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NK 03_2024

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24 DIGITAL FIRST © Adobe Stock | BibliotheK: uslatar; Tablet: SFIO CRACHO MEGATREND DIGITAL FIRST Früher versuchte man Probleme zuerst oder ausschließlich analog zu lösen, zum Beispiel mit der Hilfe realer Menschen. Wenn das überhaupt nicht gelang, konnte man es im Internet versuchen. Das war kompliziert und nur für den Notfall geeignet. Heute dreht sich diese Verhaltenswelt: Wir schauen erst im Netz, weil die analogen Menschen irgendwie nicht so gut weiterhelfen – und wenn doch, dann dauert es und kostet Geld oder lobenden Aufwand. Lieber erst digital, denken wir immer öfter. Damit ist der Mega-Trend „Digital First“ eingeläutet. Angenommen, Sie haben auch einen Brockhaus in mehreren Bänden daheim stehen. Plötzlich fragen Sie sich, was ein Wort bedeuten könnte, das Sie in der Zeitung lesen und nicht kennen. Dann schauen Sie heute in der Regel auf dem Smartphone nach. Erledigt. Für Ältere empfiehlt sich ein lauter unwilliger Ruf: „Was zum Teufel ist Mathetik?“ – Dann wetteifern sofort zwei Enkel in der Nähe, einer neun Jahre alt, einer zwölf. „Opa, Mathetik ist die Wissenschaft vom Lernen!“ – „Aha, das wird ein schöner Unsinn sein. Gut, dass ich schon alles gelernt habe.“ – „Opa, warum schaust du nicht im Lexikon nach?“ – „Das dauert mir zu lange, ich muss in ein anderes Zimmer schlappen, die Vitrine öffnen, dann den richtigen Band suchen, diesen herausnehmen, den Goldschnitt vorsichtig vom Staub befreien und schließlich nachschauen. Das mache ich nicht.“ – „Und du wischst immer den Staub ab?“ – „Ja, ich mag das kostbare Buch nicht staubig aufklappen. Ich halte Lexika in hohen Ehren, da steht alles drin, was ich wissen muss.“ Zehn Sekunden später ruft der Neunjährige: „Opa, alle Bände sind oben drauf staubig!“ Oder: Ich möchte gerne eine spezielle Sorte von Eilles Tee, die es im Mannheimer Hauptbahnhof nicht gibt (wunderbares Geschäft übrigens). Diese neuen Sorten habe ich im Eilles Adventskalender gefunden. Ich denke, die hat Eilles da drin versteckt, damit ich süchtig werden soll. In Mannheim sagen sie, dass es diese Sorten bei ihnen nicht gibt, weil die ein Laden nicht geliefert bekommt, bei Ronnefeldt sei es auch so. Ich müsse im Internet bestellen. Wenig später bin ich in München. Ich besuche den feinen und großen Eilles Store in der ebenso feinen Residenzstraße (Bilder vom Inneren sind im Netz). Es gibt dort tatsächlich eine kleine Ecke mit Tee. Aber: Fehlanzeige. Die Bedienung sagt: Wir haben nur dieses kleine Regal mit Teebeuteln. Da können wir nicht alle dreißig oder so Sorten dahaben. Sie müssen die im Internet bestellen.“ Ergebnis: Ich werde niemals mehr dieses Geschäft betreten. Ich schaue gleich im Netz. Sie wollen das offensichtlich so. So langsam kippt unsere Haltung zum Internet. Wer schon genau weiß, was er bei IKEA möchte, schaut doch lieber erst im Netzt nach, ob alles Gewünschte auf Lager ist. Wer eine Wohnung sucht, schaut erst im Netz, auch um ein Gefühl für die Angebotsfülle und das Preisgefüge zu bekommen. Makler? Warum? Der ist nur für die Vermieter da, die sich nicht kümmern wollen. Die Mieter sollen sich gefälligst kümmern und das Nichtkümmernwollen des Vermieters