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Der Rest ist M-Sache

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kann man konkret<br />

tun?<br />

Alles beginnt mit der Zahnpflege:<br />

zweimal täglich und mindestens drei<br />

Minuten lang sollten die Zähne geputzt<br />

werden. Die nicht selbst entfernbaren<br />

harten und weichen Beläge werden<br />

zweimal jährlich durch die Prophylaxeass<strong>ist</strong>entin<br />

beseitigt. Häusliche und<br />

professionelle Zahnpflege haben das<br />

Ziel, Karies und Zahnfleischerkrankungen<br />

als wichtigste Ursachen für den<br />

Zahnverlust zu verhindern. Schließlich<br />

werden die Zähne zweimal jährlich<br />

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konsequent umgesetzt, besteht der<br />

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nur aus einer schnellen Inspektion und<br />

einem abschließenden anerkennendem<br />

Händedruck. Was aber, wenn die Dinge<br />

nicht so gut stehen? Dann kann nur der<br />

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Mit Hilfe moderner Therapieverfahren<br />

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ausgeglichen, - Zahnfleischerkrankungen<br />

aufgehalten und in vielen Fällen<br />

ausgeheilt, - Lücken in der Zahnreihe<br />

durch festsitzenden, herausnehmbaren<br />

oder auf künstlichen Zahnwurzeln<br />

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Besuch angeht, so <strong>ist</strong> diese<br />

unbegründet. Durch eine kleine Spritze<br />

oder, in allerdings seltenen Fällen,<br />

durch eine Vollnarkose wird die Behandlung<br />

komplett schmerzlos gestaltet.<br />

Niemand muss heutzutage diesbezüglich<br />

Angst haben. Entscheidend für den<br />

langfr<strong>ist</strong>igen Zahnerhalt <strong>ist</strong> die regelmäßige<br />

Kontrolle der Zähne auch bei<br />

völliger Schmerzlosigkeit. Schmerzen<br />

sind immer ein Zeichen dafür, dass die<br />

Erkrankung schon fortgeschritten und<br />

eine schnelle, erfolgreiche Therapie<br />

oftmals nicht mehr möglich <strong>ist</strong>.


Vorwort<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

seit den späten achtziger Jahren des vorigen<br />

Jahrhunderts wurden unter dem Druck knapper<br />

werdender finanzieller Mittel in allen Bereichen<br />

der öffentlichen Verwaltung<br />

Anstrengungen unternommen, durch Veränderungen<br />

in Aufbau- und Ablauforganisationen<br />

effektiv arbeitende Strukturen zu<br />

schaffen. Die Zauberworte „Neue Steuerung“<br />

und „schlanker Staat“ öffneten den<br />

eingefahrenen Routinen in der Arbeit der Verwaltungen<br />

dem scharfen Wind betriebswirtschaftlichen<br />

Denkens. In allen Einrichtungen<br />

der öffentlichen Hand tauchten plötzlich<br />

neue Begriffe und die dazugehörenden Experten<br />

auf, um als verkrustet diagnostizierte<br />

Strukturen zu ändern und die jeweiligen Institutionen<br />

fit zu machen für angeblich bevorstehende<br />

Herausforderungen. Bei näherer<br />

Betrachtung bestanden diese in aller Regel<br />

darin, dass mit weniger Personal und geringeren<br />

Mitteln die gleiche Le<strong>ist</strong>ung wie vorher<br />

erbracht werden sollte. Welche grundsätzlichen<br />

Dinge hierbei zu beachten sind, Stichworte<br />

„Change Management“, „Personalsteuerung“,<br />

„Risiken von Veränderungen“,<br />

sollen in den folgenden Beiträgen näher beleuchtet<br />

werden.<br />

Nachhaltige finanzielle Engpässe in den<br />

Haushalten und veränderte Anforderungen<br />

an Staat und Verwaltungen lassen seit einiger<br />

Zeit die Notwendigkeit einer Neuorientierung<br />

im Management von öffentlichen<br />

Ressourcen, Prozessen und Dienstle<strong>ist</strong>ungen<br />

erkennen. Dabei steht die Hinwendung zu<br />

privatwirtschaftlichen Managementmethoden<br />

mit verstärkter Fokussierung auf die konkreten<br />

Ergebnisse und Wirkungen des<br />

Verwaltungshandelns im Vordergrund. <strong>Der</strong><br />

vorliegende Beitrag von Prof. Dr. Dennis Hilgers,<br />

Universität Hamburg, stellt hierfür einen<br />

konzeptionellen Bezugsrahmen unter besonderer<br />

Berücksichtigung der Reform des öffentlichen<br />

Haushalts- und Rechnungswesens<br />

vor. Er soll zugleich Grundlage und Impulsgeber<br />

für eine stärker empirisch ausgerichtete<br />

Forschung zum öffentlichen Haushaltsund<br />

Rechnungswesen sein.<br />

Fortschritt, Wandel, Technologisierung -im 21.<br />

Jahrhundert bleibt kaum ein Bereich des<br />

menschlichen Lebens unberührt von der rasenden<br />

technikgetriebenen Entwicklung.<br />

4 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

Diese Vergänglichkeit, diese (latente) Beschleunigung<br />

der sozialen Prozesse, dieser<br />

kontinuierliche Wandel sind heute Realität<br />

und bringen ihre positiven wie auch negativen<br />

Folgen mit sich. Auf welche Weise Unternehmenswandel<br />

und Unternehmenskultur in<br />

Zusammenhang zu bringen sind, und inwiefern<br />

das Konzept der Unternehmenskultur für<br />

die Führungsaufgabe Change Management<br />

fruchtbar zu machen <strong>ist</strong>- dies soll Thema und<br />

Inhalt des Artikels von Dipl.-Psych. Kerstin<br />

Herzog aus München auf den Seiten 16-26<br />

sein.<br />

Auf der Ebene der Landespolitik in Deutschland<br />

gehören kommunale Gebiets- und Funktionalreformen<br />

zu den möglichen Instrumentarien<br />

solcher Strukturveränderungen. In vielen<br />

deutschen Ländern wurden solche Reformen<br />

in den letzten Jahren durchgeführt oder<br />

deren Umsetzung <strong>ist</strong> geplant. Zu den weitestgehenden<br />

Reformansätzen zählte dabei<br />

die von der Landesregierung Mecklenburg-<br />

Vorpommern in Gang gesetzte umfassende<br />

Gebiets- und Funktionalreform. In einer Studie<br />

der Universität Potsdam, Seite 28, sollte<br />

der Prozess des Zusammenführens von Personal<br />

aus den Altkreisen und Personal aus<br />

Landesbehörden zu einer neuen kreislichen<br />

Behörde sowie die Beteiligung der Mitarbeiter<br />

an dieser Fusion analysiert und bewertet<br />

werden.<br />

Veränderungsprozesse und Anpassungen an<br />

veränderte Umweltbedingungen sind insgesamt<br />

nur schwer durch eine zentrale Instanz<br />

gezielt steuerbar. Sie gehorchen Regeln und<br />

Gesetzen, die nicht nach Belieben geändert<br />

werden können. Die Akteure vor Ort, die Polizeibeamten<br />

in den verschiedenen Positionen<br />

der Organisation, sind nicht nur<br />

Exekutivorgane, die man mit Erlassen füttert,<br />

die von ihnen dann maßstabsgetreu umgesetzt<br />

und abgearbeitet werden. Sie sind eingebunden<br />

in die vielfältigen organisationskulturellen<br />

Handlungskontexte ihres Berufs,<br />

sie haben ihre eigenen Interessen und Vorstellungen<br />

darüber, was richtig und angemessen<br />

<strong>ist</strong> und wie man die Dinge, die getan<br />

werden müssen, richtig und professionell erledigt.<br />

Sie verfügen über ein komplexes Betriebswissen,<br />

dass sie sich in den Jahren ihrer<br />

praktischen Tätigkeit und in der Zusammen-<br />

arbeit mit Kollegen angeeignet haben. Einen<br />

Teil der öffentlichen Verwaltung durch die<br />

Einführung betriebswirtschaftlicher Managementinstrumente<br />

modernisieren zu wollen,<br />

stößt vor allem dann auf Schwierigkeiten,<br />

wenn diese Veränderungsbemühungen auf<br />

eine starke Organisationskultur und damit<br />

auch auf eine ausgeprägte professionelle<br />

Identität treffen. Solche Organisationskulturen<br />

tendieren dazu, sich gegen Managementinterventionen<br />

zur Wehr zu setzen, und<br />

es <strong>ist</strong> in der Regel sehr schwer, die Denk- und<br />

Verfahrensweisen des Managementparadigmas<br />

mit den etablierten und sehr wirkungsmächtigen<br />

Wahrnehmungs-, Denk- und<br />

Verhaltensmustern solcher Professionskulturen<br />

in Übereinstimmung zu bringen. Wer<br />

glaubt, bei der Verwaltungsreform und bei<br />

der Einführung „Neuer Steuerungsinstrumente“<br />

darüber hinweggehen zu können,<br />

wird scheitern. <strong>Der</strong> vorliegende Artikel von<br />

Dr. Jochen Chr<strong>ist</strong>e-Zeyse, Vizepräsident der<br />

Fachhochschule der Polizei in Brandenburg<br />

auf Seite 56 geht der Frage nach, warum der<br />

Versuch der Verwaltungsmodernisierung in<br />

der Polizei auf derartige Schwierigkeiten<br />

stößt.<br />

In dem abschließenden Beitrag zu diesem<br />

Komplex beschäftigt sich Chr<strong>ist</strong>ian Barthel<br />

von der Deutschen Hochschule der Polizei in<br />

Münster mit der These: „Man kann keine Reform<br />

gegen die Mitarbeiter oder über ihre<br />

Köpfe hinweg durchsetzen“. Die Akteure vor<br />

Ort müssen ernst genommen und deren Betriebswissen<br />

als wichtiges Element jeder<br />

Form von Organisationsentwicklung begriffen<br />

werden. Dieser Artikel <strong>ist</strong> auf Seite 34<br />

nachzulesen.<br />

Ich wünsche Ihnen viel Spaß, informative Unterhaltung<br />

und Vergnügen beim Lesen, bei<br />

Bedarf können wir Ihnen weitere Exemplare<br />

dieser Ausgabe zur Verfügung stellen. Teilen<br />

Sie bitte dem Verlag die Anzahl der noch benötigten<br />

Hefte mit.<br />

Über Meinungsäußerungen und Leserbriefe<br />

würden wir uns sehr freuen.<br />

Ihre Redaktion


Management by performance – Konturen<br />

und Instrumente eines le<strong>ist</strong>ungsorientierten<br />

6 Verwaltungsmanagements<br />

Prof. Dr. Dennis Hilgers, Universität Hamburg<br />

Change Management –<br />

16 Unternehmenskultur und Führung<br />

Dipl-Psych. Kerstin Herzog, München<br />

27 Suchtprävention bei Bosch<br />

Mitarbeiterorientierte Personalsteuerung<br />

bei Gebiets- und Funktionalreformen<br />

von Landes- und Kommunalverwaltungen<br />

28 am Beispiel Mecklenburg Vorpommerns<br />

Dr. Chr<strong>ist</strong>iane Büchner, Universität Potsdam<br />

Gemeinwesenorientierte Polizeiarbeit<br />

34 und Organisationsentwicklung<br />

Dr. Chr<strong>ist</strong>ian Barthel,<br />

Deutsche Hochschule der Polizei, Münster<br />

Eine Stadt stellt sich vor -<br />

46 Schweinfurt<br />

Riskante Modernisierung starker<br />

56 Professionskulturen<br />

Dr. Jochen Chr<strong>ist</strong>e-Zeyse,<br />

Fachhochschule der Polizei Brandenburg<br />

Nicht süchtig, und doch abhängig<br />

– die Falle Co-Abhängigkeit<br />

Filmvorstellung - Mia und der<br />

63 Minotaurus<br />

KEINE MACHT DEN DROGEN<br />

Polizeireformen in Brandenburg<br />

68 und Thüringen<br />

84<br />

Inhalt<br />

Dezember<br />

Chaos Computer Club knackt<br />

70 «Bundestrojaner»<br />

74 Neue Dimension des Linksterrorismus<br />

Neues Zentrum im Kampf gegen<br />

77 Cyberkriminelle<br />

79 Internetfahnder Markus Nusser<br />

Die Pläne zur Reform der<br />

82 Sicherungsverwahrung<br />

83 Einsatz über den Wolken<br />

84 Polizeitaucher<br />

Min<strong>ist</strong>erien kommen nur langsam<br />

85 zu Facebook<br />

85 Drogenschmuggel im Knast<br />

87 Polizeibewerber 5 Jahre<br />

79<br />

70<br />

46


Management<br />

by Performance –<br />

Konturen und Instrumente<br />

eines le<strong>ist</strong>ungsorientierten<br />

Verwaltungsmanagements<br />

Dennis Hilgers<br />

Abstract<br />

Nachhaltige finanzielle Engpässe in den<br />

Haushalten und veränderte Anforderungen<br />

an Staat und Verwaltungen lassen seit einiger<br />

Zeit die Notwendigkeit einer Neuorientierung<br />

im Management von öffentlichen<br />

Ressourcen, Prozessen und Dienstle<strong>ist</strong>ungen<br />

erkennen. Dabei steht die Hinwendung zu<br />

privatwirtschaftlichen Managementmethoden<br />

mit verstärkter Fokussierung auf die konkreten<br />

Ergebnisse und Wirkungen des<br />

Verwaltungshandelns im Vordergrund. Die<br />

tatsächliche Diskussion und Entwicklung in<br />

öffentlichen Verwaltungen <strong>ist</strong> allerdings ganz<br />

überwiegend durch die weitgehend isolierte<br />

Übertragung und Anwendung einzelner Instrumente<br />

und Verfahren aus der (privatwirtschaftlichen)<br />

Managementlehre gekenn -<br />

zeichnet. Die in weiten Bereichen vorherrschende<br />

Komplexität der öffentlichen Le<strong>ist</strong>ungserstellung<br />

findet keine Berücksichtigung.<br />

Die Beurteilung der Eignung, Le<strong>ist</strong>ungsfähigkeit<br />

und Wirkung einzelner Instrumente<br />

unter Vernachlässigung der Einbindung<br />

in den komplexen Systemzusammenzusammenhang<br />

dürfte weitgehend unzureichend<br />

sein. <strong>Der</strong> vorliegende Beitrag stellt<br />

hierfür einen konzeptionellen Bezugsrahmen<br />

unter besonderer Berücksichtung der Reform<br />

des öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesens<br />

vor. Er soll zugleich Grundlage und<br />

Impulsgeber für eine stärker empirisch ausgerichtete<br />

Forschung zum öffentlichen Haushalts-<br />

und Rechnungswesen sein.<br />

Schlagworte (alphabetisch): Budgetierung,<br />

Integrierte Verbundrechnung, Komple-<br />

6 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

xität öffentlicher Le<strong>ist</strong>ungserstellung, Le<strong>ist</strong>ungs-messung,<br />

Öffentliches Haushalts- und<br />

Rechnungswesen, Performance Management<br />

1. Einleitung<br />

Seit Beginn der New Public Management<br />

(NPM) Bewegung in den 90er Jahren steht<br />

unmittelbar die Le<strong>ist</strong>ungssteuerung auf Basis<br />

einer systematischen Le<strong>ist</strong>ungsmessung auf<br />

der Reformagenda des öffentlichen Sektors. 1<br />

Das damit verbundene ökonomische Denken<br />

bzw. die Einbeziehung von Knappheitsproblemen<br />

in öffentliche Entscheidungen, verbunden<br />

mit der Festlegung von Prioritäten<br />

unterschiedlicher Le<strong>ist</strong>ungen bzw. Le<strong>ist</strong>ungsniveaus<br />

geht dabei einher mit der Anwendung<br />

privatwirtschaftlicher Managementmethoden.<br />

Dies umfasst insbesondere die<br />

Trennung von strategischer/politischer und<br />

operativer (Verwaltungs-) Entscheidung, den<br />

Perspektivenwechsel hin zur Markt- und Kundenorientierung<br />

sowie die Steuerung über<br />

Zielvereinbarungen auf Basis von Le<strong>ist</strong>ungsdaten.<br />

Auf nationaler Ebene werden diese<br />

Elemente des NPM insbesondere unter dem<br />

Begriff des Neuen Steuerungsmodells (NSM)<br />

vornehmlich für die kommunale Ebene seit<br />

geraumer Zeit diskutiert. 2<br />

Die in diesen Reformtendenzen der vergangenen<br />

Jahre erzielte Ausrichtung einer output-<br />

und damit le<strong>ist</strong>ungsorientierten Verwaltung,<br />

geht einher mit der Betonung der<br />

Ergebnisse und Wirkungen öffentlicher Aufgabenerfüllung,<br />

was zwangsläufig eine Fokussierung<br />

auf nicht-monetäre Aspekte und<br />

Handlungswirkungen öffentlicher Einheiten<br />

zur Folge hat. Im Sinne eines Performance<br />

Measurements 3 wird dabei der Aufbau und<br />

Einsatz mehrerer quantifizierbarer Kennzahlen<br />

und Indikatoren zu verschiedenen Le<strong>ist</strong>ungsdimensionen<br />

verstanden. Dies umfasst<br />

sowohl Individualle<strong>ist</strong>ung von Mitarbeitern,<br />

aber auch von Gruppen im Sinne einer Kollektivle<strong>ist</strong>ung<br />

von Organisationseinheiten<br />

und Bereichen. Werden diese erhobenen und<br />

bewerteten Le<strong>ist</strong>ungsdaten als Informationsgrundlage<br />

in einem strategischen Managementprozess<br />

zur Zielbildung, Planung,<br />

Steuerung und Kontrolle der Le<strong>ist</strong>ung und der<br />

Le<strong>ist</strong>ungspotentiale in einer Organisation<br />

eingesetzt, so <strong>ist</strong> von Performance Management<br />

die Rede. 4 Dabei <strong>ist</strong> aber das Performance<br />

Management keine Alternative zur<br />

klassischen Inputorientierung sondern „lediglich“<br />

die zweite Seite ein und derselben<br />

Medaille. Ressourcen- und Performance Management<br />

sind als eine Einheit zu begreifen.<br />

Von daher geht es neben dem klassischen<br />

Ressourcen Management nicht nur um die<br />

Einbeziehung der Le<strong>ist</strong>ungsorientierung sondern<br />

besonders auch um die zeitliche und<br />

sachliche Integration beider Komponenten in<br />

einen einheitlichen Bezugsrahmen.<br />

Nach einer Einführung zu den Besonderheiten<br />

des Le<strong>ist</strong>ungsbegriffs im öffentlichen Sektor<br />

zielt dieser Beitrag zunächst darauf ab, zu<br />

strukturieren, durch welche Instrumente Le<strong>ist</strong>ungsmessung<br />

und Le<strong>ist</strong>ungssteuerung in der<br />

Praxis umgesetzt wird. Dies geschieht unter<br />

Berücksichtigung der gegenwärtigen Literatur,<br />

die durch eine weitgehend isolierte Entwicklung,<br />

Implementierung und Analyse von<br />

einzelnen Steuerungsinstrumenten wie etwa<br />

Kostenrechnung, Produktkataloge oder Wirkungsrechnungen<br />

gekennzeichnet <strong>ist</strong>. Anschließend<br />

werden der Umsetzungsstand<br />

und die zukünftig zu erwartende Entwicklung<br />

der Le<strong>ist</strong>ungssteuerung in Deutschland<br />

aufgezeigt. Aufgrund der bisherigen Vernachlässigung<br />

der Komplexität öffentlicher Le<strong>ist</strong>ungserstellung<br />

wird anschließend unter<br />

besonderer Berücksichtigung der bisherigen<br />

Reform des öffentlichen Haushalts- und


Rechnungswesens ein konzeptioneller Bezugsrahmen<br />

zur Verknüpfung öffentlicher<br />

Le<strong>ist</strong>ungserstellung mit der Ressourcen- und<br />

der Wirkungsebene vorgestellt. Er stellt eine<br />

geeignete theoretische Grundlage für die<br />

notwendige empirische Analyse der Le<strong>ist</strong>ungsfähigkeit<br />

und Weiterentwicklung bisheriger<br />

Steuerungsinstrumente und deren<br />

notwendige Integration in einen komplexen<br />

Gesamtzusammenhang dar.<br />

2. Le<strong>ist</strong>ungsverständnis im<br />

Öffentlichen Sektor<br />

Für eine Le<strong>ist</strong>ungsbetrachtung öffentlicher<br />

Verwaltungen fließen vor allem die mengenund<br />

zeitmäßige Ausprägung der abgegebenen<br />

Le<strong>ist</strong>ungen, ihre Qualität und die mit der<br />

Le<strong>ist</strong>ung erzielten Wirkungen als Le<strong>ist</strong>ungsmerkmale<br />

in die Betrachtung ein. 5 Soll die<br />

Orientierung an Outputgrößen verwaltungsintern<br />

zu einer wirksamen und dauerhaften<br />

Neuorientierung im Sinne eines gesteigerten<br />

Le<strong>ist</strong>ungsbewusstseins führen, sind die definierten<br />

mengen- und qualitätsorientierten<br />

Vorgaben außerdem um Prozessgrößen zu<br />

ergänzen, da erst durch Abbildung und<br />

Quantifizierung von Arbeitsabläufen auch<br />

eine Optimierung der verwaltungsinternen<br />

Prozesse ermöglicht wird. Dies führt in Konsequenz<br />

zu einer Verknüpfung mit bzw. zu<br />

einer Betonung eines öffentlichen Wertschöpfungsprozesses.<br />

6 Während der private<br />

Unternehmenssektor schon seit geraumer<br />

Zeit das Prozessdenken in den Vordergrund<br />

stellt, dominiert nach wie vor im öffentlichen<br />

Sektor das klassische Strukturdenken. Dies<br />

erklärt dann auch, dass die Organisations-<br />

/Personalstruktur zur bestimmenden Größe<br />

für die Le<strong>ist</strong>ung gemacht wird und nicht zur<br />

als von der Le<strong>ist</strong>ung abhängigen Variable.<br />

Aus dieser Erkenntnis, den Fokus vermehrt<br />

auf die Erreichung der Ergebnisse des Verwaltungshandelns<br />

und damit auf den Output<br />

und dessen Wirkungen, den Outcome zu<br />

legen, resultiert der Ansatz der wirkungsorientierten<br />

7 bzw. outputorientierten Verwaltungssteuerung,<br />

wie sie bspw. aus der<br />

Schweiz 8 (WoV, FLAG), den USA 9 (GPRA) oder<br />

Neuseeland 10 (MfO) bekannt <strong>ist</strong>.<br />

Gerade die Fokussierung auf die Konsequenzen,<br />

Wirkungen und den mengenmäßigen<br />

Output des Verwaltungshandelns bringt im<br />

Vergleich zum inputorientierten Verständnis<br />

Vorteile, da diese den politischen Entscheidungsträger<br />

zur Formulierung klarer Le<strong>ist</strong>ungsvorgaben<br />

zwingen und der Transparenz<br />

von Zielvorstellungen dienen. Außerdem bilden<br />

sie – wenn hinreichend operationalisiert<br />

– die Basis für Kostenvergleiche und damit<br />

die Vorraussetzung für eine Analyse von Kos-<br />

tenabweichungen bei gleichem Le<strong>ist</strong>ungsprofil.<br />

Weiterhin unterstützt eine solche Perspektive<br />

die Honorierung der ökonomischen<br />

und ambitioniert erbrachten Le<strong>ist</strong>ungsergebnisse<br />

(Anreizsystem) und ermöglicht eine<br />

Feststellung des Zielerreichungsgrades im<br />

Sinne eines Soll/Ist-Vergleichs z.B. für ein personenbezogenes<br />

oder organisationsweites<br />

Kontraktmanagement.<br />

Charakter<strong>ist</strong>isch für die öffentliche Le<strong>ist</strong>ungserstellung<br />

<strong>ist</strong> in weiten Bereichen ihr hoher<br />

Komplexitätsgrad. Dessen Handhabung erfordert<br />

eine systematische und fundierte<br />

Strukturierung von Le<strong>ist</strong>ungen, die hierfür erforderlichen<br />

Ressourcen und Prozesse sowie<br />

die geplanten bzw. erreichten Wirkungen.<br />

Diese lassen sich nur dann – empirisch –<br />

sinnvoll als Partialproblem analysieren, wenn<br />

deren Lösungsansätze in einen Gesamtzusammenhang<br />

integriert werden.<br />

Abbildung 1 verdeutlicht die angesprochene<br />

Komplexität öffentlicher Le<strong>ist</strong>ungserstellung<br />

und dient als konzeptioneller Bezugsrahmen<br />

z.B. für den Aufbau eines Informationssystems<br />

zur Steuerung von Input (Ressourcen),<br />

Output (Maßnahmen, die diesen Ressourcenverbrauch<br />

verursachen) und Outcome (Ziele<br />

und Wirkungen, die mit den Maßnahmen anvisiert<br />

werden).<br />

Auf der Ebene der Effektivität geht es dabei<br />

um die Abstimmung durch Ziele zwischen Politik<br />

und öffentlicher Einheit. Effektivität <strong>ist</strong><br />

das Verhältnis geplanter Ziele bzw. des erbrachten<br />

Outputs zum tatsächlich realisierten<br />

Zielerreichungsgrad und damit der<br />

Wirkung des Verwaltungshandelns (Outcome).<br />

Bei der Ermittlung der Effektivität<br />

handelt es sich in der Regel um schlecht<br />

strukturierte Probleme, die durch eine sukzessive<br />

Entwicklung von Kennzahlen bzw. Indikatoren<br />

strukturiert werden müssen.<br />

Zielbildung und Zielvorgaben mit der entsprechenden<br />

Bereitstellung von Ressourcen<br />

zur Zielerreichung sind Gegenstand von Kontrakten<br />

zwischen Politik und Verwaltung. Allerdings<br />

sind die Ziele und damit die<br />

Effektivitätsebene sehr stark geprägt durch<br />

politische Rationalitäten, d.h. durch die auf<br />

politische Machterhaltung bzw. Machterweiterungsstrategien<br />

ausgerichtete wenig operable<br />

und damit im nachhinein nur schwer<br />

überprüfbare allgemeine Vorgaben. Konkrete<br />

Zielvorgaben beinhalten das Risiko des politischen<br />

Scheiterns zu Gunsten der politischen<br />

Gegner.<br />

Auf der Ebene der Effizienz sind diese Ziele<br />

vorgegeben, und es werden die geeigneten<br />

Abbildung 1: Prozessmodell öffentlicher Wertschöpfung von Ressourcen und Le<strong>ist</strong>ungen<br />

Eigene Darstellung<br />

Maßnahmen in Form von Input (Ressourceneinsatz)<br />

bzw. Output (Ergebnissen/Le<strong>ist</strong>ungen<br />

bzw. Produkten) festgelegt. Die Effizienz<br />

bezieht sich auf die Relation eines Outputs<br />

mit den dafür erforderlichen Ressourcen (z.B.<br />

Kosten). Bewertungsmaßstab sind zudem die<br />

Zielwirkungen der Maßnahmen einschließlich<br />

der Berücksichtigung von Qualitätsvorgaben.<br />

Das Bewertungsproblem <strong>ist</strong> im<br />

Vergleich zur Effektivität besser strukturiert.<br />

Es geht hier weniger um politische Rationalitäten<br />

sondern um eine Managementrationalität.<br />

11<br />

Auf der Ebene der Kostenwirtschaftlichkeit<br />

(Economy) geht es um das Verhältnis zwischen<br />

eingesetzten, notwendigen Ressourcen<br />

und den damit in Zusammenhang<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 7


stehenden Kosten. Hier steht neben dem<br />

Outcome auch der Output fest, z.B. in Form<br />

der zu erstellenden öffentlichen Le<strong>ist</strong>ung. Im<br />

Idealfall sind diese und ihre qualitativen<br />

Standards eindeutig als fixe Größen vorgegeben.<br />

Damit geht es bei diesem vergleichsweise<br />

gut strukturierten Problem rein<br />

operativ um die konkrete Ausgestaltung des<br />

Le<strong>ist</strong>ungsprozesses. Bewertungskriterium <strong>ist</strong><br />

der Ressourcenverbrauch, d.h. es geht um die<br />

wirtschaftliche Steuerung des Ressourceneinsatzes<br />

im Sinne des ökonomischen Prinzips<br />

als Minimalprinzip (eine vorgegebene Le<strong>ist</strong>ung<br />

mit möglichst geringem Ressourceneinsatz<br />

erzielen). Es handelt sich auf dieser<br />

Ebene um ökonomische Rationalität. Das<br />

Problem besteht jedoch primär in der Ermittlung<br />

eines sinnvollen Vergleichsmaßstabes,<br />

also der Ermittlung von Sollkosten, um im<br />

Rahmen von Soll-Ist-Vergleichen Aussagen<br />

darüber machen zu können, inwieweit der<br />

Realisationsprozess wirtschaftlich vollzogen<br />

worden <strong>ist</strong>. Die Erfassung des Inputs vor<br />

allem durch Maßgrößen zur Abbildung des<br />

Ressourcenverbrauchs auf der operativen<br />

Ebene führt dann zu der Forderung nach<br />

einem integrierten Rechnungssystem auf<br />

Basis der kaufmännischen Buchführung (z.B.<br />

im Sinne der integrierten Verbundrechnung).<br />

Zur Systematisierung und Herleitung von Effizienzgrößen<br />

und zur Verknüpfung von Inputs,<br />

Outputs und Outcomes bedient sich das<br />

hier zugrunde gelegte Modell eines mechan<strong>ist</strong>ischen<br />

Ansatzes, der sich auch im Sinne<br />

einer Produktionsfunktion begreifen lässt.<br />

Gerade die Komplexität und Vielschichtigkeit<br />

öffentlicher Verwaltungen bedingen als ersten<br />

Schritt einer Klassifikation von Input- und<br />

besonders Outputgrößen, damit Effizienzaussagen<br />

von Verwaltungseinheiten überhaupt<br />

erst ermöglicht werden. Die Systematisierung<br />

z.B. in Produkte und die damit in Zusammenhang<br />

stehende Herleitung von Kennzahlen<br />

und Indikatoren <strong>ist</strong> ein Schritt in diese Richtung<br />

in der deutschen kommunalen Reformpraxis.<br />

12<br />

DS Sven Oppermann<br />

Zahnarzt<br />

DH Katja Hartmann<br />

Dentalhygienikerin<br />

Clausstraße 76 – 80<br />

09126 Chemnitz<br />

Tel. 03 71 / 51 03 74<br />

8 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

Neben den Outcomes, die letztlich die Effektivität<br />

des Verwaltungshandelns bestimmen<br />

und in direktem Bezug zur Zielsetzung stehen<br />

13 , stehen am Ende der Prozesskette des<br />

hier vorgestellten Bezugsrahmens die Einflüsse<br />

auf Bürger und Politik. „The ultimate<br />

ambition is to guarantee a functional level of<br />

trust by the members of a „res publica“ in<br />

the State in all its institutions and organizations,<br />

but especially in its public institutions<br />

and organizations.“ 14 Neben der Herausforderung<br />

den Zusammenhang zwischen Output<br />

und Outcome darzustellen und zu<br />

operationalisieren, besteht ebenfalls der Anspruch,<br />

die Verbindung zwischen Outcome<br />

und Trust (Vertrauen) sowie die daraus resultierenden<br />

Veränderungen in einem politischdemokratischen<br />

Abstimmungsprozess<br />

messbar zur gestalten. Neben der Würdigung<br />

der Mikroebene (Effizienz) und Ausführungen<br />

zur nicht ganz leichten Operationalisierung<br />

von Wirkungen (Mesoebene) <strong>ist</strong> gerade der<br />

bisher in der Literatur weitgehend vernachlässigte<br />

Fokus auf die Makroebene und das<br />

damit in Beziehung stehende Verhältnis zwischen<br />

Vertrauen und Zutrauen des Bürgers<br />

gegenüber öffentlichen Verwaltungen und<br />

Behörden weitgehend außer Acht gelassen<br />

worden. 15 Doch gerade auf dieser Ebene besteht<br />

die große Herausforderung, auch zukünftig<br />

Rechtstaatlichkeit und den Bestand<br />

des gesamten politisch-admin<strong>ist</strong>rativen Systems<br />

sicherzustellen. „No country is immune<br />

to a decline in trust. […] Optimal levels of<br />

trust and confidence are functional because<br />

this helps to define optimal control systems<br />

which are the indispensable complement to<br />

make systems function.“ 16 Die Berücksichtigung<br />

dieser Größen <strong>ist</strong> somit gerade unter<br />

dem Gesichtspunkt einer Stakeholderorientierung<br />

elementarer Bestandteil eines ganzheitlichen<br />

Ansatzes zur Erfassung der<br />

öffentlichen Le<strong>ist</strong>ungserstellung. In diesem<br />

Sinne wird der Performance Begriff in der internationalen<br />

Fachdiskussion verwandt für<br />

die Konsequenzen von effizienten und/oder<br />

effektiven Handlungen auf allen Le<strong>ist</strong>ungs-<br />

und Entscheidungsebenen einer Organisation<br />

vor dem Hintergrund der Berücksichtigung<br />

pluraler (Stakeholder-)Interessen und<br />

heterogener Zielorientierung. 17 In diese Richtung<br />

weisen auch die Gedanken bereits bekannter<br />

Mehrebenenkonzepte (3-E- sowie<br />

5-E-Konzept 18 ), allerdings erweitert um Stakeholderinteressen<br />

und daraus abgeleiteten<br />

Zielen und Strategien aus politisch-admin<strong>ist</strong>rativer<br />

Sicht sowie aus Bürgerperspektive.<br />

Charakter<strong>ist</strong>isch sind aber die unmittelbar<br />

mit dem Performance Begriff zusammenhängenden<br />

Eigenschaften von Effizienz und Effektivität<br />

des Verwaltungshandelns, so dass<br />

zunehmend zur Abbildung bzw. Beeinflussung<br />

derer der Begriff des Performance Measurements<br />

bzw. des Performance<br />

Managements verwandt wird. Um die Relevanz<br />

des Themas für die öffentliche Verwaltung<br />

weiter zu vertiefen, wird im Folgenden<br />

näher auf die Funktionsfelder und konkreten<br />

Instrumente Bezug genommen.<br />

3. Grundlagen und<br />

Instrumente des Performance<br />

Managements<br />

Die Erfassung, Beschreibung und Bewertung<br />

eines effektiven und effizienten Verwaltungshandelns<br />

im Sinne eines Performance Measurements<br />

<strong>ist</strong> im Grunde nur ein Aspekt eines<br />

wesentlich umfangreicheren Performance<br />

Management Ansatzes. 19 Auch im öffentlichen<br />

Kontext dient Performance Measurement<br />

als (Informations-)Basis zur Steuerung,<br />

Planung, Budgetierung, Berichtslegung und<br />

Personalführung von Verwaltungen. Performance<br />

Management steht darauf aufbauend<br />

für einen gesamten, strategieorientierten<br />

Managementprozess einer le<strong>ist</strong>ungs- und<br />

wirkungsorientierten Verwaltungssteuerung,<br />

unter Berücksichtigung von Stakeholderinteressen,<br />

besonders von heutigen und zukünftigen<br />

Bürgerbedürfnissen. Die gerade im<br />

öffentlichen Zusammenhang vielfach synonym<br />

vorzufindende Verwendung von Perfor-


Ammons (1996) Matheson (1998) Streib/Po<strong>ist</strong>er (1999) Greiling (2005)<br />

� Accountability<br />

� Planning and<br />

Budgeting<br />

� Operational<br />

improvement<br />

� Program<br />

evaluation<br />

� Performance<br />

appraisal<br />

� Reallocation of<br />

resources<br />

� Monitor contracts<br />

� Quality<br />

improvement<br />

� incentives for good<br />

performance<br />

� budget and<br />

management systems<br />

which support performance<br />

� responsible<br />

managers<br />

� clarity of role<br />

� clarity of<br />

purpose<br />

� accountability and<br />

transparency<br />

� appropriate staff<br />

capability<br />

� culture and<br />

value aligned with organizational<br />

performance<br />

Abbildung 2: Begründungen und Inhalte des Performance Managements für öffentliche Verwaltungen<br />

mance Measurement und Performance Management<br />

<strong>ist</strong> dadurch zu erklären, dass Le<strong>ist</strong>ungsmessung<br />

und -erhebung in nahezu<br />

untrennbarem Verhältnis zur Verwendung<br />

dieser Le<strong>ist</strong>ungsdaten, steht. Pollitt charakterisiert<br />

Performance Management im Rahmen<br />

eines zyklischen Managementprozesses beispielsweise<br />

in fünf Teilprozessen im Sinne<br />

eines Strategie- und Zielbildungsprozess, der<br />

Verantwortungsbildung und Verantwortungszuweisung,<br />

des Performance Measurements,<br />

der Analyse und Informationsfeed back als<br />

� Improvements in the accountability of<br />

individual managers<br />

� Improvements in the level of employee focus on<br />

organizational goals<br />

� Improvements in service quality<br />

� Improvements in the quality of decisions or<br />

decision-making capacity<br />

� Changes in the focus or emphasis of programs<br />

� Improvements in<br />

community relations<br />

� Reductions in the cost<br />

of city operations<br />

� Improvements in the relationship between<br />

admin<strong>ist</strong>rators and elected officials<br />

� Improvements in the objectivity of personnel<br />

performance appraisals<br />

� Changes in program priorities<br />

� Changes in budget<br />

allocations to departments or programs<br />

� Improvements in the level of employee motivation<br />

Holzer/Kloby (2005) Halachmi (2005) Bouckaert/Halligan (2008)<br />

� Establishing goals<br />

and measuring results<br />

� Estimating and<br />

justifying resource<br />

requirements<br />

� Budgeting and<br />

reallocating resources<br />

� Developing organization-improvement<br />

strategies<br />

� Measuring for<br />

performance<br />

� Managing for quality<br />

� Developing human<br />

resources<br />

� Adapting technologies<br />

� Building partnerships<br />

The flair of performance management initiatives around the<br />

globe towards the end of the 20th century have been attributed<br />

to reasons such as:<br />

• A need to review the allocation of resources rigorously<br />

due to the inability of many governments to generate new<br />

sources of revenue to underwrite the growing cost of ex<strong>ist</strong>ing<br />

programs and ser-vices or to finance new ones<br />

• Demands by a better educated public, in the aftermath of<br />

scandals concerning waste and corruption, for information<br />

about the use of tax money<br />

• The evolution of a global village in which a report about an<br />

alleged good practice<br />

• In one place may generate local media reports influencing<br />

public opinion in favour of imitating and transplanting such<br />

a desired practice<br />

• Pressure from donor states and international organizations,<br />

such as the World Bank, on governments of developing<br />

countries to introduce such measures to facilitate<br />

better decisions by donors<br />

• The desire of legislatures to re-establish their credibility<br />

and accountability and create solutions to serious social<br />

issues.<br />

Grundlage der Entscheidungsfindung und der<br />

externer Rechenschaftslegung. 20 <strong>Der</strong> innere<br />

Führungskreis von Messung, Auswertung und<br />

Handlung wird somit durch einen umhüllenden<br />

Strategieprozess begleitet. Gerade hier<br />

liegt die besondere Herausforderung des Themas.<br />

Je genauer, detaillierter und verfügbarer<br />

Performance Informationen vorliegen, desto<br />

umfassender scheint eine Strategie notwendig<br />

zu sein, um zu entscheiden, wie mit den<br />

neu gewonnenen Informationen zu verfahren<br />

und umzugehen <strong>ist</strong>.<br />

� Obligatory or voluntary<br />

reporting<br />

� Modernising public<br />

budgeting<br />

� Contract management<br />

� Inter-admin<strong>ist</strong>rative<br />

comparison/<br />

benchmarking<br />

� Internal diagnosis<br />

system<br />

� Strategic management<br />

system<br />

For ideal types of managing performance:<br />

� Performance Admin<strong>ist</strong>ration,<br />

� Managements of Performance<br />

� Performance Management<br />

� Performance Government.<br />

Performance Management means:<br />

� Adding legitimacy to technicality and<br />

functionality<br />

� Shifting from a closed to an open and to<br />

an bottom-up measurement system<br />

� Shifting to individual indicators<br />

� Quality control of measuring systems<br />

(performance of measurement)<br />

� Quality management models<br />

� Comparing results (benachmarking)<br />

� Learning to improve<br />

� Development by external and pro-active<br />

change<br />

Wie die dargestellte Gegenüberstellung<br />

zeigt, lassen sich die Anforderungen an eine<br />

le<strong>ist</strong>ungsorientierte Verwaltungssteuerung<br />

im Sinne eines Performance Managements in<br />

der internationalen Diskussion der vergangenen<br />

Jahren mit dem Anspruch auf mehr<br />

Transparenz und Verantwortungsübernahme<br />

des Verwaltungshandelns (accountability) zusammenfassen.<br />

Untrennbar sind mit diesem<br />

Thema die generellen Bestrebungen zur Wiederkehr<br />

eines handlungsorientierten Rationalismus,<br />

im Sinne einer Kosten-,<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 9


Dimensionierungs- und Aufgabenkritik öffentlicher<br />

Wertschöpfung verbunden. Dies<br />

bedeutet insbesondere die Einführung von<br />

effizienteren Ansätzen einer auf öffentliche<br />

Zwecke ausgerichteten öffentlicher Rechnungslegung<br />

(finanzwirtschaftliches Performance<br />

Measurement) und damit<br />

verbundener (politischer) Verantwortungsübernahme<br />

(Rechenschaftslegung bezüglich<br />

der Verwendung von Ressourcen) sowie die<br />

Verbesserung und Modernisierung der internen<br />

Verwaltungsabläufe und die Entwicklung<br />

einer real<strong>ist</strong>ischen, performanceorientierten<br />

Vergütungspolitik. 21 Diese Funktionen und<br />

Begründungen werden im Folgenden und ableitend<br />

aus oben dargestellter Übersicht als<br />

Instrumente des Performance Managements<br />

(auf Basis eines Performance Measurements)<br />

dargestellt. Sie dienen im Folgenden als<br />

Übersicht und analytischen Rahmen dessen,<br />

was in Deutschland als Performance Management<br />

zu verstehen <strong>ist</strong>.<br />

Outputorientierte Budgetierung<br />

Die in der Vergangenheit angewandten Verfahren<br />

zur Planung und Bewirtschaftung von<br />

Haushaltsmitteln stellen eine inputorientierte<br />

Budgetierung dar. Nachteil der inputorientierten<br />

Budgetierung und unmittelbar verbunden<br />

mit der Kameral<strong>ist</strong>ik <strong>ist</strong> unter<br />

anderem die Tendenz zur jährlichen Fortschreibung<br />

einmal bewilligter Ausgaben,<br />

ohne immer wieder zu hinterfragen, in welcher<br />

Art und Weise sich das Ergebnis des öffentlichen<br />

Le<strong>ist</strong>ungserstellungsprozess<br />

verändert hat. In enger Beziehung damit<br />

steht bei der inputorientierten Budgetierung<br />

der fehlende Zusammenhang zwischen der<br />

getrennt stattfindenden Planung öffentlicher<br />

Aufgaben und Maßnahmen und der Festsetzung<br />

der Ausgaben für ein Haushaltsjahr. 22<br />

Die outputorientierte Budgetierung hingegen<br />

we<strong>ist</strong> die Finanzmittel in Abhängigkeit des<br />

Ergebnisses des Le<strong>ist</strong>ungserstellungsprozesses<br />

in Relation zu den erzielten Outputs,<br />

unter Umständen sogar in Relation zu er-<br />

10 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

reichten Outcomes (wirkungsorientierte Budgetierung)<br />

zu. 23<br />

Le<strong>ist</strong>ungsorientiertes Kontraktmanagement<br />

und Entlohnung<br />

Die Zuweisung von Finanzmitteln verbunden<br />

mit konkreten Le<strong>ist</strong>ungsvorgaben wird zunehmend<br />

zu einen systemimmanenten Element<br />

von Zielvereinbarungen bzw. Teil des<br />

Kontraktmanagements zwischen Organisationseinheiten<br />

und zunehmend auch zwischen<br />

Organisationsmitgliedern. 24 Damit nimmt<br />

eine neue Kultur des Vertragswesens Einzug<br />

in die öffentliche Verwaltung. 25 Abgesehen<br />

von grundsätzlichen Fragen 26 bezüglich Motivationsaspekten,<br />

Wirksamkeit und Verhaltensänderung<br />

bei der Umstellung auf eine<br />

le<strong>ist</strong>ungsorientierte Entlohnung unter Berücksichtigung<br />

der Besonderheiten des öffentlichen<br />

Sektors, steht vor allem die Frage<br />

nach Ansätzen und Instrumenten zur individuellen<br />

Le<strong>ist</strong>ungserfassung und zur organisationalen<br />

Erfolgsbewertung auf der Agenda.<br />

Neben individuellen, aufgaben- und einrichtungsspezifischen<br />

Einstufungsverfahren auf<br />

Mitarbeiterebene besteht auch hier die Forderung<br />

an ein Performance Measurement,<br />

die durch Mitarbeiterhandeln erzielten Ergebnisse<br />

und Wirkungen des Verwaltungshandelns<br />

zu erfassen und an das Lohn- und<br />

Gehaltsniveau zu koppeln – eine internationale<br />

Entwicklung, die mittlerweile in einem<br />

Großteil der OECD Länder Einzug genommen<br />

hat. 27<br />

Performanceorientiertes Berichtswesen<br />

Berichtslegung im Sinne einer Value-formoney<br />

Darstellung, Informationen über Umsetzung,<br />

Wirkung und Zielerreichung<br />

öffentlicher Aufgaben, Qualitätsanalysen und<br />

Tätigkeitsberichte sind in jüngster Vergangenheit<br />

zentrale Mittel zur Transparenzerhöhung<br />

und Rechenschaftslegung. 28 <strong>Der</strong><br />

klassische Wunsch nach effizienter Verwaltung<br />

und demokratischer, nachvollziehbarer<br />

und transparenter Politik verdeutlicht sich in<br />

diesen Ansprüchen an ein Berichtswesen,<br />

welches sich insbesondere von der rein finanziellen,<br />

inputorientierten, haushaltsbezogenen<br />

Berichtserstattung, hin zu Auswirkungen<br />

und Ergebnissen wandelt. 29 Aus politischer<br />

Sicht besteht dabei die Hoffnung, durch Darstellung<br />

monetärer, als auch nicht-monetärer<br />

Performance Größen des Le<strong>ist</strong>ungserstellungsprozesses<br />

der öffentlichen Verwaltungen,<br />

die Bereitschaft des Bürgers zu erhöhen,<br />

sich im politischen Willensbildungsprozess,<br />

z.B. durch Beteiligung an Wahlen aufgrund<br />

neu gewonnener Transparenz aktiv(er) zu beteiligen.<br />

30 Neben dieser externen Perspektive<br />

nimmt das Berichtswesen auch im admin<strong>ist</strong>rativen<br />

Steuerungsprozess im Sinne eines<br />

„management reportings“ an Bedeutung<br />

zu. 31<br />

Verwaltungsinterne und verwaltungsübergreifende<br />

Le<strong>ist</strong>ungsvergleiche<br />

Produkte, Dienstle<strong>ist</strong>ungen, Prozesse und<br />

Methoden betrieblicher Funktionen über<br />

mehrere Organisationseinheiten hinweg zu<br />

vergleichen bietet die Chance, Wettbewerbssituationen<br />

bspw. gegenüber anderen Abteilungen<br />

bzw. Verwaltungen zu simulieren und<br />

den behördenweiten Erfahrungsaustausch zu<br />

stimulieren. 32 Hierbei besteht ein wesentlicher<br />

Erfolgsfaktor darin, Verwaltungsprodukte<br />

in Hinsicht auf den jeweiligen Ressourcenverbrauch,<br />

Quantität und Qualität<br />

vergleichbar zu machen bzw. Behördenle<strong>ist</strong>ungen<br />

über Aufgaben-, Prozess- und Produkttypologisierungen<br />

zu standardisieren. 33<br />

Neben der gemeinsamen, arbeitsteiligen Entwicklung<br />

von Kennzahlen und operationalisierten<br />

Zielen und der damit verbundenen<br />

Aufdeckung von Hinweisen für Optimierungspotentiale<br />

<strong>ist</strong> besonders der Lern- und<br />

Erkenntnisgewinn durch Benchmarking-Vorhaben<br />

herauszustellen. Verwaltungsinterne<br />

und verwaltungsübergreifende Le<strong>ist</strong>ungsvergleiche,<br />

mit dem Ziel des Adaptierens von<br />

Methoden zur Problemlösung und des Imitierens<br />

hervorragenden Ergebnisse Anderer<br />

�����������������������<br />

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�������������������������������������<br />

