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2012-2 REISE und PREISE

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FLÜGE ZUSATZGEBÜHREN

FLÜGE ZUSATZGEBÜHREN TEST Auf den ersten Blick sind die Tickets ein Schnäppchen. Der Endpreis ist dann mit allen Steuern und Gebühren aber bis zu fünfmal so hoch. Und das nicht nur bei Ryanair & Co: Auch bei Liniencarriern klaffen Ticket- und Gesamtpreis immer weiter auseinander. Der Gebühren-Wahnsinn Für € 9,99 nach London, Alghero oder Mailand? Mit solchen Ticketpreisen zu werben, um dann mit Zusatzgebühren doch noch auf seine Kosten zu kommen, diesem Ärgernis sollte doch eigentlich schon 2008 ein Ende gemacht worden sein. Wie kann es also sein, dass sich der tatsächlich zu bezahlende Endpreis immer weiter vom eigentlichen Ticketpreis entfernt? Wie gleich zu sehen sein wird, liegt das nicht nur daran, dass in den vergangenen Jahren immer wieder neue Steuern und Gebühren aufgetaucht sind. Vor allem aber hat sich der Preiskampf von den Werbeanzeigen auf die Vergleichswebsites verlagert. Da die beim Screen Scraping aus technischen Gründen bislang nur den reinen Ticketpreis, aber nicht die Zusatzkosten importieren können, bemühen sich die Airlines nach Kräften, ihre Ticketpreise um möglichst viele Extras abzuspecken. Denn in den Preisvergleichslisten steht derjenige ganz oben, der am billigsten ist. Der wahre Endpreis aber offenbart sich erst am Ende des Buchungsprozesses auf der entsprechenden Airline- oder Reiseportalwebsite. Und der ist plötzlich oft alles andere als erfreulich. Zusatzgebühren sind oft teurer als das Ticket selbst Unser Test zeigt, welche Auswüchse das Gebühren-Aufschlagen annehmen kann. Das Extrembeispiel, in dem das Ticket weniger als ein Fünftel des Gesamtpreises ausmachte, lieferte nicht unerwartet Ryanair. Dabei waren im Preis von gerade einmal € 16 für einen innereuropäischen Hin- und Rückflug die Steuern und Gebühren bereits enthalten. Hoch ging der Preis dann durch die Zusatzkosten für die Gepäckaufgabe (€ 30) und die Kreditkartenzahlung (€ 12). Um auf das Servicelevel eines Linienfluges zu kommen, waren noch € 33,20 für Sitzplatzreservierung und Bordverpflegung fällig. Mit insgesamt € 91,20 ist man preislich vom Linienflug nicht mehr allzu weit entfernt –und dort ist der Transfer von meist citynäheren Flughäfen günstiger. Zugegeben, der Vergleich hinkt etwas. Denn auch Lufthansa-Tickets bestehen überwiegend aus Steuern und Gebühren. Der reine Flugschein kostete im Test € 33, die restlichen 69 Prozent waren Zusatzkosten. So sind aus dem berühmten 99-Euro-Schnäppchen, das € 10 für ein computererstelltes E-Ticket enthält (»Ticket Service Charge«), mittlerweile dank Kreditkartengebühr (€ 8) schon € 107 geworden. Die oft geforderte Gebühren-Transparenz aber sieht anders aus: Die € 56 Steuern und Gebühren aus dem Beispiel enthalten einen Treibstoffzuschlag (€ 6) und die weiter unten erläuterten Posten Luftverkehrssteuer (€ 7,50) und »Lärmisolierungsgebühr« (€ 2). Was aber sind eine Passagier-Servicegebühr (€ 9) und satte € 31 Sicherheitsgebühren? Zumindest wandern diese nicht in die Airline-Tasche, denn Lufthansa 88 REISE & PREISE 2/2012