bezahlen. Wer einen Partner sucht, schaut besonders während der Covid- 19-Kontaktsperren bei Tinder hinein oder verliebt sich alle 11 Sekunden irgendwo anders. Wer eins seiner zwei, drei Traumautos kaufen möchte, schaut sie sich erst einmal im Netz an und prüft Hinweise auf eine mögliche Rabatthöhe. Im Autohaus muss man sich danach eine Stunde zutexten lassen, weil sich der analoge Verkäufer einen digital Vorinformierten nicht vorstellen kann. Wer eine Krankheit fühlt, schaut ins Netz. Wenn ein Schüler etwas wissen will, fragt er das Netz; früher hätte er überlegt, den Lehrer zu fragen und sich nicht getraut. Wenn er heute die Antwort im Netz nicht findet, könnte er den Lehrer fragen, aber der weiß fast sicher nichts, was das Netz nicht sofort preisgibt. Wer etwas Seltenes sucht, surft erst einmal. s auf dem Smartphone hat (ZDF, SZ, FAZ, Focus, Spiegel, was weiß ich) wird den ganzen Tag mit Eilmeldungen eingedeckt – was ist dann neu in der morgigen Tageszeitung? Wer in den Urlaub fliegt, nimmt nicht mehr fünf Kilo Bücher mit, nur ein Tablet. Das wissen Sie sicher alles, ich muss die Aufzählung nicht endlos ausweiten, denke ich. Diese Möglichkeiten bestanden schon seit vielen Jahren. Neu ist, dass sich die Mehrheit nun langsam anders benimmt: Digital First. Die Diskussionen zwischen den Digital-First-Menschen und den Analog- First/Analog-Only ebben natürlich nicht ab. Der Mega-Trend kommt langsam, aber doch schnell – egal, wie diskutiert wird. Im Grunde gibt es keine ehrliche Diskussion. Ohne dass die normalen Menschen Schopenhauers Traktat zur Eristik gelesen hätten, verfolgen sie konsequent eine von zwei Taktiken, je nachdem, auf welche „Seite“ sie stehen. Ein Digital-First vergleicht das unendliche Potential des Netzes mit dem Wissen von normal sterblichen Menschen, die bei einer solchen Gegenüberstellung unterbelichtet erscheinen. Ein Analog-First-or-Only verweist auf den überwältigenden Anteil von Schwachsinn im Netz und mahnt, sich bitte ausschließlich an vertrauenswürdige Menschen zu halten – das sind in der Regel solche, die er zufällig kennt (z.B. den Finanzexperten der kleinen Sparkassenzweigstelle, die bald schließt). Ein besonderes Schulfach muss her! Es muss gelehrt werden, wie der Mensch das Wertvolle vom Wertlosen und das Wahre vom dummen oder absichtlich Falschen unterscheiden kann. Digital-First nehmen an, dass alle analogen Menschen mindestens so klug sein könnten wie sie selbst. Das stimmt leider in vielen Fällen. Analog- First nehmen an, dass alle digitalen Prof. Dr. Gunter Dueck Menschen höchstens so klug sind, wie die, die sie normalerweise zu fragen gewohnt sind. Egal: Der Mega-Trend rollt. Leute, die nun nicht mehr analog gefragt werden, müssen sich andere Berufe suchen oder etwas beitragen können, was das Netz nicht ohne Weiteres weiß. Insbesondere reagieren wir zunehmend unwillig auf Leute, die auf eine schwierige Frage erwidern: „Moment, ich schaue für Sie im Netz nach. Da! Ja, ich habe anscheinend, glaube ich, etwas gefunden, aber es ist in Englisch. Lesen Sie bitte selbst.“ Ich habe in der re:publica Rede von 2011 den aggressiven Terminus „Flachbildschirmrückseitenberater“ in die deutsche Sprache eingeführt. Wir sind heute über zehn Jahre weiter – und wir sind inzwischen alle auf einem solchen Niveau angelangt, was damals noch als bezahlungswürdige Fachberatungstätigkeit galt. Prof. Dr. Gunter Dueck Prof. Dr. Gunter Dueck beschäftigt sich schon lange leidenschaftlich mit dem Thema der Arbeitsgesellschaft. Seine Fundamentalkritik an dieser endete in der Gründung seiner eigenen Philosophie - der Omnisophie. Der Blog, den er ins Leben rief um über Themen zu schreiben die ihn begeistern, genießt weitgehende Beliebtheit und eine wiederkehrende Leserschaft. 03.2024

