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KEM Konstruktion 04.2021

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Trends: Digitalisierung; Messe: Hannover Messe Digital; KEM Porträt: Klaus Brinkmann, Head of Engineering, SMC Deutschland GmbH; Titelstory: Low-Cost-Lagereinsätze aus Kunststoff

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Bild: duncanandison/stock.adobe.com Das DPMA legt Patente erst nach 18 Monaten offen – das kann angesichts Digitalisierung, Automation und Robotik in innova - tionsgetriebenen Branchen zu lang sein. Alternativ lohnt deswegen der Blick auf eine No-Patent Strategy nachdem wie viele neue Entwicklungen patentiert und über welchen Zeitraum hinweg diese aufrechterhalten werden sollen. Gegebenenfalls kommen Kosten für das Hinzuziehen eines Patentanwalts hinzu. Von den Kosten abgesehen, besteht bis zum Verfahrensschluss Ungewissheit darüber, ob das Schutzrecht vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) überhaupt erteilt wird. Zudem kann eine Patentanmeldung sehr lange dauern, legt das DPMA das Patent doch erst nach 18 Monaten offen. Erhalten Unternehmen das gewünschte Patent, bleibt schließlich zu berücksichtigen, dass das Verbietungsrecht für das neue Produkt oder Verfahren zeitlich und räumlich begrenzt ist. All diese Kritikpunkte sind hinreichend, dass Unternehmen auch andere Optionen in Betracht ziehen, um ihr geistiges Eigentum auch ohne Immaterial - güterrechte zu sichern. Einen alternativen Ansatz bietet die No-Patent Strategy. Wann eignet sich eine No-Patent Strategy als Alternative? Für bestimmte Unternehmen kann es durchaus sinnvoll sein, von einer Patentierung abzusehen und sich einer No-Patent Strategy zu widmen. Das gilt etwa für innovationsarme Branchen, in denen es lediglich Neuentwicklungen im Detail gibt. In anderen Bereichen sind die Entwicklungen derart spezifisch, dass sie nur für einen ausgewählten Kundenkreis interessant sind. In innovationsgetriebenen Branchen wie dem Maschinenbau, in denen beispielsweise Arbeitsprozesse durch Digitalisierung, Automation und Robotik immer wieder aufs Neue optimiert werden, können Neuentwicklungen bereits in ein bis zwei Jahren hin- fällig sein. Hier steht die lange Patentprüfung diametral dem vergleichsweise kurzen Produktzyklus von unter zwei Jahren gegenüber und eine No-Patent Strategy kann eine sinnvolle Alternative sein. Das ist für eine Strategie ohne Patentierung zu berücksichtigen Eine No-Patent Strategy bedeutet allerdings nicht, dass einfach auf eine Patentierung verzichtet und auf die vermeintliche Lösung der Geheimhaltung gesetzt wird. Die neue Entwicklung bis zum Markteintritt geheim zu halten, birgt zahlreiche Risiken. Nicht nur, dass die Konkurrenz störende Patente einreichen kann, die die Nutzung der eigenen Erfindung behindern. Es besteht zudem die Gefahr, dass Mitarbeiter von der Konkurrenz abgeworben werden und ihr Wissen teilen. Im schlimmsten Fall kann der Wettbewerber so eine Kopie erstellen und die eigene Erfindung verbieten lassen. No-Patent Strategy richtig umsetzen • Know-how schützen: Es ist deshalb ratsam, die Vorgehensweise bei einer No-Patent Strategy genauestens zu planen, wobei Geheimhaltung tatsächlich ein wichtiger Bestandteil ist. Dafür ist es unerlässlich, Geheimhaltungsverträge zu vereinbaren, sogenannte Non-disclosure Agreements, die das wertvolle Know-how gegenüber Geschäftspartnern und Kunden absichern. Das gilt ebenfalls für die unternehmensinternen Strukturen. Das Implementieren eines entsprechenden Regelwerks in die Unternehmenskultur gewährleistet, dass Mitarbeiter oder Lieferanten keine sensiblen Informationen nach außen tragen. 16 KEM Konstruktion » 04|2021

Produktentwicklung « METHODEN & TOOLS • Offenlegung von Teilaspekten: Im Rahmen einer No-Patent Strategy können Unternehmen über die Geheimhaltung hinaus auch dafür sorgen, dass niemand anderes ein Patent für die eigene technische Neuerung anmeldet. Dies ist durch das gezielte Offenlegen der Erfindung und einzelner Teilaspekte möglich. Mit dieser sogenannten defensiven Veröffent - lichungsstrategie gehen Unternehmen gezielt gegen Drittpatente vor. Auf Plattformen für Defensivpublikationen, wie Protegas, machen sie ihre Erfindungen bekannt. Mit der Veröffent - lichung gehört die Erfindung offiziell zum Stand der Technik, so dass sie kein anderer Markt - teilnehmer patentieren kann. • Dokumentation und Recherche: Im Zuge dessen ist es wichtig, dass alle Tätigkeiten und Handlungen im Rahmen der Neuentwicklungen sauber dokumentiert werden, um im Falle potenzieller Rechtsstreitigkeiten gewappnet zu sein. Dazu gehört ebenfalls, die Entwicklungen und Patentaktivitäten der Konkurrenzunternehmen und Mitbewerber zu überwachen, um auf dem aktuellen Stand der Benchmark zu bleiben. Fazit Es ist durchaus möglich, dass Unternehmen eine No- Patent Strategy als alternative Option zur Patentanmeldung nutzen, um ihre Erfindungen und Entwicklungen vor der Konkurrenz zu schützen. Voraussetzung ist, dass diese genau und sehr bewusst geplant wird. Der reine Verzicht auf eine Patentierung ist dabei ebenso wenig zielführend wie die Herangehensweise, für jede noch so detaillierte Neuerung ein eigenes Patent anzumelden. In beiden Fällen birgt eine fehlende Strategie die Gefahr, dass hohe Kosten entstehen und der Unternehmenswert sinkt. Patente müssen bei einer No-Patent Strategy nicht vollkommen ausgeschlossen werden. Es ist je nach Fall abzuschätzen, wann ein Unternehmen von Patentanmeldungen profitiert und wann ein Verzicht auf Patente vielleicht die bessere Lösung ist. (co) www.kellerschneider.com/de Zum Autor Dr. Hannes Spillmann ist Patentanwalt bei der Keller Schneider Patent- und Markenanwälte AG, Diplomchemiker und Experte für Experimentalphysik und Nanowissenschaften. Aus seiner Tätigkeit in der Forschung und der Industrie kennt er verschiedenste Technologien aus eigener Erfahrung. Dadurch sieht er die Erfindungen, mit denen er befasst ist, stets auch in einem breiteren Kontext. Er hat zudem Erfahrung in Einspruchs- und Gerichtsverfahren. Als nebenamtlicher Richter am Schweizer Bundespatentgericht ist er regelmäßig in führenden Fällen involviert und an der Recht - sprechung in vorderster Front dabei. Digital Innovation Park Erleben Sie spannende Automatisierungstrends und aktuelle Innovationen für Industrie 4.0 und IIoT – mit News, Webinaren, Whitepapern und mehr. MEHR ERFAHREN KEM Konstruktion www.turck.de/dip » 04|2021 17

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