muss den Großteil der Gebühren an Flughäfen oder den Staat weiterreichen – also außer Spesen nichts gewesen. Selbst auf Langstreckenflügen können Steuern und Gebühren mehr als zwei Drittel des Flugpreises ausmachen. In unserem Test waren aber nicht die US-Airlines die Buhmänner, sondern British Airways. Auf eine Gebührenaufschlüsselung haben die Briten zwar verzichtet, aber es liegt nahe, dass vor allem das Umsteigen am Flughafen Heathrow die Kosten in die Höhe getrieben haben dürfte. Da fallen die Gebühren bei Nonstopflügen wie dem von United Airlines wesentlich moderater aus. Wer aber auf USA-Flügen wie von früher gewohnt einen zweiten Koffer aufgeben will (Peace-Concept, 2x 32 kg), muss dafür nun bei sämtlichen Airlines eine saftige Gebühr bezahlen. Auf Anschlussflügen in den USA bleiben Passagiere zumindest von der Gebühr für den ersten Koffer verschont, die mittlerweile fast alle US-Airlines ihren Passagieren auf Inlandflügen abknöpfen. Allerdings treiben bei Umsteigeverbindungen die zusätzlichen Flughafengebühren den Ge - samtpreis weiter in die Höhe. Verdient wird an den Extras, nicht am Flugticket Kurzstrecke Lufthansa: Hamburg–Amsterdam Ticket € 33 Steuern und Gebühren € 56 Ticket Service Charge € 10 Kreditkartengebühr € 8 Getränk und Sandwich inbegriffen Gesamtpreis € 107 Anteil Zusatzkosten am Gesamtpreis 69% Easyjet: Berlin–London Ticket € 46,46 Bearbeitungsgebühr € 11 Kreditkartengebühr € 6 Aufgegebenes Gepäck € 28 Speedy Boarding € 22,50 Getränk und Sandwich (Menü) € 16 Gesamtpreis € 129,96 Anteil Zusatzkosten am Gesamtpreis 64% Mittelmeer-Flüge: Gebührenanteil bis 82% Ryanair: Düsseldorf–Venedig Ticket inkl. Steuern und Gebühren € 16 Aufgegebenes Gepäck (15kg) € 30 Sitzplatzreservierung € 20 Kreditkartengebühr € 12 Getränk und Sandwich € 13,20 Gesamtpreis € 91,20 Anteil Zusatzkosten am Gesamtpreis 82% Air Berlin: Köln/Bonn–Olbia Ticket € 76 Steuern und Gebühren € 63,49 Kerosinzuschlag € 143 Ticket Service Charge € 10 Getränk und Sandwich inbegriffen Gesamtpreis € 292,49 Anteil Zusatzkosten am Gesamtpreis 74% Auch die anderen Beispiele in den Kästen zeigen, dass die Airlines mit Tickets allein nicht genügend Geld verdienen (können) und weiter auf Zusatzeinnahmen setzen (müssen). Wie den Kerosinzuschlag, bei dem Umfang, Rauf und Runter nicht immer nachvollziehbar erscheinen. Er fällt besonders bei Air Berlin schon seit langem immer sehr heftig aus und macht in unserem Testbeispiel fast die Hälfte des Gesamtpreises aus. Unumgänglich ist bei Air Berlin, Lufthansa und Easyjet eine Ticketausstellungsgebühr von € 10–11. Den bequemen Einsatz der Kreditkarte lassen sich mittlerweile auch Linienfluggesellschaften bezahlen. Die kostenlose Alternative der Einzugsermächtigung setzt frühzeitiges Buchen voraus. Außerdem erhält man keine umgehende Buchungsbestätigung, sondern muss auf sein Ticket warten, und bei Ryanair kostet das Lastschriftverfahren genauso viel wie die Kreditkartenzahlung. Wer bei einem Onlinereisebüro bucht, zahlt noch eine Servicegebühr obendrauf. Sitzplatzreservierungen sind nur bei Billigfliegern mit rund € 20 kostenpflichtig, aber wegen ihrer kurzen Strecken verzichtbar. Auf Kurzstrecken könnte man auch ohne Brötchen und Getränk leben, die gibt’s aber bei den Linienfliegern umsonst dazu. Die