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Bayreuth Aktuell Juni 2019

PiontEck 4 Brennt

PiontEck 4 Brennt Bayreuth? „Paris brûle-t-il?“ Brennt Paris? Die Greisinnen und Greise unter den Leserinnen und Lesern werden sich vielleicht noch erinnern: So hieß ein Film im Jahre 1966, ausgestattet mit einer wahrhaft edlen Besetzung – von Jean- Paul Belmondo über Leslie Caron und Orson Welles zu Kirk Douglas -, in dem die Ereignisse um die Befreiung der französischen Hauptstadt von der Nazipest erzählt wurden. Paris brannte nun tatsächlich, man hat es schon am Abend gesehen, als das Herz der Stadt vom Flammenschwert irgendeines schwachsinnigen Gottes getroffen wurde: Notre Dame, ein Welterbe, notabene. Dr. Frank Piontek Nicht auszudenken, wenn auch unser Welterbe… also das Festspielhaus…. Im Ernst: Wir denken gar nicht einmal an die Horrorvorstellung, dass das Opernhaus einmal zum Opfer der Flammen werden könnte. Gerade erst hat es seine Vitalität unter Beweis gestellt, als es während der Residenztage von den Massen gestürmt wurde, denen – zum wiederholten Mal seit der Eröffnung – die garantiert unbekanntesten Ecken des Monuments in Sonderführungen gezeigt wurden. Was sonst noch war im allzu heißen April: das erfuhr man aus der Zeitung. Abgesehen davon, dass inzwischen der Kulturreferent sein Büro im Rathaus bezogen hat, von wo aus er sich vermutlich und hoffentlich oft durch die Stadt begeben wird, konnte ein anderes, dem Welterbe gegenüberliegendes Institut nach einem Jahr wieder seine Pforten öffnen. Die Schlosskirche strahlt nach der Renovierung, Erneuerung und lokalen Übermalung wieder wie im Glanz des 18. Jahrhunderts. Wer genauer hinschaut, wird an den, pardon: brandneuen Deckengemälden einige Elemente entdecken, die zwischen Damals und Heute amüsant vermitteln. Um ehrlich zu sein: so viel Humor hätte ich – aber lassen wir das. Gibt ja sonst wenig zu lachen: Wo immer noch um den Trägerverein des „Zentrums“ gezankt wird, freut man sich wenigstens darüber, dass ein hiesiger Kindersitzhersteller eine neue Crashtestanlage einweihen konnte; s'wär schön, wenn es auch Crashtests für mittelalterliche Kirchen und barocke Opernhäuser geben würde. Wer sich danach die knapp drei Stunden dauernde Matthäuspassion in der Stadtkirche, also unserer einstigen Notre Dame zumutete, durfte in den Bankreihen wieder zwanglos-zwangreich erfahren, wieso am Karfreitag das Kreuz im Mittelpunkt steht. Aber vielleicht dachte sich ja der Veranstalter: „Die Stärkung des Rückens ist mir ein wichtiges Anliegen.“ Steht ja auch so in der Gazette – uups, verlesen. „Die Stärkung der Region ist mir ein wichtiges Anliegen“, so hieß es aus der politischen Ecke, als die Förderung für ein der ländlichen Kultur zuträglich sein sollendes „Fichtel-Lab“ verkündet wurde. Auch das Fichtelgebirge darf nicht sterben. Apropos: Für viele Wagnerianer und Wagnerverbände war Unsere liebe Frau nicht Maria, sondern Verena, wie sie kurz und liebevoll genannt wurde. Kurz vor ihrem 100. segnete die letzte Wagner-Enkelin das Zeitliche. Und wann starb sie? Am Karfreitag! „Honi soit qui mal y pense“, wie der Volksmund sagt. Dafür geht es auf einer prominenten Bayreuther Baustelle nicht in die Grube – oder doch nicht nur -, sondern aufwärts, auch wenn man selbst nach den letzten öffentlichen Führungen noch nicht weiß, ob die Stadthalle, pardon: das Friedrichs-Forum, Anfang oder Ende 2021 wiedereröffnet werden wird (bitte Anfang oder Ende 2021 noch mal beim Stadtbauamt nachhaken). Wer jedoch schon vor Zweitausendirgendwann kulturell befreudet werden will, hat dazu demnächst folgende Gelegenheiten: er und sie können, auch wenn man/frau dabei nicht permanent Händchen halten muss, ab Mitte Juni in der Eremitage sitzen, um im Römischen Theater wieder oder zum ersten Mal, liebe Studentinnen und Studenten, gutes klassisches und doch springlebendiges Theater zu erleben. Er/Sie kann nach Nürnberg und zurück fahren, um dort und hier (!) die Internationalen Gluckfestspiele zu besuchen. Im Iwalewa-Haus wird am 4. Juli eine „Aktion“ mit dem lustigen Titel „ArtDrops“ angeboten: wobei er/sie selbst zum aktiven Part dieses Abends wird – bevor es in den wohlverdienten Biergarten geht, in dem der Weizenbock oder das Helle die Sinne soweit erfrischen und beruhigen werden, dass der Besuch der drei wunderbaren und wichtigen Genussmuseen in Kulmbach, am 12. Juli mit dem Frankenbund, die nächste kulinaristische Option sein könnte. Schließlich hat man/frau dann schon die Moscheeführung hinter sich gebracht, die der Kirchplatz-Treff für den 27. Juni aufs Programm gesetzt hat. Iwalewa-Haus Brennt Bayreuth? Nicht nur grillwurstmäßig, auch kulturell gibt es in den nächsten Wochen hier durchaus einige „hotspots“: wofür keine Kathedrale in Flammen aufgehen muss. Der Kolumnist Dr. Frank Piontek

