138 TREFFPUNKT Runde Sache auch beim 20. Mal Die Novellierung des Bundesberggesetzes, die Erfassung lagerstättengeologischer und betrieblicher Daten in Geo-Informations-Systemen, fachliche Aspekte des Grundwasserschutzes bei Planungen für die Rohstoffgewinnung, die Ergebnisse der neuen BGR-Studie zu Sand und Kies in Deutschland, die Einsatzmöglichkeiten rezyklierter Gesteinskörnungen sowie die aktuelle Rechtsprechung des EuGH zum „Porr-Urteil“ standen beim diesjährigen Rohstoffkolloquium in Schönebeck/Bad Salzelmen auf dem Programm. Zahlreiche Interessenten aus Wirtschaft, Behörden und Ämtern waren Mitte Mai wieder der Einladung des Unternehmerverbandes Mineralische Baustoffe (UVMB) zum Informations- und Erfahrungsaustausch gefolgt. ir stehen am Rande gravieren- Neuregelungen für die Roh- „Wder stoffindustrie“, kommentierte Prof. Dr. Bernd Dammert, Kanzlei Rechtsanwälte Dr. Dammert und Steinforth, die geplante Novellierung des Bundesberggesetzes. In seinem Vortrag erläuterte er die Ausgangslage, die Interessenlagen der Akteure sowie die Kernthemen der anstehenden Novellierung. Im Fokus standen dabei das Berechtsamswesen, das Verhältnis Umwelt- und Planungsrecht, die Raumordnung, das Betriebsplanverfahren sowie die Umweltverträglichkeitsprüfung für bergbauliche Vorhaben. Dammert sieht durchaus Chancen, mit der Novellierung die Möglichkeit zu schaffen, das System der Betriebsplanzulassungen zu vereinfachen, die Rechtswirkungen zu stärken und den Planungs- und Verwaltungsaufwand auch mit Blick auf Grundabtretungsverfahren zu reduzieren. Auch der Einbezug weiterer Rohstoffe als grundeigene Bodenschätze könnte das Rohstoffgewinnungsrecht in Deutschland vereinheitlichen und stärken. Jedoch bestehe auch die Gefahr einer „ökologischen Aufweichung“ bis hin zur Abschaffung der Zweckbindung des Gesetzes. Hier seien eine ganze Reihe von NGO unterwegs, deren Einfluss man nicht unterschätzen sollte. Die Abschaffung des selbstständigen Berechtsamswesens und das Einvernehmenserfordernis mit den Gemeinden stellen Forderungen dar, die zu massiven Einschnitten und de facto zu einer weitreichenden Blockierung der Rohstoffgewinnung führen würden. „Wehren Sie sich gegen diese Bestrebungen. Sprechen Sie Ihre Abgeordneten und Politiker an und bitten Sie um Hilfe“, appellierte Dr. Dammert. Das Projekt „Erfassung lagerstättengeologischer und betrieblicher Daten in Geo-Informations-Systemen“ stellten Anja Knipfer, Mibrag Zeitz, und Dr. Kerstin Wagner, MDB Petersberg, gemeinsam vor. Zahlreich vorhandene Betriebs-, Erkundungs- und administrative Daten, die in unterschiedlichen Formaten und an verschiedenen Speicherorten bei der MDB vorlagen und im Betriebsalltag von Personenkreisen mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen genutzt werden müssen, sollten sich in einem gemeinsamen System mit Zugangsberechtigungen wiederfinden. Dazu wurde auf das Know-how der Mibrag zurückgegriffen, die seit 2020 die MDB auch markschei- REFERENTEN MIT MODERATOR: Prof. Dr. Holger Mansel, Prof. Dr. Bernd Dammert, Dr. Harald Elsner, Dr. Kerstin Wagner, Anja Knipfer, Stefan Janssen und Bert Vulpius (v.l.). Es fehlt Gregor Franßen. GESTEINS Perspektiven 5 | 2023
TREFFPUNKT 139 derisch betreut und ein cloudbasiertes Geoportal zur Verfügung stellt, das firmenspezifisch aufgebaut ist. Das sehr umfangreiche Datenmaterial kann nun verwaltet werden und ein schneller Zugriff auf unterschiedlichen Endgeräten ist möglich. GASTGEBER UND MODERATOR: UVMB- Geschäftsführer Bert Vulpius eröffnete und führte durch den Rohstofftag. Wasserrecht und Rohstoffsituation Nachdem in den vergangenen Rohstoffkolloquien immer wieder wasserrechtliche Anforderungen an die Rohstoffgewinnung diskutiert wurden, stellte Prof. Dr. Holger Mansel, Ingenieurbüro für Grundwasser, die praktische Umsetzung dieser rechtlichen Anforderung in hydrogeologischen Modellen dar, welche die Auswirkungen der Rohstoffgewinnung auf die Grundwasserdynamik und Beschaffenheit beschreiben. Ziel dieser Modelle sei es, in der bergmännischen und wasserwirtschaftlichen Langfristplanung den Prognosezeitraum