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Contura Frühling/Sommer 2014 Deutsch

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«Der Bartgeier kommt mit einer sehr ruhigen Art durchs Leben –<br />

das fasziniert mich», sagt Jürg Paul Müller. Der Churer Biologe gilt<br />

als einer der Vorkämpfer für die Wiederansiedlung des Bartgeiers<br />

in den Alpen. Zusammen mit seinem Team von der Stiftung Pro<br />

Bartgeier sorgt er dafür, dass die bedächtigen Vögel, die Ende des<br />

19. Jahrhunderts ausgerottet wurden, wieder durch die Lüfte unserer<br />

Gefilde schweben.<br />

Jürg Müller, wieso interessieren Sie sich für Bartgeier?<br />

Der Bartgeier hat nicht nur eine eindrückliche Erscheinung, sondern bewegt<br />

sich auch ganz oben in der Nahrungskette: Er hat, abgesehen vom<br />

Menschen, keine Feinde. Der Bartgeier ist ein sehr gemächliches Tier, er jagt<br />

nicht, sondern ist ein Aasfresser, und er kann auch tagelang ohne Nahrung<br />

auskommen. Er wird spät geschlechtsreif – beim Bartgeier braucht also alles<br />

seine Zeit. Diese Entschleunigung, diese ruhige Lebensart empfinde ich<br />

als sehr schönen Gegensatz zu unserer rastlosen Gesellschaft.<br />

Warum sind denn die Bartgeier aus den Alpen verschwunden?<br />

Ende des 19. Jahrhunderts wurden die grossen Raubtiere wie Wolf, Luchs<br />

und Bär in den Alpen eliminiert. Auch fast alle frei lebenden Huftiere –<br />

ausser der Gämse –, waren zu diesem Zeitpunkt ausgerottet. Der Bartgeier<br />

ist für seine Ernährung auf diese Tiere – besser: deren Kadaver – angewiesen.<br />

Doch er wurde auch bewusst gejagt. Wissen Sie, früher hatte man<br />

ein schlechtes Bild vom Bartgeier: Man nannte ihn Kinderfresser oder auch<br />

Lämmergeier. Und als Aasfresser ist der Bartgeier leicht anzulocken. Zirka<br />

1885 haben in Graubünden die letzten Bartgeier gebrütet.<br />

Sie setzen sich mit der Stiftung Pro<br />

Bartgeier dafür ein, den Bartgeier wieder<br />

in den Alpen anzusiedeln. Warum?<br />

Ich habe verschiedene Gründe: Erstens ist<br />

es ethisch, weil wir schlicht kein Recht dazu<br />

haben, eine andere Art auszurotten. Zweitens<br />

ist es ökologisch: Bartgeier sind Aasfresser<br />

und leisten deshalb einen Beitrag<br />

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www.rhb.ch/contura

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