem, indem sie ihre Philosophie mit viel Einfallsreichtum neu erzählen – anstatt saisonales Gemüse zu tierischen Proteinen zu servieren, wird die Saison selbst zum Hauptereignis. Dr. Bruno Ribeiro Der Leiter der Abteilung für kognitive Entwicklung und Hirnstimulation der SHA Wellness Clinic ist der Meinung, dass die in fettem Fisch enthaltenen Omega- 3-Fettsäuren für die Gesundheit des Gehirns entscheidend sind. „Wenn Sie kein Fischliebhaber sind“, empfiehlt er, „wählen Sie pflanzliche Omega-3-Quellen wie Leinsamen, Avocados und Walnüsse. Und vergessen Sie die Beeren nicht.“ So viel von dem, was wir essen, ist Teil unserer Identität – und ich wünsche mir, dass die Menschen sich öffnen und den Anstoß für eine bessere Zukunft geben. – Daniel Humm

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