��������������������������<br />

��������������������������������������<br />

���������������<br />

�����������������������������������������<br />

���������������������������������<br />

��������������������������������������������


<strong>ist</strong> somit Bestandteil eines intensiven organisationalen<br />

Lernprozesses.<br />

Reformiertes öffentliches Rechnungswesen<br />

Das öffentliche Haushaltshalts- und Rechnungswesen<br />

in Deutschland befindet sich gegenwärtig<br />

in einem fundamentalen Umbruch,<br />

wenngleich die Reformdiskussion und<br />

Reformentwicklung in Deutschland sich bisher<br />

weitgehend auf die Reform des öffentlichen<br />

Rechnungswesens zugunsten eines<br />

kaufmännischen Rechungswesens konzentriert<br />

hat. 34 Die Kameral<strong>ist</strong>ik trägt dabei den<br />

Anforderungen an ein zukunftsorientiertes,<br />

le<strong>ist</strong>ungsfähiges Informationssystem öffentlicher<br />

Verwaltungen nicht mehr Rechnung.<br />

Sie gibt zwar sehr genau Auskunft über die<br />

Zahlungsvorgänge während einer Haushaltsperiode,<br />

liefert aber keine Informationen über<br />

die tatsächliche Vermögens- und Schuldensituation<br />

sowie über den jeweiligen Vermögensverbrauch,<br />

Kosten der Verwaltungsaktivitäten<br />

und die zukünftige Ertragskraft<br />

und Le<strong>ist</strong>ungsfähigkeit einer Gebietskörperschaft.<br />

4. Konzeptioneller Bezugsrahmen<br />

und Umsetzungsstand<br />

Die konsequente Erfassung von Ergebnissen<br />

und Wirkungen des Verwaltungshandelns<br />

und die damit verbundene Gegenüberstellung<br />

mit den dafür notwendigen Ressourcen<br />

im Sinne einer Effizienz- und Kostenwirtschaftlichkeitsbetrachtung<br />

stellt zunächst unmittelbar<br />

die Frage nach der Ausgestaltung<br />

eines Informationssystems für öffentliche<br />

Einheiten und der damit verbundenen Aussagequalität<br />

bzgl. des Ressourcenverbrauchs<br />

und des Mitteleinsatzes. Im Sinne eines finanzwirtschaftlichen<br />

Performance Measurements<br />

mit inhärentem Bezug zur Stakeholderorientierung<br />

(z.B. in Fragen der intergenerative<br />

Gerechtigkeit) geht es dabei besonders<br />

um die Frage, mit welchen<br />

finanziellen Konsequenzen in Bezug auf Verschuldung<br />

und sonstigen Verpflichtungen gegenüber<br />

heutigen und zukünftigen Generationen<br />

das anvisierte öffentliche Le<strong>ist</strong>ungsangebot<br />

umzusetzen <strong>ist</strong>. Darüber hinaus besteht<br />

ein notwendiger Bedarf nach Informationen<br />

zur Abbildung der Inputseite, die<br />

ein reformiertes kaufmännisches Rechnungswesen<br />

mit vertretbarem Aufwand am Besten<br />

zur Verfügung zu stellen scheint. 35 So sind<br />

beispielsweise für den ersten Schritt einer<br />

outputorientierten Budgetierung von Verwaltungseinheiten,<br />

z.B. auf Basis von Kostenund<br />

Mengeneinheiten (accrual budgeting)<br />

entsprechende Kosteninformationen herzuleiten<br />

und diese für die unter- bzw. mehrjäh-<br />

rige Finanz- und Ergebnis-/Haushaltsplanung<br />

anzuwenden. Es besteht somit in letzter Konsequenz<br />

ein Bedarf nach einem integrierten<br />

Rechnungssystem auf Basis der kaufmännischen<br />

Buchführung (accrual accounting)<br />

durch das valide Effizienz- und Effektivitätsaussagen<br />

im Sinne einer Performance Betrachtung<br />

erst ermöglicht werden.<br />

Die Drei-Komponenten-Rechnung basiert auf<br />

der Doppik und besteht aus drei integrierten<br />

Modulen, die durch ein viertes Modul, der Kosten-<br />

und Le<strong>ist</strong>ungsrechnung (KLR), ergänzt<br />

wird. Dieser Ansatz stellt ein integriertes System<br />

von Vermögens-, Finanz- und Ergebnisrechnung<br />

dar, (vgl. Abbildung 3) wobei die<br />

Vermögensrechnung formal das grundlegende<br />

Rechnungsmodul <strong>ist</strong>. Sie we<strong>ist</strong> als Vollvermögensrechnung<br />

in Form einer Bilanz auf der Aktivseite<br />

das Vermögen als Kapitalverwendung<br />

aus. Auf der Passivseite wird die Kapitalherkunft<br />

dokumentiert, d.h. inwieweit das Vermö-<br />

gen mit Eigenkapital bzw. Fremdkapital<br />

finanziert worden <strong>ist</strong>. Das Vermögen sollte in<br />

Verwaltungsvermögen und realisierbares Vermögen<br />

unterteilt werden, wobei dieser Ansatz<br />

der Transparenz von Schuldendeckungspotenzial<br />

und zukünftiger strategischer Option dient.<br />

<strong>Der</strong> Ressourcenverbrauch einer Haushaltsperiode<br />

kann mithilfe eines statisch-komparativen<br />

Vergleichs zwischen zwei Zeitpunkten<br />

(Zeitpunktrechnung) ermittelt werden. Eine<br />

Vermögensminderung bedeutet eine Minderung<br />

des Eigenkapitals einer Gebietskörperschaft,<br />

eine Vermögensmehrung entsprechend<br />

einer Eigenkapitalmehrung. 36 Zentrale<br />

Größen sind das Eigenkapital bzw. dessen Veränderungen<br />

im Zeitablauf in der Vermögensrechnung<br />

und die Differenz von Erträgen und<br />

Aufwendungen in der Ergebnisrechnung. Die<br />

Höhe des Eigenkapitals informiert über die<br />

ökonomische Handlungsvalidität einer Gebietskörperschaft<br />

in der Vergangenheit. Die zukünftige<br />

Veränderung des EK (im Sinne eines<br />

Key Performance Indikators) gibt an, inwieweit<br />

notwendige Haushaltssanierungen ergriffen<br />

wurden und der geforderten intergenerativen<br />

Gerechtigkeit für das konkrete Entscheidungsverhalten<br />

handlungsleitend <strong>ist</strong>. Die Ergebnis-<br />

Abbildung 3 Integrierte Verbundrechnung (IVR) als auf die Erfassung von Le<strong>ist</strong>ungszielen,<br />

Output, Ressourcenverbrauch, Vermögen, Schulden und Finanzen ausgerichtetes<br />

doppisches Pla-nungs- und Rechnungssystem. Eigene Darstellung.<br />

rechnung als wichtigstes Rechenmodul<br />

konkretisiert und erklärt entsprechend die Veränderungen<br />

des Eigenkapitals.<br />

Die Konsequenzen dieses Ansatzes für die öffentlichen<br />

Haushalte sind gravierend. So <strong>ist</strong><br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 11


in der Vermögensrechnung und in der Ergebnisrechnung<br />

auch jener Ressourcenverbrauch<br />

als zukünftige Verpflichtung auszuweisen,<br />

der zwar in einer bestimmten Haushaltsperiode<br />

nicht mit Zahlungen verbunden <strong>ist</strong>,<br />

gleichwohl als Aufwand bzw. Vermögensverbrauch<br />

anfällt. Hierzu zählen insbesondere<br />

Abschreibungen und Pensionsverpflichtungen,<br />

die damit auch die auszuweisende Verschuldung<br />

beeinflussen. Schulden beschränken<br />

sich nicht mehr auf die Geldschulden<br />

(Kapitalmarktschulden), sondern umfassen<br />

darüber hinausgehende zukünftige<br />

Verpflichtungen als Verbindlichkeiten. Als<br />

Schulden sind also auch solche Verpflichtungen<br />

der öffentlichen Hand auszuweisen, die<br />

diese in einer bestimmten Periode eingegangen<br />

<strong>ist</strong>, ohne dass hierfür klassische Geldschulden<br />

durch Aufnahme von Krediten<br />

entstanden sind. 37<br />

Die zunächst auf die ex post Betrachtung<br />

ausgerichtete Mehrkomponentenrechnung<br />

<strong>ist</strong> inzwischen konzeptionell zur Integrierten<br />

Verbundrechnung weiterentwickelt worden.<br />

Diese integriert die Planung (Haushalt/Budgetierung)<br />

und die Ist-Rechnung (Rechnungswesen).<br />

Beide Ebenen müssen sich konzeptionell<br />

und inhaltlich entsprechen und<br />

miteinander verzahnt sein. 38 Dies bedeutet,<br />

dass der Vermögens-, Finanz- und Ergebnisrechnung<br />

als Ist-Rechnung auf der Planungsebene<br />

eine Planbilanz, ein Finanz- und ein<br />

Ergebnishaushalt gegenüber stehen müssen.<br />

39 <strong>Der</strong> Rechnungsstil <strong>ist</strong> die Doppik (doppischer<br />

Verbund). Die Verknüpfung zwischen<br />

dem Ergebnishaushalt und der Ergebnisrechnung<br />

erfolgt durch die Kosten- und Le<strong>ist</strong>ungsrechnung,<br />

wodurch sich eine Outputorientierung<br />

durch die Gegenüberstellung<br />

von abgegebenen Verwaltungsle<strong>ist</strong>ungen in<br />

Relation zum dafür notwendigen Ressourcenaufwand<br />

darstellen lässt. 40<br />

In Zukunft gilt es nun systematisch diese verbesserte<br />

Qualität der Abbildung der Inputseite<br />

und des Ressourcenverbrauchs auch mit<br />

dem Output und Outcome öffentlichen Verwaltungshandelns<br />

in Verbindung zu setzen.<br />

Die klassischen Ansätze einer Kosten- und<br />

Le<strong>ist</strong>ungs- bzw. einer Aufwands- und Ertragsrechnung<br />

(GuV) privatwirtschaftlicher Natur<br />

sind dabei bei öffentlichen Verwaltungen nur<br />

bedingt anwendbar, da ein Großteil der öffentlichen<br />

Le<strong>ist</strong>ungserstellung in nicht-monetärer<br />

Dimension geschieht. Die fehlende<br />

Anwendbarkeit des „matching principle” aus<br />

dem privaten Rechnungswesen, d.h. die logische<br />

Verknüpfung von Aufwand und Ertrag<br />

<strong>ist</strong> dabei zu ersetzten durch eine konsequente<br />

Le<strong>ist</strong>ungserfassung von auf Basis er-<br />

12 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

zielter Outputs und Outcomes. Die folgende<br />

Abbildung 4 stellt dazu einen Bezugsrahmen<br />

für die Le<strong>ist</strong>ungs- und Ressourcensteuerung<br />

für öffentliche Einheiten dar. Kontraktmanagement,<br />

Berichtswesen und Le<strong>ist</strong>ungsvergleiche<br />

bedienen sich dabei als Management -<br />

instrumente den verfügbaren Input- und Outputinformationen,<br />

aus einem reformierten<br />

Rechnungswesen bzw. aus einer systematischen<br />

Outputerfassung auf Basis von Indikatoren<br />

und Kennzahlen. Besondere Bedeutung<br />

kommt dabei der Budgetierung zu, die den<br />

klassischen Haushaltsvollzug auf Ergebnisse,<br />

z.B. gegliedert und ausgerichtet auf Produkte,<br />

reformiert. Festgelegt wird der Einsatz<br />

dieser Instrumente durch einen übergelagerten<br />

strategischen Management Prozess, charakterisiert<br />

aus Planung, Entscheidung und<br />

Rückkopplung und der Prägung in strategische,<br />

d.h. mittel- und langfr<strong>ist</strong>igen Programme.<br />

Grundlage hierfür bildet das<br />

Performance Measurement, das funktional<br />

und institutional dem öffentlichen Controlling<br />

zugewiesen wird. Dieses dient vor allem<br />

als unterstützendes Informationsversorgungsinstrument<br />

der Gegenüberstellung aktueller<br />

Ist-Daten mit vorgegebenen Zielwerten<br />

bzw. mit Daten anderer Perioden.<br />

Entscheidung<br />

Response/Anwendung<br />

Integrierte<br />

Verbundrechnung<br />

Erfassung von<br />

Finanzrechnung<br />

Vermögensrechnung<br />

AufwandsrechnungKostenrechnung<br />

Inputs<br />

(Ressourcen)<br />

KLR<br />

Ergebnisrechnung<br />

Politisches Programm<br />

Haushaltsvollzug<br />

(Mittelbewirtschaftung)<br />

Finanz- und<br />

Ergebnishaushalt<br />

Mittelfr<strong>ist</strong>ige<br />

Finanzplanung<br />

Unter Vorgabe des dargestellten konzeptionellen<br />

Verständnisses (Abbildung 4) einer<br />

möglichen le<strong>ist</strong>ungsorientierten Verwaltungssteuerung<br />

stellt sich unmittelbar die<br />

Frage nach dem Umsetzungsstand der Performance<br />

Management Instrumente in<br />

Deutschland. Das Produktkonzept, welches<br />

stellvertretend für die Outputorientierung auf<br />

Landes- und besonders auf Kommunalebene<br />

in Deutschland vorzufinden <strong>ist</strong>, wird als ein<br />

erster institutionalisierter Ansatz verstanden,<br />

<strong>Rest</strong>riktionen / Rechtliche Vorgaben /<br />

Politische Zielsetzungen / Leitbild<br />

Funktions- u. Rollenverständnis<br />

von Staat u. Verwaltung<br />

NPM<br />

Benchmarking/Ranking<br />

Reporting<br />

Contracting<br />

Budgeting<br />

Performance Measurement flächendeckend<br />

anhand von quantitativen und qualitativen<br />

Kennzahlen pro Produkt zu praktizieren. Das<br />

Produktkonzept <strong>ist</strong> allerdings hinsichtlich der<br />

generellen Ausrichtung und Budgetierung<br />

von öffentlichen Verwaltungen im Hinblick<br />

auf gesellschaftlichen Wandel und neue<br />

(wirtschaftliche) Herausforderungen als<br />

kleinteilig und inkrementell einzustufen.<br />

Hinzu kommt, dass ein großer Teil der Produkte<br />

politisch nicht entscheidungsrelevant<br />

sind, da sie aus einem technischen Vollzug<br />

gesetzlicher Vorgaben resultieren. Eine übergeordnete<br />

programmorientierte Budgetierung,<br />

die von einzelnen Aufgaben und<br />

Organisationseinheiten abstrahierend auf<br />

eine generelle (strategische) Projektebene<br />

abzielt kann auch in Zusammenhang mit<br />

einem Politik-Controlling bis heute nicht vorgefunden<br />

werden. Auf kommunale Ebene hat<br />

sich jedoch die produktorientierte Budgetierung<br />

auf Basis von Kosten bzw. damit auch<br />

auf Basis von Mengen in vielen Bereichen<br />

etabliert. Die Grundlage hierfür <strong>ist</strong> die Kosten-<br />

und Le<strong>ist</strong>ungsrechnung die mit der Modernisierung<br />

des Rechnungswesens hinreichend<br />

weit auf kommunaler Ebene verfügbar<br />

<strong>ist</strong>. Auch die Länder haben bereits begon-<br />

Ergebnis<br />

Vollzug<br />

Planung<br />

Produkt-/<br />

Maßnahmenplanung<br />

Produktplan/<br />

Ergebnishaushalt<br />

Maßnahmenvollzug/<br />

Realisationsprozess<br />

Aufgaben-<br />

/ Programmplanung<br />

Strategisches Management<br />

Ex-post Evaluierung<br />

Erfassung von<br />

Output<br />

Outcome<br />

Impact<br />

Kennzahlen und<br />

Indikatoren<br />

bzgl. Menge<br />

Qualität<br />

Zeiten<br />

Zufriedenheit<br />

Wirkungen<br />

etc.<br />

Ertragsrechnung<br />

Le<strong>ist</strong>ungsrechnung<br />

Measurement Analyse/Inkorporation<br />

Monitoring und Controlling<br />

Verwaltungsrationalität<br />

Politische<br />

Rationalität<br />

Abbildung 4: Konzeptioneller Bezugsrahmen für die Le<strong>ist</strong>ungs- und Ressourcensteuerung<br />

für öffentliche Verwaltungen. Eigene Darstellung<br />

nen in geeigneten Bereichen und bzw. schon<br />

flächendeckend die KLR zu implementieren. 41<br />

Zum Benchmarking in Deutschland <strong>ist</strong> festzustellen,<br />

dass der Le<strong>ist</strong>ungsvergleich mittels<br />

Kennzahlensystemen bisher vorwiegend auf<br />

kommunaler Ebene vorzufinden <strong>ist</strong>. Nach anfänglich<br />

euphorischer Zustimmung Mitte bis<br />

Ende der 90er Jahre sind gegenwärtig lediglich<br />

die Bemühungen der KGSt, als „verwaltungsnaher<br />

Berater“ zu erwähnen. Es <strong>ist</strong><br />

eindeutig zu erkennen, dass sobald Promo


toren, wie die KGSt oder Bertelsmann Stiftung,<br />

ihre treibende Wirkung mit Erreichen<br />

des Endes von Projektlaufzeit einstellen, sich<br />

aus den Verwaltungen selber wenig bis keine<br />

Ansätze zur Fortführung oder eigenständigen<br />

Neuentwicklung von Le<strong>ist</strong>ungsvergleichen<br />

bilden. In diese Richtung we<strong>ist</strong> auch die relativ<br />

hohe Fluktuationsquote von teilnehmenden<br />

Behörden und Städten. All dies kann<br />

durch fehlende Institutionalisierung des<br />

Benchmarking in deutschen Kommunalverwaltungen<br />

erklärt werden. Motivation und<br />

Entscheidung zur Teilnahme entspringt vielfach<br />

dem persönlichen Interesse und Ehrgeiz<br />

einzelner Führungskräfte.<br />

Im Gegensatz zu anderen Benchmarking Ansätzen,<br />

wie z.B. in Großbritannien 42 steht in<br />

Deutschland nicht die Information der Öffentlichkeit<br />

über die Verwaltungsle<strong>ist</strong>ung und<br />

eine Kontrolle des Verwaltungshandelns<br />

durch die Bürger oder vorgelagerte (Aufsichts-)<br />

Behörden im Vordergrund, sondern<br />

die Verbesserung der internen Informationsund<br />

Steuerstrukturen. 43 So basiert das kommunale<br />

Benchmarking hierzulande ganz und<br />

gar auf dem Prinzip der Freiwilligkeit, da der<br />

externe Handlungsdruck in der öffentlichen<br />

Verwaltung lediglich latent vorhanden <strong>ist</strong>.<br />

Die Grundidee, Benchmarking als Wettbewerbssurrogat<br />

in öffentlichen Verwaltungen<br />

zu etablieren, <strong>ist</strong> damit aufgrund der Erfahrung<br />

der vergangenen zehn Jahre nachweislich<br />

gescheitert. Die Zahl von 200 Vergleichsringen<br />

in zehn Jahren für ganz Deutschland,<br />

die durch wenige Mitarbeiter der KGSt am<br />

Leben erhalten werden, sei Beleg dafür. <strong>Der</strong><br />

potentielle Hebel durch virtuellen Wettbewerb<br />

anreizgebende Impulse zu vermitteln,<br />

wird durch fehlende Anreize sich überhaupt<br />

des Benchmarking zu bemühen zunichte gemacht.<br />

Von einem systemimmanenten Ansatz<br />

des Benchmarkings in Deutschland kann<br />

daher nicht gesprochen werden, so dass<br />

auch Konsequenzen der Benchmarkingergebnisse<br />

durch z.B. positive bzw. negative Sanktionen<br />

ausbleiben.<br />

Auf Seiten der Le<strong>ist</strong>ungsvertragsgestaltung<br />

auf Mitarbeiterebene sieht in Deutschland<br />

der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst<br />

die Einführung variabler Le<strong>ist</strong>ungselemente<br />

vor, die zusätzlich zum Gehalt gezahlt werden.<br />

44 Ein Le<strong>ist</strong>ungsentgelt wird dabei als<br />

Le<strong>ist</strong>ungsprämie, Erfolgsprämie oder Le<strong>ist</strong>ungszulage<br />

zugewiesen. Eine Le<strong>ist</strong>ungsprämie<br />

<strong>ist</strong> in der Regel eine einmalige Zahlung,<br />

die im Allgemeinen auf der Grundlage einer<br />

Zielvereinbarung erfolgt. Sie kann auch in<br />

zeitlicher Abfolge gezahlt werden. Die Erfolgsprämie<br />

kann in Abhängigkeit von einem<br />

bestimmten wirtschaftlichen Erfolg gezahlt<br />

werden. Seit dem Jahr 2007 wird erstmals<br />

(1% der Summe der ständigen Monatsentgelte<br />

des Vorjahres) als Le<strong>ist</strong>ungsentgelt festgelegt.<br />

Als Zielgröße sind jedoch 8% geplant,<br />

wobei der Tarifvertrag nicht festlegt, bis<br />

wann dieses Ziel erreicht werden soll. Die genaue<br />

Bestimmung zur Le<strong>ist</strong>ungsbezahlung<br />

und die anzuwendenden Bewertungsprinzipien<br />

werden vor Ort durch Betriebs- oder<br />

Dienstvereinbarungen zwischen Personalrat,<br />

Dienststelle und Arbeitnehmern geregelt.<br />

Dies betrifft vor allem die Auswahl der Formen<br />

von Le<strong>ist</strong>ungsentgelten, der Methoden<br />

sowie Kriterien der systematischen Le<strong>ist</strong>ungsbewertung<br />

und der aufgabenbezogenen<br />

Bewertung (messbar, zählbar oder<br />

Instrument Umsetzung in Deutschland Zukünftige Entwicklung<br />

Performance<br />

Budgetierung<br />

Performance<br />

Reporting<br />

Performance<br />

Contracting<br />

Auf kommunaler Ebene:<br />

� Weiterhin verstärkter Fokus<br />

� Gliederung der Teilhaushalte in Produkte/Produktgruppen gem. auf (einheitliche) Definition<br />

doppischer GmHVO.<br />

von Le<strong>ist</strong>ungs- und Qualitäts-<br />

� Nutzung quantitativer und qualitativer Kennzahlen zur nachrichtliniveaus und Koppelung deschen<br />

Information.<br />

sen an den Input.<br />

� Erste Ansätze produktorientierter Budgetierung, d.h. Umsetzung der � Wechsel von kleinteiliger<br />

Outputorientierten Budgetierung auf Basis von Kosten bzw. von ab- Produktorientierung („Von der<br />

gegebenen Kosten pro Mengeneinheit auf Grundlage der KLR. Titel zur Produktbürokratie)<br />

� Durch den Bezug des Mittel- und Ressourceneinsatzes zur Le<strong>ist</strong>ung zur Programmorientierung<br />

des jeweiligen Verwaltungszweiges wird damit eine Flexibilisierung und Programmbudgetierung,<br />

der Ausgaben erreicht.<br />

verbunden mit erheblich not-<br />

� Sobald ein Fachbereich durch die Vereinbarung von le<strong>ist</strong>ungsbezowendigerOrganisationsvergenen Budgets gesteuert wird, kann diesem die Planung und Ausänderung.führung der Produkte sowie die Verwendung der zugewiesenen<br />

Ressourcen selbst überlassen werden (Globalbudget).<br />

Auf staatlicher Ebene:<br />

� Produkthaushalte in sechs Bundesländern flächendeckend, in<br />

Bayern und Meckl.-Vorp. auf Probe. Im Saarland in zwei Bereichen.<br />

� Auf Bundesebene keine Verknüpfung zwischen Performanceerfassung<br />

und Budgetierung, lediglich Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />

gem. § 7 Abs. 2 BHO und § 33 BHO.<br />

� Berücksichtigung von Lageberichterstattung im Rahmen des refor- � Verstärkte Auskunft monetämierten<br />

öffentlichen Rechnungswesens (z.B. nach DRS 15), z.B. in rer und nicht-monetärer Per-<br />

Hamburg. Neben handelsrechtlichen Jahresabschlüssen (Bilanz/ formance-Informationen auf<br />

Konzernbilanz, Ergebnisrechnung), Abbildung von immateriellen freiwilliger Basis (z.B. auf on-<br />

Werten zur Darstellung eine angemessene Daseinsfürsorge für die line Plattformen) zur Erhö-<br />

Bevölkerung und die Entwicklung der sozioökonomischen Struktur hung der Transparenz und<br />

einer Gebietskörperschaft.<br />

Rechenschaftslegung öffent-<br />

� Jahresabschluss und Lageberichtswesen wird als Grundlage zur licher Einheiten.<br />

Entlastung des Parlaments/Rats durch die Bürgerschaft verstanden � Verpflichtendes Quality of<br />

(Parlamentspublizität) und bilden das erste handelsrechtlich struktu- Life Reporting.<br />

rierte Berichtswesen an der Schnittstelle zwischen Politik und Ver- � Institutionalisiertes (finanzielwaltung<br />

auf der Staatsebene in Deutschland. Noch keine Verankeles) Berichtswesen durch exrung<br />

des externen Berichtswesens auf kommunaler Ebene.<br />

terne Rating Agenturen.<br />

� Berichtswesen grundsätzlich als Mittel zur internen Steuerung kommunaler<br />

Verwaltungen, insb. Planung und Steuerung des Produkthaushalts<br />

durch (standardisierte) Berichte.<br />

� Auf individueller Ebene Einführung variabler Le<strong>ist</strong>ungselemente im � Aufgrund fehlender Operatio-<br />

Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Ziel- und Le<strong>ist</strong>ungsvereinbanalisierbarkeit reduzierte Wirrung<br />

zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzen, z.B. gem. § 11 Abs. 1 kung bzw. Wegfall von per-<br />

der Geschäftsordnung der Bundesmin<strong>ist</strong>erien (GGO).<br />

sonenbezogenenLe<strong>ist</strong>ungs- � Auf organisatorischer Ebene Ziel- und Le<strong>ist</strong>ungsvereinbarung zwiendgelten.schen Verwaltungseinheiten. Zielvereinbarungen als institutionali- � Notwendigkeit zur Evaluation<br />

siertes Instrument der Globalsteuerung, z.B. im Hochschulbereich bzgl. Dysfunktionalitäten.<br />

(zwischen Min<strong>ist</strong>erium, Hochschule und Fakultäten).<br />

Benchmarking � Wenige intern motivierte Vergleichsinitiativen von Verwaltungen auf<br />

Ländebene (Innovationsring <strong>Sache</strong>n oder Kostenvergleich Berliner<br />

Bezirksämter).<br />

� Dominierende Rolle der KGSt bei Durchführung von freiwilligen<br />

internen kommunalen Vergleichsringen (IKO-Netz). Bisher 220 Vergleichsringe<br />

mit 3000 teilnehmenden Kommunen in 30 kommunalen<br />

Aufgabenfeldern.<br />

� Initiativen der Bertelsmann Stiftung inzwischen eingestellt. Keine<br />

Reformiertes<br />

Rechnungswesen<br />

Initiativen zwischen Bundesländern.<br />

� Auf der kommunalen Ebene in allen 16 Bundesländern Doppik oder<br />

Doppikoptionen bei statischer Orientierung am HGB.<br />

� Auf der staatlichen Ebene verbleit die (erweiterte) Kameral<strong>ist</strong>ik das<br />

führende Rechnungssystem in 13 Bundesländern. Doppik nur in<br />

Bremen, Hamburg und NRW im Sinne der Integrierten Verbundrechnung.<br />

� Erhebliche Reluktanz in einigen Bundesländern (z.B. Bayern, Thüringen).<br />

Modernisierung des HGrG führt in 2009 die „staatliche Doppik“<br />

ein und erlaubt doppisch buchenden Ländern den Verzicht auf<br />

die Kameral<strong>ist</strong>ik.<br />

anderweitig objektivierbar), gegebenenfalls<br />

differenziert nach Arbeitsbereichen oder Zielerreichungsgraden.<br />

Gesetzgeber und Tarifparteien<br />

schaffen damit sowohl für Beamte<br />

als auch für Angestellte des öffentlichen<br />

Dienstes die Voraussetzungen für eine extrinsische<br />

und materielle Anreizgestaltung in<br />

Form der variablen Vergütung.<br />

Die folgende Abbildung verdeutlicht zusammenfassend<br />

die gegenwärtige und die zu erwartende<br />

zukünftige Entwicklung.<br />

munen in 30 kommunalen Aufgabenfeldern.<br />

Heterogenität hingegen auf Staatsebene:<br />

Bund und Länder verharren mittelfr<strong>ist</strong>ig auf<br />

Kameral<strong>ist</strong>ik.<br />

� Auch weiterhin keine institutionalisierte<br />

Pflicht zu behördenweitenLe<strong>ist</strong>ungsvergleichen.<br />

� Doppik mittelfr<strong>ist</strong>ig flächendeckend<br />

auf kommunaler Ebene.<br />

� Entwicklungsbedarf bzgl.<br />

Rechnungslegungsstandards<br />

(HGB oder internationales<br />

IFRS/IPSAS) und Einheitlichkeit<br />

von Bewertungsverfahren.<br />

� Heterogenität hingegen auf<br />

Staatsebene: Bund und Länder<br />

verharren mittelfr<strong>ist</strong>ig auf<br />

Kameral<strong>ist</strong>ik.<br />

� Nach Umstellungserfahrungen<br />

im Rahmen von Eröffnungsbilanzen<br />

nach einigen<br />

Jahren vergleichbare Jahrsabschlüsse<br />

mit Fokus auf<br />

Eigenkapitalverzehr bzw. Ergebnisrechnug.<br />

Abbildung 5: Konzeptioneller Bezugsrahmen für die Le<strong>ist</strong>ungs- und Ressourcensteuerung für öffentliche<br />

Verwaltungen. Eigene Darstellung<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 13


5. Fazit<br />

Die Ursprünge einer, vor allem auf nicht-monetären<br />

Maßgrößen basierenden Entwicklung<br />

der Le<strong>ist</strong>ungsmessung und -erfassung<br />

in der öffentlichen Verwaltung sind komplex.<br />

Performance Measurement steht seit Anbeginn<br />

der Diskussion einerseits als Ansatz zur<br />

Erhöhung der Effizienz der internen Le<strong>ist</strong>ungserstellung<br />

durch Abbildung der erzielten<br />

Ergebnisse sowie andererseits als<br />

Verfahren zur (externen) Rechenschaftslegung<br />

und Verantwortungsbildung gegenüber<br />

Bürger und Politik (z.B. durch Berichtslegung).<br />

45 Performance Measurement wird<br />

somit als Instrument des (New) Public Managements<br />

wahrgenommen 46 , darüber hinaus<br />

aber auch zunehmend als nächste<br />

Phase der Verwaltungsmodernisierung 47 oder<br />

Teil der Governance Bewegung gesehen.<br />

Denn eine Qualitätspolitik und eine nachhaltige<br />

Steuerung öffentlicher Ressourcen verlangt<br />

zunehmend eine die Steuerungsebene<br />

mit der Le<strong>ist</strong>ungsebene verbindende Bewertung<br />

nach den Maßstäben eines Good Governance.<br />

Es lässt sich festhalten, dass das Performance<br />

Measurement zur Messung, Bewertung und<br />

Steuerung öffentlicher Aufgabenerfüllung zunehmend<br />

an Bedeutung gewinnt. Aufbauend<br />

auf den neuen Informationstechnologien und<br />

Daten aus dem reformierten Rechnungswesen<br />

wird die le<strong>ist</strong>ungsorientierte Steuerung<br />

in einer zunehmend größeren Anzahl von Politikfeldern<br />

und Verwaltungsbereichen praktiziert.<br />

Die Darstellung des Umsetzungstands<br />

zeigt, dass in Deutschland neben dieser extensiven<br />

Nutzung die Instrumente des Performance<br />

Management auch intensiv<br />

genutzt werden. Neben der Anwendung zur<br />

Verbesserung der verwaltungsinternen<br />

Steuerungsfähigkeit, steht Performance Management<br />

gleichsam als Oberbegriff zur Rechenschaftslegung,<br />

um politische Mandatsträger,<br />

Verwaltungsklienten und die lokale<br />

Öffentlichkeit über Verwaltungsle<strong>ist</strong>ungen zu<br />

informieren. 48<br />

Auch zukünftig wird an öffentliche Einheiten<br />

der Anspruch bestehen, zu zeigen und zu belegen,<br />

dass sich die Zielerreichung und Le<strong>ist</strong>ungserstellung<br />

positiv entwickelt. Die im<br />

Aufgabenspektrum der öffentlichen Verwaltung<br />

häufig auftretenden und schwer lösbaren<br />

Mess- und Zurechnungsprobleme (besonders<br />

bei der Erfassung und Beurteilung<br />

des Outcomes) erschweren jedoch die Aussagen<br />

über den Erfolg des Verwaltungshandels.<br />

Somit besteht die große Herausforderung<br />

weiterhin in der Abbildung von<br />

Le<strong>ist</strong>ungs-, Effizienz-, und Effektivitätsdaten<br />

mit hohem Maß an Validität, Funktionalität<br />

14 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

und Qualität der abgeleiteten Kennzahlen<br />

und Indikatoren. Auch im öffentlichen Bereich<br />

besteht, wie in privatwirtschaftlichen<br />

Unternehmen, fortwährend der Anspruch,<br />

wenige, aber dafür steuerungsrelevante<br />

Kennzahlen monetärer und nicht-monetärer<br />

Art abzuleiten, die die tatsächlichen und klaren<br />

Zusammenhänge zwischen Zielen, Maßnahmen<br />

und Mitteln verdeutlichen. Diese<br />

Entwicklung weiter konsequent voranzutreiben<br />

erfordert weiterer Forschung.<br />

Darüber hinaus gilt es zu berücksichtigen,<br />

dass Führungskräfte insbesondere unter Anreizbedingungen<br />

zur Manipulation von<br />

Daten und Erhebungsmethoden neigen. Aufgrund<br />

von Mess- und Erfassungsproblemen<br />

bei öffentlichen Aufgaben und verwirklichter<br />

Zielerreichung kann es außerdem zu (un-)beabsichtigten<br />

Zielverschiebungen, hin zu leichter<br />

messbaren Zielen und damit zu Fehllenkungen<br />

von Ressourcen kommen. Gerade<br />

der Trend zu neuen, innovativen, output- und<br />

outcomeorientierten Budgetierungsverfahren<br />

stellt eine erhebliche Anforderung an die Informations-<br />

und Rechnungssysteme der Verwaltungen<br />

dar. So sind Einsatz und Umstellung<br />

auf kaufmännische Rechnungssysteme<br />

in öffentlichen Verwaltungen auch nur<br />

der erste Schritt, die Mittelverwendung transparent<br />

zu gestalten und damit den Weg zu<br />

bereiten für ein modernes und international<br />

vergleichbares Haushaltswesen im Sinne<br />

einer performance-orientierten Budgetierung.<br />

Kontakt:<br />

Universität Hamburg<br />

Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften<br />

Public Management<br />

Jun.-Prof. Dr. Dennis Hilgers<br />

Von-Melle-Park 9<br />

20146 Hamburg<br />

Dennis.Hilgers@wiso.uni-hamburg.de<br />

www.public-management-hamburg.de<br />

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(Hrsg.) Deutsche Verwaltung an der Wende zum 21. Jahrhundert, Baden-<br />

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Baden 2002, S. 255-277.<br />

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Fußnoten<br />

1 Vgl. Hood (1991); Dunleavy/Hood (1994); Schedler/Proeller (2006); OECD<br />

2 (1998).<br />

3 Vgl. KGSt (1993); Jann (2005); Bogumil/Grohs/Kuhlmann/Ohm (2007).<br />

4 Vgl. Neely et. al. (1996); Lebas/Euske (2002); Krause (2005).<br />

Klingebiel (1999); Bouckaert/Halligan (2008); Gianakis (2002), Halachmi<br />

(2002; 2005); Kuhlmann/Bogumil/Wollmann (2004); Holzer/Kloby (2005);<br />

Leysen et. al. (2006); Oehler (2006); Van de Walle (2008); Van Dooren/Van<br />

de Walle (2008).<br />

5 Vgl. KGSt (2005), S. 24.<br />

6 Vgl. Klingebiel (1999), S. 41; Moore (1995).<br />

7 Vgl. Buschor (1992).<br />

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�������<br />

�������������������������������������������������������������<br />

���<br />

8 Vgl. Schedler (2000); Proeller (2006).<br />

9 Vgl. Breul (2007).<br />

10 Vgl. Norman (2004).<br />

11 Vgl. Budäus (2002), S. 389ff.<br />

12 Vgl. KGSt (1993), S. 21.<br />

13 Zur Frage nach Bestimmung, Relevanz und Messbarkeit von Outcome<br />

Indikatoren vgl. Hatry (1999), S. 55ff.<br />

14 Bouckaert (2006), S. 120.<br />

15 Bouckaert/van de Walle (2003).<br />

16 Vgl. Bouckaert (2006), S. 129.<br />

17 Für eine Übersicht vgl. Hilgers (2008), S. 33 u. 128ff.<br />

18 Vgl. Buchholtz (2001); Buschor (2002).<br />

19 z.B. im Sinne von Bouckaert/van Dooren (2003), S. 132: „Performance<br />

Management can be broadly defined as acting upon performance information.“<br />

Einführend zur technischen Umsetzung von Performance Managedment<br />

im Sinn eines Business Intelligence Ansatzes siehe Krause (2005).<br />

Bereits im Jahre 1991 konstatiert Eccles die Schlüsselrolle der IT in seinem<br />

„Performance Measurement Manifesto“,so dass die Anwendung und Verbreitung<br />

von Informationstechnologien Vorraussetzung für jedes Performance<br />

Management Konzept darstellt, vgl. Eccles (1991), S. 133.<br />

20 Vgl. Pollitt (1999).<br />

21 Vgl. dazu auch McAdam/Hazlett/Casey (2005), S. 257f; de Bruijn (2001).<br />

22 Zur Budgetierung siehe grundlegend: Frischmuth (2001); Grommas<br />

(2005). Zur Integration von Performance Measurement und Budgetierung<br />

siehe auch: Gianakis (1997); Diamond (2005); Curr<strong>ist</strong>ine (2005). Zur Geschichte<br />

des Performance Budgeting in den USA siehe auch: USGAO (1997).<br />

23 Zu den Grundgedanken der Outputsteuerung siehe KGSt (1993), S. 20;<br />

KGSt (1997).<br />

24 Zur Verwaltungssteuerung über Ziele vgl. Deckert (2006): „Kontraktmanagement<br />

bedeutet Steuerung über Zielvereinbarungen und <strong>ist</strong> das Instrument,<br />

anhand dessen Managementverantwortung soweit wie möglich<br />

nach unten verlagert wird, indem Le<strong>ist</strong>ungsvereinbarungen - Le<strong>ist</strong>ungen<br />

oder Produkte nach Menge, Preis, Kosten, Qualität und Zielgruppe, Budgets,<br />

Handlungsspielräumen - zwischen politischer Führung und der Verwaltung<br />

sowie innerhalb der Verwaltung (hier für Einzel- und<br />

Teille<strong>ist</strong>ungen) getroffen werden.“ Siehe dazu auch: KGSt (1993), S. 17;<br />

Schwarting (1997), S. 35; KGSt (1998).<br />

25 Vgl. Reichard (2004), S. 347.<br />

26 Zum Beispiel unter sozialpsychologischer Betrachtung oder aus dem<br />

Blickwinkel der Prinzipal-Agenten-Theorie, vgl. Waterman/Meier (1998).<br />

27 Vgl. dazu sehr anschaulich Ketelaar/Manning/Turkisch (2007), S. 18;<br />

Demmke (2009).<br />

28 Vgl. Greiling (2005), S. 551.<br />

29 Vgl. Gianakis (2002), S. 39.<br />

30 Vgl. Greiling (2005), S. 554ff.<br />

31 Vgl. KGSt (2004), S. 18; Schuster (2003).<br />

32 Vgl. Thau (2009).<br />

33 Vgl. Becker/Weise (2002), S. 18.<br />

34 <strong>Der</strong> Anspruch der Neuausrichtung im Verwaltungshandeln vorwiegend<br />

kommunaler Gebietskörperschaften <strong>ist</strong> dabei jedoch so gravierend, dass<br />

von der größten Verwaltungsreform in Deutschland seit der Reform zur<br />

kommunalen und kameralen Selbstverwaltung von Stein und Hardenberg<br />

Anfang des 19. Jahrhunderts gesprochen werden kann.<br />

35 Vgl. Lüder (2001); Budäus (2006); Budäus/Hilgers (2009).<br />

36 Vgl. Vogelpoth/Poullie (2007), S. 517ff; Schuster (2007); Raupach/Stangenberg<br />

(2009).<br />

37 So hat sich bei der Freien und Hansestadt Hamburg der kameral ausgewiesene<br />

Schuldenstand (Geldschulden) in Höhe von 24,0 Mrd. Euro mit<br />

Umstellung auf die Doppik auf 44,0 Mrd. Euro in der Eröffnungsbilanz zum<br />

1.1.2006 fast verdoppelt.<br />

38 Vgl. Berens u.a. (2005); Berens u.a. (2008).<br />

39 Dabei <strong>ist</strong> der Planvermögensrechnung unter Transparenz- und Steuerungsgesichtpunkten<br />

lediglich eine nachgeordnete Bedeutung beizumessen.<br />

40 Vgl. Rieder/Schedler (2004); Buchholtz (2001).<br />

41 Vgl. Budäus/Hilgers (2009), S. 390.<br />

42 Vgl. Wegener (2004), S. 251ff.<br />

43 Vgl. Kuhlmann (2003), S. 104f.<br />

44 Vgl. TVöD (2005); Tondorf (2007); Reichard/Schröter (2009).<br />

45 Vgl. Greiling (2005), S. 554.<br />

46 “The Performance Measurement phenomenon is international in scope<br />

and it is the centrepiece of what has come to be known as the New Public<br />

Management.” Gianakis (2002), S. 36.<br />

47 „Few ideas capture the zeitge<strong>ist</strong> of public management as succinctly<br />

and completely as performance management, prompting characterization<br />

of the present times as the era of government by performance management.“<br />

Pandey/Coursey/Moynihan (2007), S. 312.<br />

48 Siehe dazu bereits Kuhlmann (2004), S. 94ff.<br />

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DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 15


Change<br />

Management –<br />

Unternehmenskultur<br />

und Führung<br />

Gliederung<br />

1. Einleitung<br />

2. Change Management ... oder die Kunst Unternehmenswandel<br />

zu „schaffen“<br />

2.1 Ursachen für das Scheitern eines Veränderungsprozesses<br />

2.2 <strong>Der</strong> „gemanagte“ Veränderungsprozess<br />

3. Unternehmenskultur ... oder die „Seele“ der Organisation<br />

3.1 Was verbirgt sich hinter dem „Phänomen“ Unternehmenskultur?<br />

3.2 Forschungsrichtungen der Unternehmenskultur<br />

3.3 Elemente der Unternehmenskultur<br />

1. Einleitung<br />

Fortschritt, Wandel, Technologisierung- im 21. Jahrhundert bleibt<br />

kaum ein Bereich des menschlichen Lebens unberührt von der rasenden<br />

technikgetriebenen Entwicklung.<br />

„An die Stelle der (religiös interpretierten) Ewigkeit tritt die unendliche<br />

Sukzession des Endlichen.“ (Luhmann, 1997). Diese Vergänglichkeit,<br />

diese (latente) Beschleunigung der sozialen Prozesse, dieser<br />

kontinuierliche Wandel sind heute Realität und bringen ihre positiven<br />

wie auch negativen Folgen mit sich.<br />

Nicht zuletzt der Wirtschaftsbereich sieht sich tagtäglich mit den Konsequenzen<br />

dieses „erhöhten Tempos“ konfrontiert und gezwungen,<br />

damit adäquat umzugehen.<br />

In diesen Zeiten der fortschreitenden Technologisierung und Rationalisierung,<br />

der Netzwerk-Organisationen und Telearbeit, der dezentralen<br />

Selbstorganisation und Flexibilisierung mutet der Begriff<br />

„Unternehmenskultur“ fast fremdartig, wenn nicht gar anachron<strong>ist</strong>isch<br />

an.<br />

Wie passt das zusammen: Fortschritt und Wandel auf der einen Seite;<br />

Kultur, Normen und Werte auf der anderen Seite? Sind dies nicht zwei<br />

unvereinbare, gar widersprüchliche Ideen?<br />

16 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

3.4 Ebenen der Unternehmenskultur<br />

3.5 Funktionen der Unternehmenskultur<br />

3.6 Medien der Unternehmenskultur<br />

3.7 Ansätze zur Typisierung von Unternehmenskultur<br />

3.8 Abgrenzung zu artverwandten Konzepten<br />

4. Unternehmenskultur und Veränderung ... oder der Mut zum<br />

„langem Atem“<br />

4.1 Kulturveränderung und die Rolle der Führung<br />

4.2 Die veränderungsfreundliche Unternehmenskultur<br />

5. Schluss ... oder was noch zu sagen bleibt<br />

Ganz im Gegenteil. Wandel und Kultur gehen nicht nur wunderbar miteinander<br />

einher, sie bedingen sich sogar gegenseitig.<br />

Auf welche Weise Unternehmenswandel und Unternehmenskultur in<br />

Zusammenhang zu bringen sind, und inwiefern das Konzept der Unternehmenskultur<br />

für die Führungsaufgabe Change Management<br />

fruchtbar zu machen <strong>ist</strong>- dies soll Thema und Inhalt der nächsten Seiten<br />

sein.<br />

2. Change Management<br />

... oder die Kunst Unternehmenswandel zu „schaffen“<br />

Change Management- ein seit Mitte der 90er Jahre durch die Geschäftsetagen,<br />

durch die Hochschul-Hörsäle, durch die Fachbücher<br />

und Medien der Wirtschaftswelt hindurchwirbelnder, professionell,<br />

dynamisch und vielversprechend klingender Begriff.<br />

Was <strong>ist</strong> eigentlich „Change Management“? Was verbirgt sich hinter<br />

diesem Begriff, der heute offenbar aktueller und zentraler als je zuvor<br />

für die Ex<strong>ist</strong>enz und den Erfolg von Unternehmen <strong>ist</strong>?<br />

Was <strong>ist</strong> gemeint, wenn von der Wichtigkeit und Unvermeidbarkeit<br />

gesteuerter Changeprozesse, aber auch von der damit verbundenen<br />

Skepsis und Angst in Organisationen gesprochen wird?