für die Entwicklung der Grundwassersituation von mehr als 30 Jahren abzubilden. Neue Herausforderung für die Modellierung ist die Erfassung unterschiedlicher klimatischer Zustände, da in Genehmigungsverfahren zunehmend häufiger die Frage aufkommt, wie die hydrologisch-hydrogeologischen Modelle die klimatischen Veränderungen erfassen. Die Leistungsfähigkeit derartiger aktualisierbarer Modelle zeige sich in den Bergbaugebieten Mitteldeutschlands und der Lausitz, wo solche seit Jahrzehnten zum Einsatz kommen und stetig verfeinert wurden. Deutschlandweit wurde Sand und Kies in 1744 aktiven Gewinnungsstellen im Trockenabbau und 887 im Nassabbau zum Erfassungszeitraum 2021/22 gewonnen. Vor diesem Hintergrund stellte Dr. Harald Elsner von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) die Ergebnisse der neuen BGR-Studie über Sand und Kies in Deutschland vor. Wichtigste Erkenntnis: Die jährlich gewonnene Rohstoffmenge an Sand und Kies muss deutlich nach oben korrigiert werden. Damit hat die Studie bestehende statistische Unsicherheiten bei der Erfassung der gewonnenen Rohstoffmenge an Sand und Kies in Deutschland beseitigt. So lagen die neu berechneten Fördermengen in den Jahren 2019 bis 2021 deutlich über 300 Mio. t im Jahr und damit um ca. 60 Mio. t über der bisher angenommenen Grö- SPANNENDE EINBLICKE: Die Erwartungen des Publikums wurden nicht enttäuscht. Fotos: Schlutter/UVMB ßenordnung. Weiterhin stellt die Studie fest, dass die Sand- und Kiesindustrie in Deutschland mittelständisch geprägt ist und sich zunehmend Versorgungsengpässe bei diesem Rohstoff abzeichnen, von denen besonders Ballungsräume betroffen sind. Flächendruck, stark steigende Preise für Grundstücke und eine mangelnde Akzeptanz seien Hemmnisse für eine sichere Rohstoffversorgung in der Zukunft. Wichtige Leitplanken im Bereich RC gesetzt Auf den Entwurf der neuen DIN 1045 für Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton ging Stefan Janssen von der Bundesvereinigung für Recycling- Baustoffe (BRB) aus Berlin in seinem Vortrag „Einsatzmöglichkeiten rezyklierter Gesteinskörnungen“ ein. Mit der Veröffentlichung der DIN 1045-2 sei voraussichtlich im Juni 2023 und im Januar 2024 mit der bauaufsichtlichen Einführung zu rechnen. Mit dieser neuen Norm gibt es eine „reale Chance“, dass mehr rezyklierte Gesteinskörnungen bei der Betonherstellung zum Einsatz kommen. Besonders hervorzuheben ist, dass es nun erstmals möglich ist, auch feine rezyklierte Gesteinskörnung des Typs 1 im Beton einzusetzen. „Der politische Wille, Recyclingbeton voranzubringen, ist da. Wichtig ist nun, dass sich nach diesen normativen Änderungen auch das Ausschreibungsverhalten der Auftraggeber ändert und rezyklierte Gesteinskörnungen ausgeschrieben werden“, so Janssen. Hier musste man in der Vergangenheit immer wieder feststellen, dass Recycling-Baustoffe ausgeschlossen oder besondere Hürden für deren Einsatz geschaffen wurden. „Bodenmaterial, Nebenprodukt und Abfallende – aktuelle Rechtsprechung des EuGH zum ‚Porr-Urteil‘ mit seinen praktischen Konsequenzen“ lautete das Thema von RA Gregor Franßen, Kanzlei Franßen & Nusser. Die Entscheidung des EuGH zum Abfallende am Beispiel von Boden sei sehr weitreichend und könne durchaus auch auf mineralische Ersatzbaustoffe wie Recycling-Baustoffe der Klassen 1 bis 3 übertragen werden. Das Thema Abfallende und Produktstatus ist hochaktuell und beschäftigt insbesondere die Recyclingwirtschaft in Deutschland, weil es der Bundesgesetzgeber in der neuen Ersatzbaustoffverordnung versäumt hat, eindeutige Aussagen zum Abfallende von mineralischen Ersatzbaustoffen zu treffen. Sehr weitreichend und völlig neu sind ebenso die Aussagen des EuGH zur Einstufung von Böden, die im Bauprozess anfallen. Das Urteil wird auch in Deutschland die Diskussion um das Abfallende von Böden und mineralischen Ersatzbaustoffen anheizen. Der EuGH hat mit dem Porr-Urteil wichtige Leitplanken gesetzt, an denen sich auch der deutsche Gesetzgeber orientieren sollte. www.uvmb.de 5 | 2023 GESTEINS Perspektiven
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