Kreativen von Ryanair offerieren dazu SMS-Flugbestätigungen (€ 1,50), »Priority Boarding« (€ 10) und »von Ryanair anerkanntes Handgepäck« von Samsonite (ab € 79). Sie kassieren noch € 6 für einen Online-Check-in (am Schalter wären es € 60!) sowie eine »EU261-Ausgleichsabgabe« von € 2. Dahinter steckt die EU- Verordnung, die Passagieren Ansprüche bei verweigerten Transporten, Stornierungen und Verspätungen garantiert. Eventuell anfallende Kosten legen die geschäftstüchtigen Iren so gleich auf alle Kunden um. Gebührendschungel: Airlines zeigen sich erfinderisch Der Anteil an Extra-Kosten und damit die Ticketpreise dürften weiter steigen. Einige Abgaben-Neuheiten sind tatsächlich unumgänglich. So müssen Airlines seit vergangenem Jahr für Flüge ab Deutschland eine Ticketsteuer bezahlen. Die ist Anfang 2012 leicht gesenkt worden und beträgt nun € 7,50 pro Passagier für Strekken unter 2.500 Kilometer, € 23,43 für Strecken bis 6.000 Kilometer und € 42,18 für Langstrekkenflüge. Auf Strecken, die nicht einem messerscharfen Preiskampf unterliegen, reichen die Fluggesellschaften die Ticketsteuer eins-zu-eins an die Passagiere durch. Airlines wie Ryanair und Easyjet aber, die im ohnehin schwierigen Geschäft mit Kurzstrecken-Billigflügen noch Gewinn machen möchten, haben ihre Konsequenzen gezogen. Ryanair strich in Hahn und Germanwings: Köln/Bonn–Zadar Ticket € 44 Steuern und Gebühren € 36 Aufgegebenes Gepäck (20kg) € 20 Sitzplatzreservierung € 16 Kreditkartengebühr € 8 Getränk und Sandwich € 12 Gesamtpreis € 136 Anteil Zusatzkosten am Gesamtpreis 68% TUIfly: Düsseldorf–Mallorca Ticket € 69 Steuern und Gebühren € 75 Kreditkartengebühr € 8 Getränk und Sandwich inbegriffen Gesamtpreis € 152 Anteil Zusatzkosten am Gesamtpreis 54% Weeze Strecken. Grenznahe Flughäfen wie Maastricht und Eindhoven freuten sich über einen Passagierzuwachs. Der Anfang 2012 für die Luftfahrt gestartete Emissionshandel wird zu einem kleinen Preisaufschlag führen. Der Emissionshandel besagt, dass alle Fluggesellschaften Zertifikate für den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid kaufen müssen, den sie mit ihren Starts und Landungen in der EU verursachen. In diesem Jahr bekommen sie 85 Prozent der nötigen CO 2 -Zertifikate gratis, den Rest müssen sie dazukaufen. Legt man den derzeitigen Zertifikatspreis zugrunde, würden sich die Kosten für einen Transatlantikflug nur um etwa € 2 erhöhen. Größere Preiserhöhungen wären allerdings in dem Fall denkbar, dass die Airline ein lukratives Geschäft wittert und mehr als die tatsächlichen Kosten auf die Passagiere umlegt. Damit ließe sich unter dem Deckmantel der »Öko-Abgabe« zusätzlich Geld in die knappen Kassen spülen. Langstrecke British Airways: München–Miami Ticket € 241 Steuern und Gebühren € 404 Aufgegebenes Gepäck (Gebühr für 2. Koffer) € 86 Getränk und warme Mahlzeit inbegriffen Gesamtpreis € 731 Anteil Zusatzkosten am Gesamtpreis 67% United Airlines: Frankfurt–New York Ticket € 349,10 Steuern und Gebühren € 99,62 Aufgegebenes Gepäck (Gebühr für 2. Koffer) € 100 Getränk und warme Mahlzeit inbegriffen Gesamtpreis € 548,72 Anteil Zusatzkosten am Gesamtpreis 36% REISE & PREISE 2/2012 89

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