Schlägt man das Wort „Change“ im Wörterbuch nach, so findet man<br />

u.a. Übersetzungen wie: Änderung, Veränderung, Austausch, Eingriff,<br />

Umbruch, Umkehr, Übergang, Wandel, Wechsel etc.<br />

Noch etwas facettenreicher sind die Entsprechungen für den derzeit<br />

stark strapazierten Begriff „Management“. So bedeutet „to<br />

manage“ sowohl behelfen, besorgen, handhaben, bewältigen, bewerkstelligen,<br />

bewirtschaften, aber auch führen, leiten, lenken, regeln,<br />

steuern sowie gelingen, schaffen, verwalten und zu Stande<br />

bringen.<br />

Um sich darüber klar zu werden, was Change Management meint,<br />

<strong>ist</strong> es ganz hilfreich zunächst zu klären, was Changemanagement<br />

nicht meint.<br />

So befasst sich Change Management z.B. nicht etwa mit der Analyse<br />

und Beurteilung vorhandener Unternehmensstrukturen, Geschäftsprozesse<br />

oder Organisationsstrategien.<br />

Change Management bedeutet auch nicht die Konzeptualisierung<br />

bzw. das Erarbeiten zukünftig adäquater und angestrebter Organisationsstrategien.<br />

Beim Thema Change Management geht es also weder um die Feststellung<br />

des Ist-Zustands der Organisation noch um die Entwicklung<br />

ihres gewünschten Soll-Zustands.<br />

Ziel und Aufgabe des Change Management stellt etwas weitaus<br />

Komplexeres und Dynamischeres dar: das Schließen der Lücke zwischen<br />

diesen zwei Unternehmenszuständen- dem „Ist“ und dem<br />

„Soll“.<br />

Einfach ausgedrückt: beim Change Management steht nicht das<br />

„Was“ sondern vielmehr das „Wie“ im Mittelpunkt des Interesses.<br />

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Wie können neue Unternehmenskonzepte, neue Organisationsstrukturen,<br />

Innovationen optimal initiiert und vermittelt<br />

werden?<br />

Wie schafft man es, visionäre Veränderungsansätze in<br />

einer Organisation adäquat umzusetzen?<br />

Wie kann dabei das Interesse, die Bereitschaft und das<br />

Engagement der vom Wandel Betroffenen, der Organisationsmitglieder,<br />

gewonnen und genutzt werden?<br />

Wie kann es gelingen, den Übergang vom Alten und Vertrauten<br />

zum Neuen und Unbekannten so zu steuern, dass die stattfindende<br />

Veränderung nicht als (zer-) störender Eingriff,<br />

sondern als erstrebenswerter Wandel wahrgenommen wird?<br />

Wie können die unumgänglichen, mit jedem Veränderungsprozess<br />

verbundenen Probleme und Konflikte bewältigt<br />

werden und eine erfolgversprechende Annäherung<br />

von unternehmerischen Ist- und Soll-Zustand erreicht<br />

werden?<br />

So lässt sich festhalten:<br />

Change Management umfasst die Gesamtheit der bewusst gesteuerten<br />

Maßnahmen einer Organisation zum Zwecke der Initiierung<br />

und Umsetzung neuer Strukturen, Systeme, Strategien, Prozesse und<br />

Kulturen auf der Basis eines richtungsweisenden Soll-Konzeptes.<br />

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DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 17


Als eine Form sowohl methodischer als auch sozialer Kompetenz bedeutet<br />

Change Management also die kontrollierte Handhabung organisatorischer<br />

Veränderungsprozesse.<br />

Nach diesen Überlegungen zur Komplexität des Entwicklungsfaktors<br />

Change Management erscheint die Tatsache, dass der Großteil organisatorischer<br />

Veränderungsversuche nicht zu den gewünschten Ergebnissen<br />

führt oder gar scheitert, gar nicht mehr so verwunderlich.<br />

Aber was genau sind nun die Ursachen für diese Veränderungsschwierigkeiten?<br />

2.1 Ursachen für das Scheitern<br />

eines Veränderungsprozesses<br />

“<strong>Der</strong> Mensch <strong>ist</strong> ein Gewohnheitstier“. Jede Organisation, jedes<br />

Unternehmen beschäftigt demnach ein „Rudel von individuellen<br />

Gewohnheitstieren“- Mitarbeiter mit ihren persönlichen Arbeitsvorlieben,<br />

ihren eigenen Tätigkeitsvorstellungen und ihren mit der Zeit<br />

entwickelten Routinen im Geschäftsalltag.<br />

<strong>Der</strong> Versuch des Wandels von sozialen Systemen bzw. Organisationen<br />

ruft zunächst Widerstände hervor. Das System, also die Mitarbeiter<br />

des Unternehmens, zeigen Widerstand gegen jegliche Veränderung,<br />

die ihr Gleichgewicht zu stören versucht.<br />

Ob beabsichtigt oder rein zufällig- jede organisatorische Veränderung<br />

hat Einfluss auf die aktuelle (Macht-)Position einzelner Personen<br />

oder bestimmter Personengruppen. Deshalb <strong>ist</strong> auch jeder<br />

Veränderungsprozess durch Aktivitäten begleitet, die dienlich für die<br />

Verteidigung bzw. Ausweitung der individuellen Machtspähre der<br />

Betroffenen sind.<br />

Doch es sind nicht nur machtorientierte widerstrebende Kräfte, die<br />

viele Veränderungsprozesse erschweren. Es sind vor allem auch<br />

Ängste und Befürchtungen der Mitarbeiter, die ihren Widerstand begründen.<br />

Durch den unberechenbaren Wandel verändert sich die<br />

Rolle des einzelnen Organisationsmitglieds in eine mehr oder weniger<br />

unbekannte Richtung. Oftmals entwickelt sich die Angst, die<br />

über lange Zeit erworbene Sicherheit am Arbeitsplatz zu verlieren.<br />

Befürchtungen, eine Verschlechterung in den beruflichen Bedürfnisbefriedigungsmöglichkeiten<br />

zu erleiden, motivieren die Mitarbeiter<br />

jeglicher Veränderung zu widerstreben.<br />

Eine dritte Ursache für das Scheitern diverser Re-Organisationen <strong>ist</strong><br />

die Tatsache, dass Wandlungsprozesse für die Betroffenen immer<br />

auch eine zusätzliche Belastung, zusätzliche Arbeit zum operativen<br />

Geschäft darstellen. Es muss sich in neue Prozessabläufe eingearbeitet,<br />

in neue Unternehmensziele hineingedacht, in neue Unternehmensstrukturen<br />

gefügt werden. Veränderung heißt also Umdenken<br />

und Umorientieren- Veränderung heißt somit auch Zunahme von Belastung,<br />

Aufwand und Stress.<br />

Welcher „normale“ Mitarbeiter soll einem geplanten Unternehmenswandel<br />

also bege<strong>ist</strong>ert und motiviert entgegenblicken?<br />

Dies zu schaffen, <strong>ist</strong> die schwierige Aufgabe der mit dem Change Management<br />

betrauten Unternehmensführung.<br />

2.2 <strong>Der</strong> „gemanagte“ Veränderungsprozess<br />

Um in einem funktionierenden sozialen System die Bereitschaft und<br />

Motivation für eine grundlegende Veränderung zu etablieren, müssen<br />

die Mitglieder in einen geeigneten Bedingungsrahmen versetzt<br />

werden.<br />

Kurt Lewin (1947) gliederte soziale Änderungsprozesse in drei basale<br />

Phasen:<br />

18 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

1. das Auftauen von Einstellungen<br />

2. das Ändern von Verhaltensweisen<br />

3. das Einfrieren von Einstellungen<br />

In der ersten Phasen sollte das Interesse, die Neugier und das Engagement<br />

der Mitarbeiter geweckt werden, die der angestrebten Veränderung<br />

zunächst nicht offen gegenüberstehen. Um deren<br />

Bereitschaft für eine weitere Beschäftigung mit dem Thema Wandel<br />

zu schaffen, muss die Notwendigkeit der Veränderung plausibel begründet<br />

und das Vertrauen in Chancen des Wandels gewonnen werden.<br />

Sind die gefestigten Einstellungen der veränderungsskeptischen Organisationsmitglieder<br />

„aufgetaut“, so sind auch die Voraussetzungen<br />

für die zweite Phase- die Phase der Änderung, also der konkreten<br />

Problembearbeitung, geschaffen.<br />

Die Umsetzung des intendierten Veränderungsprozesses kann nur<br />

dann erfolgreich in Angriff genommen werden, wenn die schon erwähnten<br />

widerstandshemmenden Kräfte ernstgenommen werden.<br />

Bestehende Ängste der Mitarbeiter vor neuen Aufgaben, veränderten<br />

sozialen Beziehungen und Besitzstandverlusten sollten von der Unternehmensführung<br />

angehört und mit den Mitarbeitern gemeinsam<br />

diskutiert und bestenfalls ausgeräumt werden. Wandelbefürwortende<br />

Mitarbeiter und zur Veränderung animierende Führungskräfte hingegen-<br />

als änderungsfördernde Kräfte- können gar nicht fürsorglich<br />

genug gepflegt und verstärkt werden. Dabei sollte auch darauf geachtet<br />

werden, dass die angestrebten Veränderungsschritte nicht zu<br />

groß gewählt werden. Die Bege<strong>ist</strong>erung und Dynamik können sehr<br />

schnell durch das Gefühl der Überforderung erstickt werden.<br />

Die dritte Änderungsprozessphase setzt in dem Moment ein, wo ein<br />

Umdenken der Organisation bereits eingesetzt hat. Das durch die<br />

Umstellungen verlorene systemische Gleichgewicht muss nun wieder<br />

zurückgewonnen werden. Dies gelingt am besten durch die kontinuierliche,<br />

regelmäßige Verstärkung der neugewonnenen Einstellungen<br />

und Verhaltensweisen. Die Unternehmensführung sollte hier nicht<br />

die Gelegenheit verpassen, ihre Mitarbeiter durch Lob, Bestätigung<br />

und Anerkennung für die aufgebrachten Veränderungsbemühungen<br />

zu belohnen.<br />

3. Unternehmenskultur<br />

... oder die „Seele“ der Organisation<br />

Unternehmen sind heutzutage gezwungen, „mit der Zeit zu gehen“,<br />

d.h. sich den ständig wandelnden Umweltbedingungen anzupassen.<br />

Unter diesen Umständen kann es eben nicht mehr die Unternehmensstruktur<br />

oder -Strategie sein, die den Mitarbeitern Stabilität und Orientierung<br />

bietet- sie muss stets flexibel und „im Fluss“ bleiben.<br />

Nichtsdestotrotz benötigt auch der oft mit großem Handlungsspielraum<br />

„gesegnete“ Mitarbeiter des 21. Jahrhunderts Halt, Kons<strong>ist</strong>enz<br />

und Sicherheit, um effizient und erfolgreich im Sinne der Organisation<br />

arbeiten zu können.<br />

Dieser Funktion kann eine gesunde und probate Unternehmenskultur<br />

voll und ganz gerecht werden. Eine stimmige Kultur, die die stabilen<br />

Unternehmenswerte- und normen transparent und bewusst macht,<br />

wirkt außerordentlich gemeinschafts- und identitätsstiftend. Damit<br />

stellt sie einen informellen, impliziten Steuerungs- und Ordnungsrahmen<br />

dar, der es auch lose vernetzten Arbeitsgruppen ermöglicht, sich<br />

vor einem gemeinsamen Wertehintergrund und gestützt durch die<br />

gemeinschaftlichen Unternehmensziele autonom zu organisieren.<br />

In dem Sinne <strong>ist</strong> Unternehmenskultur heute mehr als je zuvor als Orientierungsanker<br />

und „Wir-Gefühl-Stifter“ anzusehen. Sie kann


zudem aber auch als allgemeiner „Sinn-Stifter“ unverzichtbare Motivationspotentiale<br />

unter den Organisationsmitgliedern schaffen. Die<br />

schon erwähnte Rationalisierung vieler organisatorischer Arbeitsprozesse<br />

lässt dem Mitarbeiter die eigene Tätigkeit immer abstrakter und<br />

unfassbarer erscheinen. Vielen Mitarbeitern- und auch nicht selten<br />

den Führungskräften- fehlt das Wissen um das eigentliche Unternehmensziel,<br />

um die Zusammenhänge ihrer Arbeit, um Sinn und Zweck<br />

ihrer Tätigkeit, um ihren persönlichen Beitrag zum Unternehmenserfolg.<br />

Dadurch wird ihre Le<strong>ist</strong>ung und Motivation erheblich eingeschränkt.<br />

Eine von allen geteilte und anerkannte Unter nehmenskultur<br />

kann genau dieser gefährlichen Entwicklung entgegenwirken.<br />

3.1 Was verbirgt sich hinter dem „Phänomen“<br />

Unternehmenskultur?<br />

- Menge an Gewohnheiten, durch die sich eine Organisation<br />

von seiner Umwelt unterscheidet<br />

- Charakter<strong>ist</strong>ikum einer Gruppe<br />

- wiederkehrende Verhaltensweisen in der Interaktion<br />

- kollektive Überzeugungen<br />

- gemeinsame, geteilte Bedeutungen<br />

- Gruppennorm<br />

- bekundete Werte und Wertvorstellungen<br />

- gewachsenes Meinungs- und Normgefüge<br />

- offizielle Philosophie (implizite Spielregeln)<br />

- niemals „fertiges“ Ergebnis eines gemeinschaftlichen dynamischen<br />

Lernprozesses<br />

- in Interaktion entstehende Übereinkünfte<br />

- verwurzelte Talente innerhalb der Organisation<br />

- Symbole mit Integrationskraft<br />

- implizites Phänomen, das die Eigendefinition des Unternehmens<br />

bestimmt<br />

Dies sind die Beschreibungen und Charakterisierungen, auf die man<br />

bei einer ersten Fachliteraturrecherche zum Thema „Unternehmenskultur“<br />

bzw. „Organisationskultur“ stößt. Das Spektrum der genannten<br />

Merkmale vermittelt schon einen ersten Eindruck von der<br />

Vielfältigkeit und Komplexität des Organisationskulturkonzeptes.<br />

In den letzten 20 Jahren hat die wachsende Relevanz und Brisanz<br />

des Themas „Unternehmenskultur“ natürlich ungemein viele verschiedene,<br />

sich teilweise ergänzende, jedoch auch widersprechende<br />

Erkenntnisse hervorgebracht.<br />

Hier nun soll der Versuch unternommen werden, ein wenig „Licht in<br />

den Dschungel der Organisationskulturliteratur“ zu bringen.<br />

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Versuch einer Begriffsbestimmung<br />

Um eine Idee von der Bedeutung einer „Unternehmenskultur“ zu bekommen,<br />

kann es nicht schaden, sich noch einmal die Definition des<br />

allgemeinen „Kulturbegriffs“ vor Augen zu führen: Eine Kultur <strong>ist</strong> „...<br />

ein Muster gemeinsamer Grundprämissen, das die Gruppe bei der<br />

Bewältigung ihrer Probleme externer Anpassung und interner Integration<br />

erlernt hat, das sich bewährt hat und somit als bindend gilt;<br />

und das daher an neue Mitglieder als rational und emotional korrekter<br />

Ansatz für den Umgang mit diesen Problemen weitergegeben<br />

wird. ...“ (nach Schein, 1995)<br />

Wie nun aber <strong>ist</strong> „Unternehmenskultur“ zu definieren?<br />

“Unternehmenskultur sind die gemeinsamen grundlegenden Überzeugungen<br />

in einer Gruppe, die diese charakterisieren. Diese Überzeugungen<br />

beeinflussen Wahrnehmung, Denken, Handeln und Fühlen<br />

der Gruppenmitglieder.<br />

Sie können sich auch in den Artefakten manifestieren. Die Überzeugungen<br />

werden nicht mehr bewusst gehalten, sie sind aus der Erfahrung<br />

der Gruppe entstanden und haben sich durch die Erfahrung der<br />

Gruppe weiterentwickelt, d.h. sie sind gelernt und werden an neue<br />

Gruppenmitglieder weitergegeben.“ (nach Sackmann, 2002)<br />

Aus einer anderen Perspektive betrachtet folgende Definition<br />

die Organisationskultur:<br />

“Organisationskultur <strong>ist</strong> das implizite Bewusstsein einer Organisation,<br />

das sich zum einen aus dem Verhalten der Organisationsmitglieder<br />

ergibt und das selbst als kollektive Programmierung die<br />

Verhaltensweisen der Organisationsmitglieder beeinflusst“ (nach<br />

Scholz ‚1987)<br />

Demnach sind Unternehmen also nicht nur durch ihre Struktur und<br />

durch die sie umgebende Umwelt beeinflusst. Als komplexe soziale<br />

Systeme werden sie auch durch die Interaktionen und Verhaltensweisen<br />

ihrer Mitglieder bestimmt. Die individuellen Perspektiven der<br />

einzelnen Mitglieder auf das Unternehmen und seinen „Sinn“ gleichen<br />

sich in der organisationsinternen Interaktion einander an und<br />

gestalten somit implizit und permanent die Unternehmenskultur.<br />

Diese starke Abhängigkeit der Organisation bzw. Organisationskultur<br />

von ihren Mitgliedern macht Change Management zur einer echten<br />

„Führungsaufgabe“ und erklärt gleichzeitig die Widerstände und<br />

starke Trägheit in Kulturveränderungsprozessen.<br />

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Vielen Dank!<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 19


Die Definition von Scholz besagt außerdem, dass den Mitgliedern der<br />

Organisation- der Führung und den Mitarbeitern- die eigene (Un-)<br />

Kultur me<strong>ist</strong> gar nicht bewusst <strong>ist</strong>. Die täglichen Routinen, die eingespielten<br />

Verhaltensmuster, die „natürlichen“ Spielregeln und Gesetze,<br />

all die spezifischen Merkmale der Unternehmensstruktur und<br />

–Prozesse werden als selbstverständlich hingenommen und oft für<br />

unveränderbar gehalten.<br />

In vielen Fällen <strong>ist</strong> es erst der Erfahrungsaustausch mit Kollegen anderer<br />

Unternehmen, der „eine objektive Perspektive“ auf die eigene<br />

Organisationskultur ermöglicht.<br />

3.2 Forschungsrichtungen der<br />

Unternehmenskultur<br />

Die Organisationskulturforschung bietet zwei verschiedene Perspektiven,<br />

aus denen man Unternehmenskultur betrachten, analysieren<br />

und mit ihr arbeiten kann. <strong>Der</strong> objektiv<strong>ist</strong>ischen Forschungsauffassung<br />

zufolge, hat ein Unternehmen eine Kultur. Die Kultur stellt demnach<br />

also eine Variable dar, die instrumentalisiert und spezifisch<br />

eingesetzt werden kann, um das Unternehmen und seine Entwicklung<br />

(positiv) zu beeinflussen.<br />

Die subjektiv<strong>ist</strong>ische Forschungsrichtung hingegen geht davon aus,<br />

dass jedes Unternehmen selbst eine Kultur <strong>ist</strong>. Sie repräsentiert die<br />

Basis des Organisationsgeschehens und kann daher nicht funktionalisiert<br />

werden. Hier liegt das Forschungsziel vielmehr in der Erklärung<br />

des Unternehmens und seiner organisatorischen Erscheinungsformen<br />

durch das Verstehen, Deuten und Interpretieren seiner Kultur.<br />

Im Laufe der Zeit hat sich unter den Forschern allerdings auch eine<br />

weitere „Kompromiss-Kulturperspektive“ etabliert, welche sowohl<br />

Elemente des objektiv<strong>ist</strong>isch-funktional<strong>ist</strong>ischen, als auch des subjektiv<strong>ist</strong>isch-interpretativen<br />

Ansatzes beinhaltet und miteinander verbindet:<br />

die „dynamische Konstrukt-Perspektive“. Dieser „gemäßigte“<br />

Ansatz geht davon aus, dass die Entstehung von Unternehmenskultur<br />

alleiniges Ergebnis ihrer Interpretation durch die Organisationsmitglieder<br />

<strong>ist</strong>; sagt aber andererseits auch, dass Unternehmenskultur gestaltbar<br />

<strong>ist</strong>- und zwar durch den gezielten Einsatz dieser subjektiven<br />

Interpretationen.<br />

3.3 Elemente der Unternehmenskultur<br />

Scholz definierte Organisationskultur als „... das implizite Bewusstsein<br />

einer Organisation, das sich (...) aus dem Verhalten der Organisationsmitglieder<br />

ergibt...“. So gesehen bilden auch die Emotionen<br />

bzw. Kognitionen der Organisationsmitglieder die basalen Elemente<br />

einer Unternehmenskultur.<br />

20 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

Einstellungen<br />

Einstellungen sind relativ spezifische, auf konkrete Objekte, Personen<br />

oder Situationen gerichtete Neigungen von Personen. Jeder Mensch<br />

hat eine Vielzahl an Einstellungen eher instabiler Natur. Einstellungen<br />

können sich also individuell und situationsbedingt ändern.<br />

Normen<br />

Normen sind sozial geteilte, an Personen oder Situationen gestellte<br />

Erwartungen. Sie stellen einen verbindlicher Grundsatz darüber dar,<br />

wie es sich in spezifischen Situationen zu verhalten bzw. wie es zu<br />

handeln gilt. Normen haben demnach eine Standardisierungsfunktion<br />

in sozialen Systemen.<br />

Werte<br />

Ebenso wie Einstellungen und Normen werden Werte von Personen,<br />

also auch Mitarbeitern, getragen und sind damit essentielle Elemente<br />

jeglicher Unternehmenskultur.<br />

Werte sind Ausdruck von Wünschen, Vorlieben, Präferenzen, Zielensind<br />

eine Art „Lebensphilosophie“. Sie können bewusst sein, müssen<br />

es aber nicht. Werte haben in vielen Fällen einem dem Träger unbewussten<br />

Einfluss auf dessen (Entscheidungs-)Verhalten. Im Gegensatz<br />

zu Einstellungen sind die Werte einer Person langfr<strong>ist</strong>ig konstant<br />

und situationsübergreifend verhaltensbestimmend.<br />

Sollten sich die persönlichen Werte einer Person des Öfteren bewähren,<br />

so werden sie mehr und mehr verinnerlicht, üben einen stärkeren<br />

Verhaltenseinfluss aus und verhelfen ihrem Träger somit zu „innerer<br />

Stabilität“.<br />

Normen und Werte stellen Steuerungsfaktoren dar. Sie steuern und<br />

lenken das Verhalten von Personen und Personengruppen in eine spezifische<br />

Richtung, die für die Ex<strong>ist</strong>enz, den Erhalt und auch den Erfolg<br />

der gemeinsamen Organisation von Relevanz <strong>ist</strong>, so z.B. die Orientierung<br />

zur Teamarbeit.<br />

Sie schaffen Klarheit und Orientierung für die Organisationsmitglieder,<br />

indem sie die Fülle möglicher Verhaltensmuster, Handlungen und<br />

Erwartungen auf eine überschaubare Menge reduzieren. So setzen<br />

sie unternehmensspezifische Standards bzgl. erlaubter/ unerlaubter<br />

Verhaltensweisen, adäquater/ inadäquater Reaktionen sowie akzeptierter/<br />

verurteilenswerter Handlungen.<br />

Normen und Werte erleichtern somit den gegenseitigen Anpassungsprozess<br />

unter den Organisationsmitgliedern und fördern die konfliktfreie<br />

Interaktion innerhalb einer Organisation.<br />

Grundannahmen/ Grundprämissen<br />

Grundannahmen sind un- oder vorbewusste, selbstverständliche Anschauungen,<br />

Wahrnehmungen, Gedanken oder Gefühle von Perso-<br />

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Patienten während der Behandlungsdauer auch<br />

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der Untersuchung oder Behandlung findet ein<br />

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statt und auch während der Therapie besteht ein<br />

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nen. Sie unterscheiden sich von den Werten nur in dem Grad ihres<br />

Verhaltenseinflusses und ihrer Bewusstheit. Grundannahmen sind<br />

ebenso so situationsübergreifend und langfr<strong>ist</strong>ig stabil wie Werte,<br />

haben aber durch ihre Unbewusstheit einen wesentlich stärken Einfluss<br />

auf das Verhalten einer Person.<br />

3.4 Ebenen der Unternehmenskultur<br />

Schein entwickelte 1995 ein gewinnbringendes Analyse- und Interventionsmodell<br />

für Organisations- bzw. Unternehmenskulturen. Dieses<br />

Modell geht davon aus, dass sich in jeder Organisationskultur 3<br />

Ebenen finden lassen, die in spezifischer Beziehung zueinander stehen:<br />

1. die Ebene der Artefakte<br />

Artefakte einer Organisation sind wahrnehmbare,<br />

leicht zu beobachtende Phänomene, die sich jedoch<br />

schwer oder gar nicht deuten bzw. interpretieren lassen.<br />

So z.B.: Unternehmensstrukturen, Prozesse, die Firmenarchitektur,<br />

die Kleidung der Mitarbeiter oder der Unternehmensjargon<br />

2. die Ebene der (bekundeten) Werte<br />

3. die Ebene der Grundannahmen/ Grundprämissen<br />

Scheins Ebenen repräsentieren sowohl funktional<strong>ist</strong>ische<br />

(Artefakte) als auch interpretative (Werte, Grundannahmen)<br />

Elemente der Unternehmenskultur und stehen in wechselseitiger<br />

Abhängigkeit und Interaktion.<br />

Die Merkmale der verschiedenen Kulturebenen lassen sich<br />

sehr gut am Beispiel des berühmten „Eisberges“ veranschaulichen.<br />

Die manifesten, wahrnehmbaren Artefakte der<br />

Organisationskultur entsprechen der sichtbaren Spitze des Eisberges.<br />

Den unsichtbaren Teil des Eisberges- unterhalb der Wasseroberfläche-<br />

stellen die latenten, me<strong>ist</strong> unbewussten, emotional verankerten<br />

Werte und Grundannahmen der Unternehmensmitglieder dar. Sie<br />

sind dem Beobachter zwar nicht direkt zugänglich, haben jedoch den<br />

entscheidenden Einfluss auf das Unternehmen und sein soziales Geschehen.<br />

Außerdem <strong>ist</strong> das Verständnis dieser Kulturebene unbedingte<br />

Voraussetzung für die adäquate Deutung der oberflächlicheren<br />

Ebenen der Werte bzw. der Artefakte.<br />

3.5 Funktionen der Unternehmenskultur<br />

Die Funktionen einer Organisationskultur sind zahlreich und variieren<br />

oftmals in Abhängigkeit von der konkreten Unternehmensspezifik.<br />

Im Folgenden sollen einige der generellen Kulturfunktionen etwas<br />

näher erläutert werden:<br />

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Identitätsstiftung<br />

- Anschlussmotivbefriedigung, Sinn und Wir-Gefühlstiftung<br />

Organisationscharakterisierung<br />

- Abgrenzung gegenüber anderen Unternehmen bzw. Kulturen<br />

Koordinierung und Orientierungsvermittlung<br />

- in komplexen Systemen durch geteilte Werte und Meinungen<br />

- Kontrollmotivbefriedigung, Orientierung an Verhalten der<br />

Kollegen<br />

Komplexitäts- und Informationsreduktion<br />

- Informationsflut mittels grundlegender Werte und Normen<br />

leichter strukturierbar/ reduzierbar<br />

Schaffung von Motivationspotentialen<br />

- Eröffnung von Lernpotentiale<br />

Innere Stabilisierung und Kontinuitätsgebung<br />

- basaler Konsens gibt Halt und Sicherheit auch in chaotischer,<br />

dynamischer, schwieriger Zeit<br />

3.6 Medien der Unternehmenskultur<br />

Unternehmenskultur lässt sich nicht messen, nicht berechnen, nicht<br />

objektivieren. Ihren Ausdruck als strategische Erfolgsgröße findet sie<br />

auch nur indirekt über betriebswirtschaftliche Größen, Zahlen oder<br />

Fakten. Das Phänomen Unternehmenskultur <strong>ist</strong> also nur sehr schwer<br />

fassbar.<br />

Um die Kultur einer Organisation zu erfassen, muss sie in all ihren<br />

emotionalen Qualitäten gelebt und erlebt werden. Die auf den ersten<br />

Blick „unsichtbare“ Unternehmenskultur mit ihren Elementen benötigt<br />

daher Medien, die sie transportieren, d.h. für die Unternehmensmitglieder<br />

sowie die Organisationsumwelt wahrnehmbar machen:<br />

“Helden“ (cultural heroes)<br />

Helden können zum Beispiel (ehemalige) erfolgreiche Mitarbeiter,<br />

glänzende Führungskräfte aus früherer Zeit oder auch die einstigen<br />

Unternehmensgründer sein. In jedem Fall stellen sie Vorbilder für die<br />

heutigen Organisationsmitglieder dar und sind Symbol für Le<strong>ist</strong>ungen,<br />

Erfolge und Werte des Unternehmens.<br />

Geschichten<br />

Geschichten können Sagen, Anekdoten, Legenden oder auch Mythen<br />

sein, die innerhalb der Organisation verbreitet werden. Sie müssen<br />

nicht unbedingt wahrheitsgemäß sein, ihr alleiniger Zweck <strong>ist</strong> die<br />

Sinnvermittlung sowie die Rechtfertigung bzw. Erklärung bestimmter<br />

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DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 21


Handlungen der Organisationsmitglieder. Geschichten dienen oftmals<br />

auch zur Reflektion und Neu-Interpretation spezifischer Situationen<br />

im Unternehmensalltag.<br />

Riten<br />

Riten sind Interaktionen stereotypen Ablaufs und erscheinen nicht<br />

selten wie öffentliche Inszenierungen. Sie stellen u.a. ein Mittel der<br />

Einführung neuer Organisationsmitglieder in das Unternehmen dar.<br />

Riten werden oftmals während Schulungsmaßnahmen, Tagungen,<br />

Mittagspausen, Betriebsfeiern etc. „ausgelebt“.<br />

Kommunikation und Sprache<br />

Auch das Medium „Sprache“ kann Inhalte einer Unternehmenskultur<br />

sehr gut transportieren:<br />

Was wird mündlich, was eher schriftlich kommuniziert?<br />

Welcher Sprachstil, welcher “Jargon“, welche Redewendungen herrschen<br />

vor?<br />

Was wird nicht besprochen- was sind Tabus?<br />

Struktur, Architektur und Kleidung<br />

Die Architektur des Firmensitzes, die Gebäudestruktur, die Ausstattung<br />

der Konferenzräume, das Mobiliar, die verwendeten Arbeitsmittel,<br />

die Kleiderordnung- all das sind Ausdrucksformen für die ganz<br />

spezifische Kultur einer Organisation.<br />

3.7 Ansätze zur Typisierung von<br />

Unternehmenskultur<br />

Jedes Unternehmen bildet mit seiner Kultur ein komplexes System. Da<br />

es eine Vielzahl unterschiedlicher Unternehmenstypen mit ihren je-<br />

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22 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

®<br />

weils spezifischen Unternehmensmerkmalen gibt, liegt die Idee nahe,<br />

dass es auch sehr viele verschiedene Unternehmenskulturtypen geben<br />

muss. Diese Erkenntnis spiegelt sich in diversen Ansätzen zur Typisierung<br />

ex<strong>ist</strong>ierender Organisationskulturen wider, von denen nun zwei<br />

genauer erläutert werden sollen. <strong>Der</strong> Unternehmenskulturtyp beschreibt<br />

das unternehmensspezifische Verhalten und kann durch die<br />

Sichtbarmachung kultureller Defizite bzw. Potentiale dazu dienen, die<br />

positive Veränderung bzw. Entwicklung der Organisation zu fördern.<br />

So unterschied Schreyögg (1991) zwischen polyzentrischen und globalen<br />

Unternehmenskulturen. Dieser Ansatz geht davon aus, dass es<br />

eine Interdependenz zwischen nationalen Kulturen und Organisationskulturen<br />

gibt.<br />

polyzentrische Unternehmenskultur<br />

Unternehmenskultur, die in den verschiedenen Ländern, in denen das<br />

Unternehmen situiert <strong>ist</strong>, unterschiedliche Ausformungen aufwe<strong>ist</strong>.<br />

Ein Nachteil dieser „föderal<strong>ist</strong>ischen“ polyzentrischen Unternehmenskultur<br />

könnte darin bestehen, dass sich die einzelnen Subunternehmen<br />

zu sehr verselbstständigen, also von ihrer Mutter -<br />

organisation lösen.<br />

Schreyögg nennt jedoch auch vier Vorteile der polyzentrischen Kultur:<br />

- Spezialisierungsvorteil<br />

- Flexibilitätsvorteil<br />

- Kreativitätsvorteil<br />

- Problemlösevorteil<br />

globale Unternehmenskultur<br />

Unternehmenskultur, die über die Ländergrenzen hinweg ein einheitliches<br />

Erscheinungsbild und universale Artikulationsformen anstrebt.<br />

Vorteile der globalen Unternehmenskultur sind nach Schreyögg:<br />

- Kommunikationsvorteil<br />

- Zuverlässigkeitsvorteil<br />

- Identifikationsvorteil<br />

- Effizienzvorteil<br />

Eine „reine“ globale Unternehmenskultur stellt sicherlich einen unreal<strong>ist</strong>ischen<br />

Idealtyp dar. Ein gewisser Grad an Polyzentrismus wird<br />

in allen international operierenden Organisationen anzutreffen sein,<br />

da sich auch die res<strong>ist</strong>entesten Unternehmen nur schwerlich den jeweiligen<br />

nationalen Kultureinflüssen entziehen können.


J. H. Ansoff (1979) findet einen ganz anderen Zugang zur Unternehmenskultur-Typisierung.<br />

Seine Differenzierungskriterien sind die<br />

Handlungsbereitschaft, die Innovationsfähigkeit und die Zeitperspektive<br />

der Unternehmen.<br />

Ansoff differenziert zwischen den folgenden fünf Kulturtypen, welche<br />

sich vor allem hinsichtlich ihrer Veränderungsfreundlichkeit unterscheiden:<br />

stabile Kultur<br />

Die Organisation orientiert sich sehr stark an der Vergangenheit. Im<br />

Mittelpunkt des Interesses steht die eigene Unternehmung und die<br />

erreichte Position. Risiko, Innovationen und Veränderungen werden<br />

weitestgehend vermieden.<br />

reaktive Kultur<br />

Dieser der stabilen Kultur sehr ähnliche, introvertierte Kulturtyp orientiert<br />

sich vorrangig an der Gegenwart. Geringfügige Veränderungen<br />

werden nicht stringent abgelehnt, sondern sofern die<br />

diesbezügliche Notwendigkeit erkannt wird, unter Minimierung des<br />

Risikos akzeptiert.<br />

antizipative Kultur<br />

Das Unternehmen neigt eher dazu Risiken einzugehen. Die Bedingung<br />

hierfür allerdings <strong>ist</strong>, dass sich diese Risiken für die Organisation<br />

kalkulierbar darstellen.<br />

explorative Kultur<br />

<strong>Der</strong> explorative Kulturtyp sucht Herausforderungen und Veränderungen.<br />

Werden die Erfolgschancen positiv eingeschätzt, kommt es umgehend<br />

zur Initiierung und Umsetzung der neuen Unternehmensziele<br />

– auch unter Vernachlässigung möglicher Risiken.<br />

kreative Kultur<br />

<strong>Der</strong> Unternehmensfokus <strong>ist</strong> auf die Zukunft gerichtet. Extrovertiert<br />

werden Entwicklungsmöglichkeiten gesucht, um sich zukünftig stark<br />

zu positionieren.<br />

Die Vielfalt vorkommender Kulturtypen macht deutlich, dass es sehr<br />

schwierig <strong>ist</strong>, einzelne Organisationen oder gar eine ganze Branche,<br />

einem spezifischen Kulturtyp zuzuordnen. Unter Dominanz eines bestimmten<br />

Kulturtyps sind me<strong>ist</strong> Merkmale verschiedener Kulturtypen<br />

in einem Unternehmen vorzufinden.<br />

3.8 Abgrenzung zu artverwandten Konzepten<br />

Abschließend sollen noch einige Irrtümer beseitigt werden, die seitdem<br />

das Thema Unternehmenskultur „in aller Munde“ <strong>ist</strong>, immer<br />

wieder zu Tage treten.<br />

Dr. Jürgen Kaul<br />

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So wird das Konzept der Unternehmenskultur nicht selten mit<br />

diesen artverwandten Konzepten verwechselt.<br />

Unternehmenskultur bedeutet nicht:<br />

1. Unternehmensethik<br />

Unternehmensethik beschäftigt sich nämlich ausschließlich mit der<br />

Entstehungsbegründung spezifischer Unternehmensnormen- und<br />

werte.<br />

2. Unternehmensphilosophie<br />

Die Unternehmensphilosophie legitimiert lediglich den Unternehmenszweck<br />

durch ihre orientierungsgebenden Leitlinien und Grundsätze.<br />

3. Organisationsklima<br />

Das Organisationsklima <strong>ist</strong> die momentane, subjektive Wahrnehmung<br />

des Unternehmenszustands durch die Mitarbeiter.<br />

4. Unternehmensidentität (Corporate Identity)<br />

Unternehmensidentität stellt den Pool an Mechanismen dar, mit denen<br />

sich eine Organisation seiner Umwelt visualisiert und präsentiert.<br />

4. Unternehmenskultur und Veränderung<br />

...oder der Mut zum „langen Atem“<br />

Wie war das noch gleich mit der Unternehmenskultur...?<br />

- jedes Unternehmen besitzt bzw. entwickelt eine eigene, ganz spezifische<br />

Organisationskultur<br />

- diese Unternehmenskultur steht in enger Beziehung und Wechselwirkung<br />

mit den ebenso spezifischen Strukturen und Strategien<br />

der jeweiligen Organisation<br />

- es gibt nicht die eine, allein richtige Kultur für ein Unternehmenkein<br />

generelles Ideal also, das es zu realisieren gilt und welches<br />

dann die Lösung aller Probleme darstellt<br />

Dies sind drei wesentliche Fakten zum Phänomen „Unternehmenskultur“,<br />

welche drei direkte Konsequenzen für das Thema „Kulturwandel“<br />

nach sich ziehen:<br />

1. Da jedes Unternehmen eine eigene Kultur besitzt,<br />

<strong>ist</strong> auch das Thema „Kulturveränderung“ für jedes<br />

Unternehmen von Bedeutung.<br />

2. Durch die Verzahnung und wechselseitige Abhängigkeit<br />

von Unternehmenskultur und Unternehmensstruktur<br />

bzw. –Strategie bleibt Unternehmenskultur<br />

niemals von Changeprozessen bzw. Organisationsveränderungen<br />

unberührt.<br />

Ganz im Gegenteil: die kulturellen Voraussetzungen<br />

eines Unternehmens sind ganz entscheidend für den Erfolg<br />

jeglicher Re-Organisation. Sollten alle anderen Bedingungen<br />

für die angestrebte Veränderung auch optimal<br />

sein, wird die Organisationskultur aus den Augen verloren,<br />

so gerät das gesamte Change Management schnell<br />

ins Wanken.Somit bedeutet also jeder unternehmerische<br />

Veränderungsprozess gleichzeitig auch eine Veränderung<br />

der Unternehmenskultur.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 23


3. Die Tatsache, dass sich Unternehmen heute mit<br />

ständig wechselnden wirtschaftlichen und technologischen<br />

Rahmenbedingungen, mit einem sich kontinuierlich wandelnden<br />

Umfeld also, konfrontiert sehen, erklärt die Unmöglichkeit<br />

einer einzigwahren, immerfort adäquaten<br />

Unternehmenskultur. Sollte eine Organisation tatsächlich<br />

eine gesunde, probate, klare und widerspruchsfreie Kultur<br />

„leben“, so heißt dies noch lange nicht, dass dieser „Glücksfall“<br />

auch für immer währt. Wechseln die Ziele, die Strategien,<br />

die Strukturen des Unternehmens, so <strong>ist</strong> mit großer<br />

Wahrscheinlichkeit auch eine stimmig modifizierte Kultur erfolgversprechender<br />

als die ehemals „perfekte“ Unternehmenskultur.<br />

Change Management und Kulturwandel einer Organisation<br />

sind demnach untrennbar miteinander verbunden.<br />

4.1 Kulturveränderung und die Rolle<br />

der Führung<br />

All die Charakter<strong>ist</strong>ika, die das „Phänomen Unternehmenskultur“ so<br />

interessant und reizvoll machen, gestalten jedoch auch den Umgang<br />

mit ihr, während bewusst gesteuerter Change Managementprozesse<br />

kompliziert und anspruchsvoll.<br />

Unternehmenskultur<br />

- <strong>ist</strong> ihren Trägern nur zum Teil bewusst, also auch nur teilweise<br />

erfassbar und beeinflussbar<br />

- wird von Menschen- also verschiedenen Individuen<br />

getragen, gelebt und erlebt<br />

- <strong>ist</strong> nicht materieller, sondern eher kognitiver und<br />

emotionaler Natur<br />

- <strong>ist</strong> interpretativ, d.h. sie bedeutet für jeden ihrer<br />

Träger etwas anderes<br />

- <strong>ist</strong> sehr vielschichtig und bietet somit viele „Angriffsflächen“,<br />

die bei ihrem Management bedacht werden<br />

sollten<br />

- hat eine starke Eigendynamik- muss also stets neu<br />

betrachtet und bewertet werden<br />

Damit sich Nutzen und Chancen einer Unternehmenskultur im<br />

Change Management gegenüber ihren Gefahren und Risiken durchsetzen<br />

können, <strong>ist</strong> ein bewusster und sensibler Umgang mit ihr durch<br />

die Unternehmensführung unbedingt erforderlich.<br />

Unternehmenskultur muss bzw. kann nicht „erschaffen“ werden. Sie<br />

entwickelt sich im Laufe der Zeit in jeglicher Organisation ganz automatisch<br />

und selbstständig. Unternehmenskultur kann mehr oder<br />

weniger stark entwickelt, h<strong>ist</strong>orisch gewachsen oder auch bewusst<br />

gepflegt sein, sich fundiert oder widersprüchlich darstellen. Die Kultur<br />

eines Unternehmens <strong>ist</strong> also das kaum objektivierbare Resultat eines<br />

komplexen, langjährigen, organisatorischen Geschehens.<br />

Nichtsdestotrotz zählt- gerade in Zeiten des Wandels- der adäquate<br />

Umgang mit der eigenen Organisationskultur, d.h. ihre Entwicklungsförderung,<br />

ihre Vergegenwärtigung oder in manchen Fällen<br />

auch ihre Zerstörung, zu den Kernaufgaben der Unternehmensführung.<br />

24 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

Führungskompetenz bedeutet demnach auch die kontrollierte<br />

Handhabung organisatorischer Kultur-Veränderungsprozesse: so<br />

z.B. das Erkennen eventueller Inkompatibilität externer (Umwelt-)<br />

Bedingungen und aktueller Unternehmenskultur bzw. das kontinuierliche<br />

Überprüfen der Stimmigkeit zwischen Unternehmensstrategie<br />

und –Kultur.<br />

Unternehmensführung stellt letztlich selbst eine Komponente der<br />

Unternehmenskultur dar, da auch sie sich permanent den wandelnden<br />

Rahmenbedingungen anpassen muss. So durchläuft die Führung<br />

einer Organisation immer auch selbst einen kulturellen<br />

Entwicklungsprozess.<br />

Viele Wege führen nach Rom<br />

<strong>Der</strong> durch organisatorische Veränderungsvorhaben provozierte Wandel<br />

einer jahrelang gewachsenen und gefestigten Kultur <strong>ist</strong> ein in seinem<br />

Ablauf kaum vorhersehbarer und sehr komplexer Prozess.<br />

Kulturwandel bedeutet für ein Unternehmen und seine Mitglieder,<br />

ihre bisherige Kultur- also ihr gesamtes bisheriges organisationsbezogenes<br />

Verhalten, Wertesystem, all ihre mit dem Unternehmen verbundenen<br />

Einstellungen und Emotionen- zu überdenken, zu<br />

hinterfragen oder gar „verlernen“ zu müssen.<br />

Die Begleitung dieses sozialen „Umlern-Prozesses“ stellt eine Führungsaufgabe<br />

dar, die nur mit viel Sensibilität, sozialer Kompetenz<br />

und Ausdauer erfolgreich geme<strong>ist</strong>ert werden kann.<br />

Aber wie?<br />

1. Konkretes Beschreiben der neuen Organisationskultur<br />

Die mit den angestrebten Organisationszielen- und Strategien verbundene,<br />

zukünftige Kultur muss von der Unternehmensführung<br />

„greif- und fassbar“ gemacht werden.<br />

Den Organisationsmitgliedern sollte so konkret, plastisch und ausführlich<br />

wie möglich beschrieben und erläutert werden, was die Kernelemente<br />

der zukünftigen Kultur sind- kurz gesagt: wo es hingehen<br />

soll.<br />

2. Begründung der Notwendigkeit des Kulturwandels<br />

Die Hoffnung, Kulturveränderungsprozesse erfolgreich begleiten zu<br />

können, ohne die Einsicht und das Verständnis für den Unternehmenswandel,<br />

bei den betroffenen Organisationsmitgliedern gewonnen<br />

zu haben, <strong>ist</strong> vergebens.<br />

Nur wenn es der Organisationsführung gelingt, die Unumgänglichkeit<br />

der kulturellen „Umorientierung“ glaubhaft und plausibel zu machen,<br />

sind die Voraussetzungen für eine bewusste Auseinandersetzung<br />

der Organisationsmitglieder mit dem Thema „Unternehmenskultur“<br />

ihr Sinn und Nutzen“ gegeben.<br />

3. Die Stärke des Führungsvorbildes<br />

Was könnte die Einstellung eines der bevorstehenden Veränderungen<br />

skeptisch gegenüberstehenden Mitarbeiters mehr beeinflussen, als<br />

die Erfahrung, die neuen „propagierten“ Haltungen, Werte und Normen<br />

durch die Führungsspitze persönlich „vorgelebt“ zu bekommen?<br />

“Taten zählen mehr als Worte“- so denken und empfinden auch vom<br />

Unternehmenswandel verunsicherte Organisationsmitglieder. <strong>Der</strong> direkte<br />

Kontakt mit der die zukünftige Kultur glaubwürdig repräsentierenden<br />

Unternehmensführung überzeugt oftmals mehr als hübsch<br />

gedruckte Leitlinien-Prospekte.<br />

4. Kulturveränderung als Gemeinschaftsprojekt<br />

Um Menschen für eine Idee oder eben für eine Veränderung zu gewinnen,<br />

bedarf es mehr als bloßer Überzeugungskraft. Wirkliches En-


gagement für einen Änderung des „“Hier und Jetzt“ kann sich unter<br />

den Organisationsmitgliedern nur dann entwickeln, wenn sie den Unternehmenswandel<br />

und den damit einhergehenden Kulturwandel<br />

frühzeitig und langfr<strong>ist</strong>ig aktiv mitgestalten können.<br />

Die Unternehmensführung sollte hier also eher die Rolle des Prozessinitiators<br />

und Moderators einnehmen und die Ergebnisse der<br />

partizipativen Ideenentwicklung „von unten nach oben“ (be)fördern.<br />

5. Glaubwürdige, kompetente „Missionare“<br />

So wichtig es <strong>ist</strong>, dass die Organisationsentwicklung hauptsächlich<br />

durch die Organisationsmitglieder vorangetrieben wird, die katalysierende<br />

Wirkung einer charismatischen und sozial sowie methodisch<br />

kompetenten Führung sollte im Change Management nicht unterschätzt<br />

werden. Phasen des anfänglichen Widerstandes, der Mutlosigkeit<br />

oder der im Verlauf einsetzenden Trägheit können durch die<br />

stete Präsenz und den engagierten Einsatz einer sich mit den Entwicklungszielen<br />

identifizierenden, „kulturtragenden“ Führung me<strong>ist</strong><br />

erfolgreich überwunden werden.<br />

6. Am Ball bleiben<br />

Endlich. <strong>Der</strong> Veränderungsprozess <strong>ist</strong> „im Gange“- die neuen Ziele<br />

definiert, die Organisationsmitglieder einbezogen<br />

und motiviert, die Verantwortlichen bestimmt,<br />

das weitere Vorgehen heftig diskutiert<br />

und beschlossen- alle sind zufrieden und stolz<br />

auf das vollbrachte Werk und wiegen sich in<br />

der Gewissheit: „alles wird schon werden“.<br />

Doch ehe man sich versieht sind aller Eifer, En-<br />

gagement und Veränderungswille der Projektund<br />

Diskussionsgruppen verflogen. Die „gesteckten“<br />

Ziele werden durch den Druck, das<br />

„ganz normale“ alltägliche Geschäft weiterhin<br />

optimal bewältigen zu müssen, nach und<br />

nach verdrängt. Die Förderung und Entwicklung<br />

der einst so angestrebten Unternehmensziele<br />

gerät in Vergessenheit und die gerade<br />

„neu aufkeimende“ Kultur schafft erst gar<br />

nicht „zum Vorschein zu kommen“.<br />

Um dies zu verhindern, müssen die Aufmerksamkeit<br />

und das Interesse der Mitarbeiter für<br />

den begonnenen Veränderungsprozess bewahrt<br />

und gefördert werden. Dies erfordert<br />

natürlich die Bereitschaft der Führungsspitze<br />

zur regelmäßigen Auseinandersetzung mit den<br />

erreichten Fortschritten im Changeprozess und<br />

den Mut zu Belohnung bzw. Sanktionierung,<br />

sofern vereinbarte Ziele bzw. getroffene Vereinbarungen<br />

von den Organisationsmitgliedern<br />

unzureichend oder gar nicht erfüllt<br />

wurden. <strong>Der</strong> Ernst und die Wichtigkeit des Unternehmenswandels<br />

kann dem Einzelnen nur<br />

bewusst werden, wenn er beobachten oder<br />

selbst erleben kann, dass seine Bemühungen<br />

wahrgenommen und respektiert werden und<br />

dass das „Nichtstun“ Konsequenzen nach sich<br />

zieht.<br />

Diese gewissenhafte Kontrolle der initiierten<br />

Changeprozesse durch die Organisationsführung<br />

stellt auch eine Form bewussten Umgangs<br />

mit der eigenen Kultur dar.<br />

4.2 Die veränderungsfreundliche<br />

Unternehmenskultur<br />

Wie könnte eine Unternehmenskultur aussehen, die dem steten Wandel<br />

ihres Unternehmens und damit auch ihrer selbst nicht im Wege<br />

steht sondern sogar fördert?<br />

Was sind die Kulturelemente, die der Organisation und ihrer Führung<br />

die schwierige Aufgabe des Change Management erleichtern können?<br />

The Winning Performance- in a changing environment- diese Studie<br />

von Clifford/ Cavanaugh (1985) bewe<strong>ist</strong> zum Einen, dass das Thema<br />

„Kulturwandel“ schon Mitte der 80er Jahre von wissenschaftlichem<br />

Interesse war und diente außerdem dem Organisations- und Managementberater<br />

Doppler im Jahr 2000 zur Beschreibung 5 zentraler<br />

Merkmale einer veränderungsfreundlichen Unternehmenskultur:<br />

Kreative Unruhe<br />

Die beste Voraussetzung für den flexiblen und offenen Umgang mit<br />

Veränderungen und Innovationen in sozialen Systemen, wie z.B. auch<br />

Unternehmen, <strong>ist</strong> eine stete latente kreative Unruhe. Je mehr Experimentierfreude,<br />

Risikobereitschaft, Mobilität und Spontanität unter<br />

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DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 25


den Mitarbeitern von der Organisationsleitung belohnt und damit<br />

gefördert werden, desto besser gelingt es der Organisation mit Umstellungen<br />

und Wandel umzugehen.<br />

Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

Das Gefühl „an einem Strang zu ziehen“, gegenseitiges, ebenenübergreifendes<br />

Vertrauen, Offenheit und Akzeptanz machen eine Gruppealso<br />

auch eine Organisation- stärker und sicherer. Die Ängste und Bedenken,<br />

die durch organisatorische Umstrukturierungen bei den Mitarbeitern<br />

ausgelöst werden, können durch das Empfinden kollektiven<br />

Zusammenhalts schneller bewältigt werden.<br />

Konfliktfähigkeit<br />

Jede Veränderung, jeder Übergang von Vertrautem zu Neuem <strong>ist</strong> mit<br />

Bedenken, mit Ängsten, mit Spannungen und Konflikten verbunden.<br />

Gerade in so großen sozialen Systemen wie Unternehmen, wo verschiedenste<br />

Persönlichkeiten, Interessen und Verhaltenstendenzen<br />

aufeinanderstoßen, <strong>ist</strong> es deshalb von Nöten, mit diesen Konflikten<br />

konstruktiv umzugehen.<br />

So können sich änderungshemmende Kräfte wie Widerstand, Verweigerung<br />

und Aggressionen durchaus fruchtbar für den Organisationswandel<br />

zeigen. Diese natürlichen menschlichen Reaktionen der<br />

Veränderungsbetroffenen müssen von der Unternehmensführung lediglich<br />

frühzeitig erkannt, nicht verdrängt, sondern ernstgenommen<br />

und ausgetragen werden.<br />

Sinnvermittlung<br />

Die Bereitschaft eines Mitarbeiters zusätzliche Belastungen, wie<br />

z.B. eine Re-Organisation, engagiert anzugehen, <strong>ist</strong> letztlich immer<br />

auch eine Frage der Motivation. Kann er sich mit seinem Unternehmen<br />

und seiner Rolle in diesem System identifizieren, erkennt er<br />

den Sinn seiner Tätigkeit und den Beitrag, den er zum Unternehmenserfolg<br />

le<strong>ist</strong>et, so wird es ihm nicht schwer fallen auch „im<br />

Sinne“ der Organisation zu handeln und den notwendigen Wandel<br />

unterstützen.<br />

Kommunikation<br />

Offene, direkte und persönliche Kommunikation stellt immer einen<br />

Erfolgsfaktor für Organisationen dar. Das gilt vor allem in Zeiten der<br />

Veränderung. Gerade der informelle Austausch zwischen den Betroffenen,<br />

aber auch zwischen Befürwortern und Skeptikern, wirkt sich<br />

spannungsreduzierend und konfliktlösend aus. Die wandelinitiierende<br />

Führung sollte deshalb die Chance nutzen, mittels Informationsveranstaltungen,<br />

Arbeitstagungen und Workshops mit den Mitarbeitern<br />

zu kommunizieren, d.h. auch sie an der Diskussion zu beteiligen, ihre<br />

Meinungen anzuhören und ihre Vorschläge aufzunehmen. Die ebe-<br />

26 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

nenübergreifende Kommunikation kann so Orientierung und Sicherheit<br />

für alle am Wandel Beteiligten spenden.<br />

5. Schluss<br />

... oder was noch zu sagen bleibt<br />

Unternehmen, als soziale Systeme, und die darin (inter-)agierenden<br />

Personen verändern sich kontinuierlich, passen sich fortlaufend ihrem<br />

Umfeld, den internen und externen Gegebenheiten an- sind immer<br />

in Dynamik.<br />

Eine Unternehmenskultur ex<strong>ist</strong>iert allein durch ihre Träger. Sie „lebt“<br />

in den Köpfen der Organisationsmitglieder und kommt durch deren<br />

Verhalten zum Vorschein.<br />

Demnach kann eine Unternehmenskultur niemals „fertig“ sein. Sie<br />

muss mit ihren Kulturträgern im Wandel bleiben- zur eigenen Anpassung<br />

und Veränderung fähig sein.<br />

Nur so kann sie der Organisation ihren unentbehrlichen Nutzen<br />

bringen.<br />

Nur so kann sie ihren Zweck als Sinn- und Wir-Gefühlstifter, als Orientierungsanker,<br />

als gemeinsame Norm- und Wertebasis und nicht<br />

zuletzt als Stabilisator im Wandel erfüllen.<br />

Literatur<br />

-Doppler, K./ Lauterburg, C. (2005): Change Management: Den Unternehmenswandel<br />

gestalten (11. Auflage). Campus Verlag, Frankfurt/ New York<br />

-Weber, S.: Veränderungskultur als Katalysator für Wandlungsprozesse von<br />

Unternehmen. Internet<br />

-Scholz, C./ Hofbauer, W. (1990): Organisationskultur: Die vier Erfolgsprinzipien.<br />

Gabler Verlag, Wiesbaden<br />

- artop- Institut an der Humboldt-Universität zu Berlin (2004): Wissenschaftlicher<br />

Bericht zu den Themen Unternehmenskultur, Innovation und Change Management<br />

im Rahmen von InnoBau<br />

- Wildenmann, B. (1999): Professionell Führen (4. Auflage). Luchterhand Verlag<br />

-Berner, W. (2000): Praxis Handbuch Unternehmensführung. Praktische Strategien<br />

zur Veränderung der Unternehmenskultur. Rudolf Haufe Verlag GmbH & Co. KG<br />

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Suchtprävention bei Bosch in Bamberg<br />

Mit improvisierten Rollenspielen gegen die Sucht<br />

Michael, Matthias und Daniel wollen gemeinsam zur Geburtstagsparty eines Kollegen und freuen sich auf einen fröhlichen Abend –<br />

und dazu gehört auch reichlich Alkohol. Matthias muss aber am nächsten Morgen arbeiten und will nicht mittrinken. Seine Freunde<br />

drängen ihn – „Hey, wir feiern hier einen Geburtstag, da kannst du doch mal eine Ausnahme machen“. Er lässt sich überreden: Erst<br />

ein Bier, dann noch eins, dann Whiskey-Cola und Wodka, bis er total betrunken zusammenbricht. Am nächsten Tag erscheint er viel zu<br />

spät zur Arbeit und wird von seinem Vorgesetzten ermahnt.<br />

Alles nur gespielt, aber authentisch echt. Das Rollenspiel <strong>ist</strong> Teil der Suchtprävention im Bamberger Bosch Werk, die „Schauspieler“<br />

sind angehende Elektroniker im zweiten Lehrjahr. Das Pflichtseminar wird jedes Jahr von der Betrieblichen Sozialberatung am Standort<br />

organisiert und von „Chapeau Claque“, einem freien Träger der Jugendhilfe in Bamberg, durchgeführt.<br />

Das Thema „Sucht“ <strong>ist</strong> seit vielen Jahren ein fester Bestandteil im Ausbildungsplan, um die zukünftigen Fach- und Führungskräfte im<br />

Werkstattbereich in ihrer sozialen Kompetenz zu fördern und sie auf ihre späteren Aufgaben vorzubereiten. „Gefragt sind gereifte und<br />

starke Persönlichkeiten und hier setzen wir auch mit unserer Suchtprävention an“, beschreibt Udo Winkelhorst, Sozialberater in Bamberg,<br />

das Konzept. Es sei der falsche Ansatz, von oben herab zu belehren. „Wichtiger <strong>ist</strong> es, die Persönlichkeit jedes Einzelnen zu stärken,<br />

damit die Gefahr einer Suchterkrankung so gering wie möglich <strong>ist</strong>“, so Winkelhorst. Das Ziel sei vielmehr, zum Nachdenken<br />

anzuregen – ein erster Schritt weg von der potenziellen Sucht.<br />

Im Anschluss an das Rollenspiel wird diskutiert:<br />

Wie hat sich Matthias verhalten? Was hätte ihm geholfen? Was bedeutet Sucht für den Betroffenen?<br />

Die Schlussfolgerungen: Es kommt vor allem darauf an, die eigenen Grenzen im Umgang mit Genussmitteln zu kennen. Und im Fall<br />

einer Suchterkrankung Hilfe annehmen.<br />

„Wir stellen den jungen Leute auch die Betriebsvereinbarung Sucht vor.“, so Winkelhorst. So erfahren sie, welche Stellen im Unternehmen<br />

Hilfe anbieten, aber auch,<br />

dass Sucht am Arbeitsplatz eine<br />

Kündigung mit zur Folge haben<br />

kann – mit anschließender Wiedereinstellung<br />

nach erfolgreicher Therapie.<br />

Das beeindruckt die me<strong>ist</strong>en.<br />

„Ich finde es sehr sozial, dass Betroffene<br />

eine Chance erhalten, gesund<br />

zu werden und wieder zu ihrem Arbeitsplatz<br />

zurückkommen können“,<br />

so Michael.<br />

Informationen zum<br />

Unternehmen:<br />

Die Bosch-Gruppe <strong>ist</strong> ein international<br />

führendes Technologie- und<br />

Dienstle<strong>ist</strong>ungsunternehmen. Mit<br />

Kraftfahrzeug- und Industrietechnik<br />

sowie Gebrauchsgütern und Gebäudetechnik<br />

erwirtschafteten rund<br />

285.000 Mitarbeiter im Geschäftsjahr<br />

2010 einen Umsatz von 47,3<br />

Milliarden Euro.<br />

Am Standort Bamberg fertigt die<br />

Firma Bosch mit ca. 7700 Mitarbeitern<br />

anspruchsvolle Komponenten<br />

für Benzin- und Dieselsysteme, ohne<br />

die ein Auto nicht vorstellbar wäre.<br />

Ca. 300 Auszubildende erlernen<br />

derzeit im Bamberger Werk Berufe<br />

wie Industrie- u. Informatikkaufmann/<br />

-frau, Industriemechaniker/in,<br />

Mechatroniker/-in und<br />

Energieelektroniker/-in.