BRANCHE 25 © Adobe Stock | Moonrun ABER WEHE, WEHE, WEHE! WENN ICH AUF DAS ENDE SEHE! Wilhelm Busch, 1865 Die vermögensverwaltende GmbH gehört zu den Top-Themen zahlreicher Podcasts aus der Feder von Experten und Professoren. Beworben wird diese Konstruktion etwa damit, dass auf Gewinne der GmbH lediglich 15% Körperschaftsteuer anfallen – bei richtiger Gestaltung keine Gewerbesteuer. Dann wird diese Steuerbelastung mit dem bis zu mehr als dreifach so hohen persönlichen Spitzensteuersatz der Einkommensteuer, inclusive Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer verglichen. Bis dahin erweist sich der gute Rat meist als genauso unvollständig, wie die beschönigenden Fortlassungen beim Vertrieb von Schrottimmobilien. Sicherer Steuervorteil für ausländische GmbH, vom Gesellschafter zum per- Investoren sönlichen Steuersatz festgesetzt werden. Genauso verhält es sich, Zutreffend ist der Vergleich allenfalls dann, wenn der GmbH-Eigentümer im Ausland sitzt und diese Kapitalgesellschaft für Investments in Unternehmensbeteiligungen und/oder Immobilien nutzt. Zieht der Inländer nach Gründung seiner GmbH ins Ausland, schlägt die „Reichs-Flucht- Steuer“ zu – ein Prozent der Geschäftsanteile wenn der Gesellschafter sich im Urlaub oder im Internet eine Auslandsgesellschaft beschafft. Und wer Pech hat, ahnt nicht, dass und wann seine ausländische GmbH bei uns steuerlich oder hinsichtlich persönlicher Schuldenhaftung nach dem internationalen Privatrecht zur Personengesellschaft wurde. zu besitzen reicht da- für aus: Im Rahmen der Wegzugsbesteuerung, seit 2022 mit kaum noch Risiko zusätzlicher Wegzugsbesteuerung – Nachteil steuerpflichtiger Stundungsmöglichkeiten, wird ein Spekulation (fiktiver) Gewinn in Höhe von 60% des 13,75-fachen Durchschnittsgewinns (der letzten drei Jahre) der Während Preissteigerungen von Immobilien im Privatvermögen nach 10 Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilienwirtschaft, Finanzrecht sowie Steuer- und Versicherungsrecht. Die zahlreichen Stationen seines beruflichen Werdegangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganzheitlich beratend und im Streitfall juristisch tätig zu werden. www.fiala.de/ Jahren steuerfrei bleiben, sind derartige Gewinne im Firmenvermögen einer GmbH stets steuerpflichtig. Hinzu kommt der jährliche Zusatzaufwand für Buchhaltung, Risikomanagement, Jahresabschlüsse und steuerliche Beratung. Zudem werden kreditgebende Banken zusätzliche Kreditsicherheiten vom Gesellschafter einfordern, sowie im Zweifel den Kredit durch einen Risikozuschlag für die GmbH noch verteuern. Nötige Einzelfallbetrachtung über den gesamten Zeitraum des Investments Zu einer seriösen Analyse gehört einerseits die Szenariotechnik – beispielsweise mit Schwerpunkt auf Mieterträgen oder Wertsteigerung. Zudem