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dagkrant 7 - deSingel

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sPRingville<br />

Es fehlt nichts<br />

fotos: © Robin Zenner auteur: © alexander schnackenburg Review<br />

… und das, obwohl kaum etwas<br />

vorhanden ist. Miet Warlop<br />

kommt in Springville ohne Sprache,<br />

ohne Geschichte und meist<br />

auch ohne Gesichter aus<br />

Ein bisschen komisch ist es schon, in großen<br />

Worten eine Inszenierung zu würdigen, die<br />

doch gerade zeigt, wie überflüssig Worte sind<br />

– wenigstens hier. Miet Warlops Performance<br />

Springville kommt gänzlich ohne Sprache aus.<br />

Und doch fehlt dem Zuschauer nichts.<br />

Obschon (oder gerade weil?) Warlop nicht<br />

nur auf Worte verzichtet, sondern über weite<br />

Strecken auch auf Gesichter. Sie verbergen<br />

sich unter Pappkartons, Sperrholzkästen oder<br />

auch – in einem besonders bizarrem Fall – unter<br />

einer Tischplatte. Dieser Tisch steht, läuft und<br />

wankt auf zwei schlanken Damenbeinen. So<br />

gesehen handelt es sich noch nicht einmal im<br />

herkömmlichen Sinne um eine ‚Figur‘, eher um<br />

einen Mensch gewordenen Gegenstand, welcher<br />

Review<br />

entsprechend immer wieder in die Interaktionen<br />

auf der Bühne einbezogen wird. Ängstlich etwa<br />

ist dieser Tisch. Wir sehen es daran, wie er zurückweicht,<br />

zittert oder auch davon läuft, wenn<br />

es ihm zu laut wird.<br />

Und das kommt durchaus öfter vor. Dann<br />

etwa, wenn Miet Warlop einen laut brüllenden<br />

‚Riesen‘ über die Bühne rasen lässt: offenbar ein<br />

Mann, welcher einen anderen auf den Schultern<br />

trägt. Das Publikum sieht vom unteren nur<br />

die Beine, vom oberen Kopf und Arme. Alles<br />

dazwischen bildet den gemeinsamen Rumpf des<br />

Riesen – ein gewöhnungbedürftiger Anblick.<br />

Laut wird es auch, wenn das kleine Häuschen<br />

im Zentrum der Bühne auf einmal explodiert<br />

– um ein neues, noch kleineres Häuschen frei<br />

zu legen. Zwischendurch steigt Rauch in allen<br />

erdenklichen Farben aus der Hütte auf; Warlop<br />

geizt nicht mit Überraschungseffekten.<br />

Eine Geschichte aber erzählt er seinem<br />

Publikum nicht. Es ist mit der Geschichte genau<br />

wie mit der Sprache oder den Gesichtern: es<br />

gibt sie nicht, ohne dass sie einem fehlt. Das<br />

ganze surrealistische Spektakel endet so verblüffend<br />

wie es begonnen und eine knappe Stunde<br />

lang ununterbrochen gewesen ist: eine Flutwelle<br />

(oder doch eher ein Erdbeben?) aus einer<br />

mit stetig mehr Luft unterfütterten Plastikfolie<br />

bringt das kleine, ohnehin schon sehr mitgenommen<br />

Häuschen ins Wanken, droht es gar<br />

davon zu tragen. So weit lässt Warlop es dann<br />

aber doch nicht kommen – und löscht einfach<br />

das Licht. Wunderbar.<br />

7 Dinsdag 31 augustus.

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