Mitarbeiterorientierte<br />

Personalsteuerung<br />

bei Gebiets- und Funktionalreformen<br />

am Fallbeispiel Mecklenburg-Vorpommern<br />

(Westmecklenburg)<br />

C. Büchner/J. Franzke/J. Tessmann<br />

„Diese Studie wurde durch die freundliche Unterstützung der Hans-Böckler-Stiftung ermöglicht“.<br />

Vorwort<br />

Aufgabe dieses Forschungsprojektes war die Untersuchung der mitarbeiterorientierten<br />

Personalsteuerung bei Gebiets- und Funktionalreformen<br />

am Fallbeispiel Mecklenburg-Vorpommern (Region<br />

Westmecklenburg). Dieses Fallbeispiel wurde gewählt, weil in diesem<br />

Land im Mai 2006 erstmals in Deutschland die Bildung von Regionalkreisen<br />

in Angriff genommen wurde. Reform begleitend sollte der<br />

Prozess des Zusammenführens von Personal aus den Altkreisen und<br />

Personal aus Landesbehörden zu einer neuen kreislichen Behörde<br />

sowie die Beteiligung der Mitarbeiter an dieser Fusion analysiert und<br />

bewertet werden.<br />

Dieser Prozess wurde jedoch nach nur 13 Monaten jäh gestoppt, als<br />

das Landesverfassungsgericht zentrale Teile dieses Gesetzes im Juni<br />

2007 für verfassungswidrig erklärte. Damit endete auch der Prozess der<br />

Personalzusammenführung und Mitarbeiterbeteiligung in der Gebietsreform.<br />

Die Forschungsfragen, auf die dieses Projekt Antworten finden<br />

sollte, können somit nicht mehr vollständig beantwortet werden.<br />

Die Autoren haben sich dennoch entschlossen, diesen Abschlussbericht<br />

anzufertigen. Da unser Projekt eines der wenigen wissenschaftlichen<br />

Begleitprojekte dieser Gebietsreform war, wollen wir einen<br />

Beitrag zur Dokumentation der Ansätze zur Personalsteuerung bei<br />

dieser Reform le<strong>ist</strong>en, um deren durchaus innovative Ansätze für<br />

künftige Reformen zugänglich zu machen. Dabei gehen wir davon<br />

aus, dass nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichts zur Kreisgebietsreform<br />

in Mecklenburg-Vorpommern die Suche nach einer<br />

besseren Kreisstruktur in den deutschen Ländern nicht zu Ende <strong>ist</strong>.<br />

Die Erfahrungen des Reformversuches in Mecklenburg-Vorpommern<br />

in den Jahren 2006/2007 können dabei nützlich sein.<br />

<strong>Der</strong> Dank der Autoren gilt vor allem der Hans-Böckler-Stiftung, die<br />

dank Ihrer großzügigen Förderung dieses Forschungsprojekt erst<br />

möglich gemacht hat. Des Weiteren danken wir allen Mitarbeitern<br />

des Aufbaustabes für den geplanten Regionalkreis Westmecklenburg,<br />

die mit uns während der Forschungsarbeit in vielfältiger Art und<br />

28 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

Weise kooperiert haben. Schließlich danken wir Frau Janine Wehrstedt,<br />

die als Projektass<strong>ist</strong>entin zum Erfolg dieses Forschungsprojektes<br />

beigetragen hat.<br />

Potsdam, im Dezember 2007<br />

Chr<strong>ist</strong>iane Büchner / Jochen Franzke / Jens Tessmann<br />

1. Einleitung<br />

1.1 Fokus und Relevanz<br />

Internationaler Standortwettbewerb, fortschreitende europäische Integration,<br />

technologische Innovationen sowie vor allem Veränderungen<br />

der Sozial- und Altersstruktur und sinkende öffentliche<br />

Finanzmittel, haben den Anpassungsdruck auf die politisch-admin<strong>ist</strong>rativen<br />

Strukturen in den letzten Jahren auch in Deutschland deutlich<br />

erhöht. Die bislang erfolgte Modernisierung der Binnenorganisation,<br />

Aufgabenprivatisierung sowie die Einführung einer neuen Personalund<br />

Finanzsteuerung sind allerdings allein nicht ausreichend, um den<br />

veränderten Rahmenbedingungen für öffentliches Handeln gerecht<br />

zu werden. Damit der öffentliche Sektor auch künftig den modernen<br />

Steuerungs- und Le<strong>ist</strong>ungsanforderungen entsprechen kann, sind<br />

eine Überprüfung seiner Aufgaben und deren Verteilung verbunden<br />

mit einer Strukturvereinfachung notwendig.<br />

Auf der Ebene der Landespolitik in Deutschland gehören kommunale<br />

Gebiets- und Funktionalreformen zu den möglichen Instrumentarien<br />

solcher Strukturveränderungen. In vielen deutschen Ländern wurden<br />

solche Reformen in den letzten Jahren durchgeführt oder deren Umsetzung<br />

<strong>ist</strong> geplant. Zu den weitestgehenden Reformansätzen zählte<br />

dabei die von der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern in<br />

Gang gesetzte umfassende Gebiets- und Funktionalreform. Das entsprechende<br />

Gesetz wurde nach langen Diskussionen im Mai 2006<br />

beschlossen. Damit wurde erstmals in einem deutschen Land das in<br />

Wissenschaft und Politik schon länger diskutierte Regionalkreismodell<br />

umgesetzt.


Mit dieser Reform wurde in dreierlei Hinsicht verwaltungspolitisches<br />

Neuland betreten: bezüglich des Konzeptes, bezüglich der Dimension<br />

der territorialen Veränderungen und bezüglich der Steuerung des Implementationsprozesses.<br />

Dies hatte vielfältige Konsequenzen für die<br />

Steuerung der Personalumsetzungen im Rahmen dieser Reform. Dieser<br />

Reformprozess wurde allerdings jäh gestoppt, als das Landesverfassungsgericht<br />

zentrale Teile dieses Gesetzes im Juni 2007 für<br />

verfassungswidrig erklärte. Als Hauptziele des Reformvorhabens wurden<br />

von der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns die Erhöhung<br />

von Transparenz, Bürgernähe, Bürgerbeteiligung sowie Qualität<br />

und Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerledigung definiert. Durch Konzentration,<br />

Integration und Dezentralisierung sollte die bestehende<br />

Verwaltungsorganisation gestrafft werden.<br />

Dies hätte weit reichende Auswirkungen auf das Personal als zentrale<br />

Le<strong>ist</strong>ungsressource der Verwaltungen gehabt. Die größten Herausforderungen<br />

bestanden dabei in der langfr<strong>ist</strong>igen Reduktion des Personalbestandes,<br />

dem Personalübergang sowie der Personalzusammenführung.<br />

Für den Erfolg kam es auf die Entwicklung einer<br />

intelligenten Durchführungsstrategie und ein effektives Transformationsmanagement<br />

an. Letzteres war auf die Mitwirkung besonders<br />

der Betroffenen, aber auch aller übrigen Mitarbeiter der beteiligten<br />

Verwaltungen angewiesen. Als begünstigender Faktor für die Reform<br />

wirkten außerdem die tief greifende Veränderungen der dienstrechtlichen<br />

(Beamte) und tarifrechtlichen (Angestellte) Rahmenbedingungen<br />

in Deutschland in den letzten Jahren, die neue Möglichkeiten für<br />

die mitarbeiterorientierte Personalsteuerung bei Gebiets- und Funktionalreformen<br />

geschaffen haben.<br />

1.2 Zielstellung<br />

Drei Forschungsfragen sollen im Mittelpunkt dieser Studie stehen:<br />

Erstens sollen die Rahmenbedingungen des Reformprozesses der<br />

Kreisgebiets- und Funktionalreform in Mecklenburg-Vorpommern<br />

sowie zur Steuerung dieses Fusionsprozesses zwischen Mai 2006<br />

(Annahme des Gesetzes) und Juni 2007 (Urteil des Landesverfassungsgerichtes<br />

und Abbruch der Reform) analysiert werden. Dabei<br />

soll herausgearbeitet werden, wie weit der Aufbaustab des geplanten<br />

Regionalkreises Westmecklenburg bei der Entwicklung der Steuerung<br />

des weiteren Fusions- und Integrationsprozesses zur Bildung des Regionalkreises<br />

vorangekommen war, welche Instrumente dabei entwickelt<br />

worden waren und welche Defizite dabei aufgetreten sind.<br />

Zweitens sollen die Erfahrungen des Aufbaustabes des geplanten Regionalkreises<br />

Westmecklenburg in dieser Zeit zu personalpolitischen<br />

Aspekten untersucht werden. Welche Struktur sollte die neue Regionalkreisbehörde<br />

haben? Welche Maßnahmen waren zur Personalentwicklung,<br />

für die Personalauswahl, die Stellenbesetzung der<br />

Führungskräfte usw. vorgesehen? Wie sollte der zu erwartende Personalüberhang<br />

gesteuert werden?<br />

Drittens sollte die Qualität der Mitarbeiterbeteiligung im Aufbaustab<br />

Westmecklenburg analysiert werden. Schwerpunkte dabei waren die<br />

Beteiligungsintensität im Aufbaustab (vor allem die Qualität der Mitwirkung<br />

der Personalräte) sowie die Entwicklung der Information<br />

und Kommunikation der betroffenen Mitarbeiter.<br />

1.3 Aufbau und Methodik<br />

In der Studie werden zunächst die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />

zur Personalsteuerung bei Verwaltungsreformen analysiert,<br />

wobei eine innovative Synthese aus Ansätzen der Verwaltungs, Rechts-<br />

, Wirtschafts- und Sozialwissenschaft genutzt wird. Im zweiten Teil werden<br />

dann die konkreten Erfahrungen bei der mitarbeiterorientierte<br />

Personalsteuerung des Aufbaustabes des geplanten Regionalkreises<br />

Westmecklenburg in der Zeit von Juni 2006 bis September 2007 untersucht<br />

und bewertet. Abschließend werden Schlussfolgerungen aus<br />

diesen Erfahrungen für künftige Reformen dieser Arbeit gezogen.<br />

Die Studie wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Aufbaustab zur<br />

Bildung des Regionalkreises Westmecklenburg erstellt. Dieser schuf<br />

ab Juni 2006 zunächst grundsätzliche Rahmenbedingungen für die<br />

Steuerung des Umsetzungsprozesses und beschränkte sich auf die<br />

Erarbeitung von Konzepten zu Schwerpunktthemen. Ausdifferenzierte<br />

Umsetzungsstrategien sollten ab der zweiten Hälfte des Jahres 2007<br />

entwickelt werden, wozu es wegen des Urteils des Landesverfassungsgerichtes<br />

aber nicht mehr kam.<br />

<strong>Der</strong> Aufbaustab zur Bildung des Regionalkreises Westmecklenburg<br />

war für die Studie ausgewählt worden, weil in den bisherigen Kreisen<br />

Ludwigslust und Nordwestmecklenburg bereits eine neue (innere)<br />

Organisations- und Personalsteuerung im Rahmen des NSM sehr erfolgreich<br />

umgesetzt worden war. Diese innovative Form der Steuerung<br />

sollte im zukünftigen (gemeinsamen) Regionalkreis Westmecklenburg<br />

verwendet und fortentwickelt werden, was den Reformerfolg<br />

positiv beeinflusst hätte.<br />

Im Rahmen der Begleitforschung wurden Unterlagen des Aufbaustabes<br />

für den Regionalkreis Westmecklenburg ausgewertet sowie qualitativ<br />

offene Experteninterviews mit dessen Akteuren durchgeführt.<br />

Des Weiteren wurden Erkenntnisse und Erfahrungen zur Personalintegration<br />

aus abgeschlossenen Reformvorhaben anderer Bundesländer<br />

sowie aus der Steuerung von Fusions- und Reorganisationsprozessen<br />

in der Privatwirtschaft verwertet.<br />

2. Personalsteuerung bei<br />

Verwaltungsreformen<br />

2.1 Modelle der Personalsteuerung<br />

2.1.1 Klassisch<br />

Ausgangspunkt für die Steuerung des spezifischen öffentlichen Beschäftigungsverhältnisses<br />

für die Beamten bilden die sog. „hergebrachten<br />

Grundsätze des Berufsbeamtentums“. Diese orientieren sich<br />

an der tradierten Vorstellung eines Staatsdieners, der seinem jeweiligen<br />

Dienstherrn mit besonderer Loyalität und Pflichtbewusstsein<br />

gegenüber tritt und aufopferungsvoll alle ihm durch Weisung und vor<br />

allem Gesetz übertragenen Hoheitsaufgaben gewissenhaft wahrnimmt.<br />

Diese enge Bindung an den Staat wird belohnt durch eine in<br />

der Regel lebenslange Anstellung, statusgerechte Bezahlung (Laufbahn,<br />

Dienstjahre) sowie mit umfangreichen sozialen Fürsorgele<strong>ist</strong>ungen.<br />

(Reichard 2005: 229ff.) Diese Grundsätze haben enorme<br />

Ausstrahlung auch auf die Gestaltung der anderen öffentlichen Beschäftigungsverhältnisse<br />

gehabt.<br />

So konnten die Angestellten im Zeitverlauf eine vergleichbare Versorgungs-<br />

und Beschäftigungssicherheit mit Verweis auf im Wesentlichen<br />

identische Arbeitsinhalte mit dem öffentlichen Dienstherrn als Arbeitgeber<br />

aushandeln. Umgekehrt konnten die Beamten von den Arbeitnehmerrechten<br />

der Angestellten profitieren und sich von den<br />

besonderen (preußischen) Gehorsam- und Treuepflichten ein Stück weit<br />

lösen.<br />

Durch diese Doppelkonstellation <strong>ist</strong> der öffentliche Arbeitgeber bzw.<br />

Dienstherr bei seinen Steuerungsmöglichkeiten der effektiven Aufgabenerledigung<br />

bzw. Le<strong>ist</strong>ungserbringung mit der Zeit stark eingeschränkt<br />

worden. (Vgl. Ellwein 1994: 27ff., 83ff.) Die öffentlichen<br />

Beschäftigten in Deutschland konnten für sich mit Hilfe des dichten<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 29


Einflusses ihrer Interessenvertretungen einen maximalen Schutz der<br />

Arbeitsbedingungen einerseits bei maximaler Versorgungssicherheit<br />

andererseits aushandeln. Arbeitsflexibilität, le<strong>ist</strong>ungsgerechte Bezahlung<br />

und effektive Personalentwicklung im Sinne der Verwaltungsziele<br />

werden durch dieses System deutlich erschwert und<br />

begünstigen Lethargie, Apathie und Strukturkonservatismus. (Vgl.<br />

Reichard 2005, Laux/Siedentopf (Hrsg.) 1993: 338)<br />

Staats- und verwaltungstheoretisch <strong>ist</strong> die klassische Verwaltungsarbeit<br />

definiert als der Vollzug von Normen durch Entscheidungsfindung von<br />

Amtsinhabern des öffentlichen Dienstes. (Vgl. Maurer 1999: §18, Rn.<br />

8; Maurer 2002: §21, Rn. 38) Schon in theoretischer Perspektive kommt<br />

also dem Verwaltungspersonal gegenüber den übrigen Le<strong>ist</strong>ungsressourcen<br />

des Behördengefüges eine erhebliche Rolle zu. Verwaltungspraktisch<br />

gesehen <strong>ist</strong> die Bedeutung der Person des Verwalters<br />

abhängig vom Charakter des Aufgabengebietes und dessen Entwicklung.<br />

(Vgl. Seele 1985a: 151ff., Ellwein 1994: 27ff., 83ff.) Für die zunächst<br />

dominierende Hoheitsverwaltung gilt die möglichst<br />

unpersönliche und rein regelgebundene Tätigkeit als Idealtypus der<br />

Verwaltungstätigkeit. (Vgl. Ellwein 1994: 27-47, Mäding 1972: 195ff.)<br />

Diese Sichtweise änderte sich mit der Komplexität der Aufgabenstellung<br />

des modernen Le<strong>ist</strong>ungs- und Interventionsstaates. (Vgl. Korintenberg<br />

1997: 9, 49, Seele 1985a) Ohne ein hohes Maß an<br />

Einfühlungsvermögen, interdisziplinärer Qualifikation, Entscheidungsspielräume<br />

(Ermessen) und Motivation des Personals waren bzw. sind<br />

diese Arbeitsanforderungen nicht zu erfüllen. (Vgl. Laux 1993: 292f.)<br />

2.1.2 Modern<br />

Auch wenn die öffentliche Verwaltung durch ihre gesellschaftliche<br />

Funktionszuweisung ein spezifisches System ausgebildet hat, unterlag<br />

sie dem Einfluss des gesellschaftlichen Wandels allgemein und<br />

speziell den Veränderungen in der Privatwirtschaft. Die Betonung von<br />

Werten wie Eigenverantwortung, Selbstverwirklichung und Ganzheitlichkeit<br />

haben zu einem Umdenken beim Verwaltungsmanagement<br />

geführt. (Vgl. Klages 1999: 18f.) Ausprägung und Entwicklung der<br />

Personalressource und damit modernes Personalmanagement treten<br />

in den Vordergrund. (Vgl. Klages 1999, Seele 1985: 45f., Ellwein 1994,<br />

Mäding 1972: 194) Unter dem Leitbild der Dienstle<strong>ist</strong>ungsverwaltung<br />

(Neues Steuerungsmodell der KGSt) wendet sich die Verwaltung verstärkt<br />

mit modernen Steuerungsmethoden dem Personal zu. (Vgl. Bogumil<br />

2007: 23ff., Jann 2005: 77, Reichard 2005: 231ff., KGSt 1993)<br />

Im Ergebnis erweisen sich die deutschen Verwaltungen jedoch als res<strong>ist</strong>enter<br />

gegenüber der gesellschaftlichen Dynamik und den damit<br />

verbundenen (notwendigen) Modifikationen ihrer Arbeitsbedingungen.<br />

(Reichard 2005: 234f.) Zurückgeführt wird das vor allem auf die<br />

spezifische Ausprägung des öffentlichen Dienst- und Tarifrechtes, die<br />

gewachsenen Organisationskulturen und die Persönlichkeitsmerkmale<br />

der Mehrheit der Beschäftigten.<br />

Zusätzlich erschwerend für die Umsetzung von Verwaltungsreformen,<br />

modernes Personalmanagement und die Entwicklung der Personalressourcen<br />

der Kommunen und Kreise wirkte – bis vor kurzem - die<br />

zunehmende Haushalts- und Finanzkrise seit den 1990er Jahren. Das<br />

Spannungsfeld zwischen Verwaltungs- und Personalentwicklung einerseits<br />

und der geforderten Personalkostenreduktion andererseits<br />

lässt sich kaum ausbalancieren. (Vgl. Klages 1998: 51) Besonders in<br />

strukturschwachen Regionen wie z.B. in Mecklenburg-Vorpommern,<br />

dem Saarland, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt müssen sich<br />

die Verwaltungen auf Kostenersparnis und Haushaltskonsolidierung<br />

konzentrieren. Die zukunftsorientierte, progressive Entwicklung der<br />

Organisationen gerät dabei leider oftmals in den Hintergrund. Insgesamt<br />

haben sich die Verwaltungsreformen im Sinne des Neuen<br />

30 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

Steuerungsmodells auf kommunaler Ebene daher auch in der Tendenz<br />

auf Instrumente zur Kostensenkung wie z.B. Budgetierung, Kosten-<br />

Le<strong>ist</strong>ungsrechnung und Aufgabenprivatisierung beschränkt. (Vgl. Bogumil<br />

2007: 61ff., Kuhlmann 2006: 89, Jann/Bogumil 2004: 54ff.)<br />

„<strong>Der</strong> so genannte Humanfaktor in der öffentlichen Verwaltung<br />

[spielt] nach eigenem Selbstverständnis und der gelebten Organisationskultur<br />

[deshalb] keine besondere Rolle“. (Korintenberg 1997:<br />

57) Modernes Personalmanagement und innovative Mitarbeiterbeteiligung<br />

wurden allenfalls am Rande der NSM-Reformen behandelt<br />

und dann auch nur bruchstückhaft eingeführt. (Vgl. Bogumil 2007,<br />

Kuhlmann 2006: 89ff., Reichard 2005, Jann/Bogumil 2004) Dieses<br />

nüchterne Ergebnis steht im klaren Gegensatz zu den Reformintentionen<br />

des NSM. Sollte doch gerade durch die Einführung eines modernen<br />

Personalmanagements die nötigen Rahmenbedingungen weg<br />

vom obrigkeitsstaatlichen und hin zum dienstle<strong>ist</strong>ungsorientierten<br />

(kundenorientierten) Denken und Handeln vollzogen werden.<br />

2.1.3 Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

Das öffentliche Dienstrecht als Rahmenbedingung für modernes Personalmanagement<br />

gilt schon seit den 1960er Jahren als reformbedürftig.<br />

Kernziele der Reforminitiativen sind direkt oder indirekt die<br />

Überwindung der h<strong>ist</strong>orisch bedingten Doppelstruktur und der Entkoppelung<br />

von den monarchisch-obrigkeitsstaatlichen Grundsätzen<br />

des Berufsbeamtentums. (Vgl. Rieger 2005: 236ff.) Im Zentrum stehen<br />

also die Vereinheitlichung des Dienstrechtes der beiden Beschäftigtengruppen<br />

und die Entwicklung eines zeitgemäßen Leitbildes als<br />

Basis zur umfassenden Modernisierung des öffentlichen Dienstes.<br />

Durch diese Veränderungen soll infolge von mehr Flexibilität, Mobilität,<br />

Offenheit und vor allem Le<strong>ist</strong>ungsorientierung ein effektives<br />

Personalmanagement gefördert werden.<br />

Nach fast 35 Jahren wurden in den letzten Jahren nun diese Reformintentionen<br />

wieder verstärkt aufgegriffen und das Dienstrecht entsprechend<br />

überarbeitet. Seit Ende 2005 (Bund und Kommunen) bzw.<br />

Ende 2006 (Länder) gilt ein neues Tarifrecht für die Angestellten, welches<br />

bereits mit unterschiedlicher Intensität und Erfolg in den Verwaltungen<br />

angewendet wird. Für ihre Beamten hat die<br />

Bundesregierung im Oktober 2007 den Entwurf eines Gesetzes zur<br />

Neuordnung und Modernisierung des Bundesdienstrechts (Dienstrechtsneuordnungsgesetz)<br />

verabschiedet.<br />

Infolge der Zuständigkeitsverlagerung im Zuge der Föderalismusreform<br />

im Jahre 2006 können die Länder für sich und ihre Kommunen<br />

diese neuen Statusvorgaben mit eigenen Beamtengesetzen ausfüllen.<br />

Dabei können sie den spezifischen regionalen Anforderungen gerecht<br />

werden. Allerdings wird die unterschiedliche Finanzausstattung eine<br />

nicht unwesentliche Rolle spielen (Gestaltung der Le<strong>ist</strong>ungsvergütung<br />

usw.). Nunmehr liegt es in der Hand des Personalmanagements<br />

in den Verwaltungen inwieweit es gelingt, durch intelligenten Einsatz<br />

der neuen dienstrechtlichen Instrumente und Steuerungsfreiräume<br />

die Effektivität und Effizienz des Arbeitsprozesses zu verbessern.<br />

Die Entwicklung eines strategischen Personalmanagements als integraler<br />

Bestandteil einer ganzheitlichen und wirkungsorientierten Managementkonzeption<br />

einer Verwaltung <strong>ist</strong> dabei ein wesentlicher<br />

Erfolgsfaktor. Auf übergeordneter staatlicher Ebene kann dafür nur die<br />

Voraussetzung geschaffen werden. Personalentwicklung im Sinne eines<br />

Human Ressource Managements <strong>ist</strong> somit Teil jeder Verwaltungsreform.<br />

2.2 Modifikation der Kreisebene als Reformnukleus<br />

Das politisch-admin<strong>ist</strong>rative System der Bundesrepublik <strong>ist</strong> einerseits<br />

territorial (räumlich) und andererseits sektoral (aufgabenbezogen)


gegliedert. Beim Prinzip der sektoralen Gliederung dominiert die spezialisierte<br />

Erfüllung der Einzelaufgabe im Verwaltungsraum. Das Territorialprinzip<br />

betont die raumbezogene Ganzheitlichkeit der<br />

Erfüllung eines Bündels von Einzelaufgaben. Durch staatsrechtlich<br />

festgelegte räumlich-vertikale Kompetenzabschichtung dominiert das<br />

Territorialprinzip. (Vgl. Wagener 1977: 59ff.) Ziel <strong>ist</strong> die harmonische<br />

Ausbalancierung von spezieller und allgemeiner Aufgabenerfüllung<br />

in demokratisch legitimierten Verantwortungsräumen. Damit entspricht<br />

die räumliche Machtverteilung letztendlich dem Politikprinzip<br />

des allgemeinen Mandates.<br />

Neben den Staatsebenen und der Gemeindeebene sind die Kreise als<br />

Gebietskörperschaften definiert. (Vgl. Nierhaus 2003a: 1059f., Nierhaus<br />

2003b: 174ff.) Sie sind mit generalisierten gebündelten Aufgaben<br />

ausgestattet worden. (Vgl. Wollmann 2006a: 1ff., 13ff.)<br />

Als Gemeindeverbände und untere Landesbehörden bilden sie die<br />

zentralen Schnittstellen zwischen Staat- und Ortebene in der Region.<br />

Durch ihre Bündelungs- und Mittlerfunktion gelten die Kreise als<br />

Rückgrat des politisch-admin<strong>ist</strong>rativen Systems. (Vgl. Laux 1972:<br />

93ff., Stern 1972, Schmidt-Aßmann 1996: 534ff.) Ausgelöst durch Veränderungen<br />

der sozio-ökonomischen Strukturen und des gesellschaftspolitisches<br />

Kontextes unterliegen die räumlichen und<br />

sektoralen Zuständigkeiten der Kreise einem intensiven Wandel, bei<br />

dem bisweilen die Sinnfrage nach deren Ex<strong>ist</strong>enzberechtigung gestellt<br />

wird. Die Zuständigkeit für eine Aufgabe bzw. ein Aufgabenbündel<br />

<strong>ist</strong> dabei grundsätzlich von Machtpolitik und Effektivität<br />

abhängig. (Vgl. Wagener 1977: 55ff.) Veränderungen der Raumeinteilung<br />

zielen insbesondere auf Größenklassenvorteile. (Vgl. Miller<br />

2005: LKV, 478ff., Huber/Bergmann 2003: 304ff.)<br />

Mit Ressourcenbündelung sollen Synergie- und Rationalisierungseffekte<br />

realisiert und damit die Tragfähigkeit der Organisation erhöht<br />

werden. (Vgl. Wagener 1983: 745ff.) Eine Aufgabe wird dann im<br />

Wege der Funktionalreform auf die für ihre Erledigung tragfähigste<br />

und ihrem Entstehungszusammenhang adäquateste Ebene verlagert.<br />

(Vgl. Wollmann 2006b, Köstering 58ff.) Es gilt das Subsidiaritätsprinzip.<br />

Aufgrund des Machtungleichgewichtes zwischen den Ländern<br />

und „ihren“ Kommunen kommt es im Zeitverlauf fortwährend zur<br />

Zentralisierung der Aufgaben. Ziel von Zuständigkeitsreformen <strong>ist</strong><br />

deshalb die Verlagerung von Aufgaben auf die Kommunen (Dezentralisierung).<br />

Eine vollständige Kompetenzverlagerung auf die Kommunen<br />

durch „echte“ Kommunalisierung findet nur selten statt. (Vgl.<br />

Wollmann 2006a, 2006b, 2006c) Trotz formaler Dezentralisierung behält<br />

sich das Land in unterschiedlicher Ausprägung eine finanzielle<br />

und normative Steuerung der Aufgaben vor.<br />

Gekoppelt an den Umfang der Zuständigkeitsverlagerung und die<br />

Veränderung des Kreisgebietes sind der Übergang des Personals und<br />

dessen Zusammenführung. Die Größenordnung der Verwaltungsreform<br />

und des Reformobjektes bestimmt dabei den Integrationsaufwand<br />

und das Rationalisierungspotential. Entscheidend für die<br />

Funktionalreform <strong>ist</strong> insofern, ob ganze Aufgabenbereiche oder nur<br />

Teilaufgaben sowie einzelne kleine Zuständigkeiten übertragen werden<br />

sollen. In Abhängigkeit davon werden ganze Behörden, Behördenteile,<br />

einzelne Personen oder auch keine Ressourcen verlagert. Im<br />

letzten Fall müssen die Kommunen die zusätzlichen Aufgaben mit<br />

ihrem vorhandenen Arbeitspotential bewältigen.<br />

Allgemein gilt aber immer der Grundsatz Personal folgt Aufgabe usw.<br />

Im Dezentralisierungsfokus unseres Fallbeispiels Mecklenburg-Vorpommern<br />

befindet sich aktuell die gesamte operative Landesverwaltung.<br />

Die Landesebene soll sich auf die normative Steuerung als ihr<br />

strategisches Kerngeschäft konzentrieren. In diesem Sinne sollen vor<br />

allem die unteren Landesbehörden und die Sonderbehörden in die<br />

Kreisebene soweit zweckmäßig integriert werden. Dieser Prozess <strong>ist</strong><br />

eingebettet in eine umfassende Überprüfung der Notwendigkeit von<br />

Aufgaben (Aufgabenkritik).<br />

Seit einigen Jahren haben in diesem Sinne viele Länder in West- und<br />

Ostdeutschland zahlreiche Zuständigkeiten auf die Kreisebene verlagert.<br />

<strong>Der</strong> Umfang <strong>ist</strong> dabei allerdings sehr unterschiedlich. Eine aktuelle<br />

Umfrage des Deutschen Landkre<strong>ist</strong>ages bewe<strong>ist</strong>, dass es<br />

quantitativ und qualitativ bei der autonomen Steuerung der Aufgaben<br />

noch erhebliche Spielräume gibt. (Vgl. Deutscher Landkre<strong>ist</strong>ag<br />

2006: 5ff.) Die Dezentralisierungsambitionen sind allerdings derzeit<br />

deutlich umfassender als in der Vergangenheit. Somit <strong>ist</strong> auch die<br />

Personalverschiebung umfangreicher und stellt größere Anforderungen<br />

an die Personalsteuerung.<br />

Die Spitzenposition bei der Dezentralisierung nimmt bislang Baden-<br />

Württemberg ein. Dort wurden im Jahre 2005 12.000 Landes-Bedienstete<br />

auf die Kreise verlagert. (Vgl. Ruge 2006 4) Im<br />

Untersuchungsobjekt dieser Studie (Mecklenburg-Vorpommern) sollten<br />

dagegen „nur“ 1.730 Stellen verschoben werden. (Vgl. Innenmin<strong>ist</strong>erium<br />

M-V 2003: 4ff.) In Niedersachsen wurden lediglich 185 Stellen im<br />

Zuge der Verwaltungsstrukturreform übertragen. (Bogumil 2006: 44ff.)<br />

Reformumfang und Steuerungsaufwand von Kreisfusionen sind weitestgehend<br />

abhängig von der Zahl der beteiligten Kreise, deren Struktur<br />

und Ressourcenausstattung. (Vgl. Huber/Bergmann 2003: 304ff.) Grad<br />

und Kontext der Konzentration sind also ausschlaggebend. Mit einer<br />

Halbierung der Kreiseinheiten war der Konsolidierungsaufwand für den<br />

Personalkörper bei zurückliegenden Kreisfusionen in Deutschland recht<br />

groß. (Vgl. Seele 1985: 45ff., Henneke 1994: 145ff.) Dieser Aufwand<br />

übersteigt quantitativ und qualitativ eindeutig den Dezentralisierungsaufwand.<br />

Im Untersuchungsobjekt Mecklenburg-Vorpommern war geplant,<br />

von der Fusion 4.617 Stellen in der Kernverwaltung der Kreise<br />

zu erfassen. (Vgl. Innenmin<strong>ist</strong>erium M-V 2003: A 5-4) Da die betroffenen<br />

Kreise einen vergleichbaren Aufgabenumfang haben sollten, (Deutscher<br />

Landkre<strong>ist</strong>ag 2006: 4ff.) wäre es in Abhängigkeit vom Arbeitsaufwand<br />

sowie den Verdichtungs- und Spezialisierungseffekten zu erheblichen<br />

Personalüberhängen gekommen. (Vgl. Reinholdt 1994: 157f.)<br />

Die Ausdehnung der Kreise auf Regionsniveau hätte gegenüber kleinteiligeren<br />

Reformmodellen demnach zum größten Fusionsaufwand<br />

vor Ort geführt. Dabei müssen natürlich Folgeaufwendungen für notwendige<br />

Kooperationen eingerechnet werden.<br />

3. Fazit<br />

Zu den Rahmenbedingungen des Reformprozess der Kreisgebietsund<br />

Funktionalreform in Mecklenburg-Vorpommern sowie zur Steuerung<br />

des Fusionsprozesses zwischen Mai 2006 (Annahme des Gesetzes)<br />

und Juni 2007 (Urteil des Landesverfassungsgerichtes) können<br />

zusammenfassend folgende Aussagen getroffen werden:<br />

1<br />

<strong>Der</strong> 2006 in Gang gesetzte (und ursprünglich bis 2009 terminierte)<br />

Prozess zur Bildung von Regionalkreisen eröffnete große<br />

Chancen zur Optimierung des Ressourcengefüges (besonders<br />

bezüglich der Organisation und des Personals). Durch die geplante<br />

Behördenneubildung im Rahmen einer komplexen Fusion<br />

waren Strukturen und Prozesse tief greifender veränderbar als<br />

durch isolierte Einzelmaßnahmen und binnenstrukturelle Reformen.<br />

Bei der Neubildung der Regionalkreisbehörden hätten<br />

möglicherweise Vorteile von Systemmerkmalen der Ausgangsbehörden<br />

miteinander verbunden und Nachteile ausgeglichen<br />

bzw. beseitigt werden können. So bestand die h<strong>ist</strong>orische<br />

Chance für Mecklenburg-Vorpommern, suboptimale Entwicklungspfade<br />

beim Le<strong>ist</strong>ungs- und Steuerungspotential zu verlassen.<br />

Diese wurde letztlich nicht genutzt.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 31


2<br />

3<br />

4<br />

<strong>Der</strong> Reformprozess auf der Kreisebene kam jedoch von Anfang<br />

an wegen der Unsicherheit der Beteiligten über die Verfassungsmäßigkeit<br />

der Reform nicht wie geplant voran. Gleichwohl waren<br />

die Kreise (und die bereits gebildeten Aufbaustäbe der neuen Regionalkreise)<br />

verpflichtet, unabhängig vom Ausgang der Klagen<br />

vor dem Verfassungsgericht gegen diese Reform, das entsprechende<br />

Reformgesetz umzusetzen. Die me<strong>ist</strong>en Kreise verhielten<br />

sich allerdings dem entsprechend abwartend. Gründung und innere<br />

Organisation der Mehrzahl der Aufbaustäbe verzögerte sich<br />

deshalb erheblich. Die Planungsarbeiten zur Vorbereitung der Reformumsetzung<br />

gingen nur sehr schleppend voran und wurden<br />

durch die Beteiligten vorsätzlich ausgebremst. Erst nach Ermahnungen<br />

durch das Innenmin<strong>ist</strong>erium als Rechtsaufsichtsbehörde<br />

nahmen schließlich alle Aufbaustäbe ihre Arbeit auf.<br />

Eine Ausnahme bildete lediglich der in dieser Studie untersuchte<br />

Aufbaustab des geplanten Regionalkreises Westmecklenburg,<br />

der die Reform zielstrebig vorantrieb. Aber auch dieser Aufbaustab<br />

konnte – angesichts der oben genannten Umstände – nur<br />

in begrenzten Umfang strategische Entscheidungen zur Steuerung<br />

der Fusion treffen. Es gelang ihm allerdings in der kurzen<br />

zur Verfügung stehenden Zeit, eine effektive Rahmenstruktur für<br />

die Steuerung des weiteren Fusions- und Integrationsprozesses<br />

zur Bildung des Regionalkreises zu schaffen. Defizite gab es<br />

dabei vor allem bezüglich der Kommunikation des Reformprozesses<br />

sowie bei der internen Reflektion von Vorschlägen. Als<br />

problematisch erwies sich auch die festgelegte Einstimmigkeit<br />

der Entscheidungen in den Gremien des Aufbaustabes, eine qualifizierte<br />

Mehrheit wäre für die me<strong>ist</strong>en Fusionsthemen effektiver<br />

gewesen. Unzweckmäßig wirkte sich schließlich die mangelhafte<br />

Beteiligung des Landes an der Fusionssteuerung mit Blick<br />

auf den Integrationsbedarf infolge der Kommunalisierung aus.<br />

Wegen der Unvereinbarkeit der Vorschriften über die Kreisgebietsreform<br />

mit der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern<br />

erklärte das Landesverfassungsgericht am 26.07.2007<br />

die Kreisgebietsreform und einen Großteil der Funktionalreform<br />

für verfassungswidrig. Entscheidend waren der mangelhafte Alternativenvergleich<br />

und zu befürchtende Defizite bei der bürgerschaftlich-demokratische<br />

Steuerung der „Großkreise“. Anerkannt<br />

wurde gleichwohl die Notwendigkeit der Reform. Auch wurde<br />

das Regionalkreismodell nicht grundsätzlich abgelehnt. Gefordert<br />

wurde aber die Entwicklung eines Reformleitbildes und eine darauf<br />

basierende fundierte Prüfung und Abwägung der Vor- und<br />

Nachteile alternativer Reformmodelle. Eine „schonendere“ Neugliederung<br />

und die differenziertere Auseinandersetzung mit der<br />

Demokratiedimension wurden angeraten. Damit war dieser Anlauf<br />

zu einer Funktions- und Gebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern<br />

beendet. Das Urteil wird Auswirkungen auf künftige<br />

Reformen dieser Art in anderen Ländern haben.<br />

Zu den personalpolitischen Erfahrungen des Aufbaustabes des geplanten<br />

Regionalkreises Westmecklenburg in der Zeit von Juni 2006<br />

bis September 2007 können folgende zusammenfassende Thesen<br />

aufgestellt werden:<br />

1<br />

Die Studie wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Aufbaustab<br />

zur Bildung des Regionalkreises Westmecklenburg erstellt. Dieser<br />

schuf ab Juni 2006 zunächst grundsätzliche Rahmenbedingungen<br />

für die Steuerung des Umsetzungsprozesses und beschränkte sich<br />

auf die Erarbeitung von Konzepten zu Schwerpunktthemen. Aus-<br />

32 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

differenzierte Umsetzungsstrategien sollten ab der zweiten Hälfte<br />

des Jahres 2007 entwickelt werden, wozu es wegen des Urteils<br />

des Landesverfassungsgerichtes aber nicht mehr kam.<br />

Die bereits festgelegte personelle Dimension der geplanten<br />

Kreisreform in Mecklenburg-Vorpommern sollte 6.347 Stellen<br />

umfassen, davon sollten 1.730 Stellen vom Land auf die neuen<br />

Kreise übertragen werden sowie 4.617 Stellen in der Kernverwaltung<br />

der Kreise betroffen sein. Da die betroffenen Kreise<br />

einen vergleichbaren Aufgabenumfang haben sollten, wäre es<br />

in Abhängigkeit vom Arbeitsaufwand sowie den Verdichtungsund<br />

Spezialisierungseffekten zu erheblichen Personalüberhängen<br />

gekommen. Die Ausdehnung der Kreise auf Regionsniveau<br />

hätte gegenüber kleinteiligeren Reformmodellen zu einem größeren<br />

Fusionsaufwand vor Ort geführt.<br />

Auffällig waren die unterschiedlichen Regelungen für die von<br />

der Kreisfusion betroffenen Landes- bzw. Kreisbediensteten.<br />

Durch das Reformgesetz, das Überleitungsgesetz und eine spezielle<br />

Zielvereinbarung waren die Eckpunkte für die Integration<br />

des Landespersonals weitgehend abgesteckt. Die Finanzierung<br />

der Personalkosten für die ehemaligen Landesaufgaben war gesichert.<br />

Für die Landesbeschäftigten gab es gegenüber den Beschäftigten<br />

der Ausgangskreise (zunächst) einen höheren<br />

Bestandsschutz für das Arbeitsverhältnis. Allerdings hätten sich<br />

Angestellte intensiver als die Beamte um die Gestaltung ihres<br />

künftigen Arbeitsverhältnisses bemühen müssen. Für die Überleitungsteile<br />

von Landesbehörden war also nur noch deren organisatorische<br />

Einbindung in die neuen Kreise unklar. Für die<br />

Personalintegration der Kreisbeschäftigten hingegen wurden mit<br />

Ausnahme des mittelfr<strong>ist</strong>igen Kündigungsschutzes kaum konkrete<br />

Vorgaben gemacht. <strong>Der</strong> Aufbaustab konnte hier auf Basis<br />

der allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zur Umbildung von<br />

Körperschaften (Behörden) bzw. zum Betriebsübergang eigene<br />

Steuerungsmechanismen entwickeln.<br />

Die Projektgruppe Personal und Organisation des Aufbaustabes<br />

des geplanten Regionalkreises Westmecklenburg hatte bereits<br />

einen Vorschlag zur Grobstruktur des Behördenaufbaus erarbeitet.<br />

Mit der geplanten Behördenneubildung wollten die beteiligten<br />

Körperschaften den erfolgreichen Entwicklungspfad des<br />

Altkreises Ludwigslust in der Region fortsetzen und eine einheitliche<br />

moderne Kreisbehörde schaffen. Die Projektgruppe<br />

hatte folgende weitere Planungsschritte vorbereitet: Erarbeitung<br />

eines gemeinsamen Konzeptes zur Personalentwicklung, Vorbereitung<br />

der Einführung des Neuen Steuerungsmodells, Durchführung<br />

der Personalauswahl zur Stellenbesetzung der<br />

Führungskräfte, Verdichtung der Kooperation bei Beteiligungen,<br />

Eigenbetriebe usw., abgestimmte Verfahrensweise zur Besetzung<br />

von freien Stellen bis 2009 und abgestimmte Einführung<br />

der Le<strong>ist</strong>ungsvergütung nach TVöD. Die Vorlage eines gemeinsamen<br />

Konzeptes zur Personalentwicklung durch die Projektgruppe<br />

war für 2008 geplant. Dazu <strong>ist</strong> es nicht mehr gekommen.<br />

Das Rationalisierungsziel im Personalbereich sollte im Mecklenburg-Vorpommern<br />

durch die Kreise im Rahmen der Organisations-<br />

und Personalsteuerung vorgegeben werden. Auch auf<br />

Ebene der beteiligten Ausgangsbehörden war keine Rationalisierungsvorgabe<br />

vereinbart worden. Insofern dominierte im Aufbaustab<br />

des Kreises Westmecklenburg eindeutig die


6<br />

aufgabenorientierte Bedarfs- und Entwicklungsplanung. Einspareffekte<br />

waren nur ein Randthema. Die Effektivität der Aufgabenerledigung<br />

der Regionalkreisbehörde und damit ihrer<br />

Personalsteuerung stand im Zentrum der Bemühungen im Fusions-<br />

und Integrationsprozess.<br />

Die künftige Steuerung des Personalüberhanges wurde im Aufbaustab<br />

des künftigen Regionalkreises Westmecklenburg bis zu<br />

dessen Auflösung nur allgemein diskutiert. Die Projektgruppe<br />

Organisation und Personal des Aufbaustabes hat sich dabei mit<br />

den Anwendungsmöglichkeiten der klassischen Altersteilzeit beschäftigt.<br />

Favorisiert wurde die Altersteilzeit im Blockmodell.<br />

Eine differenzierte passive oder aktivierende Steuerungsstrategie<br />

konnte nicht mehr ausgearbeitet werden. Entsprechende<br />

Auswirkungen hätten also hingenommen werden müssen. Spätestens<br />

nach der Wirksamkeit der Kreisneubildung und dem Ablauf<br />

der 3-jährigen Kündigungsfr<strong>ist</strong> wäre eine Überhangkonzeption<br />

dringend notwendig geworden.<br />

Bezüglich der Mitarbeiterbeteiligung an der Tätigkeit des Aufbaustabes<br />

des geplanten Regionalkreises Westmecklenburg können abschließend<br />

folgende Thesen aufgestellt werden:<br />

7<br />

8<br />

9<br />

Die Beteiligungsintensität in diesem Aufbaustab war vorbildlich.<br />

Unter dessen Leitung wurde eine differenzierte Projektorganisation<br />

geschaffen. Die Tätigkeit in den Querschnittsfunktionen<br />

war schon weit fortgeschritten. Die Arbeit in den Fachgruppen<br />

sollte demnächst starten. In der Projektgruppe Organisation und<br />

Personal waren schon viele Grundsatzentscheidungen getroffen<br />

und Steuerungskonzepte erarbeitet worden. Mitglieder der Personalvertretung<br />

waren an diesem Prozess angemessen beteiligt.<br />

Als Defizit zeigte sich allerdings, dass in den Ausgangsbehörden<br />

keine reformbezogenen Projektgruppen zur Unterstützung der<br />

Delegierten beim Aufbaugremium installiert worden waren. Die<br />

Beteiligungsintensität hätte also im weiteren Verlauf des Fusionsprozesses<br />

gesteigert werden müssen.<br />

Die Information und Kommunikation der von der Fusion betroffenen<br />

Mitarbeiter war allerdings noch gering entwickelt. Diese<br />

beschränkte sich zu sehr auf einen kleinen Kreis der strategischkonzeptionell<br />