Highlights im Juni 2019 Kirchenkunst und Akkordeonmusik Unter der fachkundigen Führung von Pfarrer Hans Peetz, Vorsitzender des Markgrafenkirche-Vereins, werden drei der schönsten Markgrafenkirchen in der Region besucht. Man kann mit dem Busshuttle fahren oder eine Radtour machen. Für das musikalische Erlebnis in den Kirchen sorgt einer der besten Bajanakkordeon-Spieler der Welt, Alexandr Hrustevich. Er gastiert in den bekanntesten Konzertstätten der Welt und präsentiert ein Programm mit Werken von Barockmusik bis Tango. Die erste Station ist St. Michael am Gurtstein in Weidenberg, charakterisiert von einem kunstvollen Deckengemälde des Bayreuther Hofmalers Johann Franz Gout und einem prächtig verzierten Orgelprospekt. Kostbare Kulturgüter gibt es auch in der Kirche St. Walburga in Benk. Den Endpunkt bildet der Besuch der Markgrafenkirche St. Gallus in Lanzendorf. 01. Juni / 14:30 bis 18 Uhr / Bushaltestelle Wilhelminenstraße Zum Geburtstag von Siegfried Wagner Siegfried Wagner wurde am 6. Juni vor 150 Jahren geboren. Die Bad Reichenhaller Philharmoniker, die 2019 ebenfalls im 150. Jahr bestehen, gastieren am Vorabend dieses Tages mit einem Geburtstagskonzert bei der Musica. Warum ein Gratulant aus Bad Reichenhall? Richard Wagner besuchte einst Cosima von Bülow, die sich zur Erholung in Bad Reichenhall aufhielt. Was als Anstandsbesuch bei der Tochter Franz Liszts geplant war, endete damit, dass sich Wagner in Cosima verliebte. Und: Bad Reichenhall hatte Wagner angeboten, sein geplantes Festspielhaus in dem Kurort zu errichten. Bei dem Konzert erklingen Werke von Vater und Sohn. Der Regisseur und Schauspieler Claus J. Frankl führt unterhaltsam moderierend durchs Programm. 05. Juni / 19:30 Uhr / Markgräfliches Opernhaus Mit der Orgel durch die Opernwelt Instrumente, der Orgel. Eröffnet wird das Konzert durch eine Suite aus der Oper „Alcina“ von Händel. Beim Hören der dramatischen Anfangsakkorde des „Prélude religieux“ aus Rossinis „Petite Messe solenelle“ fühlt man sich an eine Opern-Ouvertüre erinnert. Schostakowitsch fügte seiner blutrünstigen Oper „Katerina Ismailowa“ eine berühmt gewordene Orgelpassacaglia bei. Eine Bayreuther Färbung bekommt der Abend mit Richard Wagner und Franz Liszt. Letzterer legte seiner infernalischen Fantasie und Fuge über einen Choral ein Thema aus Meyerbeers Oper „Le prophète“ zu Grunde. Aus Wagners „Tannhäuser“ ertönt das „Lied an den Abendstern“. Organist Tobias Skuban blickt auf eine umfangreiche, internationale Konzerttätigkeit als Organist, Duopartner, Ensemble-Spieler und Korrepetitor. 23. Juni / 18 Uhr / Stadtkirche Barockoper historisch inszeniert Eine Opernrarität vom „Musenhof“ der preußischen Königin Sophie Charlotte steht im Zentrum dieses Musiktheaterabends, der mit der geballten Schöpferkraft dreier Meisterkomponisten prunkt. 1702 erlebte Bononcinis „Polifemo“ seine Uraufführung. Ein einäugiger Riese, eine eifersüchtige Zauberin und die Göttin der Liebe sorgen für wundersame Verwandlungen in der Geschichte nach Ovids „Metamorphosen“. Musik des jungen Händel und eine Serenata Alessandro Scarlattis bilden den Prolog. Inszeniert wird das Gemeinschaftswerk stilecht barock von Margit Legler, einer Expertin für historische Theateraufführungspraxis. In der Produktion der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci spielt das „Ensemble 1700“ unter der Musikalischen Leitung von Dorothee Oberlinger, in der Ausstattung von Johannes Ritter. 26. und 27. Juni / 19:30 Uhr / Markgräfliches Opernhaus Eine Frau zwischen Liebe und Hass Die Oper „Medea“ von Luigi Cherubini erzählt von einer Frau zwischen Liebe und mörderischem Hass. Medea, die sich für die Liebe zu ihrem Partner Jason aufopfert, mit magischen Kräften begnadet ist, wird zur mordenden Rächerin einer enttäuschten Liebe und stürzt ihr Umfeld ins Verderben. In den unterschiedlichsten Bearbeitungen fesselt diese Geschichte einer monströsen Verwandlung die Menschen schon seit 431 vor Christus, 1797 brachte Cherubini den Stoff auf die Opernbühne. Eine rastlose, packende Musik, die die Handlung genial ausdeutet, ergänzt diese „Medea“ zu einem intensiven Erlebnis. Für höchsten Kunstgenuss sorgt an diesem Abend das renommierte Tyl-Theater Pilsen. Nach Monteverdis „L’Orfeo“ im Jahr 2018 darf die Musica das Opernensemble aus dem Nachbarland Tschechien zum zweiten Mal in Bayreuth begrüßen. 11. und 12. Juni / 19:30 Uhr / Markgräfliches Opernhaus Mozart und Breakdance Der quirlige Opernspaß „Zauberflöte Reloaded“ mit Hip-Hop-Beats und Breakdance ist äußerst beliebt – und deshalb auch schon ausverkauft. Bleibt nur die Hoffnung auf eine Karte, die zurückgegeben wird. 07. und 08. Juni / 19:30 Uhr / Markgräfliches Opernhauses 5

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