fallen bei Entnahme der Immobilie, Verkauf, Gewinnausschüttung aus der GmbH sowie Liquidation der Kapitalgesellschaft, regelmäßig Abgaben an – bezieht man die zusätzlichen Verwaltungskosten mit ein, kann die GmbH unwirtschaftlich sein. Ohne konkrete Vergleichsberechnungen für den gesamten Investitionszeitraum wird man kaum einen zutreffenden Überblick gewinnen können. Üblicherweise wird der Privatinvestor seine vermietete Immobilie hoch fremdfinanziert erwerben. Der steuerliche Verlust (Abschreibung plus Zins minus Nettomiete) wird über den persönlichen Grenzsteuersatz bestenfalls in einen Nettoertrag verwandelt. Die Tilgung kann man dann andersartig ansparen – den Kredit wird man minimal oder endfällig erst nach Jahrzehnten tilgen. Die Kreditrückzahlung erfolgt bestenfalls überwiegend aus dem steuerfreien Veräußerungsgewinn. Dann richtet sich der Blick nicht auf hohen Mietertrag, sondern eher auf Wertsteigerungen. Bezüglich der Nutzungsdauer rechnen Profis damit, dass Hochhäuser nach 30 Jahren wieder abgerissen werden. Die Nutzungsdauer mag bei Büros 70 Jahre sein, wenn die Substanz so ist, dass man sie gänzlich entkernen kann, alle 25 Jahre. Gesetzliche Risiken nicht zu vergessen – sowie die Frage nach dem Konkursrisiko Im nunmehr zweiten Jahr gibt es die „Luftsteuer“ – jährlich steigend. Auch den Preissteigerungen für Energie ist es zu verdanken, dass bis zu mehr als 25% der Mieter gegenwärtig Schwierigkeiten haben, ihre Mietzahlungen aufzubringen – also werden diese beispielsweise umziehen müssen. Künftig sollen Eigentümer ihre Mieter bei der CO2-Abgabe entlasten, was zu energetischen Verbesserungen motiviert. Im Gespräch sind eine Strafsteuer bei Dächern ohne Photovoltaik sowie ein Belegungszwang mit nicht mehr als 20 qm je Bewohner. Auch an eine Wertzuwachssteuer nach österreichischem Vorbild wäre zu denken. Der Privatanleger muss bei Überschuldung keine Insolvenz anmelden, die GmbH schon. Keine Bank will beim Privatanleger wissen, was die Immobilie zwischenzeitlich einmal wert ist, so dass er schlechte Phasen einfach aussitzen kann, zumal wenn er anderes Einkommen hat, auf das er hohe Steuerersparnisse realisiert. Banken geben einer GmbH ggf. nur begrenzt Darlehen, außer man haftet persönlich dafür. Wer also sein eigenes Geld nur für Mindest-Eigenkapital einsetzen will, um den Finanzierungshebel zu nutzen, Zinsen und Abschreibung abzusetzen, aber Wertsteigerung steuerfrei zu realisieren, der wird bereits beim Finanzierungs-Hebel nur als Privatanleger vorankommen. Steuerfalle der Immobilie im Betriebsvermögen Massenhaft haben Mittelständler die eigene Betriebs- oder Privatimmobilie in den Büchern Ihrer Firmen-GmbH stehen. Der Fachmann spricht meist von der Betriebsaufspaltung, so dass man spätestens bei Geschäftsaufgabe (ggf. durch die Erben) erst mal alle Abschreibungen rückgängig machen darf, und die Wertsteigerungen zu versteuern hat – einschließlich Gewerbesteuer. Diese Situation kann man bereinigen – oder die verborgene Steuerschuld weiter wachsen lassen; aus der Sicht des Erblassers dann nach dem Motto „Nach mir die Sintflut“. Da hat schon mancher Erbe die Ausschlagung erklärt und sein Pflichtteil stattdessen geltend gemacht. © Xxxxxxxxx

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