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Compendium Volume 9 German

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HÖHEN- TRAINING Von Bordeaux bis Otago begegnen Weinbauern dem globalen Temperaturanstieg mit kreativen Lösungen: von alternativen, besser an die sich wandelnden Wetterverhältnisse angepassten Rebsorten bis hin zu nachhaltigen Landwirtschaftstechniken. Natürlich ohne Kompromisse beim Geschmack einzugehen. Jeffrey T. Iverson über eine Branche im Wandel. ILLUSTRATION OLEG BORODIN 56

Ungefähr 6.000 einheimische Traubensorten sind katalogisiert, wobei die 33 häufigsten die Hälfte der globalen Weinanbauflächen einnehmen. Da gibt es noch einige Sorten zu erforschen. – Michelle Bouffard, Gründerin der Tasting Climate Change Conference Der Alltag eines Winzers folgt dem Rhythmus natürlicher Zyklen. Diese sind jedoch im Lauf von nur einer Generation durch die Beschleunigung des globalen Temperaturanstiegs (das Tempo der Erwärmung hat sich seit 1981 mehr als verdoppelt) aus dem Takt geraten. Weinbauern in aller Welt müssen umdenken und sich auf Reben einstellen, die ihre Entwicklungsstadien um Wochen früher durchlaufen als noch zu Zeiten ihrer Elterngeneration. „Der Klimawandel erschwert den Weinbau nicht nur, er macht ihn auch riskanter“, weiß Lorenzo Pasquini, Estate Manager beim renommierten Sauternes-Produzenten Château d’Yquem. „Wir haben es vermehrt mit Dürreperioden, aber auch häufigerem Extremregen zu tun, mit erhöhtem Risiko von Hagel, Frost und Mehltaubefall. Es ist nicht nur die globale Erwärmung, vielmehr spielt das Klima verrückt.“ Doch Aufgeben ist für die Winzer keine Option. „Die Weinproduzenten lassen sich nicht unterkriegen und haben eine Menge Lösungen gefunden“, erklärt Michelle Bouffard, Sommelière und Gründerin der alle zwei Jahre abgehaltenen Tasting Climate Change Conference. „Die Weinbranche kann eine Führungsrolle einnehmen und anderen landwirtschaftlichen Bereichen vorleben, was getan werden kann.“ Die veränderten Weinanbauzyklen bringen vorzeitige Knospung, ein Vorrücken der Erntezeit in den Hochsommer und Weine mit hohem Alkoholgehalt und stark verminderter Säure mit sich. Die Reaktion der Winzer? Sie zögern den Rebschnitt etwas hinaus, damit die Reben erst nach der Frostperiode knospen. Sie lassen die Blätter so wachsen, dass sie die Trauben vor der Sonne schützen oder verschieben die Lese in die kühleren Nachtstunden, um eine Oxidation der Früchte zu verhindern. In der Champagne ernten manche Weinbauern ihren Pinot Noir möglichst früh, um die Säure für einen Schaumwein zu bewahren – oder sie lassen die Trauben für einen stillen Rotwein voll ausreifen. Dennoch drängt sich vielerorts die Frage auf, ob es nicht an der Zeit wäre, die in früheren und kühleren Jahrhunderten aufgrund ihrer kurzen Reifezeiten gewählten klassischen Rebsorten auszutauschen. „Ungefähr 6.000 einheimische Traubensorten sind katalogisiert, wobei die 33 häufigsten die Hälfte der globalen Weinanbauflächen einnehmen“, so Bouffard. „Da gibt es noch einige Sorten zu erforschen.“ In der australischen Weinregion Beechworth bauen innovative Produzenten wie Traviarti die spät reifende italienische Nebbiolo-Traube an und in Bordeaux wurden 2021 sechs neue Rebsorten anerkannt, die den Produzenten die Anpassung an den Klimawandel erleichtern sollen, darunter die portugiesische Portwein- Traube Touriga Nacional. Der Spanier Miguel Torres von der Bodega Torres wurde 2023 vom Time Magazine für sein System, das bei der Weinfermentation entstehende CO2 zu binden, in die Liste der 100 einflussreichsten Klima-Pioniere aufgenommen. Der letzte Torres-Release, Pirene 2020, ist ein Wein von bemerkenswerter Eleganz aus einer dürreresistenten Traube aus Katalonien. Seine Frische verdankt er auch der besonderen Anbaulage – 950 Meter über dem Meer in den Pyrenäen. Eingebettet in die Zederberge, auf 1.036 Meter Höhe, liegt die Cederberg Winery, das höchstgelegene Weingut in Südafrika. Eigentümer David Nieuwoudt nennt den Standort ein „weinbauerisches Eden“ – frei von Krankheiten, mit großer Bodenvielfalt, angenehmen Tages- und kühlen Nachttemperaturen. Es sind Bedingungen, die seinem Shiraz eine lange Reifezeit ermöglichen. Am Ätna auf Sizilien produziert eine neue 57

CENTURION