Beteiligten beim zentralen Aufbaugremium und<br />

dessen Projektgruppen. Die Informationsmöglichkeiten der betroffenen<br />

Mitarbeiter hingegen beschränkten sich im Wesentlichen<br />

auf eine knappe Reformdokumentation auf der<br />

Internetplattform des Ausgangskreises Ludwigslust, bei den anderen<br />

Ausgangskreisen erfolgte überhaupt keine Information.<br />

Um ein umfassendes Bild über den Reformverlauf zu bekommen,<br />

hätten sie die verstreuten Informationen im Internet und in den<br />

Zeitungen recherchieren müssen. Die Entscheidungsbildung der<br />

Steuerungsgremien konnten sie überhaupt nicht verfolgen.<br />

Unter diesen Umständen bestand die Gefahr, dass Missverständnisse<br />

und unnötige Ängste Widerstände gegen die Fusion verstärken<br />

bzw. erzeugen hätten können. Eine positive<br />

Beeinflussung der Meinungsbildung zur Aktivierung der Mitarbeiter<br />

wurde im Aufbaustab nicht in Erwägung gezogen.<br />

Auch bei der Kommunikation sah es ähnlich defizitär aus. In den<br />

Ausgangskreisen wurden keine fusionsbezogenen Gruppenoder<br />

Einzeldialoge geführt. Die Mitarbeiter konnten ihre Interessen,<br />

Vorschläge und Befürchtungen nicht offiziell zur Diskus-<br />

sion stellen und in die Reformsteuerung einbringen. <strong>Der</strong> Diskussionsbedarf<br />

verschob sich also auf die informelle Ebene. Zustimmung,<br />

Unterstützung und Engagement konnte so nicht gefördert<br />

werden. Es drohte Abwehr- und Blockadehaltung. Die Umsetzung<br />

zukünftiger Vorhaben wurde damit erschwert.<br />

10 Mit der zentralen Projektorganisation zur Reformsteuerung<br />

wurde ein funktionierender Steuerungskern geschaffen. Ausgehend<br />

von diesem Gremium hätte die Beteiligung am Fusionsprozess<br />

aber noch stärker auf die Ausgangsbehörden ausgedehnt<br />

werden müssen. Anderenfalls hätten die Entscheidungen<br />

einen zentral<strong>ist</strong>ischen und intransparenten Anschein gehabt.<br />

Die D<strong>ist</strong>anz zu den Bedürfnissen der Mitarbeiter wäre zu groß<br />

gewesen.<br />

11 Wahrscheinlich wäre es aber spätestens nach einer Bestätigung<br />

der Verfassungskonformität der Reform zu einer massiven Ausweitung<br />

der Fusions- und Integrationsaktivitäten gekommen.<br />

Die Informations-, Kommunikations- und Kooperationspolitik in<br />

den Ausgangsbehörden wäre zumindest auf mittlerem Niveau<br />

stark ausgebaut worden. Denn ohne aktive Unterstützung breiter<br />

Mitarbeiterschichten <strong>ist</strong> eine komplexe Fusion nicht durchführbar.<br />

Ein Steuerungskernteam <strong>ist</strong> dafür nicht ausreichend. Die<br />

Beschränkung der diesbezüglichen Aktivitäten des Aufbaustabes<br />

in dem hier untersuchten Zeitraum <strong>ist</strong> allerdings mit Blick auf<br />

den Schwebezustand der Reform und die Gefahr der Hinfälligkeit<br />

von Ergebnissen verständlich.<br />

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DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 33<br />

®


Gemeinwesensorientierte<br />

Polizeiarbeit und<br />

Organisationsentwicklung<br />

Chr<strong>ist</strong>ian Barthel<br />

Einleitung<br />

Kommunale Kriminalprävention steht für den Paradigmenwechsel<br />

polizeilichen Handelns in der Risikogesellschaft – für den Wandel vom<br />

„crime fighting“ zum „peace keeping“ (Kreissl 2004) in einer traditionelle<br />

Formen sozialer Kontrolle zunehmend verbrauchenden Gesellschaft.<br />

Ihre Funktion <strong>ist</strong> die Aufrechterhaltung der öffentlichen<br />

Ordnung, Konfliktschlichtung und Problemlösung, insbesondere<br />

dann, wenn andere staatliche Organisationen sich nicht zuständig<br />

fühlen (Feltes 2001). „Peace keeping“ heißt zugleich policing by comminucation<br />

(gleichermaßen mit den Zielgruppen als auch den vielfältigen<br />

Netzwerkpartnern polizeilichen Handelns) und policing by<br />

knowledge working. Die Polizei wird in der spätmodernen Unsicherheitsgesellschaft<br />

zu einer wichtigen gesellschaftlichen Diagnoseinstanz,<br />

die Analysen der Sicherheitslage erzeugen und wirkungsvoll<br />

kommunizieren kann. Kaum eine andere Institution verfügt über die<br />

Expertise und professionelle Legitimation, die neuen Formen der alltäglichen<br />

Verunsicherung zu thematisieren. Systematische Wissensarbeit,<br />

die kontinuierliche Beobachtung des Gemeindelebens und die<br />

Identifikation der regionalspezifischen Problemschwerpunkte sind<br />

damit entscheidende Voraussetzungen für ein e zielorientierte Polizeiarbeit.<br />

Organisationsinternes Wissensmanagement, das die alltäglichen Beobachtungen<br />

und Wahrnehmungen der Streifenpoliz<strong>ist</strong>en und Kontaktbereichsbeamten<br />

aufgreift, auswertet und umsetzt, gewinnt hier<br />

an Bedeutung. Die Grundthese dieses Beitrages lautet demnach: Gemeinwesensorientierte<br />

Polizeiarbeit braucht eine durchlässige Kommunikations-<br />

und Organisationskultur, die das Dienstwissen der<br />

Praktiker systematisch nutzt. Sofern dieses Dienstwissen in den Führungs-<br />

und Managementprozess Eingang findet, kann ihm die Funktion<br />

eines kontinuierlichen Pulsfühlens der regionalen Sicherheitslage<br />

zukommen.<br />

Allerdings <strong>ist</strong> dieses Dienstwissen (Lenk/Wengelowski 2002)für die<br />

Organisation, das Management und die Führungskräfte insbesondere<br />

des höheren Dienstes nicht unmittelbar zugänglich. Es <strong>ist</strong> eingebettet<br />

in die Normen, Werte und Regeln der Berufskultur vor Ort. Entsprechend<br />

dieser organisationskulturellen Rahmungen kursiert dieses alltägliche<br />

Praxis- und Beobachtungswissen in den eigentümlichen<br />

Erzähl- und Darstellungsformen, die in den Dienstgruppen, Kommissariaten<br />

und den Organisationseinheiten der Kontaktbereichsbeamten<br />

eingeübt und legitimiert sind. Dieses Wissen wird nach den<br />

dramaturgischen Regeln der jeweiligen Berufs- bzw. Bereichskultur<br />

formatiert; es wird zur erzählbaren (witzigen, folklor<strong>ist</strong>ischen, lehrreichen,<br />

heldenhaften, moralischen usw.) Geschichte stilisiert, die<br />

zwar die Deutungs- und Handlungsmuster der Praktiker bestätigt,<br />

aber kaum der professionellen Reflexion oder einer zielorientierten<br />

34 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

Verwertung seitens der Dienststelle dient.<br />

Das Wissen der Praktiker lässt sich nicht einfach einsammeln, verdichten,<br />

speichern und in die Zielsystematik der Organisation einspeichern.<br />

Auch wenn die Polizei sich längst der Begrifflichkeit des<br />

Wissensmanagements bedient, hat man eher die formalen und gut<br />

zugänglichen Wissensbestände im Auge, die sich ohne Widerstand<br />

und Friktion in Datenbanken hinterlegen lassen. Das Domänenwissen<br />

der Praktiker vor Ort entzieht sich diesem technischen Prozess der<br />

Wissensabschöpfung. Es dient eher als mikropolitische Ressource in<br />

der Auseinandersetzung mit der Hierarchie und anderen Dienstzweigen.<br />

Aber das bedeutet nicht per se, dass jeder Versuch dieses Wissen zu<br />

mobilisieren zum Scheitern verurteilt <strong>ist</strong>. Es bedarf hier einer Organisationsentwicklungsstrategie,<br />

die die prinzipielle Eigenlogik des Professionswissens<br />

und seine typischen Kommunikationsweisen ernst<br />

nimmt. Praktisch heißt dies: <strong>Der</strong> potentielle Widerspruch und das<br />

Konfliktpotential zwischen Organisation und Management einerseits<br />

und Berufs- und Domänenwissen andererseits muss Gegenstand<br />

einer solchen Entwicklungsstrategie sein.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

In diesem Sinne wird im ersten Kapitel das Konzept der „Prozessorganisation“<br />

dargestellt – eine Führungs- und Managementphilosophie,<br />

die eine durchlässige Kommunikations- und<br />

Organisationskultur der polizeilichen Dienststellen ermöglicht.<br />

Im zweiten Kapitel wird der zu bearbeitende Widerspruch zwischen<br />

Organisation und Berufskultur, zwischen Managementwissen<br />

und Domänenwissen der Praxis detaillierter dargelegt.<br />

Im dritten Kapitel werden die Grundzüge eines Wissensmanagementansatzes<br />

– das „narrative Wissensmanagement“ – skizziert.<br />

Im vierten Kapitel wird eine praktikable Methode als ein Beispiel<br />

für das narrative Wissensmanagement vorgestellt.<br />

Im fünften Kapitel soll schließlich verdeutlicht werden, welche<br />

Funktionen den polizeilichen Führungskräften in einem Organisationsentwicklungsprozess<br />

zukommen.<br />

Prozessorganisation für eine<br />

durchlässige Kommunikations- und<br />

Organisationskultur<br />

Polizeiliche Behörden und Dienststellen sind (wie andere Bereiche<br />

der Verwaltungen auch) durch eine starke Stigmatisierung gekenn-


zeichnet. Die unterschiedlichen Ebenen der Hierarchie sind in der Alltagsorganisation<br />

durch vielfältige Macht-, Status und Prestige - inzenierungen<br />

geprägt. In horizontaler Hinsicht stellen die<br />

unterschiedlichen Sparten polizeilichen Handelns ein Feld konkurrierender,<br />

um professionelle Anerkennung ringender Positionen dar. In<br />

sozialwissenschaftlichen Organisationsanalysen spricht man von<br />

einem polizeitypischen vertikalen und horizontalen Misstrauen (vgl.<br />

Mensching 2004). Die unterschiedlichen Handlungsfelder stehen im<br />

Widerstreit miteinander, sie grenzen sich durch bereichs- und domänentypische<br />

Manöver, in der Regel nach dem Muster „Wir – die da“,<br />

ab.<br />

Gleichwohl wird man der Organisation der Polizei nicht gerecht,<br />

wenn man hier nur grundsätzliche Irrationalität und verwaltungstypische<br />

Pathologien diagnostiziert. Die Spezifität der polizeilichen Aufgaben,<br />

die darauf aufbauende funktionale Arbeitsteilung und<br />

Organisationsgliederung, sind die Hauptursachen für dieses Misstrauen;<br />

in dem Maße wie sich jede Polizeisparte auf ihre besondere<br />

Aufgabe konzentriert, bildet sie eine lokale Rationalität, das heißt typische<br />

Denk- und Handlungsmuster, eigensinnige Werte und Normen<br />

aus (vgl. Strasser 2004). Relevante Wirklichkeit <strong>ist</strong> demnach die jeweils<br />

eigene, partikuläre Rationalitätskonstruktion, angesichts derer<br />

die andren Bereichsrationalitäten als irrelevant erscheinen. In diese<br />

lokalen Rationalitätsmuster werden Interessen eingeflochten; die Bereiche<br />

versuchen „ihre Kompetenzen und Ressourcen zu vermehren<br />

und andere Untereinheiten darin zu hindern, dasselbe zu tun. Das<br />

verstärkt ihre Identität weiter. Ihre Denken verfestigt sich: es entstehen<br />

geschlossene Denkgebäude, in die andere Auffassungen nicht<br />

eindringen dürfen“ (Schnelle 2006, 16). Es handelt sich hier um eine<br />

notwendige Organisationsdifferenzierung, die es der Polizei ermöglicht<br />

ganz unterschiedliche und hochkomplexe Aufgaben zu realisieren<br />

– es sinnvoller Mechanismus also, der das Blickfeld der<br />

Organisation im Sinne der Arbeitsteilung und der hier notwendigen<br />

Handlungs- und Deutungslogiken fokussiert.<br />

Von Bürokratie im prejorativen, pathologischen Sinne lässt sich erst<br />

sprechen, wenn die aufgabentypischen Identitätsinzenierungen und<br />

Abgrenzungen, die latenten Konflikte der Organisationsbereiche nicht<br />

mehr produktiv bearbeitet werden können. Konflikte selbst sind „normal“<br />

bzw. eine notwendige Erscheinungsform der organisatorischen<br />

Koordinations- und Integrationsaufgabe. Problematisch sind die sekundären<br />

Struktureffekte, die sich aufgrund von Konfliktmeidung,<br />

mangelhafter Konfliktaustragung,<br />

mithin einer Führungs- und Managementkultur ergeben,<br />

die die unvermeidlichen Spannungsfelder in der<br />

Polizeiorganisation nicht zur Kenntnis nimmt bzw.<br />

glaubt, sie durch autoritäre oder technokratische Anordnungen<br />

zu beseitigen. Erst unter diesen Bedingungen<br />

ziehen sich die Mitarbeiter der einzelnen Bereiche<br />

ganz auf den Nahbereich der eigenen Berufsgruppe<br />

zurück, bewerten die Organisation der Polizei insgesamt<br />

als fremdes, uninteressantes, mitunter feindliches<br />

Terrain. Erst jetzt lässt sich von einer starren,<br />

unflexiblen bürokratischen und entwicklungsres<strong>ist</strong>enten<br />

(Misstrauens-) Organisation sprechen.<br />

Das Konzept der „Prozessorganisation“ wurde im Bereich<br />

der Organisationsentwicklung 1 als Gegenentwurf<br />

und Therapie gegen die erstarrte, entwicklungsres<strong>ist</strong>ente,<br />

mithin bürokratische Organisation entwickelt<br />

(Glasl/Hasper 1988). Setzt man sich mit diesem<br />

Ansatz vor dem Hintergrund der Organisationswirklichkeit<br />

in der Polizei auseinander, mag der „Praktiker“<br />

leicht abwinken; zu harmonisch und friedfertig klingen<br />

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DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 35


ihm die Therapievorschläge zur Bearbeitung verkrusteter Strukturen<br />

und abgebrochener Kommunikationsprozesse. Zu Unrecht - denn<br />

tatsächlich wird hier nicht einer naiven, pazifisierten Organisationsidylle<br />

das Wort geredet, sondern im Gegenteil die grundsätzliche<br />

Spannung zwischen den unterschiedlichen Bereichen und Hierarchieebenen<br />

als strukturelle Tatsache herausgearbeitet.<br />

Ziel <strong>ist</strong> es nach Glasl und Hasper (ebd. 52): „Die Starrheit, die überall<br />

spürbar <strong>ist</strong>, muss aufgebrochen werden; der Mensch soll in seiner Arbeit<br />

wieder zur Geltung kommen und seine tiefere Motivation wieder<br />

finden; die Organisation als Ganzes muss wieder besser auf die Wünsche<br />

der Kunden eingehen. Da liegt der Kern“<br />

Nicht gemeint sind damit unspezifische Beteiligungs- und Partizipations-Rundumschläge:<br />

Mehr Information, bessere Zusammenarbeit<br />

von der Führungsspitze bis zum letzten Mitarbeiter, Mitbestimmung<br />

in allen Bereichen und Themenfeldern – das <strong>ist</strong> die Lyrik einer naiven<br />

Reformpolitik, die mit ihrer gut gemeinten Basisorientierung im Gestrüpp<br />

überkomplexer Veränderungsprozesse hängen bleibt.<br />

Nicht gemeint <strong>ist</strong> der Import neuer Managementinstrumente und -<br />

methoden, das konzeptverliebte Plädoyer für neue Formate der Aufbau-<br />

und Ablauforganisation. Im Gegenteil- die Organisationsentwickler<br />

gehen davon aus, dass die Organisationsstrukturen und<br />

Hierarchieebenen bestehen bleiben und wachsen sollen. „Die Prozeduren<br />

und Strukturen gilt es zu bewahren. Das gute Funktionieren unterliegt<br />

jedoch einer Bedingung: Sie dürfen nicht isolierend wirken,<br />

sondern sollen Beziehungen zueinander herstellen… Das bedeutet,<br />

dass die einzelnen Funktionsträger und Abteilungen lernen müssen,<br />

sich gegenseitig anzuhören, sich selber kritisch zu beleuchten und nötigenfalls<br />

das eigene Verhalten anzupassen. Und das gilt nicht nur für<br />

die Teile, sondern für die ganze Organisation (Glasl/Hasper 1988, 53).“<br />

Prozessorganisation zielt nicht auf den Rückbau der Hierarchie und<br />

die Zurücknahme von Führung – im Gegenteil: Es geht um die Wiedereinführung<br />

von Führung, Organisation und Management in eine<br />

Alltagsorganisation, die durch vermachtete Kommunikation, abgebrochene<br />

Informationswege und Statusinzenierungen gekennzeichnet<br />

<strong>ist</strong>. Führung und Organisation sollen ihrer funktionalen<br />

Bestimmung gemäß arbeiten können. Hierarchie wird erst dann zum<br />

Problem, wenn sie als Unterordnungssystem wirkt und Problemdiagnosen<br />

und das Finden kreativer Lösung behindert.<br />

Gemäß dieser funktionalen Sicht ins<strong>ist</strong>iert der Ansatz der Prozessorganisation<br />

darauf, dass die operative Ebene / „unten“ nicht weniger<br />

wichtig <strong>ist</strong> als die Leitung- und Managementebene / „oben“. Tatsächlich<br />

„sehen“ die unterschiedlichen Funktionsebenen anders und Anders<br />

und es kommt im Sinne einer strategischen Ausrichtung darauf<br />

an, diese unterschiedlichen Perspektiven – bei all ihren Differenzen –<br />

zu integrieren. Dieses Organisationsverständnis steht im diametralen<br />

Gegensatz zum klassischen Organisationskonzept in der Verwaltung<br />

und der Polizei. „Oben“ <strong>ist</strong> hier gleichbedeutend mit genereller Übersicht,<br />

bestem Durchblick, vernünftigster Entscheidungslogik und nachhaltigster<br />

Umsetzungsmacht; dementsprechend <strong>ist</strong> „unten“ nichts<br />

anderes als die funktionale Aufgliederung dieses zentralen Gestaltungs-<br />

und Steuerungswillen in einzelne Aufgabenbereiche.<br />

Das Konzept der Prozessorganisation behauptet demgegenüber drei<br />

gleichwertige, wenn auch in ihrem Wissen und Können unterschiedlich<br />

weit reichende (Führungs-)Ebenen:<br />

•<br />

•<br />

Makrosystem/konstituierende Führung – die Organisation als<br />

Ganzes: Gesamtausrichtung der Organisation, Leitbilder, Vision,<br />

grundlegende Unternehmens- bzw. Organisationspolitik, langfr<strong>ist</strong>ige<br />

Ziele.<br />

Mikrosystem/dirigierende Führung – das Individuum, die Gruppe,<br />

36 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

•<br />

Dienstgruppen, Basisorganisationseinheiten: konkrete Handlungsebene,<br />

operative Führung.<br />

Mesosystem/organisierende Führung – Zwischenstellen, Zusammenfassung<br />

von Mikroeinheiten: Entwicklung der Führung und<br />

Organisation, strategische Schwerpunktsetzung, interne Kommunikation,<br />

Ressourcenverteilung.<br />

Diese drei Ebenen – Mikro, Meso und Makro – sind also nicht pyramidal,<br />

im Sinne einer Gewichtung oder Werthierarchie übereinander<br />

geschichtet. Es handelt sich um unterschiedliche Ausschnitte der Organisationswirklichkeit<br />

mit ihren jeweiligen Aufgaben, aufgabenspezifischen<br />

Methodenrepertoire sowie typischen Wissens- und<br />

Praxisformen. Die Aufgabe der Organisationsentwicklung besteht<br />

darin, diese drei Ebenen in einen andauernden offenen Dialog- und<br />

Kommunikationsprozess zu überführen. Organisations- entwicklung<br />

hat demnach eine Art Dolmetscherfunktion: Sie schafft Anschlüsse<br />

und Verständigungsprozesse zwischen Sphären und Teilsystemen der<br />

Organisation, die naturgemäß in einer gewissen Spannung zueinander<br />

stehen, und die kontinuierlich bearbeitet werden müssen, damit<br />

sie sich nicht gegeneinander abschotten. Das Ergebnis <strong>ist</strong> schließlich<br />

die „Prozessorganisation“ – eine hierarchisch gegliederte Organisation,<br />

in der aber eine ausgesprochene Achtung gegenüber der Le<strong>ist</strong>ungsfähigkeit<br />

und Professionalität an der Basis/dem Mikrosystem<br />

besteht (s.a. Weick/Sutcliff 2003), so wie umgekehrt die Mitarbeiter<br />

Respekt vor der funktionalen Le<strong>ist</strong>ung der unterschiedlichen Führungsebenen<br />

haben.<br />

Dieses Modell der Prozessorganisation <strong>ist</strong> insbesondere aus zwei<br />

Gründen interessant für die Polizei:<br />

1<br />

2<br />

Die sogenannte Mikroebene (Dienstgruppen, Kriminalkommissariate,<br />

Kontaktbereichsbeamte) wird in ihrer eigenständigen<br />

Handlungslogik ernst genommen – als professionelles Handlungssystem<br />

mit eigener Sprache, Symbolik, Wissenssystematik<br />

und Kommunikationsform. Um es an die anderen Bereiche, die<br />

Meso- und die Makroebene heranzuführen, bedarf es besonderer<br />

Übersetzungsprozesse und Verständigungsformen; die Zugänglichkeit<br />

durch Führungskräfte und Management <strong>ist</strong> nicht<br />

schon automatisch durch hierarchische Unterstellung und Abordnung<br />

gegeben, sondern muss (auch gegen Widerstände und<br />

Misstrauen) entwickelt werden. Dies kann nur gelingen, wenn<br />

die bereichskulturty-pischen Denk-, Wissens- und Kommunikationsformen<br />

berücksichtigt werden.<br />

Auf der Mesoebene sind die Führungskräfte der mittleren Ebene<br />

zu verorten, der höhere Dienst mit Leitungsverantwortung in Polizeiinspektionen,<br />

größeren Revieren oder Polizeikommissariaten.<br />

Im Rahmen der Prozessorganisation kommt diesen Führungskräften<br />

dezidiert die Aufgabe der Organisationsentwicklung zu; sie<br />

sind dafür verantwortlich, dass die vertikale Anschlussfähigkeit<br />

zwischen operativer Ebene und Dienststellenführung bzw. –management<br />

hergestellt wird, und dass die unterschiedlichen Sparten<br />

der Polizei auf horizontaler Ebene in einem produktiven<br />

Kooperationsverhältnis miteinander arbeiten. Führung im Sinne<br />

der Prozessorganisation bedeutet hier nicht nur die Identifikation<br />

polizeilicher Schwerpunkte, Ziel- und Strategieentwicklung nebst<br />

einem diesbezüglichen Controlling, sondern vor allem die Gestaltung<br />

von organisationalen Lernprozessen, die diese Zielsetzungen<br />

wirkungsvoll in die Organisation transportieren. Führungskräfte<br />

sind also nicht nur Manager, sondern Organisationsentwickler,<br />

die Lernprozesse zwischen unterschiedlichen Kulturen, zwischen


polizeilichen Sparten sowie zwischen Management und operativer<br />

Alltagsorganisation in Gang setzen.<br />

Die Herausforderungen der<br />

Organisationsentwicklung<br />

Das Konzept der Prozessorganisation zielt nicht einfach darauf „besser,<br />

mehr, authentischer, menschlicher usw.“ zu kommunizieren. Das<br />

Ziel <strong>ist</strong> kontraproduktive Formen der Verknüpfung unterschiedlicher<br />

Wissen- und Rationalitätsformen in der Organisation zu hinterfragen<br />

und sie auf neue Art und Weise miteinander in Beziehung zu setzen.<br />

Dies wirkt auf die lokalen Wissensformen zurück, ermöglicht Lernund<br />

damit auch Professionalisie-rungsprozesse in den jeweiligen Domänen;<br />

die Organisation insgesamt kann lernen, da ein neues Muster<br />

der Verknüpfung und der Integration verschiedener Wissenstypen<br />

entsteht. 2<br />

In vertikaler Hinsicht geht es darum die notorische Spannung zwischen<br />

dem Wissen und der Handlungsrationalität der Praktiker einerseits<br />

und dem Managementwissen mit seinem impliziten<br />

Rationalitätsmodell andererseits zu bearbeiten. Hier herrschen gegenseitige<br />

Abwertung und bereichskulturelle Schließung: das polizeiliche<br />

Management bewertet das Praxiswissen als unprofessionell<br />

und Praktiker halten das Managementwissen und die Steuerungsinstrumente<br />

polizeilicher Arbeit (z.B.: Ziele, Controlling) für wenig handlungsorientierend<br />

und hilfreich.<br />

In horizontaler Hinsicht geht es darum, das Machtgefüge und die<br />

damit einhergehenden Abgrenzungsmanöver in den Blick zu nehmen.<br />

In dieser Perspektive erscheinen Behörden und Dienststellen als ein<br />

Feld unterschiedlicher Machtpositionen, eine typische Konfiguration<br />

unterschiedlich einflussreicher und durchsetzungsfähiger Polizei-Teilberufe.<br />

Die Prozessorganisation setzt sich also gleichermaßen mit den divergierenden<br />

Rationalitäts- und Deutungskonzepten auseinander sowie<br />

mit den materiellen Machtprozessen, den Aus- und Abgrenzungsmanövern<br />

zwischen diesen Bereichen. Organisationsentwicklung so verstanden<br />

bearbeitet a) die kognitiven, organisationskulturellen<br />

Dimensionen sowie b) die macht- und mikropolitischen Faktoren –<br />

also Wissen und Macht als maßgebliche Konfliktfelder im Organisationsalltag<br />

der Polizei (s. Glasl 2000).<br />

An den schwierigen Reformprozessen der letzten 10-15 Jahren kann<br />

man erkennen, wie stark die Spannung zwischen dem polizeilichen<br />

Managementwissen und dem Handlungs- und Einsatzwissen der<br />

Praktiker <strong>ist</strong>. So kann man die Bege<strong>ist</strong>erung für das betriebsökonomische<br />

Managementwissen seitens des höheren Dienstes auch als<br />

Vorbehalt und implizite Skepsis gegenüber dem Praxiswissen der<br />

operativen Ebene lesen. Zugespitzt lässt sich formulieren: Die generellen<br />

Intransparenzzonen des operativen Polizeidienstes, die strukturell<br />

bedingte, geringe Zugänglichkeit des Polizeimanagements zur<br />

Alltagsorganisation des „Außendienstes“, z.B.: des Einsatz- und Streifendienstes,<br />

wird zunehmend problematisiert. Die Kritik an der klassischen<br />

Ordnungsverwaltung und der Bürokratie unter dem Motto<br />

der „organisierten Unverantwortlichkeit“ fällt zusammen mit dem<br />

Verdacht, dass Mittarbeiter an der Basis ihre Freiräume überstrapazieren,<br />

eine unengagierte „Jobmentalität“ an den Tag legen und es<br />

darüber hinaus an fachlicher Kompetenz fehlen lassen. Zugleich wird<br />

Führungsschwäche auf der operativen Ebene diagnostiziert, die sich<br />

allzu leicht der Gruppendynamik und der (Sub-)Kultur der Dienstgruppe<br />

beuge und damit den Durchgriff der Organisation und des<br />

Managements behindert, statt ihn zu ermöglichen. Diese Krise der<br />

Hierarchie und der bürokratischen Organisationsweise geht einher<br />

mit einer (trotz offizieller Beteuerung des Gegenteils) geringen Achtung<br />

gegenüber dem Praktikerwissen.<br />

Die manageriale Abwertung des Praktikerwissens lässt sich auch an<br />

der impliziten Didaktik der Reformbemühungen ablesen. In naiver<br />

Weise wurde davon ausgegangen, dass intensive Informationen und<br />

Beschulung mit den neuen Managementmethoden (z.B.: Zielver- einbarungen,<br />

Controlling) die Praxis endlich von ihrer ungeplant-reaktiven<br />

Arbeitsweise und ihren fachlichen Defiziten kuriert.<br />

Managementwissen versteht sich als Universalvernunft, die für jede<br />

Form polizeilichen Handelns die generelle, weil logisch-rationale<br />

Handlungsorien-tierung bietet; alle anderen Formen des Wissens erscheinen<br />

demgegenüber als minderwertig. Die Bege<strong>ist</strong>erung für den<br />

vermeintlichen Universalismus des Managementwis-sens ließ erst<br />

gar nicht die Idee aufkommen, dass in der Organisation unterschiedliche<br />

Rationalitäten, Deutungs- und Handlungsmuster wirksam sein<br />

könnten. Die vielfältigen Widerstände und Implementationsbarrieren,<br />

vor allem auf der operativen Ebene, erfordern nun eine andere Sicht<br />

auf die Wissenslandkarte der Polizei.<br />

Entscheidend für die Entwicklung spezifischer Deutungs- und Handlungsmuster<br />

<strong>ist</strong> der praktische Kontext der Arbeit und die hier wirksame<br />

Logik, die die Rationalität des Handelns sowie seine Grenzen<br />

bestimmen. Als exemplarische Wissenstypen professionellen Handelns<br />

in der Polizei kann man den „Einsatz“ (gewissermaßen der<br />

Kern des beruflichen Selbstverständnisses eines jeden Poliz<strong>ist</strong>en)<br />

sowie die einzelfallbezogene „Sachbearbeitung“ verstehen (Chr<strong>ist</strong>ie-Zeyse<br />

2006). Die hier entwickelte Wissenstypologie unterscheidet<br />

sich von einem managerialen Verständnis der Aufgabenbewältigung<br />

durch die folgenden Aspekte (siehe hierzu Harney 1998, 180f):<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Professionelles Handlungswissen bezieht seinen Sinngehalt und<br />

gültige Normen aus Regeln fachlicher Angemessenheit und Perfektion<br />

im unmittelbaren Umgang mit der Aufgabe selbst – und<br />

nicht aus den objektivierten Normen und Standardisierungen<br />

seitens der Organisation.<br />

Es <strong>ist</strong> gewissermaßen der Besitz des Arbeitenden und seiner persönlichen<br />

Bindung an die Aufgabe – und steht damit der Organisation<br />

nicht einfach zur Verfügung bzw. wird gegen den<br />

Durchgriff der Organisation geschützt.<br />

Da hier generierte Wissen <strong>ist</strong> eng verschmolzen mit der beruflichen<br />

Biografie, einsozialisiertes, gewissermaßen körperlich sedimentiertes<br />

Know-how – und damit nicht beliebig optimierbar<br />

durch (manageriale) Methoden, Instrumente oder Fortbildungsangebote.<br />

Es handelt sich hier um eine „theory in use“ (s. Argyris 1996),<br />

d.h. impliziertes Wissen, das im praktischen Handlungsvollzug<br />

zur Entfaltung kommt – und das zugleich nicht identisch <strong>ist</strong> mit<br />

den unter Umständen präsentierten Wissens- und Redeweisen<br />

über diese Arbeit.<br />

Dieses implizite Wissen operiert zume<strong>ist</strong> im Modus der Intuition<br />

– eine angemessene, ganzheitliche Form von Wahrnehmung, Situationsbewertung<br />

und Handlungsvollzug unter den Bedingungen<br />

situativen Drucks. Intuition bringt uno actu (etwa in der<br />

konkreten Einsatzsituation) die äußeren Tatsachen (z.B.: die beteiligten<br />

Akteure und ihr Risikopotential) als auch die notwendigen<br />

Wissens- und Handlungsverkettungen zur Bewältigung<br />

dieser Lage hervor; in diesem Sinne <strong>ist</strong> der intuitive Handlungsvollzug<br />

professioneller Situationsbewältigung dezidiert nicht mit<br />

dem Erkenntnisakt durch Schlussfolgerung vergleichbar.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 37


•<br />

Professionelles Handlungswissen <strong>ist</strong> dem Management nicht<br />

ohne weiteres zugänglich; Management kann dieses Wissen<br />

durch Kontrolle, Monitoring, Korrekturintervention zwar aufstören,<br />

nicht aber per se seine innere Logik und seine eigenwilligkontextspezifische<br />

Zusammensetzung determinieren. Als Besitz<br />

der Profis stellt es eine Blindzone des Managements dar, eine<br />

potentiell dysfunktionale Macht, die die Organisation und das<br />

Management ständig herausfordert.<br />

In der Gegenüberstellung wird die Unterschiedlichkeit zwischen dem<br />

professionellen und dem managerial-organisationsseitigen Wissen<br />

deutlich:<br />

Professionelles Wissen Manageriales Wissen<br />

Beide Wissensformen schließen sich in ihrer Unterschiedlichkeit sowie<br />

in ihrer potentiellen Konflikthaftigkeit aus und benötigen sich doch<br />

zwingend:<br />

1<br />

2<br />

Wird nur (wie in den Reformbemühungen der Polizei) ausschließlich<br />

auf den Typus des managerialen Wissens als einzig<br />

legitimen Deutungs- und Handlungsmuster gesetzt,<br />

dann wird die selbstaktive Bindung der Mitarbeiter an die<br />

Aufgabenstellung in Frage gestellt und schließlich zerstört.<br />

Genau dies war der Tenor der operativen Ebene angesichts<br />

des Managerialismus der Polizeireformen: Die Managementoffen-sive<br />

wird als Bruch des psychologischen Vertrags<br />

(Chr<strong>ist</strong>e-Zeyse 2006, 195f.) zwischen den hochgradig aufgabenidentifizierten<br />

Poliz<strong>ist</strong>en und einer Polizeiorganisation<br />

gedeutet, die vor jeder Managementrationalität die Kernaufgabe<br />

– nämlich den Einsatz3 im Sinne eines gesellschaftlichen<br />

Auftrages zu gewährle<strong>ist</strong>en hat. Wo Wirtschaftlichkeitsüberlegungen<br />

und standardisierte Effektivitätsnormen<br />

im Vordergrund stehen, sieht sich der Professionelle nicht<br />

nur in seiner Handlungsauton-omie bedroht, sondern auch<br />

in seinem subjektiven Beitrag zum Erfolg des polizeilichen<br />

Kernauftrages diskreditiert.<br />

Würde dagegen ausschließlich auf die aufgabengebundene<br />

Partikularität des Professionswissen gesetzt und die übergreifende,<br />

organisatorisch – manageriale Handlungslogik<br />

außer Acht gelassen, dann wäre das Resultat Verwahrlosung:<br />

mikropolitisches Raubrittertum der unterschiedlichen<br />

Aufgaben- und Organisationsbereiche um Definitionsmacht<br />

und Ressourcen wäre die Folge. Die Einlagerung professionellen<br />

Wissen und professioneller Erfahrung in Organisations-<br />

strukturen und Prozesse würde jede Handlungskoordination<br />

und zielorientierte Steuerung blockieren.<br />

38 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

3<br />

Vor diesem Hintergrund müssen die beiden Wissensformen<br />

und ihr Spannungsverhältnis bearbeitet und ausbalanciert<br />

werden. Es braucht die Disziplinierung<br />

partikularer, professioneller Wissensformen durch das<br />

Management wie umgekehrt das Management nicht<br />

ohne die Selbstbindungsmechanismen der Professionellen<br />

an die Organisation auskommt. <strong>Der</strong> Anschluss zwischen<br />

beiden Wissenstypen <strong>ist</strong> prekär, machtumkämpft<br />

und „scheiternsanfällig“: er stellt aber die wesentliche<br />

Aufgabe eines klugen Managements, reflektierter Führungskräfte<br />

und eines hierauf aufbauenden Wissensmanagements<br />

dar.<br />

Regeln und Normen werden aus der Aufgabe selbst generiert Regeln und Normen werden aus der Gesamtsicht<br />

der Organisation und ihrer Zielsetzung generiert<br />

Besitz der Profis Allgemeingut für jedes Organisationsmit-glied an dieser Stelle<br />

Mit der Berufsbiografie verschmolzen Herausgelöst aus und bereinigt von idio- synkratischen<br />

Aneignungsformen durch die Subjekte<br />

Implizites Wissen und „Theory in Use“ Explizites Wissen – Verschriftlichung, Begriffsbildung,<br />

Begründbarkeit - und „Espoused Theory (s. Argyris ebenda)<br />

Intuition – oft unter den Bedingungen von Handlungsdruck Schlussfolgerungen in handlungsentlastenden Situationen<br />

Grenze und Blindzone des Managements Allgemeingültigkeit des Wissens jenseits lokaler Rationalitäten<br />

und ihrer „Folklore“<br />

Mobilisierung des professionellen<br />

Erfahrungswissens durch „Narratives<br />

Wissensmanagement“<br />

Das Erfahrungswissen der Experten vor Ort <strong>ist</strong> ein Amalgan aus explizitem,<br />

implizitem und narrativem Wissen. Es wird unter den strukturellen<br />

Bedingungen der Aufgabenbe-wältigung erzeugt, in der<br />

Gemeinschaft der Praktiker verallgemeinert, kononisiert und schließlich<br />

an Novizen weitergegeben.<br />

Explizites Wissen wird in der Ausbildung an Fachhochschulen sowie<br />

im Rahmen der Weiterbildungsaktivitäten vermittelt; Themen sind<br />

polizeirelevantes Recht, fachliche Themen des praktischen Einsatzgeschehens<br />

und ergänzende sozialwissen- schaftliche und psychologische<br />

Aspekte einer sich bürger- und kundenorientiert<br />

verstehenden Polizei. Zum expliziten Wissen gehören weiterhin in<br />

Erlassform vorliegende Regelwerke – z.B.: die „Polizeiliche Dienstvorschrift“<br />

100 (PDV 100) – eine Sammlung und Verdichtung praktischer<br />

Einsatzerfahrungen, die eine Planungs- und Handlungsorientierung<br />

für konkrete Einsatzanlässe anbieten kann. Ergänzt wird<br />

dieses Regelwerk zunehmend durch behördenspezifische Verfahrensanweisungen<br />

und –vorschriften, die im Zuge von Prozessbeschreibungen<br />

und Qualitätsmanagement-Einführungen entwickelt werden;<br />

so liegen für unterschiedliche Dienstbereiche mitunter elektronische<br />

Qualitätsmanagement-Handbücher vor, die einzelne Arbeitsabläufe<br />

und Aufgaben Schritt für Schritt beschreiben, die notwendigen Informationen<br />

und Formulare vorhalten und damit Mindeststandards<br />

für Routineaufgaben gewährle<strong>ist</strong>en können. (vgl. Priebe 2007, Ritsert/Müller<br />

2007. Lehmann 2007). In Ergänzung zu diesen Standards<br />

polizeilichen Fachwissens haben einige Länderpolizeien groß angelegte<br />

Wissensportale eingerichtet, die E-Learning-Angebote, Fachforen<br />

für Spezial<strong>ist</strong>en, polizeirelevante Nachrichten usw. präsentieren.


Weitere Container für explizites Wissen sind die behörden- und<br />

dienststellenspezifischen Lagebeschreibungen sowie intranetbasierte<br />

Dienststellenzeitungen, die über polizeiliche und organisationsinterne<br />

Ereignisse berichten. Insgesamt handelt es sich hier um so genanntes<br />

„disembodied knowledge“ (vgl. Polyani 1985, Nonaka/Takeuchi<br />

1997), ein Wissen das Fakten, Regeln und dokumentwerte Erfahrungen<br />

umfasst, das von konkreten Erfahrungsträgern, den Professionellen<br />

abgelöst werden kann und in den Besitz der Organisation<br />

übergegangen <strong>ist</strong>.<br />

Implizites Wissen <strong>ist</strong> „embodied/personal konowledge“, inkorporiertes,<br />

durch praktisches Tun erworbenes Wissen; dieses <strong>ist</strong> nur sehr unvollständig<br />

in Worte fassbar und auf das Engste mit dem<br />

Aufgabenvollzug verknüpft. Fahrrad fahren, Schwimmen, Schreiben,<br />

aber auch intuitives Handeln (z.B.: das angemessene polizeiliche Einschreiten<br />

bei Familienstreitigkeiten usw.) sind integrale Schemata,<br />

die körperliche, emotionale und kognitive Aspekte in nicht auflösbarer<br />

Einheit amalgieren; sie sind gerade deshalb erfolgreich, weil sie<br />

vorreflexiv abgerufen werden und damit situativ hochgradig angemessenes<br />

Verhalten gewährle<strong>ist</strong>en können. Man kann hier auch von<br />

persönlichem Erfahrungsschatz und Intuition sprechen, also etwas,<br />

das im eigentlichen Wortsinne nicht bekannt <strong>ist</strong>, aber auf das man<br />

sich im täglichen Handeln mit Erfolg verlassen kann (vgl. Schreyögg<br />

2002, 2003). Es macht wenig Sinn, dieses implizite Wissen als Fundgrube<br />

für die Organisation unmittelbar ausbeuten zu wollen. Zu sehr<br />

<strong>ist</strong> dieses Wissen an körperliche und vorsprachliche Erfahrungen gebunden.<br />

Es <strong>ist</strong> – selbst bei ambitionierter Erweiterung des expliziten,<br />

organisationsseitig kanonisierten Wissens, z.B.: in Form von noch genaueren<br />

Arbeitsprozessbeschreibungen oder Qualifikations- bemühungen<br />

– nicht unmittelbare von dem erfahrenen Mitarbeiter<br />

abzulösen und Anderen in der Organisation zur Verfügung zu stellen.<br />

Es bedarf zwingend der berufsbiografischen Erfahrung, einer persönlichen<br />

Lehrzeit, um in den Besitz dieses Wissens zu kommen. In diesem<br />

Sinne bietet es sich an hier eher von „Könnerschaft (vgl.<br />

Schreyögg 2002) zu sprechen, als von einem besonderen Wissenstypus,<br />

bei dem die Konvertierbarkeit in eine andere Form immer mitschwingt.<br />

Narratives Wissen <strong>ist</strong> das, was erzählt bzw. expliziert wird, in welcher<br />

Form auch immer: das Gespräch im Frühstücksraum, der<br />

Klatsch über und zwischen den Kollegen, die Entrüstung über andere<br />

Dienstbereiche oder die Behördenleitung und „die da oben“,<br />

die beiläufige Erzählung über Vorkommnisse bei der letzten Streife,<br />

die immer wieder erzählten Heldengeschichten, Moritaten (vgl.<br />

Stehr) und exemplarischen Lehrbeispielen. Geschichten erzählen <strong>ist</strong><br />

das Medium, in dem sich die Kultur eines Dienstbereiches oder auch<br />

der ganzen Organisation abbildet, sedimentiert und fortentwickelt.<br />

In dieses „Story telling“ (Loebbert 2003) eingebettet sind sachliche<br />

Informationen und pragmatische Wissensbestände, normative Urteile<br />

über die Anderen und die eigene Position des Dienstzweiges<br />

in der Organisationswelt, sowie Ansprüche und Zuschreibungen von<br />

Definitionsmacht und informelle Platzzuweisungen. Die Erzählung<br />

<strong>ist</strong> die notwendige Form der Sinngebung, in der Daten erst zur relevanten<br />

Information für eine Gruppe oder Gemeinschaft werden;<br />

jenseits dieser sinngebenden Erzählung bleiben Daten „syntaktische<br />

Informationsruinen“ (vgl. Steinmüller 1993), die niemanden interessieren.<br />

Wer keine Geschichte zu erzählen hat, die gehört und verstanden<br />

wird – egal ob Mitarbeiter, Führungskraft oder das<br />

Management der Organisation – bleibt außen vor. Geschichten sind<br />

sinnhafte Darstellungen der Welt, entstanden in der Gemeinschaft<br />

der Praktiker, die eine gemeinsame Aufgabe, Handlungsbedingungen,<br />

Ressourcen und Begrenzungen teilen. In diesen Gemeinschaften<br />

wächst man in dem Maße hinein, wie man hören und verstehen<br />

kann und sich die Kunstfertigkeit aneignet, selbst Erzählungen nach<br />

den hier geltenden Konstruktionsprinzipien hervor zu bringen. <strong>Der</strong><br />

Neuling findet diese Geschichten vor, sowie die noch unbekannten<br />

Aufgaben und Problemstellungen; Situationen, Aufgaben, die eigene<br />

Rolle und Verantwortlichkeit werden erst in dem Maße deutlich,<br />

wie die Geschichten darüber verstanden und gedeutet werden<br />

können; Geschichten helfen also, sind durchaus auch aufdringlich<br />

und können den Verstehens- horizont auch einengen – aber sie machen<br />

den Teilnehmer in einer solchen Praktikergemeinschaft auch<br />

nicht per se zur denkbefreiten Marionette. Weil Geschichten explizit<br />

sind, können sie potentiell auch reflektiert, verändert und qualifiziert<br />

werden – sicher nicht in naiv-technischer, managerialer Form und<br />

als kolonisierende Landnahme seitens der Organisation. Es handelt<br />

sich hier um latentes Wissen, das gehoben werden kann.<br />

Professioneller Erfahrungswissen <strong>ist</strong> ein lokales, spezifisches Amalgam<br />

aus expliziten, implizitem und narrativem Wissen, seine Form<br />

aber <strong>ist</strong> die des Geschichtenerzählens, des Story telling in der Gemeinschaft<br />

der Praktiker. Es <strong>ist</strong> nicht ausschließlicher Besitz der Praktiker,<br />

es kann auch der Organisation zu Gute kommen: Hier werden<br />

die professionellen Standards generiert und weitervermittelt, die eine<br />

gute Bewältigung der Aufgaben und zentralen Problemstellungen<br />

gewährle<strong>ist</strong>et; hier <strong>ist</strong> die Wurzel für eine Kultur der Zuverlässigkeit<br />

und Verlässlichkeit, die professionelle Qualität und die Identifikation<br />

mit der Aufgabe, potentiell auch mit der Organisation. Es muss einer<br />

Organisation daran gelegen sein, dieses Erfahrungswissen zu fördern<br />

und zu entwickeln. Weick und Suttcliff (2003) haben am Beispiel so<br />

genannter High Reliability Organisations (das sind Flugzeugträger,<br />

die Feuerwehr, das Aufsichtspersonal von Kernkraftwerken, aber auch<br />

Unfall-Notdienste, Spezialeinheiten der Polizei, Formel-Eins-Teams,<br />

vgl. Pawlowsky/M<strong>ist</strong>ele/Geitner 2005) herausgearbeitet, welcher organisatorischer<br />

Vorkehrungen es hierzu bedarf:<br />

• einer Organisationskultur, die Fehler sensibel wahrnimmt<br />

und unmittelbar beseitigt, dabei aber tolerant gegenüber<br />

den Organisationsmitgliedern <strong>ist</strong>,<br />

• einer Ermutigung der Mitarbeiter an der Basis, sich kritischkonstruktiv<br />

mit Strategien, Konzepten und Projekten („von<br />

oben“) auseinander zu sezten und Kursverläufe mitzubestimmen<br />

und<br />

• ein entschiedener Respekt vor fachlichem Können und Wissen,<br />

vor Kennerschaft und Professionalität, wie er in den<br />

communities of practice gelebt wird.<br />

•<br />

Das Ergebnis einer solchen Organisationskultur <strong>ist</strong> eine „achtsame<br />

Organisation“, die sich durch Sorgfalt, Aufmerksamkeit, Wachheit,<br />

Beharrlichkeit und Umsicht auszeichnet und die zu einem „managing<br />

the unexpected“ (Böhle/Pfeiffer/Sevesay-Tegethoff 2004) imstande<br />

<strong>ist</strong>. Damit sind Organisationstugenden benannt, die auch für eine gemeinwesensorientierte<br />

Polizei unerlässlich sind und die durch das Organisationsent-wicklungskonzept<br />

der Prozessorganisation (s. Kapitel<br />

1) angestrebt werden. Unter diesen Bedingungen entwickelt sich professionelles<br />

Erfahrungswissen zu einem Wissenstypus, der neben den<br />

expliziten und formalen Regeln der Organisation und der Sprache<br />

des Managements seine anerkannte Geltung beanspruchen kann.<br />

Das Erfahrungswissen <strong>ist</strong> hier gewissermaßen „flüssig“, teilt sich mit,<br />

wird mitgeteilt und <strong>ist</strong> im Fluss, eine entscheidende Quelle für den<br />

Erfolg der Organisation.<br />

Das professionelle Erfahrungswissen wird dickflüssig, „sticky“ bis<br />

zum Stillstand (Ortmann), wenn Organisation und Management die<br />

Hegemonie über diesen Wissenstypus beanspruchen, also die in<br />

den Gemeinschaften der Praktiker entwickelten Kompetenzen ge-<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 39


ing achten. In bürokratischen Organisationen, aber auch in der managerialen<br />

Neubürokratie (einer Organisationskultur mit der Vorliebe<br />

für Kennzahlen, umfassende Controlling-Systeme und dem<br />

naiven Rationalitätsglauben an die universale Einsatzfähigkeit betriebswirt-<br />

schaftlicher Methoden), wird das professionelle Erfahrungswissen<br />

notorisch gering geachtet, gewissermaßen als schwer<br />

belehrbares, potentiell abweichendes Verhalten. Entsprechend dann<br />

die Reaktanz auf der Seite der Praktikergemeinschaften: Das Erfahrungswissen<br />

zieht sich zurück in die regionalen Enklaven, wird nicht<br />

mehr (mit-)geteilt, sondern gebunkert – zum Schaden der communities<br />

of practice selbst und für die Organisation insgesamt. Eingekeilt<br />

zwischen bürokratischer Kontrolle und hegemonialer<br />

Managementsprache, bleibt vom Praktikerwissen nur mehr ein mythenbildender<br />

Bodensatz, eine Beschwörung der „Praxis“, die sich<br />

aufgrund mangelnder Anerkennung durch die Organisation zum Eigentlichen<br />

überhöht. Unter den Bedingungen mangelnder organisationaler<br />

Anerkennung verkümmert das Praktikerwissen zur<br />

defensiven Mythenbeschwörung, und das bedeutet: Das aufgabengebundene<br />

Erfahrungswissen wird nicht mehr in der Gruppe thematisiert<br />

und geteilt. Die Beschwörung der „Praxis“ geht einher<br />

mit einer schleichenden Deprofessionalisierung. Praktisch kann das<br />

bedeuten: Ein schwieriger Einsatz wird vornehmlich als Heldentat<br />

präsentiert, die Erzählung kapselt sich ein in Cop-Culture-Stereotype<br />

und immunisiert sich gegen Nachfragen, detaillierte Rekonstruktion<br />

und Reflexion. Das was in HROs und Hochle<strong>ist</strong>ungsteams<br />

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40 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

typischerweise möglich <strong>ist</strong>, nämlich eine konsequente Nachbereitung<br />

des Einsatzes, verkümmert zur Lernaversion und Kritik abwehrendem<br />

Story telling. Gruppenkohäsion verklumpt dann zum<br />

Groupthink: Kritik und Nachdenken werden unterdrückt, die gruppeneigene<br />

Moral wird zur Kampfansage gegenüber kritischen Mitgliedern<br />

und Externen, Informationen werden in der<br />

Binnenkommunikation, aber auch nach außen stark gefiltert. Für<br />

die alltäglichen Anlässe gibt es schließlich kaum noch ein Besprechungsforum,<br />

denn sie taugen nicht zur Mythenbeschwörung;<br />

damit wird die Zirkulation brauchbaren Wissens abgebrochen. Bei<br />

aller Inszenierung der gruppeneigenen Moral und des beschworenen<br />

Adels der „Praxis“, verkümmert die gruppeninterne und –übergreifende<br />

Kommunikation, die Beamten werden zu Einzelkämpfern<br />

mit ganz eigenen Arbeitsvorstellungen, privaten Zielen und Interessen.<br />

<strong>Der</strong> Organisation muss also daran gelegen sein, das professionelle<br />

Erfahrungswissen zu kultivieren und zu pflegen. Diese vorsichtige<br />

Formulierung soll deutlich machen, dass Wissensmanagement als<br />

direktiver Zugriff und Kolonisierung nicht funktionieren kann – Wissen<br />

lässt sich nicht managen, denn es <strong>ist</strong> zu aller erst im Besitz der<br />

Praktiker. Das Wissen wird nur förderlichen organisationskulturellen<br />

Bedingungen geteilt. Das bedeutet: Management und Organisation<br />

sind dazu verdammt, eine Paradoxie zu bearbeiten: Wie lässt sich<br />

nicht – Organisierbares organisieren, wie können Praktikergemeinschaften<br />

gefördert und zugleich durch die Organisation genutzt<br />

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werden, wenn sie ihrem direkten Zugriff gerade nicht zugänglich<br />

sind? Dem scheuen Tier „professionelles Erfahrungswissen“ kann<br />

die Organisation und das Management sich nur nähern, wenn hegemoniale<br />

Steuerungsnaivität abgerüstet wird: eine fragile Balance,<br />

die vor allem durch Führungskräfte immer wieder – und zwar im<br />

Rahmen der o.g. Konzeption der Prozessorganisation – austariert<br />

werden muss.<br />

Im folgenden Kapitel soll eine methodische Idee vorgestellt werden,<br />

wie Erfahrungswissen und Managementwissen bzw. organisationsseitiges<br />

Steuerungsinteresse in eine zugleich produktive und vorsichtige<br />

Annäherung gebracht werden können.<br />

Narratives Wissensmanagement bei der<br />

Schutzpolizei – ein Beispiel<br />

Im Vordergrund der folgenden Analyse steht der Auszug aus einem<br />

Interview, das im Rahmen eines Forschungsprojektes (Evaluation der<br />

Umsetzung des Neuen Steuerungs- modells in der Polizei eines Bundeslandes)<br />

durchgeführt wurde. Die hier wiedergegebenen Aussagen<br />

eines Dienstgruppenleiters der Schutzpolizei enthalten alle wesentlichen<br />

Merkmale eines gelungenen narrativen Wissensmanagements,<br />

inklusive der schwierigen und scheiternsanfälligen Kopplung zwischen<br />

professionellen Erfahrungswissen und dem Steuerungs- und<br />

Managementsystem der Polizeibehörde.<br />

Dienstgruppenleiter: „Nehmen wir mal den Block Kriminalitätsbekämpfung.<br />

Das <strong>ist</strong> sehr aktuell und entwickelt sich im Moment sehr<br />

interessant weiter. Wir glauben relativ viele Festnahmen zu haben.<br />

Auf der Straße. Die werden aber nach kurzer Zeit wieder entlassen.<br />

Jetzt reden wir von den Intensivtätern, die sich viel im Btm-Bereich<br />

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befinden. Nichts desto trotz waren das Zufallstreffer. Da <strong>ist</strong> einer<br />

erwischt worden, schon wieder der. Wesentliche Feststellung <strong>ist</strong><br />

nach wie vor, dass man sich bewusst wird, wenige Intensivtäter machen<br />

alles. Dann haben wir versucht die zu benennen, diese Intensivtäter.<br />

<strong>Der</strong> <strong>ist</strong> gut, der kommt immer wieder, der, der und der. Dann<br />

haben wir uns eine Wand gemacht in unserer Inspektion, die im<br />

Aufenthaltsraum hängt. Ich habe mir dann einen Kollegen aus der<br />

Dienstgruppe ausgesucht, der diese Wand pflegt. <strong>Der</strong> hat unmittelbaren<br />

Kontakt, der macht die Ausdrucke aus Polas, jetzt mittlerweile<br />

durch diese IGVP-Recher-chen , da kommt er wunderbar an ein Persönlichkeitsbild.<br />

Wir visualisieren den, indem wir das Bild von dem<br />

daneben hängen. Das <strong>ist</strong> keine große Wissenschaft, was wir das gemacht<br />

haben, da steht erst mal, worauf <strong>ist</strong> der spezialisiert. Wir<br />

haben festgestellt, manche Btm’ler oder mancher Intensivtäter<br />

haben sich spezialisiert, die gehen z.B.: in die Krankenhäuser und<br />

bestehlen da die Patienten, die gerade beim Röntgen sind oder so.<br />

Immer wieder. Da wussten wir nachher schon, okay, Personenbeschreibung,<br />

dass kann wohl der sein. Dass wir dann auch teilweise<br />

das Personal an der Pförtnerloge sensibilisiert haben. Könnte das<br />

der oder der sein, der war doch hier. Das <strong>ist</strong> praktikabel, das <strong>ist</strong> auch<br />

spannend. Deswegen haben wir so eine Pinnwand gemacht, haben<br />

das also visualisiert und haben uns Profile rausgesucht, was der favorisiert.<br />

Dann haben wir die Anhaltemeldungen, Beobachtungsund<br />

Feststellungsberichte, haben uns die gesammelt, haben gebeten,<br />

uns die auch zukommen zu lassen aus unserer Dienstgruppe.<br />

Wer arbeitet mit wem, angetroffen mit, steht da eine Rubrik, und<br />

wir wussten ganz genau, der <strong>ist</strong> mit dem unterwegs. Haben uns<br />

Pfeile gemacht, wie ein kleines Soziogramm. Jeder kann auch draufgucken,<br />

innerhalb von zwei Minuten, der braucht nicht viel lesen.<br />

Müller arbeitet mit Schmidt. Nur durch Pfeile. „Angetroffen mit“<br />

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DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 41


steht dann drauf. Dann hatten wir diese Wand natürlich immer aktuell.<br />

D.h. sobald einer festgenommen wurde, geht der in die Akte. Dann<br />

müssen wir nachhaken, <strong>ist</strong> der vorgeführt worden? Ist der weg?<br />

Wenn der wieder draußen <strong>ist</strong>, müssen wir den wieder ran tun. <strong>Der</strong><br />

Kollege aktualisiert diese Wand, nicht nur die Wand, sondern der<br />

schreibt auch in Word oder wie auch immer und lässt das verschiedenen<br />

Dienststellen zukommen. Das <strong>ist</strong> ja lokal begrenzt. Das müsste<br />

eine intensivere Zusammenarbeit sein…<br />

Die Wan, die nutzen alle. Das <strong>ist</strong> ein Aufenthaltsraum, da kann gegessen<br />

werden, Kaffee getrunken werden, das sehen alle. Das war<br />

unsere erste Wand. Ich komme gleich zu der zweiten. Wir haben gesagt,<br />

bitte nur wir sind zuständig, kein anderer heftet da was dran,<br />

das <strong>ist</strong> wichtig. Wir aus der Dienstgruppe. Es <strong>ist</strong> für die Wand nur ein<br />

Kollege verantwortlich. Er kümmert sich darum, keiner nimmt ab. Gepflegt<br />

wird das nur von uns. Dran orientieren tun sich alle. Wir können<br />

anhand dieser primitiven Vorgehensweise sehen, wir haben eine, ich<br />

möchte keine Prozentzahl sagen, die <strong>ist</strong> aber relativ hoch, die Trefferquote.<br />

Das <strong>ist</strong> spannend. Das macht zufrieden. Den Kollegen geht<br />

es auch so. Ich halte mich auch da eigentlich raus. Ich versuche, <strong>Sache</strong>n<br />

nur anzustoßen, ich möchte auch gar nicht da erscheinen. Vielleicht<br />

kann das mal ein bisschen praktikabler werden. Auch der<br />

Kollege, der das macht, das <strong>ist</strong> kein alter Hase, der <strong>ist</strong> relativ frisch in<br />

der Dienstgruppe. <strong>Der</strong> <strong>ist</strong> mittlerweile drei Jahre da, aber damals war<br />

er gerade mal 1,5 Jahre da. <strong>Der</strong> nimmt sich die Wand vor oder die<br />

Pflege und kümmert sich auch kontaktweise um die Beziehungen mit<br />

anderen Kommissariaten. Aber das muss auf der untersten Ebene<br />

sein. Das <strong>ist</strong> alles oft gut gemeint, Informationsmanagement und so,<br />

aber wenn man die Straße kennt, das hört sich jetzt sehr überheblich<br />

an, da <strong>ist</strong> ein kleiner Unterschied.“<br />

An diesem Interviewausschnitt lassen sich eine Reihe von wichtigen<br />

Punkten demonstrieren:<br />

•<br />

•<br />

Deutlich wird zunächst der Stolz der Praktiker auf ihre Ar-<br />

beit, ihre Ergebnisse und den sichtbar gemachten Erfolg.<br />

<strong>Der</strong> Dienstgruppenleiter (DGL) macht dabei unmissverständlich<br />

klar, dass das generierte Dienstwissen im Besitz<br />

der Dienstgruppe <strong>ist</strong>, dass es gegen externe Zugriffe (durch<br />

andere Dienstzweige und das Management) verteidigt<br />

wird, mithin nicht beliebig abschöpfbar im Sinne des klassischen<br />

Wissensmanagements <strong>ist</strong>. Gerade für die schutzpolizeilichen<br />

Basisorganisationen und ihr relativ niedriges<br />

Ansehen entsteht auf diese Weise ein Kapital, das in den<br />

informellen und formellen Austauschprozessen einer Behörde<br />

zur Positionsverbesserung und professionellen Wertschätzung<br />

eingesetzt werden kann.<br />

Deutlich wird darüber hinaus der Spaß, die Freude am Er-<br />

folg sowie das Selbstbewusstsein, das durch die Vergewisserung<br />

der eigenen Kompetenz entsteht. Dies <strong>ist</strong> insofern<br />

kein trivialer Tatbestand, als gerade das schutzpolizeiliche<br />

Wissen – im Gegensatz zur kriminalpolizeilichen Expertise<br />

– die kleinen und größeren Probleme und Ärgernisse des<br />

Alltags umfasst und damit zugleich eine Vielfältigkeit und<br />

Diffusität aufwe<strong>ist</strong>, die sich nur zu leicht einer systematischen<br />

Thematisierung und Reflexion entzieht. Man kann<br />

hier – ohne jeden abwertenden Unterton – durchaus von<br />

einer Art des Hausfrauenwissens sprechen. Gerade in einer<br />

gemeinwesensorientierten Schutzpolizei bedarf es der kontinuierlichen<br />

Achtsamkeit gegenüber dem Alltag und seiner<br />

eigentümlichen Dynamik zwischen Ordnung und Unordnung.<br />

Selbstvergewisserung der Handlungskompetenz und<br />

reflexive Aneignung des eigenen Wissens führen schließlich<br />

zu einem professionellen Erfolgserleben.<br />

42 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Die Visualisierung und Bildsprache des Erfahrungswissens<br />

(hier: Pinnwand mit Intensivtätern), zumal wenn es mitten<br />

im Alltag der Praktikergemeinschaft (Frühstücksraum) präsentiert<br />

<strong>ist</strong>, wirkt praxisorientierter als jedes „touch und<br />

feel optimierte“ Exel-sheet mit Kennzahlen. Dieses bleibt<br />

vergleichsweise abstrakt und schwer zugänglich, nicht weil<br />

die Poliz<strong>ist</strong>en intellektuell unfähig wären, sondern weil es<br />

von allen Spuren des Alltags bereinigt <strong>ist</strong> und damit nichts<br />

Bedeutsames erzählt. Poliz<strong>ist</strong>en sind tatsächlich Virtuosen<br />

im technischen und eigenwillig – gestalterischen Umgang<br />

mit Kennzahlen, Controlling und operativen Steuerungs- instrumenten,<br />

für ihre Praxis haben diese aber i.d.R. wenig<br />

Orientierungswert; sie werden – im prejorativen Sinne –als<br />

„Theorie‘“, als „Wissenschaft“ bewertet, mithin als Wissen<br />

ohne Wert.<br />

Wichtig <strong>ist</strong> zudem die Ästhetik dieses praktischen Wissens;<br />

der DGL macht deutlich, dass es sich nicht „um Wissenschaft“,<br />

sondern um eine „primitive Vorgehensweise“ handelt,<br />

die genau deshalb wirkt, weil sie nicht standardisiert<br />

<strong>ist</strong>, weil hier gestaltet, gemalt, „gebastelt“ wird, mithin die<br />

Dienstgruppe auf diese Weise ihre eigene Sprache finden<br />

kann.<br />

Die Pinnwand im Frühstücksraum gewährle<strong>ist</strong>et, dass die<br />

gesamte Dienstgruppe einen wichtigen Aspekt ihres Arbeitsprozesses<br />

ständig vor Augen hat. Dies macht einen<br />

entscheidenden Unterschied gegenüber dem offiziellen Informations-management<br />

in den Polizeibehörden: Zwar stehen<br />

hier jedem Poliz<strong>ist</strong>en i.d.R. ein sehr ausführliches<br />

Lagebild und aktuelle Informationen aus der Behörde zur<br />

Verfügung – aber: Jeder Poliz<strong>ist</strong> sitzt allein vor seinem Rechner<br />

(wenn er die Zeit dazu hat oder das persönliche Interesse),<br />

ein Diskurs unter den Kollegen findet statt; anders<br />

die Pinnwand im Frühstücksraum – hier entsteht ein gemeinsames<br />

Bild der Arbeit, ein beschreibbarer Erfahrungsraum,<br />

ein Anker für ein professionelles Bewusstsein. 4<br />

In der letzten Sequenz macht der DGL deutlich, dass das<br />

zusammengetragene Wissen auf der untersten operativen<br />

Ebene mit anderen Dienstgruppen und Fachkommissariaten<br />

geteilt wird. Das professionelle Erfahrungswissen <strong>ist</strong><br />

also nicht grundsätzlich exklusiv gehorteter Bestand einer<br />

abgeschotteten Domäne – es fliest über formale Grenzen<br />

hinweg, aber die Zugänge zu diesem Wissensfluss sind gewissermaßen<br />

bewacht. Vor allem informelle Netzwerke bilden<br />

sich um diese Wissensbestände, die formale<br />

Organisation solcher Netzwerke allerdings <strong>ist</strong> schwierig<br />

bzw. prekär.<br />

Gleichwohl – in den Ausführungen des DGL wird deutlich,<br />

dass das generierte Wissen durchaus Schnittstellen zu anderen,<br />

auch formalen Wissensspeichern auswe<strong>ist</strong>. So legt<br />

die Dienstgruppe Ordner an, in denen die Informationen zu<br />

den festgenommenen und an den Staatsanwalt abverfügten<br />

Intensivtätern vorgehalten werden. <strong>Der</strong> Beauftragte für<br />

Gestaltung der Pinnwand überträgt die hinterlegten Informationen<br />

in Berichte, die an andere Organisationseinheiten<br />

weitergeleitet werden. Es <strong>ist</strong> davon auszugehen, dass die<br />

aktuellen Pinnwände auch in den Dienstbesprechungen<br />

eine wichtige Rolle spielen, bzw. ihrerseits der Anker für<br />

eine ansonsten nicht immer gewährle<strong>ist</strong>ete Regelkommunikation<br />

sind.Prinzipiell besteht die Möglichkeit, dass die<br />

hier festgehaltenen Erfolge und Maßnahmen der Dienstgruppe<br />

in ein Dienststellencontrolling übertragen werden


•<br />

•<br />

•<br />

können – allerdings mit dem o.g. Risiko und der Möglichkeit<br />

des Scheiterns.<br />

Neben der Generierung, Verdichtung und Reflexion des<br />

Dienstwissens stellt diese Vorgehensweise gerade an den<br />

Betreuer der Pinnwand eine besondere Professionalisierungsanforderung:<br />

Er stellt die Schnittstelle der betreffenden<br />

Organisationseinheit zu den unterschiedlichen<br />

Wissenssystemen in der Dienststelle dar:<br />

Er akquiriert das Alltags-Dienstwissen seiner Dienstgruppe<br />

und dokumentiert es auf der Pinnwand.<br />

Er überträgt es in Berichte für andere Organisationseinhei-<br />

ten oder übersetzt es in das Controlling- und Managementsystem<br />

seiner Behörde.<br />

Er muss unterschiedliche Wissenscodes bedienen und wird<br />

auf diese Weise zu einem „Gatekeeper“ an der Schnittstelle<br />

zum professionellen Erfahrungswissen.<br />

Die hier vorgestellte, naturwüchsige Praxis der Dienstgruppe kann<br />

sicher nicht zum methodischen Generalschlüssel für ein organisationssoziologisch<br />

– modernisiertes Wissensmanagement stilisiert werden.<br />

Prinzipiell gilt: Organisation und Management können das<br />

professionelle Erfahrungswissen nicht besitzen und strategisch bewirtschaften<br />

(vgl. Reimann/Vohle 2006, 70f.); aber gerade wenn das<br />

Management sich steuerungstechnisch bescheidet und die Paradoxie<br />

des „Organisierens des Nicht-Organisierbaren“ ernst nimmt, besteht<br />

die Möglichkeit ein Klima, einen organisationskulturellen Nährboden<br />

zu schaffen, der den Wissensfluss der Professionellen stimuliert und<br />

ermutigt. Dazu allerdings bedarf es einer Führungskultur, die jenseits<br />

naiver Steuerungseuphorie Respekt vor dem Erfahrungswissen hat<br />

und nach ähnlichen (wie hier geschilderten) Vorgehensweisen sucht,<br />

um brauchbare Kopplungen zwischen Managementwissen und Erfahrungswissen<br />

zu ermöglichen.<br />

Schluss: Don`t Stop making sense<br />

Man kann das vom Dienstgruppenleiter geschilderte Vorgehen<br />

auch als einen Prozess der professionellen Identitätsbildung und<br />

gruppenbezogenen Sinnstiftung verstehen. Eine sonst eher individuell<br />

und diskontinuierlich ablaufende Dienstzeit wird hier thematisch<br />

fokussiert und in kumulierendem Erfahrungswissen<br />

vergegenwärtigt. Dabei wird nicht nur das diffus verteilte Dienstwissen<br />

sichtbar gemacht, verdichtet und in erfolgreiches Handeln<br />

übersetzt, sondern es entsteht darüber hinaus a) ein Gefühl und<br />

b) ein normativer Anker für die professionelle Identität und das<br />

sinnhafte Handeln der Dienstgruppe. Dieser Prozess steht durchaus<br />

im Gegensatz zu mythischen Beschwörungsformeln und Stereotypen<br />

der Cop Culture, die oft genug mit individueller<br />

Demotivation und unproduktivem gruppendynamischen Prozessen<br />

einhergehen.<br />

Die Mobilisierung des Erfahrungswissens braucht also operative<br />

Führungskräfte, die dezidiert diesen Prozess der Sinnstiftung, des<br />

professionellen „sensemaking“ unterstützen. Operative Führungskräfte<br />

haben nicht nur die Funktion, die Ziele der Organisation<br />

in die Gruppe hinein zu tragen, sondern vor allem die Aufgabe<br />

einen gemeinsamen Sinnhorizont der Organisationsmitglieder aufzuspannen,<br />

der die Grundlage für koordiniertes Deuten und Handeln<br />

darstellt. Im angelsächsischen Kontext spricht man hier von<br />

einem „mind set“ als paradigmatischer Grundlage für professionelles<br />

Handeln. Es <strong>ist</strong> abermals Weick, der wichtige Ressourcen<br />

und Interventionsformen für die grundlegende Funktion des „sensemaking“<br />

durch die Führungskräfte benennt (vgl. Weick 2005 5f.):<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

„Social“: Intersubjektiv geteilter Sinn entsteht immer in<br />

Kommunikationspro-zessen, die initiiert, moderiert und institutionalisiert<br />

werden müssen. Gerade für den Bereich des<br />

Einsatzdienstes, der sich vom sog. Tagesdienst durch seine<br />

Schichtdienst-Zeitstruktur unterscheidet, <strong>ist</strong> dies kein trivialer<br />

Tatbestand; hier <strong>ist</strong> es außerordentlich schwierig, eine<br />

ausreichend dicht getaktete Regelkommuni-kation zu institutionalisieren,<br />

die den Prozess des „sensemaking“ wirkungsvoll<br />

unterstützt. Die vorgestellte Methode des<br />

Dienstgruppenleiters <strong>ist</strong> also bezogen auf die besonderen<br />

Arbeitsbedingungen des Einsatzdienstes sehr brauchbar. 5<br />

„Identity“: Ein wesentliches Merkmal der Poliz<strong>ist</strong>enkultur<br />

(vgl. Behr 2000) <strong>ist</strong> es, dass das sog. „polizeiliche Gegenüber“<br />

(stereo-)typisiert wird. <strong>Der</strong> tiefer liegende Grund für<br />

diese Stereotypisierung <strong>ist</strong> die Gewährle<strong>ist</strong>ung der eigenen<br />

beruflichen Identität und die Reduktion situativer Komplexität<br />

auf ordnungsstiftende Interventionsformate. Gerade<br />

aber im Kontext konsequenter Gemeinwesensorientierung<br />

und der o.g. „peace keeping“ – Aufgabe können solche Stereotypisierungen<br />

zum Problem werden. Operative Führungskräfte<br />

haben dann die Aufgabe, diesen reflexartigen<br />

Typisierungen entgegenzuwirken, um alternativen Erklärungsmustern<br />

(die die lebensweltliche Situation des polizeilichen<br />

Gegenübers reflektieren) eine Chance zu geben.<br />

Auf diese Weise kann „Cop-Culture-Identity“ in eine professionelle<br />

Identität transformiert werden.<br />

„Retrospect“: Nach Weick sollten Führungskräfte Kommunikationsräume<br />

eröffnen, damit es den Mitarbeitern gelingt,<br />

redend festzustellen, was sie denken. Die hier<br />

vorgestellte Methode des Dienstgruppenleiters ermöglicht<br />

in exemplarischer Weise die Reflexion nach dem Motto:<br />

„Wie kann ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was<br />

ich sage!“.<br />

„Cues“: Eine weitere Interventionsform im Rahmen des professionellen<br />

Sensemaking <strong>ist</strong> die Erweiterung des Glossars<br />

der Einsatzbeamten. Die Deutung der Außen- und Binnenwelt<br />

kr<strong>ist</strong>allisiert i.d.R. um einige zentrale Begriffe, die das<br />

bereichskulturelle Denkgebäude kennzeichnen. Führungskräften<br />

kommt hier die Aufgabe zu, dieses Glossar zu erweitern,<br />

neue Begriffe einzuspeisen und damit alternative<br />

Perspektiven auf die polizeilichen Probleme zu ermöglichen.<br />

„Ongoing“: Damit wird deutlich gemacht, dass der Prozess<br />

professioneller Wissensgenerierung und Reflexion nicht abgeschlossen<br />

oder auf eine einmalige Intervention reduziert<br />

werden darf. Zu stark sind die Wirkungen aus der polizeilichen<br />

Aufgabenstellung, der einsatztypischen Arbeitsweise<br />

und der Gruppendynamik der Dienstgruppe, die einer Zerstreuung<br />

und Verflüchtigung des Dienstwissens Vorschub<br />

le<strong>ist</strong>en.<br />

„Plausible“: Narratives Wissensmanagement zielt nicht nur<br />

auf die Verdichtung des Dienstwissens, sondern zugleich<br />

auch auf seine Qualifizierung durch Reflexion. In diesem<br />

Sinne <strong>ist</strong> die schnelle – gerade im Einsatzbereich einsozialisierte,<br />

„ergebnisorientierte“ Denk- und Handlungsweise<br />

– zu verlangsamen, zu überprüfen und aufgabenbezogen<br />

zu verändern. Die Aufgabe des gemeinwesensorientierten<br />

„peace keeping“ braucht eine polizeiliche Professionalität,<br />

die neben dem engagierten Handeln auch über mehrperspektivisches<br />

Verstehen verfügt.<br />

„Enactment“: Sinnstiftung als zentrale Aufgabe der Führungskräfte<br />

bedeutet nach Weick: „Help people keep mo-<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 43


ving and keep paying attention!“ Für Führungskräfte in der<br />

Polizei, einer sehr hierarchischen Organisation, sicher eine<br />

Zumutung: einerseits <strong>ist</strong> die klare Ansage gefördert (und<br />

nicht zuletzt von den Mitarbeitern selbst), zugleich soll im<br />

Zuge einer stärkeren Gemeinwesensorientierung ein reflexiver<br />

und achtsamer Professionalisierungsprozess in Gang<br />

gehalten werden.<br />

Wenn man die von Weick benannten Ressourcen und Interventionsformen<br />

der operativen Führungskräfte in das Konzept der Prozessorganisation<br />

einordnet, dann handelt es sich um Aufgaben der<br />

Mikroebene. Damit ein narratives Wissensmanagement auf dieser<br />

Ebene nicht nur insulär, sondern in breiterer Form greifen kann,<br />

braucht es auf der darüber liegenden Mesoebene eine Führungskultur,<br />

die die Eigenlogik der Mikroebene versteht und den Prozess der professionellen<br />

Wissensgenerierung fördert und unterstützt. Werden der<br />

gehobene Dienst und seine Führungskräfte jedoch lediglich als sog.<br />

„Transmissionsriemen“ behördlicher oder dienststellenbezogener<br />

Ziele und Strategien verstanden, dann wird genau das passieren, was<br />

in den vielen Projekten der Neuen Steuerung in der Polizei passierte.<br />

<strong>Der</strong> naive Manageralismus glaubte, sich als konkurrenzlose Universalvernunft<br />

bis in die letzte Kapillare polizeilichen Alltagshandeln<br />

durchsetzen kann. <strong>Der</strong> Effekt war: <strong>Der</strong> gehobene Dienst und seine Führungskräfte<br />

koppeln sich ab, die Logik des Managements und die<br />

Logik professionellen Deutens und Handeln fallen auseinander - der<br />

manageriale Neobürokratismus reproduziert in verschärfter Form die<br />

Glasdecke zwischen gehobenen und höheren Dienst in der Polizei.<br />

Organisationsentwicklung im Sinne der Prozessorganisation und<br />

eines für die Gemeinwesensorientierung der Polizei tauglichen Wissensmanagement<br />

<strong>ist</strong> also anspruchsvoller. Neben der Managementperspektive<br />

auf der Makro- und der Mesoebene muss ein<br />

Wissensmanagement treten, das sich um das leicht irritierbare, potentiell<br />

flüchtige Dienstwissen bemüht. Es bedarf der permanenten<br />

Anstrengung und des Mutes zu experimentieren, um die fragile Kopplung<br />

zwischen Manangement und Handlungslogik der Praxis ( man<br />

kann auch sagen zwischen Organisation und Arbeit) immer wieder<br />

herstellen. Managen allein reicht nicht aus, um das praktische Handeln<br />

der Polizei wirkungsvoll auszurichten. Notwendig <strong>ist</strong> vielmehr<br />

ein Führungsverständ-nis, das Managen und Organisationsentwicklung<br />

(im Sinne eines Weik`schen Sensemaking-Prozesses) integriert.<br />

Wie dieses als Dienststellen- oder Behördenstrategie ermöglicht werden<br />

könnte, <strong>ist</strong> allerdings eine ganz eigene Problematik.<br />

Wir danken der Polizei für Ihren Kampf gegen die Drogenkriminalität<br />

Nürnberg<br />

44 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

Literatur<br />

Argyris, C. (1996): Wissen in Aktion – eine Fallstudie zur lernenden Organisation,<br />

Stuttgart<br />

Argyris, C./Schön, D.A. (1999): Die lernende Organisation, Stuttgart<br />

Behr, R. (2000): <strong>Der</strong> Alltag des Gewalt-Monopols. Männlichkeit, Handlungsmuster<br />

und Kultur in der Polizei, Opladen<br />

Böhle, F./Pfeiffer, S./Sevesay-Tegethoff, N. (2004): Die Bewältigung des<br />

Unplanbaren, Wiesbaden<br />

Chr<strong>ist</strong>e-Zeyse, J. (2006): Polizei und Management – Beobachtungen zu einem<br />

konfliktträchtigen Verhältnis; in: Barthel, C./Chr<strong>ist</strong>e-Zeyse, J./Heidemann, D.<br />

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Managementansätze, Frankfurt/M.<br />

Feltes, T. (2001): Community Policing – ein polizeipolitisches Modell für Europa?, in:<br />

Fehervary, J./Stangl, W. (Hg.): Regionalisierung und Internationalisierung<br />

der Sicherheitsexekutive, Wien<br />

Glasl, F. (2000): Wie geht Organisationsentwicklung mit Macht in Organisationen um;<br />

in: Trebesch, K. (Hg.): Organisationsentwicklung, Stuttgart, 90-117<br />

Glasl, F./Hasper, W.J.J. (1988): Von kooperativer Marktstrategie zur<br />

Unternehmensentwicklung, Bern<br />

Harney, K. (1998): Handlungslogik betrieblicher Weiterbildung, Stuttgart<br />

Kreissl, R. (2004): Community, in: Bröckling, U./Krasmann, S./Lemke, T. (Hg.):<br />

Glossar der Gegenwart, Frankfurt/M., 37-42<br />

Lehmann, A. (2007): Prozessansatz als zentraler Ansatz der Strategieumsetzung in<br />

der Polizei Bremens; in: Barthel, C. (Hg.): Qualitätsmanagement in der<br />

Polizei – Praxis, Konzepte, methodische Weiterentwicklung, Schriftenreihe<br />

der Deutschen Hochschule der Polizei 2/2007, 96-114<br />

Lenk, K./Wengelowski (2002): Wissensmanagement für das Verwaltungshandeln; in:<br />

Edeling, T./Jann, W./Wagner, D. (Hg.): Wissenssteuerung und<br />

Wissensmanagement in Politik, Wirtschaft und Verwaltung, Opladen<br />

Loebbert, M. (2003): Storymanagement, Stuttgart<br />

Mensching, A. (2004): Polizei im Wandel; KFN-Forschungsbericht Nr. 92, Hannover<br />

Nonaka, I./Takeuchi, H (1997): Die Organisation des Wissens, Frankfurt<br />

Ortmann, G.: Können und Haben. Geben und Nehmen – Kompetenzen als<br />

Ressourcen in Organisationen und Netzwerken, Wiesbaden, im<br />

Erscheinen<br />

Pawlowsky, P./M<strong>ist</strong>ele, P./Geithner, S. (2005): Auf dem Weg zur Hochle<strong>ist</strong>ung, FSA<br />

prints 02-05<br />

Polyani, M. (1985): Personal Knowledge. Towards a post-critical philosophy, Chicago<br />

Priebe, I. (2007): “Standardisierung tötet Kreativität” – oder Prezessorientierung bei<br />

der Aufgabenwahrnehmung am Beispiel der Bundespolizeiinspektion<br />

Frankfurt/Oder, in: Barthel, C. (Hg): Qualitätsmanagement in der<br />

Polizei – Praxis, Konzepte, methodische Weiterentwicklung,<br />

Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei 2/2007, 96-114<br />

Reimann, G./Vohle, F. (2006): Erzählen und Zuhören; in: Personalführung 1/2006,<br />

70-80<br />

Ritsert, R./Müller, R. (2007): Qualitätsverbesserung durch Audits – Überwachung,<br />

Kontrolle, Lernen?; in: Barthel, C. (Hg): Qualitätsmanagement in der<br />

Polizei – Praxis, Konzepte, methodische Weiterentwicklung,<br />

Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei, 2/2007, 96-114<br />

Schnelle, W. (2006): Diskursive Organisations- und Strategieberatung, Quickborn<br />

Schreyögg, G. (2003): Organisation, Wiesbaden<br />

Schreyögg, G. (2002): Kann implizites Wissen Wissen sein – Vorschläge zur<br />

Neuorientierung von Wissensmanagement, Diskussionsbeiträge des<br />

Institutes für Management 14/2002<br />

Stehr, J. Narrationsanalyse von Moralgeschichten; in: Forum für qualitative<br />

Sozialforschung, Themenband: qualitative Kriminologie,<br />

www.qual.research.net<br />

Steinmüller, W. (1993): Informationstechnologie und Gesellschaft, Darmstadt<br />

Strasser, H. (2004): „Das da draußen <strong>ist</strong> Zoo und wir sind die Dompteure“: Poliz<strong>ist</strong>en<br />

im Konflikt mit ethnischen Minderneiten und sozialen Randgruppen,<br />

DFG-Forschungsbericht<br />

Weick, K.E./Sutcliff, K. (2003): Das Unerwartete managen, Stuttgart<br />

Weick, K. E. (2005): Leadership – When Events Don`t play By the Rules; in: profile/09/2005, 5-7


Wir danken der Polizei für Ihren Kampf gegen die Drogenkriminalität<br />

Nürnberg<br />

Ihre Sicherheit.<br />

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DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 45


Schweinfurt<br />

Reichsstadt, Industrie und Kunst<br />

Ist heutzutage die Rede von Schweinfurt als Industrie-<br />

und Arbeiterstadt, so meint man nicht das<br />

Flair der Stadt, vielmehr spricht man von ihren<br />

Wurzeln. Diese Wurzeln sind gegenwärtig, ebenso<br />

die Bedeutung Schweinfurts als eine der rund 50<br />

ehemaligen Freien Reichsstädte.<br />

<strong>Der</strong> besondere Status der Reichsstädte war die<br />

Reichsfreiheit, die sie nur dem Kaiser untertan<br />

machte. Diese Sonderstellung endete durch den<br />

sog. "Reichsdeputationshauptschluss" 1802/1803.<br />

So lassen sich zahlreiche Zeugnisse der wechselvollen<br />

1.200-jährigen Geschichte besichtigen.<br />

Einem bunten Mosaik gleich steht moderne Architektur<br />

neben Bauwerken vergangener Jahrhunderte.<br />

Durch die Straßen weht der Ge<strong>ist</strong> der alten<br />

Industriepioniere, die Lebensfreude der freien<br />

Reichsbürger und der frische Wind der Gegenwart.<br />

Besucher werden eingeladen Schweinfurt immer<br />

wieder neu zu entdecken.<br />

Sehenswürdigkeiten<br />

Schweinfurter<br />

Rathaus<br />

An der Südseite des Marktplatzes steht mit dem h<strong>ist</strong>orischen Rathaus<br />

das wohl bedeutendste und schönste Gebäude�der Stadt. Es wurde<br />

in den Jahren 1570-1572 von Nikolaus Hofmann (Halle/Saale) erbaut<br />

und gilt als eines der wichtigsten profanen Renaissance-Bauwerke<br />

Süddeutschlands. Doch auch Elemente der Spätgotik klingen in der<br />

Architektur noch an. Wie durch ein Wunder überstand das Schweinfurter<br />

Rathaus sämtliche Katastrophen und Kriege der Jahrhunderte<br />

– vom Dreißigjährigen Krieg bis zu den Bombennächten der vierziger<br />

Jahre. Die Zerstörungen des Rathauses durch den großen Rathausbrand<br />

von 1959, bei dem der Dachstuhl in Brand geriet und weite<br />

Teil des oberen Stockwerks zerstört wurden, wurde schnell wieder<br />

beseitigt und heute erinnert nur das durch den Brand entdeckte und<br />

anschließend freigelegte Fachwerk im Inneren des Rathauses und die<br />

neuen Giebelfiguren an die verheerenden Ereignisse von Damals. Im


Inneren des Rathauses sind neben dem freigelegten Fachwerk, Wandteppiche,<br />

Gemälde, Wappen, Holzschnitzereien und verschiedene<br />

Kunstwerke zu betrachten.<br />

Vor seiner Verwendung als Rathaus im 16. Jahrhundert war an der<br />

Stelle von diesem ein Kaufhaus zu finden. Schon immer war also die<br />

Südseite des Markplatzes ein belebter Ort und so beleben auch heute<br />

noch wechselnde Ausstellungen und Veranstaltungen das Rathaus<br />

und seine Rathausdiele. Im Standesamt mit dem h<strong>ist</strong>orischen Trausaal,<br />

lassen sich jährlich viele Hochzeitspaare im h<strong>ist</strong>orischen Am-<br />

biente trauen. <strong>Der</strong> Stadtrat der Stadt Schweinfurt tagt auch heute<br />

noch im großen Sitzungssaal des h<strong>ist</strong>orischen Rathauses. Das me<strong>ist</strong>fotografierte<br />

Gebäude der Stadt, das wie kein anderes die reichsstädtische<br />

Vergangenheit Schweinfurts dokumentiert, <strong>ist</strong> also nach wie<br />

vor ein zentraler Ort des urbanen Lebens.<br />

Bei der Außenansicht des Rathauses kann man das schöne architektonische<br />

Gesamterscheinungsbild auf sich wirken lassen. Bei genauerer<br />

Betrachtung sind Giebelfiguren und Spitzgauben zu erkennen.<br />

Die Giebelfiguren wurden nach dem Rathausbrand 1959 von unterfränkischen<br />

Bildhauern<br />

neu erstellt. Die Figuren<br />

wurden nach Themen,<br />

wie den Jahreszeiten, der<br />

Schweinfurter Industrie<br />

oder den Tugenden Weisheit,<br />

Stärke und Gerechtigkeit<br />

gefertigt. Besonders<br />

bei Sonnenschein<br />

leuchten die goldenen<br />

Elemente der Figuren und<br />

stellen einen Blickfang<br />

dar.<br />

<strong>Der</strong> an das h<strong>ist</strong>orische<br />

Rathaus anschließende<br />

Neubau aus den 1960er<br />

Jahren beherbergt heute<br />

die Stadtverwaltung. <strong>Der</strong><br />

Bau war damals nötig,<br />

um die verschiedenen<br />

Stellen der Verwaltung<br />

an einem Ort versammeln<br />

zu können.<br />

<strong>Der</strong> Innenhof des Rathauses<br />

mit seinem blumengeschmückten<br />

Brunnen<br />

in Form einer großen<br />

Schale und der in Ihm<br />

sprudelnden Fontäne lädt<br />

zum Verweilen ein.<br />

Das Schweinfurter<br />

Renaissance-Rathaus<br />

wurde in den Jahren<br />

1570-1572 von Nikolaus<br />

Hofmann<br />

(Halle/Saale) erbaut<br />

und gilt als eines der<br />

wichtigsten profanen<br />

Renaissance-BauwerkeSüddeutschlands.<br />

1955 moderner Erweiterungsbau<br />

von<br />

Fred Angerer


Schloss Werneck<br />

Ehem. fürstbischöfliches Sommerschloss<br />

Werneck, neben Veitshöchheim eine der beiden Sommerresidenzen der<br />

Würzburger Fürstbischöfe, <strong>ist</strong> an einem Knie des Wernflüsschens zwischen<br />

Würzburg und Schweinfurt gelegen. Als Jahr der ersten urkundlichen<br />

Erwähnung von Werneck datiert laut Staatsarchiv Würzburg eine<br />

Urkunde von 1223 August 10. Die päpstliche Bestätigung der Schenkung<br />

des Bodo von Ravensburg von 1223 April 9. Zwischen 1224 und 1250<br />

teilten sich zunächst der Deutsche Orden und später Konrad von Reichenberg<br />

sowie Konrad von Schmiedefeld den Besitz, bis er schließlich<br />

an das Hochstift Würzburg überging. Nachdem die Burg im sog. Bauernkrieg<br />

1525 verwüstet sowie von Markgraf Albrecht Alkibiades im Jahr<br />

1553 eingenommen und niedergebrannt worden war, wurde sie unter<br />

Fürstbischof Julius Echter im Jahr 1601 wieder aufgebaut. Diese Anlage<br />

brannte 1723 erneut ab und wurde 1724 notdürftig instandgesetzt.<br />

Das heutige Schloss wurde von Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn<br />

(1729-1746) durch Balthasar Neumann in den Jahren 1733 bis 1745 erbaut.<br />

Gerade ein halbes Jahrhundert diente Werneck den Würzburger Fürstbischöfen<br />

als Sommerresidenz, die nach Georg Dehio „die Verbindung<br />

einer fürstlichen maison de plaisance mit den Baulichkeiten eines Hofgutes<br />

zu einer großzügigen Komposition“ darstellte. Am 28. November 1802 entließ<br />

der letzte Fürstbischof von Würzburg, Georg Karl von Fechenbach, in<br />

Werneck seine Untertanen aus ihrer Treueverpflichtung und empfahl sie<br />

gleichzeitig dem neuen Landesherrn Kurfürst Maximilian von Bayern.<br />

Während der Regierungszeit des Großherzogs Ferdinand von Toskana<br />

diente Werneck zwischen 1806 und 1814 noch einmal als Sommerschloss.<br />

Wie in der Würzburger Residenz ließ der neue Regent auch in<br />

Werneck durch seinen „Baudirecteur“ Nicolas de Salins des Montfort<br />

die Haupträume im antikisierenden Geschmack der „Toskana-Zeit“ umgestalten.<br />

Die nachhaltigsten Veränderungen erfuhr das Schloss jedoch seit seiner<br />

Verwendung als Bezirkskrankenhaus ab 1853. Nach dem Umbauprogramm<br />

des Kgl. Regierungs- und Kreismedizinalrates Dr. Schmidt entwarf<br />

der Kgl. Bauinspektor Mack die Pläne zum Um- und Ausbau des Schlosses.<br />

Am 1. Oktober 1855 konnte die Heil- und Pflegeanstalt Werneck<br />

unter ihrem ersten Direktor, Dr. Bernhard von Gudden, ihre Arbeit aufnehmen.<br />

Unter seiner Ägide wurden eine Wandelhalle zwischen den beiden<br />

Türmen und eine Küche im Ehrenhof errichtet, die erst 1967 wieder<br />

abgebrochen worden sind, und, als eine Art Arbeitstherapie, wurde von<br />

den Anstaltsinsassen der See im Park angelegt. Man gestaltete den barocken<br />

Fasanengarten zu einer Anlage im englischen Landschaftsstil um<br />

und passte die Räume im Innern den Bedürfnissen eines Krankenhauses<br />

an, denen vor allem das barocke Treppenhaus geopfert wurde. Zahlreiche<br />

Anbauten und Erweiterungen entstanden bis in unsere Tage in dem weitläufigen<br />

Areal des Schlossparkes.<br />

Foto: Michael Stahl/pixelio.de


Schloss Werneck - Innenhof mit Brunnen<br />

Heute <strong>ist</strong> in dem Schloss ein Psychiatrisches Krankenhaus mit<br />

einer Abteilung Forensik mit insgesamt 290 Betten und eine<br />

Orthopädische Klinik mit 153 Betten untergebracht (Krankenpflegeschule).<br />

Durch diese Einrichtungen des Bezirks Unterfranken<br />

wird die weiträumige Anlage sinnvoll genutzt.<br />

Foto: z.cochrane<br />

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Erster industrieller<br />

Hochbau der Stadt<br />

Die Schrotturmanlage, zu der einmal eine Schrotfabrik gehörte, wird<br />

als der erste "industrielle Hochbau" der Stadt bezeichnet. Ehemals<br />

als Rüfferturm bezeichnet, diente er als Treppenturm für ein zweiflügeliges<br />

Renaissance-Wohnhaus.<br />

Für die Zwecke der Schrotfabrikation wurde im 19. Jahrhundert an der<br />

Turm-Südseite ein achtstöckiger quadratischer Schrotschacht angebaut<br />

und der Turm so um 4 Geschosse erhöht.<br />

Flüssiges Blei wurde durch ein Sieb hindurchgeschüttet, dass sich im<br />

freien Fall zu perfekten Kugeln formte. Am Boden wurden diese Bleikugeln<br />

dann in einem Bottich mit kaltem Wasser aufgefangen. Heute<br />

<strong>ist</strong> der Schrotturm einer der letzten drei erhaltenen Schrottürme überhaupt<br />

in Deutschland. Mit seiner herausstechenden Höhe bildet er das<br />

Wahrzeichen der südlichen Altstadt.<br />

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Rückert Denkmal<br />

<strong>Der</strong> Dichter und Oriental<strong>ist</strong>, dessen Geburtshaus an der Südost-Ecke<br />

des Marktplatzes steht, überblickt schon seit 1890 das Treiben auf<br />

dem belebten Platz.<br />

Auf dem Marktplatz erhebt sich das Denkmal eines der berühmtesten<br />

Söhne der Stadt – Friedrich Rückert. <strong>Der</strong> Dichter und Oriental<strong>ist</strong>, dessen<br />

Geburtshaus an der Südost-Ecke des Marktplatzes steht, überblickt<br />

schon seit 1890 das Treiben auf dem belebten Platz. Das<br />

Denkmal wurde vom Architekten Friedrich Ritter von Thiersch und<br />

dem Bildhauer Wilhelm von Rühmann geschaffen. Zu Füßen des<br />

bronzenen Rückerts befinden sich allegorische Figuren aus seinen<br />

Werken, "Geharnischte Sonette" und "Weisheit des Brahmanen".<br />

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Luft. Das Weihnachtsfest steht vor der Tür. Vor der festlichen<br />

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Riskante Modernisierung<br />

starker Professionskulturen<br />

Plädoyer für ein kulturkompatibles<br />

Veränderungsmanagement<br />

in der Polizei<br />

Von Jochen Chr<strong>ist</strong>ie-Zeyse<br />

Chr<strong>ist</strong>e-Zeyse, Jochen, Dr. rer. soc.<br />

Jahrgang 1957, Studium der Politikwissenschaft, Volkswirtschaftslehre<br />

und Zeitgeschichte in Tübingen und Denver (Colorado).<br />

Mehrjährige Tätigkeit für Abgeordnete verschiedener Parlamente<br />

im In- und Ausland. Persönlicher Referent des baden-württembergischen<br />

Innenmin<strong>ist</strong>ers, Lehraufträge u. a. an der Universität Tübingen<br />

und der Fachhochschule Ludwigsburg. 1999 bis 2008<br />

Dozent für Führungslehre und Management an der Polizei-Führungsakademie<br />

bzw. der Deutschen Hochschule der Polizei in<br />

Münster-Hiltrup. Seit 2008 Vizepräsident der Fachhochschule der<br />

Polizei des Landes Brandenburg. Zahlreiche Veröffentlichungen zu<br />

Fragen des Managements in der Polizei.<br />

Einen Teil der öffentlichen Verwaltung durch die Einführung betriebswirtschaftlicher<br />

Managementinstrumente modernisieren zu wollen,<br />

stößt vor allem dann auf Schwierigkeiten, wenn diese Veränderungsbemühungen<br />

auf eine starke Organisationskultur und damit auch auf<br />

eine ausgeprägte professionelle Identität treffen. Solche Organisationskulturen<br />

tendieren dazu, sich gegen Managementinterventionen<br />

zur Wehr zu setzen, und es <strong>ist</strong> in der Regel sehr schwer, die Denkund<br />

Verfahrensweisen des Managementparadigmas mit den etablierten<br />

und sehr wirkungsmächtigen Wahrnehmungs-, Denk- und Verhaltensmustern<br />

solcher Professionskulturen in Übereinstimmung zu<br />

bringen. Wer glaubt, bei der Verwaltungsreform und bei der Einführung<br />

Neuer Steuerungsinstrumente darüber hinweggehen zu können,<br />

wird scheitern.<br />

Einleitung<br />

Die Modernisierung der deutschen Polizei nach der Philosophie des<br />

„Neuen Steuerungsmodells“ steckt in der Krise. Schaut man sich an,<br />

wie sich die Protagon<strong>ist</strong>en der Verwaltungsreform Mitte der 90er<br />

Jahre ein modernes Management in der Polizei vorgestellt haben,<br />

und vergleicht dies mit dem heutigen Ist-Stand, macht sich Ernüchterung<br />

breit: Zwar gibt es zweifellos in einigen Behörden recht ambitionierte<br />

und professionell organisierte Projekte, die vieles von dem<br />

umsetzen bzw. umgesetzt haben, was an Neuen Steuerungsinstrumenten<br />

vorhanden <strong>ist</strong>: Controlling, Budgetierung, Kostenrechnung,<br />

Benchmarking, Strategieentwicklung, Qualitäts- und Prozessmanagement,<br />

um nur einige zu nennen. Doch kann man in vielen Behörden<br />

auch eine deutlich weniger ambitionierte Praxis beobachten, die viel-<br />

56 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

leicht in Teilen mit einigen Steuerungsinstrumenten auch wirklich<br />

arbeitet, in Teilen nur so tut, als ob sie damit arbeitet<br />

(damit die Aufsichtsbehörde nicht meckert), und in Teilen die<br />

entsprechenden Vorgaben von oben schlicht ignoriert, weil es<br />

– so die oft gehörte Begründung – „ja doch nichts bringt“.<br />

Und selbst die gut konzipierten und professionell<br />

umgesetzten Projekte leiden häufig unter einem<br />

entscheidenden Mangel: Sie sind in der großen<br />

Mehrheit der Fälle an Personen gebunden, und<br />

zwar an ambitionierte und kompetente Führungskräfte,<br />

die es geschafft haben, in ihrem<br />

Zuständigkeitsbereich mit ihren Mitarbeitern<br />

gemeinsam neue Wege zu beschreiten,<br />

alte Beamtenroutinen zu überwinden,<br />

Strategien zu entwickeln und damit<br />

auch wirklich Fortschritte zu erzielen.<br />

Doch zeigt ein Blick in die Praxis<br />

immer wieder das gleiche Bild:<br />

Wenn diese Führungskräfte gehen,<br />

bleibt oft wenig übrig. Und wenn<br />

ihre Nachfolger eine ganz andere<br />

(oder auch gar keine) Agenda verfolgen,<br />

sterben solche Projekte oft<br />

einen stillen Tod.<br />

Fragestellung<br />

<strong>Der</strong> vorliegende Artikel geht der Frage<br />

nach, warum der Versuch der Verwaltungsmodernisierung<br />

in der Polizei auf<br />

derartige Schwierigkeiten stößt. Die zentrale<br />

Variable bei dieser Art von Veränderungsprozess<br />

<strong>ist</strong> die Akzeptanz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />

die – so die Ausgangsprämisse – in<br />

einem bestimmten Typus von Organisation die<br />

entscheidende Voraussetzung dafür <strong>ist</strong>, dass<br />

derartige Veränderungen auch tatsächlich die<br />

mit ihnen verbundenen Ziele erreichen. Um<br />

einen solchen Typus handelt es sich bei Organisa-


tionen, in denen zum einen die Qualität des Outputs entscheidend<br />

von der Professionalität und dem Engagement der Mitarbeiter abhängt,<br />

und in denen man zum anderen auch Mitarbeiter nicht einfach<br />

entlassen oder durch Entlassungsdrohungen disziplinieren kann,<br />

wenn sie den Veränderungsprozess nicht akzeptieren. Das <strong>ist</strong> überall<br />

dort der Fall, wo eine aufwändig ausgebildete und mit einer starken<br />

professionellen Identität ausgestattete Berufsgruppe im öffentlichen<br />

Auftrag ihrer Arbeit nachgeht und nur schwer zu ersetzen <strong>ist</strong>. Beispiele<br />

hierfür sind etwa Lehrer, Offiziere, Sozialarbeiter, Krankenhausärzte,<br />

Fluglotsen, Sanitäter, Feuerwehrleute oder – wie in unserem<br />

Fall – Polizeibeamte. 1<br />

Die Datenbasis<br />

Die vorliegende Analyse stützt sich im Wesentlichen auf die Erkenntnisse<br />

aus einer mittlerweile fast achtjährigen intensiven Beschäftigung<br />

mit den Möglichkeiten, eine Organisation wie die Polizei durch die<br />

Einführung betriebswirtschaftlicher Managementmethoden zu modernisieren.<br />

Die dabei formulierten Hypothesen stammen zum einen<br />

aus einer Vielzahl von Diskussionen mit Polizeibeamten des gehobenen<br />

und höheren Dienstes auf Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen<br />

an der Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol, der früheren<br />

Polizei-Führungsakademie), zum anderen aus einem Forschungsprojekt,<br />

das zum Ziel hat, den Prozess der Verwaltungsmodernisierung<br />

in der deutschen<br />

Polizei zu untersuchen und herauszubekommen,<br />

welche Faktoren erfolgskritisch<br />

sind und wo die Gründe für<br />

die genannten Schwierigkeiten liegen.<br />

In der ersten Phase dieses<br />

Forschungsprojekts wurden zusammen<br />

mit der Erasmus-Universität<br />

Rotterdam und dem aus der<br />

Universität Osnabrück hervorgegangenen<br />

Institut für wirtschaftspsychologische<br />

Forschung und Beratung<br />

GmbH (IwFB) knapp einhundert<br />

Ratsanwärterinnen und<br />

Ratsanwärter an der Polizei-<br />

Führungsakademie nach<br />

ihren Erfahrungen mit Veränderungsprozessen<br />

in der<br />

Polizei befragt. Dabei<br />

wurde der teilstrukturierte Interviewleitfaden<br />

„Change Explorer“<br />

mit insgesamt 49 Fragen zugrunde gelegt, der<br />

am IwFB entwickelt worden war (Greif et al. 2002).<br />

Die Einzelinterviews wurden auf Band aufgenommen,<br />

nach einem detaillierten Schema codiert und<br />

mit SPSS quantitativ ausgewertet. Die Einzelinterviews<br />

werden darüber hinaus auch<br />

noch nach qualitativen Kriterien analysiert<br />

– ein Prozess, der allerdings noch<br />

nicht abgeschlossen <strong>ist</strong> (Jacobs et al.<br />

2004 und 2007). Die zweite Phase des<br />

Forschungsprojekts wurde ohne externe<br />

Beteiligung durchgeführt; dabei wurden in<br />

rund 30 Gruppen- und 50 Einzelgesprächen<br />

die Veränderungsprozesse in fünf verschiedenen<br />

Polizeibehörden untersucht, wobei die Be-<br />

Foto: Arno Bachert/pixelio.de<br />

fragten sowohl in den Gruppen- als auch in den Einzelinterviews die<br />

Möglichkeit hatten, ihre Wahrnehmung des Veränderungs- prozesses<br />

sowie ihre Deutungen und Bewertungen in einem vergleichsweise<br />

freien Dialog zum Ausdruck zu bringen. Die Einzelgespräche wurden<br />

auf Band aufgenommen, abgeschrieben und gemeinsam mit den Notizen,<br />

die während und nach den Gesprächen angefertigt wurden,<br />

nach den Regeln der qualitativen Sozialforschung ausgewertet.<br />

Ausgangshypothese<br />

Die Frage, warum der Versuch, den öffentlichen Dienst zu modernisieren,<br />

so viel schwerer zu sein scheint als angenommen, wird in der<br />

öffentlichen Diskussion, in Medien und Politik oft mit einem Hinweis<br />

auf die generelle Veränderungsfeindlichkeit des öffentlichen Sektors<br />

beantwortet, was dann fallweise noch ergänzt werden kann durch<br />

Verweise auf die starke Lobbymacht der Beamten und/oder eine offenbar<br />

dem deutschen Nationalcharakter innewohnende grundsätzliche<br />

Abneigung gegen Reformen. Auch wenn in diesen Hypothesen<br />

ein erklärungskräftiger Kern enthalten sein mag, so befriedigen solche<br />

Ansätze doch nur eingeschränkt, denn zum einen kann mit gleichem<br />

Recht die These aufgestellt werden, dass die allerme<strong>ist</strong>en<br />

Menschen – unabhängig von ihrer Branchenzugehörigkeit oder ihrer<br />

Nationalität – Veränderungen in ihren Lebens- und Arbeitsumständen<br />

nur dann bereit sind zu akzeptieren, wenn der Leidensdruck einen<br />

gewissen Wert überschritten hat, und zum anderen zeigt ein Blick in<br />

die neuere deutsche Geschichte, dass gerade auch der öffentliche<br />

Dienst in den vergangenen drei Jahrzehnten ein Maß an Veränderungen<br />

hat über sich ergehen lassen, das es schwer macht, ihm in<br />

Bausch und Bogen eine undifferenzierte und grundsätzliche Veränderungsfeindlichkeit<br />

zu attestieren. Doch wie lässt sich dann erklären,<br />

dass einige Veränderungen wenn nicht leicht, so aber doch ohne größere<br />

Friktionen über die Bühne zu gehen scheinen (man denke mit<br />

Bezug auf die Polizei etwa an die vielfältigen Organisations-veränderungen<br />

in den vergangenen Jahren, die Neuorganisation des Bundesgrenzschutzes,<br />

aber auch an die Einführung der elektronischen<br />

Datenverarbeitung oder an die – zumindest in der Anfangszeit bei<br />

vielen Beamten sehr umstrittene – Öffnung der Schutzpolizei für<br />

Frauen), während andere Veränderungen auf sehr grundsätzliche und<br />

hartnäckige Vorbehalte unter den Organisations-mitgliedern stoßen<br />

und vor allem wegen dieser Vorbehalte ins Stocken geraten? Die Hypothese,<br />

die im Folgenden belegt werden soll, lautet: Das Maß an<br />

Reaktanz, das Angehörige bestimmter Professionskulturen gegenüber<br />

Veränderungen in ihrer Organisation zeigen, hängt in erster Linie<br />

von der Frage ab, ob die geplante Veränderung, die mit ihr bezweckten<br />

Ziele sowie die hinter ihr stehende Philosophie kulturkompatibel<br />

sind oder nicht. Sind sie das, wird auch eine erhebliche Veränderung,<br />

selbst wenn sie sehr stark in die bisher praktizierte Art der Aufgabenerledigung<br />

oder sogar in die individuellen Lebensumstände des<br />

Organisationsmitglieds eingreift, irgendwann akzeptiert – nicht gerne<br />

vielleicht und zähneknirschend, aber irgendwann dann doch. Doch<br />

wenn die Philosophie, die hinter einem Veränderungsprozess steht,<br />

mit wesentlichen Kernbeständen der Organisationskultur und der<br />

professionellen Identität kollidiert, wehren sich die Organisationsmitglieder<br />

mit einer Intensität dagegen, die es eher unwahrscheinlich<br />

macht, dass die mit der Veränderung intendierten Ziele erreicht werden.<br />

Doch nach welchen Kriterien bemisst sich das Maß an Kulturkompatibilität<br />

eines Veränderungsprozesses in der Polizei? Um diese<br />

Frage zu beantworten, <strong>ist</strong> es erforderlich, sich mit der Argumentation<br />

der Organisationsmitglieder auseinander zu setzen und dabei der<br />

spezifischen Rationalität auf die Spur zu kommen, die das Wahrnehmen,<br />

Denken und Handeln der Menschen im Kontext einer solchen<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 57


Organisationskultur maßgeblich bestimmt. Diese organisationskulturell<br />

geprägten und verfestigten Wahrnehmungs-, Denk- und Verhaltensmuster<br />

sind so grundlegend und damit konstitutiv für das<br />

Funktionieren einer Organisation, dass es gerechtfertigt <strong>ist</strong>, in diesem<br />

Zusammenhang von einem organisationalen Paradigma zu sprechen.<br />

Das Konstrukt des<br />

organisationalen Paradigmas<br />

Unter dem Begriff des „organisationalen Paradigmas“ verstehe ich<br />

unter (teilweisem) Rückgriff auf den Kuhnschen Paradigmenbegriff<br />

eine Konstellation von fest etablierten, allgemein akzeptierten und<br />

bewährten Verfahrensweisen, Standards und Regeln, die für ein soziales<br />

System – in unserem Fall für die Organisation als Ganzes –<br />

prägend <strong>ist</strong> (Kuhn 2006). Organisationale Paradigmen bilden damit<br />

die Grundlage für generalisierte Lösungswege, mit denen die Organisation<br />

nach einem einigermaßen einheitlichen Muster auf unterschiedliche<br />

Fragestellungen reagieren kann. Jedes organisationale<br />

Paradigma verfügt dabei über eine ganz eigene innere Logik, bestehend<br />

aus bestimmten Prämissen und daraus abgeleiteten, in sich<br />

stimmigen Wenn-Dann-Annahmen. Paradigmen in einem weiteren<br />

Sinne lassen sich ja auch bezeichnen als „die Art und Weise, wie wir<br />

die Welt sehen“, was bezogen auf die Organisation bedeutet, dass<br />

das organisationale Paradigma uns die grundsätzlichen Prämissen<br />

benennt, nach denen die Organisation mit Fragestellungen und Problemen<br />

umgeht bzw. umgehen sollte. Oft kann man davon ausgehen,<br />

dass eine Organisation eine spezifische und dominante Organisationskultur<br />

und damit auch ein zentrales Paradigma hat, nach dem sie<br />

funktioniert. Das <strong>ist</strong> etwa der Fall bei Unternehmen der Privatwirtschaft,<br />

die in dieser Beziehung vergleichsweise einfach zu verstehen<br />

und zu beschreiben sind. 2<br />

Bei einer Organisation wie der Polizei <strong>ist</strong> dies anders, denn die Polizei<br />

steht wie kaum eine andere Organisation in einem Kraftfeld unterschiedlicher<br />

Ansprüche, was sich im gleichzeitigen Vorhandensein<br />

zweier nahezu gleich starker Paradigmen ausdrückt: zum einen des<br />

stark jur<strong>ist</strong>isch und auf die Einhaltung formaler Regeln ausgerichteten<br />

Paradigmas der Bürokratie und zum anderen eines spezifisch polizeilichen<br />

Professionsparadigmas, welches die professionellen<br />

Routinen sowie die Standards für „gute Polizeiarbeit“ definiert und<br />

das Verhalten der Beamtinnen und Beamten im täglichen Dienst<br />

maßgeblich beeinflusst. Die Verwaltungsmodernisierung im Zuge der<br />

Neuen Steuerung kann vor diesem Hintergrund verstanden werden<br />

als der Versuch, zusätzlich zu diesen beiden zentralen Paradigmen<br />

ein drittes Paradigma zu installieren: das Paradigma eines betriebswirtschaftlich<br />

ausgerichteten Managements.<br />

Im Folgenden sollen die drei genannten organisationalen Paradigmen<br />

mit Bezug auf die Polizei dargestellt werden. Dabei konzentriert sich<br />

die Darstellung auf die im Kontext dieser Paradigmen geltenden<br />

Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungslogiken, denn diese bestimmen,<br />

was in dem jeweiligen Kontext als rationales Verhalten gilt. 3<br />

Wesentlicher Teil der jeweiligen Logik <strong>ist</strong> der implizite Vertrag des Organisationsmitglieds<br />

mit der Organisation, der bestimmt, was die Organisation<br />

von ihren Mitgliedern verlangt, der aber auch angibt, was<br />

das Organisationsmitglied von der Organisation erwarten kann. <strong>Der</strong><br />

implizite Vertrag bestimmt damit ganz entscheidend, was von den<br />

Organisationsmitgliedern als gerecht oder ungerecht, als fair oder<br />

unfair, als angemessen oder unangemessen angesehen wird. Es bedarf<br />

kaum einer weiteren Begründung, dass die Akzeptanz eines Veränderungsvorhabens<br />

bzw. die Akzeptanz jeglicher Art von<br />

Führungsentscheidung entscheidend von der Bewertung der Orga-<br />

58 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

nisationsmitglieder hinsichtlich der genannten Kriterien von Gerechtigkeit,<br />

Fairness und Angemessenheit abhängt.<br />

Das manageriale Paradigma<br />

Management wird immer wieder beschrieben als „the art of getting<br />

things done“ (Simon 1997), <strong>ist</strong> also handlungsorientiert, aktiv und<br />

auf Ergebnisse hin ausgerichtet. Dabei spielt ein angemessenes Verhältnis<br />

zwischen Aufwand und Nutzen, d.h. die Frage der Effizienz<br />

eine zentrale Rolle. Die Instrumente, derer sich das Management bedient,<br />

sind hinlänglich bekannt und umfassen alles, was insbesondere<br />

für den Unternehmenssektor seit den Zeiten Frederick Winslow Taylors<br />

sukzessive entwickelt wurde. Im Mittelpunkt der managerialen<br />

Denkweise steht die Orientierung am Erfolg: Wo der im bürokratischen<br />

Paradigma befangene Jur<strong>ist</strong> oder Beamte zuerst auf die Rechtslage<br />

oder die Zuständigkeiten schaut und wo der professionell<br />

denkende Fachmann auf der operativen Ebene vor allem darauf achtet,<br />

dass die Arbeit nach den Standards seiner Profession erledigt<br />

wird, da orientiert sich der Manager an der Frage, welche Entscheidungen<br />

getroffen werden müssen, damit die Organisation bzw. die<br />

Organisationseinheit unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden<br />

Mittel Erfolg hat (Chr<strong>ist</strong>e-Zeyse 2006c).<br />

Das bürokratische Paradigma<br />

Das bürokratische Paradigma liegt allen Aktivitäten des öffentlichen<br />

Dienstes zugrunde und prägt sowohl die Denk- als auch die Verfahrensweisen<br />

der Verwaltung stärker als jedes andere Paradigma<br />

(Weber 1972: 551 ff.). Es stellt sicher, dass die Organisation kontrollier-<br />

und berechenbar bleibt, dass Regeln befolgt werden, dass Prozesse<br />

und Entscheidungen nachvollzogen werden können. Die<br />

bürokratische Logik <strong>ist</strong> bekanntermaßen nicht sehr flexibel und effizient,<br />

sie verlangsamt Prozesse eher, dafür <strong>ist</strong> sie aber berechenbar,<br />

stabil, regelgebunden und von den dazu legitimierten Instanzen (Min<strong>ist</strong>erium,<br />

Parlament, Rechnungshöfe usw.) grund sätzlich kontrollierbar.<br />

Das bürokratische Paradigma garantiert, dass die Leitung<br />

Einflussmöglichkeiten hat und Führungskräfte führen können. Es begrenzt<br />

damit auch die professionelle Eigendynamik der Polizei, kanalisiert<br />

sie und verhindert, dass sie sich zum Schaden der<br />

Gesellschaft verselbstständigt.<br />

Die Verhaltenserwartungen an die Organisationsmitglieder sind im<br />

Kontext des bürokratischen Paradigmas sehr eindeutig: Es <strong>ist</strong> das<br />

strikte Beachten der vorgegebenen Regeln und Verfahren. Und der<br />

zu vermeidende Zustand folgt unmittelbar aus dieser Erwartung: Es<br />

<strong>ist</strong> die Verletzung geltenden Rechts, das Nichtbeachten einer Verfahrensbestimmung,<br />

der Ungehorsam gegenüber einer Anweisung. Um<br />

sicherzustellen, dass sich auch alle an die entsprechenden Verfahrensbestimmungen<br />

halten, müssen die Führungskräfte das Verhalten<br />

der Beamtinnen und Beamten immer wieder auf die Einhaltung bestimmter<br />

Regeln hin überprüfen, wobei implizit unterstellt wird, dass<br />

die Regelhaftigkeit allein bereits ein optimales Ergebnis garantiert.<br />

<strong>Der</strong> letztgenannte Aspekt bedeutet, dass sich der einzelne Beamte,<br />

aber auch die Führungskraft im Regelfall nicht den Kopf darüber zerbrechen<br />

müssen, ob man das selbe Ergebnis möglicherweise über<br />

eine andere Art der Prozessgestaltung oder durch eine andere Strategie<br />

mit weniger Aufwand hätte erzielen können. Zwar gilt für alle<br />

Beamten der § 7 der jeweiligen Haushaltsordnung, der dem Beamten<br />

das Beachten von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Pflicht<br />

macht, doch obliegt die Überwachung dieser Norm in der Praxis me<strong>ist</strong><br />

den Verwaltungsabteilungen, den Rechnungshöfen und vergleichbaren<br />

Instanzen, nicht aber den vollziehenden Bereichen. Diesen Um-


stand hat sich die Verwaltungsmodernisierung bekanntermaßen besonders<br />

ins Visier genommen, da sich das weitgehende Fehlen strategischer<br />

und prozesshafter Denkweisen nicht zuletzt auch aus dieser<br />

vorwiegend zuständigkeits- und verfahrensorientierten Sichtweise<br />

ableiten lässt.<br />

Aus dem oben Gesagten folgt auch der implizite Vertrag zwischen<br />

Organisationsmitglied und Organisation: Es <strong>ist</strong> der Grundsatz, dass<br />

die Kontrolle des Verhaltens und der Regelbefolgung zwar allgemein<br />

akzeptiert wird, die Kontrolle des Erfolgs der individuellen Le<strong>ist</strong>ung<br />

bzw. der dadurch angestrebten Wirkung jedoch nicht. Anders ausgedrückt:<br />

Ein Organisationsmitglied hat dann, wenn es nichts weiter<br />

tut als sich an die Vorgaben zu halten, nichts zu befürchten, auch<br />

wenn das, was es tut, nicht die von der Leitung intendierte Wirkung<br />

zeigt. Denn für die Frage, ob die vorgegebenen Verfahren die geplante<br />

Wirkung erzielen, <strong>ist</strong> nicht das Organisationsmitglied zuständig, sondern<br />

die Leitung bzw. die Politik 4 . <strong>Der</strong> implizite Vertrag regelt damit<br />

auch die Kriterien, nach denen Verantwortung und Schuld zugewiesen<br />

werden, und auch dies <strong>ist</strong> im Kontext des bürokratischen Paradigmas<br />

sehr eindeutig: Wer sich über bestehende Regelungen oder<br />

Anweisungen hinwegsetzt, tut dies auf eigene Verantwortung, und<br />

die Verantwortung für die Regelbefolgung liegt eindeutig beim einzelnen<br />

Beamten. <strong>Der</strong> Unterschied zur erfolgsorientierten Logik des<br />

Managements <strong>ist</strong> offensichtlich: Ob er eine Regel befolgt oder nicht,<br />

liegt voll und ganz in der Entscheidung des Individuums, und dafür<br />

kann es auch haftbar gemacht werden. Ob es Erfolg hat, mit dem<br />

was es tut, hängt demgegenüber von vielen anderen Faktoren ab,<br />

die der Einzelne in der Regel nicht vollständig steuern kann. Die Folge<br />

<strong>ist</strong>, dass die Übernahme der Verantwortung für ein regelkonformes<br />

Verhalten selbstverständlich akzeptiert wird, die Übernahme der Verantwortung<br />

für Ergebnisse und Wirkungen jedoch nicht. <strong>Der</strong> Grundsatz,<br />

dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Erfolge und<br />

Misserfolge nur sehr eingeschränkt verantwortlich gemacht werden<br />

können, gilt selbstverständlich in der einen oder anderen Form für<br />

fast jede komplexe Organisation, die über mehrere Hierarchie-ebenen<br />

verfügt. Deutliche Unterschiede zwischen den Organisationen gibt<br />

es jedoch bezüglich der Frage, ab welcher Hierarchiestufe die Verantwortung<br />

für konkrete und messbare Ergebnisse beginnt. In Organisationen<br />

der privaten Wirtschaft <strong>ist</strong> dies in der Regel bereits auf der<br />

Ebene des mittleren Managements der Fall, in der öffentlichen Verwaltung<br />

normalerweise nicht. Konkret: <strong>Der</strong> Leiter einer Polizeiinspektion,<br />

der sich pflichtbewusst an die Vorgaben „von oben“ hält, wird<br />

im Kontext der Alltagsorganisation normalerweise auch dann noch<br />

keine Schwierigkeiten bekommen, wenn sich in seinem Zuständigkeitsbereich<br />

alle wesentlichen Ergebniskennzahlen (etwa die Zahl bestimmter<br />

Delikte, die Aufklärungsquote oder die<br />

Verkehrsunfallstat<strong>ist</strong>ik) verschlechtern. Ja, nach dem bürokratischen<br />

Paradigma hätte eine solche Führungskraft bei der Verteilung knapper<br />

Ressourcen sogar noch recht gute Argumente, kann sie doch<br />

deutlich überzeugender darlegen, dass sie zusätzliches Personal oder<br />

zusätzliche Sachmittel braucht, als diejenige Führungskraft, die es<br />

geschafft hat, mit den ihr zur Verfügung gestellten Ressourcen die<br />

Wirkungskennzahlen zu verbessern.<br />

Das Professionsparadigma<br />

Die Denk- und Verhaltensweisen von Poliz<strong>ist</strong>en im dienstlichen Alltag<br />

sind natürlich nur zu einem Teil von der Rationalität des bürokratischen<br />

Paradigmas bestimmt. Das liegt in erster Linie an dem Umstand,<br />

dass sich die Polizei als Teil der Eingriffsverwaltung in einigen<br />

wesentlichen Punkten von der Le<strong>ist</strong>ungsverwaltung unterscheidet<br />

und damit keine „Bürokratie im engeren Sinne“ <strong>ist</strong> (etwa vergleich-<br />

bar mit einem Sozial- oder Standesamt), sondern einen Aufgabenbereich<br />

bearbeitet, der sich sowohl aus admin<strong>ist</strong>rativen als auch aus<br />

konkret vollziehenden Tätigkeiten zusammensetzt. Hinzu kommt der<br />

Umstand, dass die Angehörigen dieser Berufsgruppe auch einen ganz<br />

spezifischen Satz an Wahrnehmungs-, Denk- und Verhaltensweisen<br />

aufweisen, der Vorstellungen darüber beinhaltet, was es bedeutet,<br />

ein guter Poliz<strong>ist</strong> zu sein, welche Art der Einstellung und des Verhaltens<br />

akzeptabel <strong>ist</strong> und welche nicht. Determiniert werden diese Vorstellungen<br />

und Denkmuster von der spezifischen Organisationskultur<br />

der Polizei. Diese Organisationskultur <strong>ist</strong> vor allem im angelsächsischen<br />

Raum sozialwissenschaftlich inzwischen recht gut beschrieben<br />

und erforscht (stellvertretend für viele: Manning/Van Maanen 1978,<br />

Reuss-Ianni/Ianni 1983, Reiner 1991, Manning 1997, Chan 2003,<br />

Crank 2004), wobei sich die me<strong>ist</strong>en dieser Arbeiten sehr stark auf<br />

die Denk- und Verhaltensweisen der uniformierten „street cops“ in<br />

den englischsprachigen Ländern konzentrieren. Die Zahl der deutschsprachigen<br />

wissenschaftlichen Arbeiten zu den Besonderheiten einer<br />

polizeilichen Organisationskultur <strong>ist</strong> demgegenüber noch sehr begrenzt<br />

(vgl. stellvertretend für andere: Behr 2000 und 2006, Reichertz<br />

1991, Chr<strong>ist</strong>e-Zeyse 2006a).<br />

Für unsere Fragestellung wesentlich sind die Aspekte, welche die<br />

Sichtweise von Polizeibeamten davon prägen, wie gute Polizeiarbeit<br />

aussehen sollte und worauf es in der dienstlichen Aufgabenerledigung<br />

ankommt. Diese Aspekte werden in der Ausbildung gelernt, in<br />

der späteren beruflichen Sozialisation verfestigt und erlangen im Kontext<br />

der polizeilichen Organisationskultur einen Grad an Selbstverständlichkeit,<br />

der nahezu alle professionellen Verrichtungen so<br />

wesentlich prägt, dass er als organisationales Paradigma gleichberechtigt<br />

neben dem bürokratischen Paradigma steht. Im Kontext dieses<br />

spezifisch polizeilichen Professionsparadigmas lassen sich zwei<br />

dominante Handlungslogiken identifizieren, die das polizeiliche Denken<br />

gleichermaßen stark beeinflussen: Die eine Handlungslogik orientiert<br />

sich an der Denkfigur des Einsatzes, die andere bezieht sich<br />

auf die spezifischen Bedingungen der polizeilichen Sachbearbeitung.<br />

Die Denk- und Handlungslogik<br />

des Einsatzgeschehens<br />

Das Denken in Einsatzsituationen <strong>ist</strong> typisch für Organisationen, die<br />

mit Sicherheitsaufgaben im weitesten Sinne betraut sind und deren<br />

Reputation im Wesentlichen davon abhängt, wie gut sie bei der Bewältigung<br />

von Einsatzanlässen agieren. Solche Organisationen sind<br />

neben der Polizei vor allem das Militär, der Katastrophenschutz sowie<br />

Rettungsdienste und Feuerwehr.<br />

<strong>Der</strong> Einsatz 5 <strong>ist</strong> der polizeiliche Ernstfall, und die Erfordernisse der<br />

Einsatzbewältigung haben durch ihren paradigmatischen Charakter<br />

eine prägende Wirkung auf alle anderen Verrichtungen, die in dieser<br />

Organisation anfallen. Die handlungsleitende, verhaltensprägende,<br />

mythen- und identitätsstiftende Funktion des Einsatzes kann kaum<br />

hoch genug eingeschätzt werden: Im Einsatz zeigt sich, wer ein guter<br />

Poliz<strong>ist</strong> <strong>ist</strong> und wer nicht, im Einsatz sieht sich der Polizeibeamte Aufgaben<br />

gegenüber, die nur von einem Poliz<strong>ist</strong>en bewältigt werden dürfen<br />

bzw. bewältigt werden können. Nirgendwo sonst <strong>ist</strong> der Poliz<strong>ist</strong><br />

stärker Poliz<strong>ist</strong> als im Einsatz, und nirgendwo sonst wird in gleicher<br />

Weise deutlich, worauf es im Polizeiberuf ankommt. Und so sind wesentliche<br />

Bestandteile der spezifisch polizeilichen Organisationskultur<br />

in erster Linie einsatzbezogene Werte, Eigenschaften und Verhaltensmuster.<br />

Diese organisationskulturellen Aspekte lassen sich am besten in Sätzen<br />

ausdrücken, die mit großer Wahrscheinlichkeit von jedem Polizeibeamten<br />

vorbehaltlos bejaht würden. Solche Sätze sind etwa:<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 59


– „In der Polizei muss man sich auf den Kollegen verlassen können,<br />

denn im Ernstfall hängt das eigene Leben davon ab.“<br />

– „Teams müssen funktionieren. Das bedeutet, dass sich der Einzelne<br />

dem Team unterordnen muss.“<br />

– „Wenn man gebraucht wird, muss man da sein.“<br />

– „Wenn’s hart auf hart kommt, <strong>ist</strong> nicht die Zeit für lange Diskussionen.<br />

Da muss einer entscheiden, und die anderen müssen funktionieren,<br />

sonst geht’s nicht.“<br />

Da die Einsatzbewältigung einen so zentralen Stellenwert hat, bekommen<br />

auch die Faktoren, die für die Fähigkeit zur Einsatzbewältigung<br />

kritisch sind, eine besondere Bedeutung in der Organisation.<br />

Solche Faktoren sind etwa der Zusammenhalt im Team, Kollegialität,<br />

Solidarität, Mut, Opferbereitschaft, Disziplin und ein hohes Maß an<br />

Professionalität. Die Aufgabe einer polizeilichen Führungskraft (die<br />

nach wie vor mit dem Begriff des „Polizeiführers“ bezeichnet wird)<br />

besteht unter anderem darin, dafür zu sorgen, dass diese Faktoren<br />

vorhanden sind. Hierbei spielt eine weitere Eigenheit des Polizeiberufs<br />

eine wesentliche Rolle, nämlich der sehr spezifische implizite Vertrag<br />

zwischen Organisation und Organisationsmitglied, den es in<br />

dieser Form vielleicht noch im Militär oder bei der Feuerwehr gibt.<br />

<strong>Der</strong> wesentliche Aspekt in diesem impliziten Vertrag betrifft die – tatsächliche,<br />

in vielen Fällen aber auch nur behauptete – Gefährdung<br />

des Polizeibeamten bei der Ausübung seines Dienstes. Etwas überspitzt<br />

ausgedrückt bringt der Polizeibeamte in den impliziten Vertrag<br />

mit seinem Dienstherrn die jederzeitige Bereitschaft ein, für die Sicherheit<br />

und Freiheit dieser Gesellschaft sein Leben zu opfern. Für<br />

eine solche vertraglich zugesicherte Le<strong>ist</strong>ung kann das Organisationsmitglied<br />

selbstverständlich auch mehr fordern, als wenn die Le<strong>ist</strong>ung<br />

nur darin bestünde, jeden Morgen pünktlich am Arbeitsplatz zu<br />

erscheinen und das zu tun, was die Stellenbeschreibung erfordert.<br />

Die Forderung an den Dienstherrn besteht zum einen darin, den Organisationsmitgliedern<br />

das zur Verfügung zu stellen, was sie zur Ausübung<br />

ihres verantwortungsvollen und potenziell lebensgefährlichen<br />

Dienstes benötigen, und ihnen die dafür erforderliche politische Unterstützung<br />

zu garantieren. Die Forderung besteht darüber<br />

hinaus aber auch in dem Anspruch, das eigene<br />

Engagement anerkannt zu wissen, sowie in der Sicherheit,<br />

dass sich der Dienstherr dann, wenn<br />

etwas schief geht, vor seine Beamten stellt –<br />

vorausgesetzt, es handelt sich um etwas,<br />

„was jedem passieren kann“. Dieser<br />

Aspekt <strong>ist</strong> eng verknüpft mit<br />

dem Anspruch, Handlungsspielräume<br />

eingeräumt<br />

zu bekommen, die den<br />

einzelnen Beamten in<br />

die Lage versetzen,<br />

die jeweilige Situation<br />

auf der<br />

Basis seiner La-<br />

gebeurteilung und seiner professionellen Erfahrung selbstständig bewältigen<br />

zu können. Gefordert <strong>ist</strong> damit auch ein erheblicher Vertrauensvorschuss<br />

auf Seiten des Dienstherrn, von dem erwartet wird, dass<br />

er seinen Beamten grundsätzlich einmal zutraut, ihre Arbeit sorgfältig<br />

und professionell zu verrichten, und dass er sie solange, wie nichts<br />

Offensichtliches schief läuft, auch weitgehend in Ruhe lässt. Die zentrale<br />

Bedeutung des Einsatzes für die polizeiliche Identität und damit<br />

verbunden auch die zentrale Bedeutung aller Faktoren, die für das<br />

Funktionieren im Einsatz erforderlich sind, kollidiert nun mit dem Anspruch<br />

eines betriebswirtschaftlich ausgerichteten Managements,<br />

den polizeilichen Alltag transparenter und „rationaler“ zu gestalten,<br />

die Art und Weise der Dienstausübung und die damit intendierten<br />

Wirkungen durch Kennzahlen messbar zu machen und damit schließlich<br />

den gesamten Betrieb den Kategorien von Effektivität und Effizienz<br />

zu unterwerfen. Damit eng verknüpft <strong>ist</strong> ein gerade auch bei<br />

vielen Polizeibeamten häufig anzutreffendes und in der Regel nicht<br />

positiv konnotiertes Bild des „typischen Managers“, der sich um die<br />

spezifischen Erfordernisse der Einsatzbewältigung wenig kümmert<br />

und stattdessen auf Zahlen, Daten und Fakten schaut, auf die er seine<br />

Entscheidungen gründet. Ein Polizeiführer, der sich allzu offensichtlich<br />

als Manager geriert und dabei die organisationskulturell relevanten<br />

Aspekte polizeilicher Identität missachtet, läuft jedoch Gefahr, bei<br />

seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gerade dort an Akzeptanz<br />

einzubüßen, worauf es für die erfolgreiche Einsatzbewältigung am<br />

me<strong>ist</strong>en ankommt: bei den sog. „weichen“ Faktoren, die den Gruppenzusammenhalt,<br />

das Engagement und die polizeiliche Identität gewährle<strong>ist</strong>en.<br />

Die Denk- und Handlungslogik der<br />

polizeilichen Sachbearbeitung<br />

Doch selbstverständlich besteht der Polizeiberuf nicht nur aus Einsätzen.<br />

Vielmehr spielt sich vieles am Schreibtisch oder in geschlos-


senen Räumen ab. Es werden Anzeigen aufgenommen und bearbeitet,<br />

Ermittlungen geführt und Spuren gesichert, Zeugen und Beschuldigte<br />

vernommen und dergleichen mehr. Bei diesen Tätigkeiten gilt<br />

offensichtlich eine andere Logik als bei der Einsatzbewältigung; ich<br />

nenne sie die Sachbearbeiterlogik. Darunter verstehe ich die Denkund<br />

Verhaltensweisen, die bei der Bearbeitung konkreter Fälle wirksam<br />

sind – wobei es unerheblich <strong>ist</strong>, ob es sich um die Aufklärung<br />

eines komplexen Deliktes handelt oder um das Bearbeiten einer vergleichsweise<br />

einfachen Angelegenheit. Erwünschtes Verhalten <strong>ist</strong><br />

nach dieser Logik in erster Linie das Beachten der expliziten und impliziten<br />

professionellen Standards, zu denen vor allem auch die Kompetenz<br />

gehört, operative Entscheidungen weitgehend selbstständig<br />

zu treffen.<br />

Unter operativen Entscheidungen sind im Kontext der Sachbearbeiterlogik<br />

alle die Entscheidungen zu verstehen, die bei der konkreten<br />

Fallbearbeitung getroffen werden müssen, etwa mit Bezug auf die<br />

Frage, ob und, wenn ja, wie ein Zeuge vernommen wird, welche Spuren<br />

relevant sind und welche nicht, ob es einen weiteren Ermittlungsansatz<br />

gibt oder nicht usw. Natürlich <strong>ist</strong> der Polizeibeamte in solchen<br />

Fragen niemals völlig autark, denn immerhin hat er noch einen Vorgesetzten<br />

oder gegebenenfalls die Staatsanwaltschaft, denen gegenüber<br />

er sich im Zweifel auch rechtfertigen können muss, doch sind<br />

die Möglichkeiten des Mikro-Managements von Einzelfällen sowohl<br />

auf Seiten der Führungskraft als auch auf Seiten der Staatsanwaltschaft<br />

schon allein aus arbeits-ökonomischen Gründen recht begrenzt.<br />

Die erfolgsentscheidende Variable <strong>ist</strong> somit die Kompetenz<br />

und die Motivation des einzelnen Beamten, was typischerweise gekoppelt<br />

<strong>ist</strong> mit dem starken Bewusstsein, dass man schon „gelernter<br />

Poliz<strong>ist</strong>“ sein muss, um die entsprechende Aufgabe gut zu bewältigen<br />

und um einschätzen zu können, was bei der Bearbeitung des jeweiligen<br />

Falles erforderlich <strong>ist</strong> und was nicht.<br />

Ein wesentlicher Aspekt in diesem Zusammenhang <strong>ist</strong> somit die im<br />

Hinblick auf Steuerungseingriffe der Leitung sehr weitgehende Intransparenz<br />

der Aufgabenerledigung, was sich in der weit verbreiteten<br />

Ansicht ausdrückt, dass jeder Fall letztlich einzigartig sei, dass<br />

gute Arbeitsergebnisse ausschließlich das Produkt der Professionalität<br />

auf der operativen Ebene seien, und dass es aussichtslos sei, in<br />

diesem Bereich Qualität durch Managementinterventionen herstellen<br />

zu wollen. Nach dieser Ansicht kann Führung mit Bezug auf die spezifischen<br />

Erfordernisse einer professionellen Aufgabenerledigung<br />

kaum über Kennzahlen, Controllingberichte oder andere Managementinstrumente<br />

funktionieren, sondern nur durch die Rekrutierung<br />

kompetenten und motivierten Personals, durch das Einräumen<br />

der für die optimale Aufgabenerledigung erforderlichen Freiräume<br />

sowie gegebenenfalls durch motivierendes,<br />

förderndes und auf die Optimierung der<br />

Rahmenbedingungen ausgerichtetes<br />

Führungsverhalten. Dabei reagieren<br />

die Beamten oft sehr allergisch<br />

auf Versuche, die Effektivität<br />

und Effizienz einer Organisa-<br />

tionseinheit mit dem Hinweis auf aggregierte Daten zu erhöhen, wie<br />

dies für ein Controlling typisch <strong>ist</strong>. Versuche, die Vielfalt der Einzelfälle<br />

in standardisierte Zahlenwerke zu fassen und die Beamten über Zielvereinbarungen<br />

und Kennzahlen zu managen, wären dem Risiko ausgesetzt,<br />

dass die Sachbearbeitung über kurz oder lang umschalten<br />

würde auf das Liefern der gewünschten Zahlen, und damit Kriterien<br />

wie die Einhaltung professioneller Standards, das Sich-Verlassen auf<br />

die polizeiliche Intuition und das persönliche Engagement an Bedeutung<br />

verlören.<br />

Chancen eines kulturkompatiblen<br />

Veränderungsmanagements<br />

Wer eine Organisation wie die Polizei verändern will, <strong>ist</strong> gut beraten,<br />

sich mit der Frage zu beschäftigen, welche Bestandteile der Organisationskultur<br />

elementarer Bestandteil der professionellen Identität<br />

sind und welche nicht.<br />

Wenn eine neue Handlungslogik (wie in unserem Fall die manageriale<br />

Logik) Einzug in eine Organisation hält, werden notwendigerweise<br />

Einstellungen, Anreize, Vorstellungen von unerwünschten Zuständen<br />

und von Gerechtigkeit modifiziert. Die neue Logik muss sich erst etablieren,<br />

d.h. ihren Platz finden zwischen den bereits etablierten Logiken.<br />

Das führt fast zwangsläufig dazu, dass Vorstellungen von gut und<br />

schlecht, richtig und falsch usw. nicht mehr eindeutig sind, sich vielleicht<br />

sogar widersprechen: Was etwa im Kontext der einen Logik notwendig<br />

und sinnvoll <strong>ist</strong>, muss dies im Kontext der anderen Logik nicht<br />

zwangsläufig auch sein. Kritisch und potenziell riskant wird das Einführen<br />

einer neuen Logik dann, wenn nicht deutlich wird, welche Defizite<br />

welcher Logik sie denn eigentlich beheben soll. So haben unsere<br />

Interviews ergeben, dass die Notwendigkeit, betriebswirtschaftliche<br />

Managementinstrumente einzuführen, von der Leitungs-ebene zwar<br />

me<strong>ist</strong> mit den Defiziten des bürokratischen Paradigmas (Mängel von<br />

Inputorientierung und „additivem Ressourcenmanagement“, „organisierte<br />

Unverantwortlichkeit“ usw.) begründet wurde, die Organisationsmitglieder<br />

solche Veränderungen aber oft als gegen das<br />

Professions-paradigma gerichtet wahrgenommen haben. Konkret äußert<br />

sich das etwa in der Wahrnehmung, bei der Einführung von Zielvereinbarungen,<br />

Controlling und Kostenrechnung gehe es „in<br />

Wahrheit“ darum, den Arbeitsdruck zu erhöhen, die Mitarbeiter stärker<br />

zu kontrollieren und letztendlich den Nachweis zu erbringen, dass<br />

die gleiche Arbeit auch mit weniger Mitarbeitern gele<strong>ist</strong>et werden<br />

könne. Wird aber mit der Einführung betriebswirtschaftlicher Managementinstrumente<br />

das professionelle Selbstverständnis auf derartige<br />

Weise berührt, geht es plötzlich um erheblich mehr als nur um neue<br />

Steuerungsinstrumente. Denn dann geht es um das, was nach Ansicht<br />

der Organisationsmitglieder die eigene professionelle Identität ausmacht,<br />

und dann wehrt sich auch der Teil der Organisationsmitglieder,<br />

den man eigentlich gewinnen sollte: die intrinsisch motivierten, engagierten<br />

und mit einem hohen professionellen Ethos ausgestatteten<br />

Beamten, die unter anderen Umständen durchaus offen wären für<br />

Möglichkeiten, die Effektivität und Effizienz der polizeilichen Arbeit<br />

zu verbessern, die sich aber – mit durchaus nachvollziehbaren Argumenten<br />

– dagegen wehren, von bürokratischen Instanzen neue Ma-<br />

Foto: Arno Bachert/pixelio.de


nagementmodelle aufgezwungen zu bekommen, deren Nutzen häufig<br />

zweifelhaft erscheint. Das heißt nicht, dass vor dem Hintergrund einer<br />

derartigen Stabilität organisationskultureller Aspekte jegliche Intervention<br />

mit dem Ziel, die herkömmlichen Formen der Steuerung und<br />

Führung zu modernisieren, von vornherein zum Scheitern verurteilt<br />

wäre. Ein solcher Schluss wäre nicht nur völlig überzogen, sondern<br />

schlicht falsch, denn so veränderungsres<strong>ist</strong>ent, wie der öffentliche<br />

Dienst von manchen Privatisierungsideologen dargestellt wird, <strong>ist</strong> er<br />

nicht – und die Polizei vielleicht noch am allerwenigsten. Die Polizei<br />

<strong>ist</strong> ja – wie dargestellt wurde – nicht nur Verwaltung im engeren Sinne,<br />

sondern durchaus auch ergebnisorientierte Organisation mit einem<br />

klaren Auftrag und organisationskulturell klar verankerten Kriterien<br />

für den Erfolg ihrer Arbeit: Das Ausmaß an öffentlicher Sicherheit lässt<br />

sich durchaus messen, und ein gerichtsfest überführter Straftäter, ein<br />

nach den Regeln der Profession aufgenommener Verkehrsunfall, ein<br />

geschlichteter Streit oder ein ohne Zwischenfälle abgelaufenes Großereignis<br />

sind sehr konkrete und auch für den Außenstehenden nachvollziehbare<br />

Erfolge gut organisierter und professionell ausgeführter<br />

Polizeiarbeit. Auch würde man der Professionalität der me<strong>ist</strong>en Polizeibeamten<br />

nicht gerecht, wenn man ihnen unterstellte, dass sie sich<br />

gegen jeden Versuch wehrten, die Polizeiarbeit wirksamer und den<br />

Ressourceneinsatz wirtschaftlicher zu machen. Doch derartige Versuche<br />

müssen sich im Rahmen dessen bewegen, was für die Mehrheit<br />

der Polizeibeamten organisationskulturell noch akzeptabel <strong>ist</strong>. Das organisationskulturell<br />

Akzeptable <strong>ist</strong> sicherlich kein in Stein gemeißeltes<br />

Fixum, sondern unterliegt genauso den Modifikationen kollektiver<br />

Wahrnehmungs- und Denkprozesse wie wir dies etwa bei der Beschäftigung<br />

weiblicher Beamter in der Schutzpolizei oder bei dem schrittweisen<br />

Übergang von einer sich obrigkeitsstaatlich verstehenden und<br />

autoritär geführten Polizei zu einer bürgernahen und kooperativ geführten<br />

Polizei beobachten konnten. Solche Prozesse aber brauchen<br />

Zeit, und die einzelnen Schritte werden von den Organisationsmitgliedern<br />

sehr genau beobachtet. Die Kriterien, nach denen das Beobachtete<br />

bewertet wird, sind ebenfalls organisationskulturell geprägt und<br />

sehr pragmatisch: Wenn es der Wirksamkeit der polizeilichen Aufgabenerledigung<br />

dient, wird es akzeptiert – wenn nicht, dann nicht. Das<br />

heißt andersherum ausgedrückt: Die vom managerialen Paradigma<br />

angestrebten Verbesserungen der Effektivität und Effizienz polizeilicher<br />

Aufgabenerledigung wären im Kontext des Professionsparadigmas<br />

durchaus akzeptanzfähig<br />

– vorausgesetzt, sie haben das Ziel, die Ergebnisse der Polizeiarbeit<br />

zu verbessern.<br />

Damit sind Veränderungen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

dann akzeptanzfähig, wenn<br />

– klar <strong>ist</strong>, wie das polizeiliche Problem heißt, das durch die Veränderung<br />

gelöst werden soll<br />

– der Nutzen der Veränderung erkennbar <strong>ist</strong> und klar kommuniziert<br />

werden kann<br />

– die hinter dem Veränderungsprozess stehende Philosophie kompatibel<br />

<strong>ist</strong> mit den Wahrnehmungs-, Denk und Handlungsmustern der Polizeibeamten<br />

und auf deren Problemdefinition aufbaut.<br />

Gefordert wird also nichts weniger als eine grundlegende Abkehr von<br />

der bisher praktizierten Form der Verwaltungsmodernisierung in der<br />

Polizei, die neue Managementmethoden bevorzugt im Kontext des bürokratischen<br />

Paradigmas, das heißt mit bürokratischen Mitteln, in bürokratischer<br />

Sprache und mit bürokratischen Kontrollmethoden<br />

eingeführt und dabei die spezifische Rationalität des professionellen<br />

Paradigmas ignoriert hat. Doch nur wer sich der organisationskulturell<br />

verankerten Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmuster bewusst<br />

<strong>ist</strong> und seine Veränderungs- bemühungen daran ausrichtet, kann Modernisierungsprozesse<br />

so initiieren und durchhalten, dass sie von Dauer<br />

62 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

sind. Alles andere bleibt Stückwerk, Strohfeuer – gut gemeint vielleicht,<br />

doch an Personen gebunden und flüchtig. Denn dauerhaft bleibt nur,<br />

was einen Anker findet in der Denk- und Erfahrungswelt der Organisationsmitglieder<br />

und damit zum Bestandteil der Organisationskultur<br />

oder – anders ausgedrückt – zur Selbstverständlichkeit wird.<br />

Literatur<br />

Barthel, Chr<strong>ist</strong>ian/Jochen Chr<strong>ist</strong>e-Zeyse, Dirk Heidemann (2006): Professionelle Führung in der Polizei. Jenseits des<br />

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Folgen geplanter Veränderungen. In: Ohlemacher et al., S. 203-222,<br />

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4th ed., New York.<br />

Weber, Max (1972): Wirtschaft und Gesellschaft. 5. Aufl., Tübingen.<br />

Dr. Jochen Chr<strong>ist</strong>eZeyse <strong>ist</strong> Dozent im Fachbereich Führung,<br />

Organisations- und Wirtschaftswissenschaften der Deutschen Hochschule der Polizei.<br />

1 Hierbei soll nicht verkannt werden, dass es immer wieder Versuche gibt, die starke Stellung solcher Berufsgruppen<br />

zu brechen; man denke nur an die Massenentlassung von Fluglotsen durch den amerikanischen Präsidenten Ronald<br />

Reagan im Jahre 1981 oder an die Möglichkeit, die Arbeitsbedingungen etwa für Wissenschaftler oder Klinikärzte<br />

sukzessive zu verschlechtern in der Gewissheit, dass für jeden Wissenschaftler oder Arzt, der sich diesen Bedingungen<br />

nicht unterwirft, genug Interessierte vor der Tür stehen.<br />

2 Das heißt nicht, dass ein privatwirtschaftliches Unternehmen immer nur nach einem Paradigma – etwa dem managerialen<br />

Paradigma – funktioniert. Zweifellos gibt es etwa zwischen den Technikern und den Kaufleuten, zwischen<br />

der Marketingabteilung und dem für Forschung und Entwicklung zuständigen Bereich Unterschiede in den vorherrschenden<br />

Paradigmen, doch <strong>ist</strong> in solchen Organisationen in der Regel ein organisationales Paradigma – nämlich<br />

das manageriale – das eindeutig dominant<br />

3 Dass es bei Veränderungsprozessen mitunter auch irrationales Verhalten gibt – hervorgerufen etwa durch Enttäuschungen,<br />

Verunsicherung, Ängste oder ähnliche Gefühle – <strong>ist</strong> nicht zu leugnen. Doch geben die von uns geführten<br />

Interviews deutliche Hinweise darauf, dass die Kritik an den Zielen und Methoden der Verwaltungsreform<br />

durchaus einen rationalen Kern hat, den kennen sollte, wer sich daran macht, Verwaltungshandeln durch die Einführung<br />

neuer Managementmethoden effektiver und effizienter zu machen.<br />

4 Das heißt nicht, dass es in der Polizei nicht auch Aufgabenbereiche gibt, in denen sehr wohl auf den Erfolg geschaut<br />

wird. Doch handelt es sich dabei um Bereiche, in denen andere Paradigmen bzw. Logiken gelten.<br />

5 Unter „Einsatz“ verstehe ich dabei die ganze Bandbreite, die im Rahmen der polizeilichenAufgabenerfüllung anfallen<br />

kann: von der Aufnahme eines Verkehrsunfalls, der Schlichtung einer Familienstreitigkeit, der Razzia im Rotlichtmilieu<br />

oder der Verhaftung eines Straftäters bis hin zu den großen Ereignissen wie Geiselnahmen,<br />

Großdemonstrationen, Fußball-Länderspielen oder Castor-Transporten.<br />

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlages Verwaltung und<br />

Management, erscheinen im Heft 2/2007.


Nicht süchtig, und doch abhängig<br />

– die Falle Co-Abhängigkeit<br />

Die kleine Halbwaise Mia kämpft mit aller Kraft darum, ihren<br />

drogenabhängigen Bruder wieder �nach �Hause zu holen. Seit ihr<br />

gemeinsamer Vater gestorben <strong>ist</strong>, <strong>ist</strong> der 17-jährige Lewin Mias<br />

wichtigste Bezugsperson; sie liebt seine Gute-Nacht- Geschichten,<br />

die im antiken Griechenland spielen. Doch seit ihre Mutter<br />

Lewin �wegen �seiner Drogenabhängigkeit vor die Tür gesetzt<br />

hat, müssen sich die beiden heimlich treffen.<br />

Die achtjährige Mia versteht nicht, was Sucht bedeutet. Sie findet<br />

ihre Mutter gemein und will ihrem Bruder um jeden Preis helfen.<br />

Lewin nutzt die Hilfsbereitschaft seiner kleinen Schwester jedoch<br />

aus und spannt sie immer wieder für seine Zwecke ein. Dadurch<br />

gerät Mia selbst in immer größere Schwierigkeiten und Erklärungsnot.<br />

Erst nach und nach begreift sie, dass Lewin sie belügt<br />

und es so nicht weitergehen kann.<br />

Kinder aus suchtbelasteten Familien wie Mia haben ein besonders<br />

hohes Risiko, einmal selbst von Suchtmitteln abhängig zu<br />

werden� – �oder sich von süchtigen Menschen abhängig zu machen,<br />

also co-abhängig zu werden. Zum Glück <strong>ist</strong> Mia in die- sem<br />

Fall ‚nur‘ eine der Hauptfiguren in dem von KEINE MACHT DEN<br />

DROGEN �mitfinanzierten �Präventionsfilm „Mia und<br />

der Minotaurus“, der gerade als �Abschlussarbeit �eines<br />

jungen, engagierten Studenten-Teams der Filmakademie Baden-<br />

Württemberg entsteht. Auf beeindruckende Weise beleuchtet der<br />

Film die Themen<br />

‚Sucht und Co-Abhängigkeit‘ aus der Sichtweise des kleinen<br />

Mädchens und begleitet Mia auf ihrer abenteuerlichen Reise im<br />

Kampf gegen Lewins Dämonen (symbolisiert durch den Minotaurus)<br />

und ihre eigenen Ängste, die sie überwinden muss, um<br />

für sich selbst einzustehen.


Doch auch wenn Mia nur eine Filmfigur <strong>ist</strong> – ihre Geschichte <strong>ist</strong><br />

in vielen Familien traurige Wirklichkeit. Selbst Erwachsene schaffen<br />

es häufig nicht, sich aus ihrer Co- Abhängigkeit von einem<br />

suchtkranken Menschen zu befreien. Familienmitglieder, Freunde<br />

oder Arbeitskollegen eines Suchtkranken sind häufig nicht bloße<br />

Randfiguren, die mit� dem �Betroffenen mitfühlen und mitleiden,<br />

sondern sie sind selbst direkt betroffen.<br />

Drei Phasen der Co-Abhängigkeit<br />

Co-Abhängigkeit lässt sich typischerweise in drei Phasen unterteilen:<br />

Die Entschuldigungs- und Beschützerphase, in der der Abhängige<br />

davor bewahrt wird, die volle Tragweite seines<br />

Suchtmittelkonsums zu erkennen. Die Kontrollphase, in der ein<br />

Angehöriger �versucht, den Suchtmittelkonsum des �Abhängigen<br />

zu kontrollieren. Die Anklagephase, in der der Abhängige zum<br />

‚Sündenbock‘ erklärt wird und es zwischen Angehörigen und Abhängigen<br />

zu einem zermürbenden und sinnlosen Kampf um das<br />

Suchtmittel kommt.<br />

In ihrer berechtigten Sorge um den geliebten Menschen versuchen<br />

Angehörige und Freunde, dem Suchtkranken zunächst Hilfestellung<br />

zu geben, ihn zu warnen und ihm ins Gewissen zu<br />

reden, nur um sein Verhalten dann wieder vor anderen zu erklären<br />

und zu rechtfertigen. Die eigene Person gerät dabei immer<br />

mehr in den Hintergrund, soziale Kontakte werden auf ein Minimum<br />

reduziert oder brechen völlig ab.<br />

Aus dem tiefen Wunsch zu helfen wird so ein Teufelskreis aus<br />

Vorwürfen, Scham und Schuldgefühlen, in dessen Verlauf<br />

sich ein Partner oder Angehöriger immer tiefer in die eigene Abhängigkeit<br />

von der Sucht des Betroffenen verstrickt. Nicht selten<br />

übernehmen co-abhängige Menschen immer mehr Aufgaben des<br />

Betroffenen und versuchen so, ihm alle Probleme aus dem Weg<br />

zu räumen, die einen weiteren Konsum provozieren könnten. Mit<br />

diesem Verhalten wird dem abhängigen Menschen jedoch nicht<br />

wirklich geholfen, im Gegenteil: Die Sucht wird sogar noch weiter<br />

befördert und dadurch verlängert.<br />

Am Ende beschäftigen sich Co-Abhängige fast pausenlos mit<br />

dem Zustand ihres Gegenübers und übernehmen die Helferrolle<br />

oft so lange, �bis die eigenen Kräfte völlig erschöpft sind. �Die<br />

me<strong>ist</strong>en Co-Abhängigen müssen schließlich selbst fachliche Hilfe<br />

in Anspruch nehmen, um ihr Leben wieder selbstbestimmt me<strong>ist</strong>ern<br />

zu können.<br />

Auch Kinder haben häufig unter Co-Abhängigkeit zu leiden, da<br />

sie� sich me<strong>ist</strong> �bedingungslos loyal verhalten wollen und noch<br />

nicht gelernt haben, dass es manchmal gesund und notwendig<br />

<strong>ist</strong>, sich auch von nahestehenden Menschen abzugrenzen, wie<br />

der Film „Mia und der Minotaurus“ eindrucksvoll zeigt. Die Vereinsamung<br />

und Überforderung von co-abhängigen Kindern <strong>ist</strong><br />

dabei enorm.<br />

Wege aus der Co-Abhängigkeit: Was<br />

können betroffene Angehörige tun?<br />

So paradox es klingt: Die Devise für betroffene Angehörige und<br />

Freunde lautet „Hilfe durch Nicht-Helfen“. Was nicht bedeutet,<br />

64 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

dass man sich völlig von dem Suchtkranken abwenden soll. Vielmehr<br />

geht es darum, den Betroffenen nicht auch noch ständig in<br />

der Bewältigung seines Alltags zu unterstützen. Denn wenn ein<br />

co-abhängiger � An�ehöriger einen �suchtkranken Menschen<br />

durch seine überverantwortliche Haltung von sämtlichen Lasten<br />

und Pflichten des Alltags befreit, entsteht eine Situation, in der<br />

es für den Abhängigen keinerlei Grund gibt, seinen Konsum einzustellen.<br />

Dadurch werden oft wichtige Krisen verhindert, die<br />

dem Suchtkranken die Augen öffnen und ihn dazu bringen, sich<br />

seiner Realität zu stellen und wieder Verantwortung für das ei-


gene Leben und den Ausstieg aus der Sucht zu übernehmen. Coabhängige�<br />

Familienangehörige sollten außerdem selbst � eine<br />

professionelle Beratungsstelle oder Selbsthilfegruppe aufsuchen.<br />

Weitere Informationen zum Thema, Bilder und den offiziellen Trailer<br />

zum Film „Mia und der Minotaurus“ finden Sie unter:<br />

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Fotonachweis: © Filmakademie Baden-Württemberg 2011<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 65


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DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 67<br />

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Polizeireformen<br />

1. Potsdam (dpa/bb) - Die Polizeireform<br />

in Brandenburg tritt aus Sicht von Innenmin<strong>ist</strong>er<br />

Dietmar Woidke (SPD) jetzt in die entscheidende<br />

Phase. Vom 1. November an<br />

würden landesweit 16 Polizeiinspektionen<br />

eingerichtet, die mit den ihnen unterstellten<br />

33 Revieren die bisherige Struktur aus<br />

Schutzbereichen und Wachen ablösen, teilte<br />

das Innenressort am Montag in Potsdam mit.<br />

Darüber wird es am Ende der im vergangenen<br />

Jahr angeschobenen Reform ein Polizeipräsidium<br />

in Potsdam, und vier Direktionen<br />

in Frankfurt (Oder), Cottbus,<br />

Brandenburg/Havel und Neuruppin geben.<br />

Woidke will bis zum 21. Dezember alle Polizeidirektionen<br />

und -inspektionen besuchen.<br />

Dabei werde er mit Poliz<strong>ist</strong>en, Personalräten<br />

und Kommunalvertretern sprechen, kündigte<br />

der Min<strong>ist</strong>er an. Alle Beteiligten hätten Anspruch<br />

auf umfassende Information über die<br />

geplanten Veränderungen.<br />

Bereits kurz nach seinem Amtsantritt im<br />

Herbst 2010 hatte Woidke das Land bere<strong>ist</strong>,<br />

um vor Ort für die Polize<strong>ist</strong>rukturreform zu<br />

werben, die den Mitarbeitern viel abverlange.<br />

Die Präsenz der Sicherheitskräfte in der Fläche<br />

bleibe gewahrt, bekräftigte der SPD-Politiker.<br />

So ändere sich nichts an der Zahl der<br />

in Brandenburg<br />

und Thüringen<br />

eingesetzten Streifenwagen und Revierpoliz<strong>ist</strong>en.<br />

Auch die vier Einsatzhundertschaften<br />

bestünden weiter.<br />

<strong>Der</strong>zeit umfasst die Polizei den Angaben zufolge<br />

8700 Beschäftigte. Im Jahr 2014 soll die<br />

Reform gründlich überprüft werden.<br />

2. Mehrere Thüringer Innenmin<strong>ist</strong>er haben<br />

sich daran versucht, die Polize<strong>ist</strong>ruktur zu ändern.<br />

Nun kommt die Reform. Die Opposition<br />

hält nicht viel davon. Für sie werden nur Türschilder<br />

umgeschraubt.<br />

Erfurt (dpa/th) - Die seit Jahren in Thüringen<br />

diskutierte Polizeireform hat die vorletzte<br />

Hürde genommen. <strong>Der</strong> Innenausschuss des<br />

Landtages stimmte ihr am Freitag zu, sagte<br />

die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende<br />

Sabine Doht. Damit kann der Landtag in der<br />

kommenden Woche über neue Polize<strong>ist</strong>rukturen<br />

entscheiden. Vorgesehen <strong>ist</strong> die Bildung<br />

einer Landespolizeidirektion, deren Einsatzzentrale<br />

landesweit die Steuerung der Polizei<br />

übernimmt. Aus den sieben Polizeidirektionen<br />

sollen Inspektionen werden. Die SPD erwarte,<br />

dass es dadurch mehr «Qualität in der Führung<br />

von Einsätzen» gibt, sagte Doht. Lange<br />

umstritten war das Polizei-Personalkonzept.<br />

Doht und CDU-Fraktionschef Mike Mohring<br />

äußerten sich überzeugt, dass mit der neuen<br />

Struktur etwa 400 Poliz<strong>ist</strong>en mehr auf den<br />

Straßen unterwegs sein werden als bisher.<br />

Gleichzeitig sollen bis zum Jahr 2020 insgesamt<br />

926 Stellen gestrichen werden. Auf<br />

einen Stellenplan hatten sich auf Drängen<br />

der Innenpolitiker der Koalitionsfraktionen<br />

CDU und SPD das Innen- und Finanzmin<strong>ist</strong>erium<br />

verständigt. Danach werden in diesem<br />

Jahr 150 Polizeianwärter eingestellt, in den<br />

nächsten beiden Jahren sollen es dann jeweils<br />

130 sein und 2014 noch 120. Die Reform<br />

finde jetzt breite Unterstützung in der<br />

Koalition, sagte Mohring. «Alle sind dafür.»<br />

<strong>Der</strong> Fraktionsvorsitzende der Linken, Bodo<br />

Ramelow, übte Kritik. Zu befürchten sei, dass<br />

an die Polizeidienststellen «nur neue Türschilder»<br />

geschraubt würden, sagte er. Ähnlich<br />

äußerte sich die Fraktionschefin der Grünen,<br />

Anja Siegesmund. Zudem sei es ein Geheimnis<br />

der Regierung, wie sie mehr Poliz<strong>ist</strong>en in<br />

den Streifendienst bringen wolle.<br />

Was fehle, sei ein aufeinander abgestimmtes<br />

Reformkonzept des Innen- und des Justizmin<strong>ist</strong>eriums,<br />

sagte Ramelow. Insgesamt fehle<br />

der schwarz-roten Regierung ein «Generalplan<br />

zur Verwaltungsreform». <strong>Der</strong> Fraktionsvorsitzende<br />

der FDP, Uwe Barth, beklagte,<br />

dass der Innenausschuss kurzfr<strong>ist</strong>ig nur mit


Tischvorlagen über Änderungen im Polizeigesetz<br />

informiert worden sei.<br />

Die Polizeireform wird nach dem Willen der<br />

Koalition voraussichtlich am kommenden<br />

Donnerstag vom Parlament verabschiedet.<br />

Sie könnte dann 2012 in Kraft treten. Innenmin<strong>ist</strong>er<br />

Jörg Geibert (CDU) hatte bereits angekündigt,<br />

dass für die Umsetzung ein<br />

längerer Zeitraum gebraucht wird. In der Vergangenheit<br />

hatte es immer wieder Anläufe<br />

gegeben, die Polize<strong>ist</strong>ruktur in Thüringen zu<br />

ändern. Diskutiert worden war auch eine Verringerung<br />

der Zahl der Polizeidirektionen, in<br />

deren Bereich es wiederum eine Vielzahl von<br />

Inspektionen gibt. <strong>Der</strong> Thüringer Landtag hat<br />

am Donnerstag die jahrelang immer wieder<br />

vertagte Polizeireform auf den Weg gebracht.<br />

Sie soll dafür sorgen, dass trotz sinkender<br />

Poliz<strong>ist</strong>enzahl künftig mehr Beamte auf Thüringens<br />

Straßen unterwegs sind. Die Le<strong>ist</strong>ungsfähigkeit<br />

der Polizei werde für die<br />

Zukunft gesichert, betonte Innenmin<strong>ist</strong>er<br />

Jörg Geibert (CDU). «Das <strong>ist</strong> ein Wahnsinns-<br />

Erfolg nach einem Jahrzehnt schweißtreibender<br />

Diskussion.»<br />

Mit der Polizeireform will die Landesregierung<br />

das Kunststück schaffen, trotz Personalabbaus<br />

fast 400 Mitarbeiter mehr in den<br />

Basisdienststellen zu haben. «Das <strong>ist</strong> fast die<br />

Quadratur des Kreises», sagte Geibert. Für<br />

jede Dienststelle seien aber Stellenpläne erstellt<br />

worden, die belegten, dass beide Ziele<br />

auch 2021 noch erreicht würden.<br />

Hier meldete die Opposition Zweifel an: Die<br />

Polizeireform sei ein «sehr blasses Projekt»<br />

und beantworte nicht, wie mit den engeren<br />

Ressourcen umgegangen werde, kritisierte<br />

der Grünen-Abgeordnete Dirk Adams. Im<br />

Prinzip würden nur Schilder umgeschraubt,<br />

beim Landeskriminalamt gebe es überhaupt<br />

keine Änderungen. «Ich kann mir nicht vorstellen,<br />

dass Sie damit Geld sparen», sagte<br />

Adams. Die Linke-Abgeordnete Martina Ren-<br />

ner befürchtete Doppelstrukturen bei der Einsatzbewältigung<br />

zwischen Zentrale und regionalen<br />

Dienststellen.<br />

Kernstück der Reform <strong>ist</strong> die Einrichtung<br />

einer Landespolizeidirektion, die künftig eine<br />

Vielzahl von admin<strong>ist</strong>rativen Funktionen der<br />

bisher sieben regionalen Polizeidirektionen<br />

übernehmen soll. Die bisherigen Direktionen<br />

werden zu Inspektionen.<br />

In der Erfurter Einsatzzentrale sollen landesweit<br />

alle Notrufe über die 110 eingehen.<br />

Auch größere Einsätze sollen von hier geleitet<br />

werden. Die Befürchtung, dass sich viele<br />

der 75 Mitarbeiter, die die Telefonate annehmen,<br />

an den Einsatzorten nicht gut genug<br />

auskennen könnten, wies Geibert zurück. Sie<br />

würden mit elektronischen Karten unterstützt.<br />

Zudem würden die Einsätze zwar zentral<br />

gesteuert, die Führung aber bleibe vor<br />

Ort. Eine gemeinsame Einsatzzentrale biete<br />

das höchste Einsparpotenzial, weil deutlich<br />

weniger Personal gebraucht werde.<br />

Die SPD-Fraktion stimme dem Polizeigesetz<br />

mit einem lachenden und einem weinenden<br />

Auge zu, sagte Innenexperte Heiko Gentzel.<br />

Die Reform sei alternativlos. «<strong>Der</strong> Abbau von<br />

926 Stellen <strong>ist</strong> und bleibt aber ein hartes<br />

Brot.» Bei der Haushaltskonsolidierung<br />

komme Thüringen an den Personalkosten<br />

nicht herum - allein bei der Polizei würden<br />

hier 116 Millionen Euro eingespart. «Andere<br />

Bereiche werden folgen müssen.» Die<br />

Schwarzmalerei der Opposition teile er nicht.<br />

Jetzt müsse die Reform aber erst einmal umgesetzt<br />

werden - hier erwarte er noch «Sand<br />

im Getriebe».<br />

Kein Bestandteil der Reform <strong>ist</strong> die künftige<br />

Polize<strong>ist</strong>ärke - einer der größten politischen<br />

Streitpunkte der vergangenen Jahre. <strong>Der</strong> Landtag<br />

stimmte dazu einem Entschließungsantrag<br />

von CDU und SPD zu, der betont, dass der Polizeivollzug<br />

nicht stärker als bisher vorgesehen<br />

Foto: Arno Bachert/pixelio.de<br />

vom Stellenabbau betroffen sein darf. Zudem<br />

wird gefordert, dass bis 2014 jährlich 150 Polizeianwärter<br />

eingestellt werden. Gewerkschaft<br />

rechnet nicht mit mehr Polizei auf der<br />

Straße Die Polizeireform <strong>ist</strong> einer der politischen<br />

Dauerbrenner in Thüringen. In dieser<br />

Woche soll sie nun vom Landtag beschlossen<br />

werden. Die Gewerkschaft der Polizei spendet<br />

dem Vorhaben nur verhalten Beifall.<br />

Erfurt (dpa/th) - Die Gewerkschaft der Polizei<br />

(GdP) <strong>ist</strong> für eine Polizeireform, rechnet aber<br />

mit deutlich weniger Vorteilen als die Landesregierung.<br />

«Sie wird in geringem Umfang<br />

Reserven freisetzen, um zumindest die<br />

Grundversorgung für die Bevölkerung aufrecht<br />

zu erhalten», sagte GdP-Landesvize<br />

Edgar Große in einem Gespräch mit der<br />

Nachrichtenagentur dpa. Die Erwartung des<br />

Landes an 400 zusätzliche Poliz<strong>ist</strong>en im Streifendienst<br />

teile er nicht. «Wir werden nicht<br />

einen Mann mehr auf der Straße haben.» Die<br />

Reform bringe allerdings eine Entlastung von<br />

Verwaltungsaufwand und bei Mehrfachzuständigkeiten.<br />

Das bedeute eine Straffung der Organisation<br />

insgesamt und biete durchaus das Potenzial,<br />

mehr Kräfte für den operativen Dienst freizusetzen.<br />

Die Gewerkschaft rechne mit weniger<br />

als 100. Das reiche aber nicht aus, um den<br />

Stellenverlust insgesamt zu kompensieren. In<br />

der Praxis reiche allein die Zahl der Neueinstellungen<br />

nicht aus, um die Abgänge in den<br />

Ruhestand auszugleichen, sagte Große.<br />

Eine entscheidende Voraussetzung für die geplante<br />

zentrale Einsatzleitstelle sei die flächendeckende<br />

Einführung des Digitalfunks<br />

und von moderner Einsatzleittechnik. So<br />

müsste ein Mitarbeiter in der Einsatzzentrale<br />

bei Notrufen jederzeit sehen können, wo<br />

Streifenwagen auch in entfernten Regionen<br />

gerade unterwegs seien.<br />

Mit Blick auf die Mitarbeiter sei er «eher optim<strong>ist</strong>isch»,<br />

da sich für den Großteil in den<br />

bisherigen Inspektionen kaum etwas ändere.<br />

«Auch von den Mitarbeitern in den bisherigen<br />

Direktionen wird nur ein Teil in die künftige<br />

Landespolizeidirektion ziehen.» Es sei aber<br />

wünschenswert, dass dort möglichst aus allen<br />

Regionen Thüringens Mitarbeiter säßen. Trotz<br />

aller Technik sei Ortskenntnis unerlässlich.<br />

«Wenn Sie keine Vorstellung von der Region<br />

haben oder es um doppelte Orts- oder Straßennamen<br />

geht, wird es sonst schwierig.»<br />

Insgesamt begrüße die Gewerkschaft aber<br />

die Reform, die seit zehn Jahren überfällig<br />

sei. «Wir brauchen diese Strukturen, damit<br />

überhaupt was voran geht», sagte Große.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 69


Chaos Computer Club<br />

knackt<br />

«Bundestrojaner»<br />

Strafermittler dürfen in engen Grenzen die<br />

Online-Kommunikation von Verdächtigen abhören.<br />

Aber eine dabei eingesetzte Software<br />

ermöglicht nach einer Analyse des Chaos<br />

Computer Clubs auch eine umfassende Überwachung<br />

der Bürger - und die <strong>ist</strong> verfassungswidrig.<br />

Berlin (dpa) - Ermittler in Deutschland haben<br />

nach Informationen des Chaos Computer<br />

Clubs (CCC) eine Software zur Überwachung<br />

von Telekommunikations-Verbindungen eingesetzt,<br />

die einen verbotenen «Großen<br />

Lauschangriff» ermöglicht. <strong>Der</strong> «Bundestrojaner»<br />

sei dem Verein auf mehreren Festplatten<br />

anonym zugespielt und von diesem<br />

analysiert worden, berichtete CCC-Sprecher<br />

Frank Rieger. «Die untersuchten Trojaner können<br />

nicht nur höchst intime Daten ausleiten,<br />

sondern bieten auch eine Fernsteuerungsfunktion<br />

zum Nachladen und Ausführen beliebiger<br />

weiterer Schadsoftware.» Das<br />

Bundesinnenmin<strong>ist</strong>erium dementierte: Das<br />

Bundeskriminalamt (BKA) zumindest habe<br />

keinen «Bundestrojaner» eingesetzt.<br />

«Was auch immer der CCC untersucht hat<br />

oder zugespielt bekommen haben mag, es<br />

handelt sich dabei nicht um einen sogenannten<br />

Bundestrojaner», sagte ein Sprecher am<br />

Sonntag laut Mitteilung in Berlin. Das Min<strong>ist</strong>erium<br />

machte keine Angaben, ob und inwieweit<br />

andere deutsche Ermittlungsbehörden<br />

die Überwachungssoftware eingesetzt haben<br />

könnten: «Im Übrigen sind die zuständigen<br />

Justiz- und Sicherheitsbehörden des Bundes<br />

und der Länder jeweils eigenständig für die<br />

Einhaltung technischer und rechtlicher Vorgaben<br />

verantwortlich.»<br />

<strong>Der</strong> CCC teilte mit, der Einsatz dieser Software<br />

verstoße gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />

vom 27. Februar 2008,<br />

das der Telekommunikationsüberwachung<br />

enge Grenzen setzt. Grüne, FDP und die Piratenpartei<br />

forderten eine Aufklärung und<br />

70 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

ein Einsatzverbot für den «Bundestrojaner».<br />

Bundesjustizmin<strong>ist</strong>erin Sabine Leutheusser-<br />

Schnarrenberger erklärte, die FDP habe immer<br />

vor den Gefahren staatlicher Schnüffelsoftware<br />

gewarnt. «Noch beunruhigender <strong>ist</strong>,<br />

wenn staatliche Überwachungssoftware sich<br />

nicht an die rechtlichen Grenzen des Zulässigen<br />

oder Nicht-Zulässigen hält.» Auch Grünen-Chefin<br />

Claudia Roth zeigte sich alarmiert.<br />

Nach der Analyse des CCC können mit dem<br />

Überwachsprogramm nicht nur Internet-Te-<br />

lefonate belauscht, sondern auch Bildschirmfotos<br />

von Inhalten des Webbrowsers<br />

oder von Chat- und E-Mail-Programmen gemacht<br />

werden. «Auch niemals versendete<br />

Nachrichten oder Notizen könnten so kopiert<br />

werden. Intime Notizen gehörten aber zu<br />

dem strikt geschützten Kernbereich, den das<br />

Bundesverfassungsgericht bewahrt sehen<br />

wollte», schrieb CCC-Sprecher Rieger in der<br />

«Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung».<br />

Wegen Fehlern in der Software entstünden<br />

«eklatante Sicherheitslücken in den infiltrier-


ten Rechnern, die auch Dritte ausnutzen<br />

können».<br />

<strong>Der</strong> Antiviren-Spezial<strong>ist</strong> F-Secure bestätigte<br />

in einer eigenen Analyse, dass das Programm<br />

unter anderem die Eingaben eines Nutzers<br />

im Internet-Browser Firefox und bei Chat-<br />

Programmen wie Skype oder ICQ aufzeichnen<br />

könne. Außerdem könnten Audio-Stücke<br />

aufgenommen werden. «Wir haben keinen<br />

Grund, die Erkenntnisse des CCC anzuzweifeln»,<br />

teilte F-Secure mit.<br />

Die Sicherheitsbehörden in Deutschland bestehen<br />

darauf, dass sie zur Verfolgung von<br />

schweren Straftaten auch eine legale Möglichkeit<br />

haben müssen, Telefonate von Tatverdächtigen<br />

im Internet abhören zu können.<br />

Die Telekommunikationsüberwachung an der<br />

Quelle, kurz als Quellen-TKÜ bezeichnet, soll<br />

eine Möglichkeit bieten, die Kommunikation<br />

über das Internet abzuhören, bevor sie für<br />

den Weg durchs Netz verschlüsselt wird.<br />

Das Bundesverfassungsgericht setzte im Februar<br />

2008 hohe rechtliche Hürden für Online-<br />

Durchsuchungen. Das heimliche Ausspähen<br />

eines Computer-Anwenders zur Gefahrenabwehr<br />

<strong>ist</strong> demnach nur zulässig, wenn es klare<br />

gesetzliche Regeln dafür gibt. Außerdem<br />

muss die Aktion der «Abwehr einer konkreten<br />

Gefahr für ein überragend wichtiges<br />

Rechtsgut» dienen und durch einen Richter<br />

angeordnet werden.<br />

<strong>Der</strong> Chaos Computer Club erklärte, die nun<br />

aufgetauchte Software ermögliche einen viel<br />

weitergehenden Angriff. «Es <strong>ist</strong> wohl das erste<br />

Mal, dass entgegen dem expliziten Votum<br />

aus Karlsruhe systematisch eine heimliche<br />

Ausweitung der Überwachungsmöglichkeiten<br />

in den klar illegalen Bereich vorgenommen<br />

wurde», sagte CCC-Sprecher Rieger.<br />

<strong>Der</strong> «Trojaner» könne über das Netz weitere<br />

Programme nachladen und ferngesteuert<br />

ausführen. «Eine Erweiterbarkeit auf die<br />

volle Funktionalität des Bundestrojaners -<br />

also das Durchsuchen, Schreiben, Lesen<br />

sowie Manipulieren von Dateien - <strong>ist</strong> von Anfang<br />

an vorgesehen.» Sogar ein digitaler großer<br />

Lausch- und Spähangriff sei möglich,<br />

indem ferngesteuert auf das Mikrofon, die<br />

Kamera und die Tastatur des Computers zugegriffen<br />

werde.<br />

In den Tests habe der CCC mit dem Trojaner<br />

Inhalte des Webbrowsers ausspioniert - inklusive<br />

privater Notizen, E-Mails oder Texten<br />

in webbasierten Cloud-Diensten. «Wir<br />

waren überrascht und vor allem entsetzt,<br />

dass diese Schnüffelsoftware nicht einmal<br />

den elementarsten Sicherheitsanforderungen<br />

genügt», sagte ein CCC-Sprecher. Selbst<br />

einfache Absicherungen, wie beim Online-<br />

Banking oder bei Flirtportalen üblich, gebe<br />

es nicht. «Das Sicherheitsniveau dieses Trojaners<br />

<strong>ist</strong> nicht besser, als würde er auf allen<br />

infizierten Rechnern die Passwörter auf<br />

"1234" setzen.»<br />

<strong>Der</strong> ehemalige Bundesinnenmin<strong>ist</strong>er Gerhart<br />

Baum und der frühere Vizepräsident des Bundestages,<br />

Burkhard Hirsch, sprachen von<br />

einem «bisher schlicht für unmöglich gehaltenen<br />

Vorgang». Die beiden FDP-Politiker forderten<br />

den Bundestag auf, den Vorgang<br />

öffentlich und unverzüglich aufzuklären. Sie<br />

kündigten an, den Vorgang in eine Verfassungsbeschwerde<br />

einzuführen, die sie 2009<br />

gegen das BKA-Gesetz in Karlsruhe eingereicht<br />

hatten. So arbeitet eine Trojaner-Software<br />

<strong>Der</strong> Name «Trojaner» für eine Schadsoftware<br />

spielt auf das Trojanische Pferd in<br />

der griechischen Mythologie an. Das riesige<br />

Holzpferd hatten die Griechen nach vergeblicher<br />

Belagerung vor Troja scheinbar zurückgelassen.<br />

Nachdem die Trojaner es in die<br />

Stadt gezogen hatten, krochen des Nachts im<br />

Inneren versteckte Soldaten heraus, öffneten<br />

die Stadtmauern und ließen das Heer der<br />

Griechen ein.<br />

Im digitalen Zeitalter täuschen Trojaner eine<br />

nützliche Anwendung vor, erfüllen im Hintergrund<br />

aber eine ganz andere Funktion. Computer-Kriminelle<br />

nutzen sie beispielsweise,<br />

um Passwörter für E-Mail-Konten abzufangen<br />

oder Online-Banking zu manipulieren.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 71


Dabei werden unter anderem Tastatur-Eingaben<br />

des Anwenders ausspioniert.<br />

Verbreitet werden Trojaner me<strong>ist</strong> über manipulierte<br />

E-Mails oder das Internet. So werden<br />

Anwender beispielsweise mit einem Lockangebot<br />

aufgefordert, eine Software zu installieren.<br />

Folgt der User dieser Aufforderung, n<strong>ist</strong>et<br />

sich der Schädling auf dem Computer ein.<br />

Ähnlich können auch Strafverfolgungsbehörden<br />

in Deutschland Trojaner nutzen: Sie dürfen<br />

Überwachungsprogramme nicht im<br />

Rahmen eines Einbruchs auf den Rechnern<br />

von Verdächtigen installieren, können aber<br />

versuchen, sie selbst mit Tricks zur Installation<br />

der Überwachungssoftware zu bewegen. Es<br />

soll auch Fälle gegeben haben, wo Ermittler<br />

eine legale Hausdurchsuchung ausgenutzt<br />

haben, um ihre Überwachungssoftware auf<br />

Rechnern der Verdächtigen zu installieren.<br />

<strong>Der</strong> nun vom Chaos Computer Club (CCC)<br />

analysierte Trojaner kann Internet-Telefonate<br />

abhören - was in engen Grenzen auch legal<br />

<strong>ist</strong>. Die Software kann der Beschreibung der<br />

CCC-Experten zufolge aber auch Programmcode<br />

aus dem Netz nachladen und könnte<br />

dann verfassungswidrige Aktionen durchführen.<br />

Bei der technischen Umsetzung seien die<br />

Programmierer außerdem so schlampig vorgegangen,<br />

dass nicht nur Behörden diesen<br />

Code nachschieben können, sondern auch<br />

Dritte. Bund und Länder wollen Spionage-<br />

Software selbst entwickeln In Zukunft soll<br />

der Staat seine Trojaner selbst bauen. Und<br />

72 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

die bereits eingesetzten Spionage-Programme<br />

müssen überprüft werden. Darauf<br />

haben sich die Innenmin<strong>ist</strong>er geeinigt. Aber<br />

reicht das aus? <strong>Der</strong> Streit in der Regierung <strong>ist</strong><br />

damit noch nicht beigelegt. Nach massiver<br />

Kritik am Einsatz der umstrittenen Spionage-<br />

Software wollen Bund und Länder künftig die<br />

Technik zur Überwachung selbst entwickeln.<br />

Bundesinnenmin<strong>ist</strong>er Hans-Peter Friedrich<br />

(CSU) kündigte am Donnerstag die Einrichtung<br />

eines Kompetenzzentrums für die sogenannte<br />

Quellen-TKÜ zum Aufzeichnen von<br />

Internet-Kommunikation beim Bundeskriminalamt<br />

(BKA) an.<br />

Die Bundesländer seien eingeladen, sich<br />

daran zu beteiligen, sagte Friedrich in Berlin<br />

nach einer Telefonkonferenz mit seinen<br />

Kollegen aus den Ländern. Mehrere Bundesländer<br />

kündigten bereits Unterstützung an.<br />

Darüber hinaus soll ein Expertengremium<br />

eingerichtet werden, das die bisher benutzte<br />

Software von privaten Anbietern überprüft<br />

und zertifiziert.<br />

Die Innenmin<strong>ist</strong>er reagierten damit auf Forderungen<br />

von Bundesjustizmin<strong>ist</strong>erin Sabine<br />

Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), aber<br />

auch aus den Ländern und der Opposition,<br />

die umstrittene Trojaner-Software nicht privaten<br />

Herstellern zu überlassen. <strong>Der</strong> Kern der<br />

benutzten Software, der sogenannte Quellcode,<br />

<strong>ist</strong> den staatlichen Stellen angeblich<br />

bisher nicht bekannt. Missbrauch durch zusätzliche<br />

Funktionen konnte deshalb nicht<br />

ausgeschlossen werden.<br />

Die Justizmin<strong>ist</strong>erin hält aber die Ankündigungen<br />

der Innenmin<strong>ist</strong>er nicht für ausreichend.<br />

Dies sei bestenfalls ein erster<br />

Schritt. «Es <strong>ist</strong> überfällig, dass der Staat<br />

künftig den Grundrechtsschutz nicht mehr<br />

faktisch in die Hände privater Programmierer<br />

legen wird», sagte sie. Eine koordinierte Aufklärung<br />

von Bund und Ländern über möglichen<br />

Missbrauch der bisher eingesetzten<br />

Software fehle nach wie vor.<br />

Friedrich betonte, dass die Überwachung von<br />

Internet- Kommunikation im Kampf gegen<br />

Terrorismus und organisierte Kriminalität unverzichtbar<br />

bleibe. Es gebe aber «keinerlei<br />

Anhaltspunkte dafür, dass andere Daten abgefragt<br />

wurden». Auch der Vorsitzende der<br />

Innenmin<strong>ist</strong>erkonferenz, der hessische Ressortchef<br />

Boris Rhein (CDU) sagte, innerhalb<br />

der gesetzlichen Grenzen sei dieses Vorgehen<br />

auch in Zukunft «absolut notwendig, um Terrorismus<br />

und Schwerkriminalität effektiv bekämpfen<br />

zu können».<br />

Über die Kosten der geplanten Maßnahmen<br />

machte Friedrich keine Angaben, betonte aber:<br />

«Wir werden sicher zusätzliche Experten einstellen<br />

müssen.» <strong>Der</strong> niedersächsische Innenmin<strong>ist</strong>er<br />

Uwe Schünemann (CDU) sagte nach<br />

der Konferenz: «Wir werden selbstverständlich<br />

weiter sicherstellen, dass wir mit einer entsprechenden<br />

Software ausschließlich den<br />

rechtlich vorgegebenen Rahmen nutzen.»<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat der Überwachung<br />

von Computern enge rechtliche


Grenzen gesetzt. Die Online-Durchsuchung<br />

eines Rechners <strong>ist</strong> nach einem Urteil aus dem<br />

Jahr 2008 nur bei konkreter Gefahr für hochrangige<br />

Rechtsgüter zulässig. Diskussion<br />

um Staatstrojaner: Eine Überprüfung <strong>ist</strong><br />

Pflicht Ein TÜV für den Staatstrojaner: Bundesinnenmin<strong>ist</strong>er<br />

Hans-Peter Friedrich (CSU)<br />

will die umstrittene staatliche Schnüffel-<br />

Software von Experten überprüfen lassen.<br />

Künftig soll sie der Staat sogar selbst entwickeln.<br />

Experten stimmen zu, dass mehr Kontrolle<br />

nötig <strong>ist</strong> - ein selbst gebauter Trojaner<br />

aber nicht.<br />

Warum bestehen Zweifel, dass die Behörden<br />

die Software gründlich genug<br />

überprüft haben?<br />

Finanz- und Innenmin<strong>ist</strong>erium beteuerten,<br />

dass Zollkriminalamt (ZKA) und Bundeskriminalamt<br />

(BKA) die Funktionen des Trojaner<br />

gründlich überprüft hätten. Allerdings erklärten<br />

sie, dass die ihnen unterstellten Behörden<br />

nicht den Quellcode gekannt hätten - also<br />

den Bauplan der Software. Vorgelegen habe<br />

nur der für Rechner lesbare Maschinencode.<br />

Ihn zu analysieren, <strong>ist</strong> extrem aufwendig. Versteckte<br />

Funktionen lassen sich nur mit größer<br />

Mühe entdecken.<br />

Woher weiß dann der Chaos Computer<br />

Club, was die Software kann?<br />

Die Analyse des Trojaners vergleicht CCC-<br />

Sprecher Frank Rieger in einem Beitrag für<br />

die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (FAZ)<br />

mit der Obduktion einer unbekannten Spezies<br />

von Lebewesen: Man versuche, einzelne<br />

Funktionen wie die Augen zu<br />

identifizieren und vergleiche sie mit bekannten<br />

Strukturen - etwa Linse, Hornhaut<br />

und Pupille. Auf die Analyse von Software<br />

übertragen heißt das: «Wenn man ergründen<br />

will, was eine bestimmte Routine des<br />

Trojaners bewirkt, schaut man als Erstes<br />

nach, welche Funktionen des Betriebssystems<br />

sie benutzt.»<br />

Könnte ein Art staatlicher Software-<br />

TÜV helfen?<br />

Bundesinnenmin<strong>ist</strong>er Hans-Peter Friedrich<br />

(CSU) will ein Expertengremium einrichten,<br />

das die bisher benutzte Software von privaten<br />

Anbietern überprüft und zertifiziert. In<br />

der Industrie <strong>ist</strong> solch eine Qualitätskontrolle<br />

eine Selbstverständlichkeit. Dazu sei auch der<br />

Staat in der Pflicht, sagt Prof.<br />

Hartmut Pohl von der Universität Bonn-<br />

Rhein-Sieg: «Es muss überprüft werden, ob<br />

die Software dem Anforderungskatalog exakt<br />

entspricht.» Mit genauen Vorgaben verhindere<br />

man nicht nur technische Fehler, sondern<br />

auch rechtliche Probleme.<br />

Einen eigenen TÜV müsse der Staat dafür<br />

aber nicht gründen, meint der Informatiker:<br />

Das nötige technische Know-how sei beispielsweise<br />

bei den Datenschutzbehörden,<br />

Rechnungshöfen oder auch dem Bundesamt<br />

für Sicherheit in der Informationstechnik<br />

(BSI) vorhanden.<br />

<strong>Der</strong> Bund will Trojaner-Software<br />

selbst entwickeln. Ist das sinnvoll?<br />

«Private Firmen bauen Telefonanlagen, Panzer<br />

und entwickeln Software fürs Militär»,<br />

sagt der IT-Sicherheitsspezial<strong>ist</strong> Holger Heimann.<br />

<strong>Der</strong> Geschäftsführer der Firma it.sec<br />

in Ulm sieht daher kein grundsätzliches Problem<br />

darin, von der Privatwirtschaft einen<br />

Trojaner entwickeln zu lassen - so lange der<br />

Auftragnehmer seriös sei und es die nötigen<br />

Kontrollen gebe.<br />

Das hätte durchaus Vorteile für den Staat,<br />

sagt Heimann: «Private Firmen werden eher<br />

effizient entwickeln, insbesondere wenn aus<br />

Auftragsarbeiten "Standardprodukte" werden».<br />

Allerdings müsse man dann davon<br />

ausgehen, dass die Entwickler ihre Produkte<br />

auch in anderen Märkten anbieten - womöglich<br />

ohne Einschränkungen.<br />

Was <strong>ist</strong> mit der richterlichen Kontrolle?<br />

<strong>Der</strong> Trojaner-Einsatz zur Überwachung von<br />

Internet-Telefonaten (Quellen-TKÜ) steht<br />

unter richterlichem Vorbehalt. Aber: «Es <strong>ist</strong><br />

ein Riesenproblem, dass in der Regel zu<br />

wenig Zeit vorhanden <strong>ist</strong>, um den Antrag der<br />

Staatsanwaltschaft in der Tiefe zu überprüfen»,<br />

sagt Chr<strong>ist</strong>ine Nordmann, Sprecherin<br />

der Neuen Richtervereinigung. Das Pensum<br />

dafür sei zu knapp berechnet.<br />

<strong>Der</strong> Deutsche Richterbund erklärt, es gebe relativ<br />

wenig Anträge auf Quellen-TKÜ (rund<br />

100 durch alle Sicherheitsbehörden sind bekannt)<br />

- weil die Prüfung eine besondere Aufgabe<br />

sei, nähmen sich die Richter dafür viel<br />

Zeit. «Alle Beteiligten sind sich bewusst, dass<br />

es sehr schwerwiegender Eingriff in die<br />

Grundrechte der Betroffenen <strong>ist</strong>», betont<br />

Chr<strong>ist</strong>oph Frank, Vorsitzender der Verbandes<br />

und selbst Oberstaatsanwalt. So oder so:<br />

Beide Verbände fordern mehr Stellen für Ermittlungsrichter,<br />

die über solche Eingriffe in<br />

die Grundrechte entscheiden. Polizei fordert<br />

klare Regeln für Späh-Software Für den Ein-<br />

satz von Späh-Software fordern Ermittler angesichts<br />

des Wirbels um Computerüberwachung<br />

einen klaren Rechtsrahmen. <strong>Der</strong><br />

Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei<br />

(GdP), Bernhard Witthaut, sagte der «Passauer<br />

Neuen Presse» (Mittwoch): «Es muss<br />

endlich für den Bereich der Onlineüberwachung<br />

klare verbindliche Regelungen geben.<br />

Die Bundesjustizmin<strong>ist</strong>erin muss die gesetzlichen<br />

Lücken schließen.»<br />

<strong>Der</strong> FDP-Rechtsexperte Marco Buschmann<br />

stellte den Einsatz von Spionage-Software<br />

durch die Sicherheitsbehörden grundsätzlich<br />

infrage. «<strong>Der</strong> nun enthüllte Staatstrojaner<br />

nährt erhebliche Zweifel, dass ein Einsatz von<br />

Spionage-software im Rahmen der deutschen<br />

Verfassung überhaupt möglich <strong>ist</strong>»,<br />

sagte er der «Neuen Osnabrücker Zeitung»<br />

(Mittwoch). Bisher deute vieles darauf hin,<br />

dass die Risiken eines eingeschleusten Trojaners<br />

für die Privatsphäre technisch nicht beherrschbar<br />

seien. Buschmann schlug vor:<br />

«Die Strafverfolger sollten sich künftig an<br />

den Internetdienst Skype in Luxemburg wenden.»<br />

Das Unternehmen sei in der Lage, die<br />

verschlüsselte Kommunikation zu dechiffrieren.<br />

Deutsche Behörden könnten solche Auskünfte<br />

in einem Rechtshilfeverfahren auch<br />

durchsetzen.<br />

Die umstrittene staatliche Schnüffel-Software<br />

sorgt für Streit in der schwarz-gelben Koalition.<br />

Justizmin<strong>ist</strong>erin Sabine Leutheusser-<br />

Schnarrenberger (FDP) fordert vom<br />

Innenressort Vorschläge zur Änderung des<br />

Bundeskriminalamt-Gesetzes, um die Privatsphäre<br />

und den Grundrechtsbereich besser<br />

zu schützen. Dagegen wirft Innenmin<strong>ist</strong>er<br />

Hans-Peter Friedrich (CSU) seiner Kabinettskollegin<br />

vor, Ermittler unter «Generalverdacht»<br />

zu stellen. Friedrich rief die Länder<br />

auf, die umstrittene Software nicht mehr zu<br />

verwenden. Nach Baden-Württemberg hat<br />

auch Bayern erklärt, die Trojaner zunächst<br />

nicht weiter einsetzen zu wollen.<br />

<strong>Der</strong> ehemalige Bundesverfassungsrichter<br />

Wolfgang Hoffmann-Riem, der 2008 am<br />

Karlsruher Urteil zur Online-Durchsuchung<br />

mitgewirkt hatte, sagte der «Augsburger Allgemeinen»<br />

(Mittwoch): «Wenn der Staat<br />

eine Software einsetzt, die eine Ausspähung<br />

des Computers oder gar den Missbrauch<br />

durch Dritte ermöglicht, <strong>ist</strong> der Einsatz verfassungswidrig.»<br />

Ein Trojaner dürfe zur<br />

Überwachung der Telekommunikation nur in<br />

den gesetzlich vorgesehenen Fällen und nur<br />

dann eingesetzt werden, wenn technische<br />

Vorkehrungen unbefugte Nutzungen ausschlössen.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 73


Neue Dimension<br />

des Linksextremismus -<br />

oder schon Terrorismus?<br />

Bundesanwaltschaft und BKA ermitteln<br />

wegen Brand-Attacken auf Bahn<br />

Die Brand-Attacken auf die Bahn haben eine<br />

neue Dimension erreicht. Erneute Funde von<br />

Brandsätzen legen eine weitere wichtige ICE-<br />

Strecke lahm. Die Bundesanwaltschaft schaltet<br />

sich ein. Wer genau hinter der Sabotage<br />

steckt, <strong>ist</strong> noch immer unklar.<br />

Berlin (dpa) - Die obersten deutschen Bundesermittler<br />

fahnden jetzt nach den Urhebern<br />

der Serie von Bahn-Brandanschlägen<br />

in Berlin und Brandenburg. Die Bundesanwaltschaft<br />

in Karlsruhe hat am Mittwoch Ermittlungen<br />

aufgenommen. Es bestehe der<br />

Verdacht der «verfassungsfeindlichen Sabotage»,<br />

sagte ein Sprecher der Behörde. Das<br />

Bundeskriminalamt (BKA) sei mit der weiteren<br />

Aufklärung beauftragt.<br />

Den dritten Tag in Folge wurden<br />

in Berlin Brandsätze an Gleisen der Bahn entdeckt.<br />

<strong>Der</strong> Zugfernverkehr von und nach Berlin<br />

war erheblich gestört. Zehntausende<br />

Reisende am Hauptbahnhof - einem der zentralen<br />

Bahnknotenpunkte Deutschlands -<br />

waren von Verspätungen und ausgefallenen<br />

Zügen betroffen.<br />

Die Polizei geht bisher von linksextrem<strong>ist</strong>ischen<br />

Tätern aus. Die Politiker sind sich<br />

uneins, ob es sich bei den Taten um eine neue<br />

Dimension linksextremer Gewalt handelt.<br />

Bundesverkehrsmin<strong>ist</strong>er Peter Ramsauer<br />

(CSU) legte dies nahe.<br />

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe <strong>ist</strong><br />

unter anderem für die Verfolgung terror<strong>ist</strong>ischer<br />

Gewalttaten zuständig. Noch am Vortag<br />

hatte ein Sprecher gesagt, es gebe keine<br />

Anzeichen, dass die Vorfälle in die Zuständigkeit<br />

der Behörde fielen. Nun heißt es<br />

dort: «Ausmaß und Anzahl der Anschläge»<br />

sprächen für eine besondere Bedeutung des<br />

Falles.<br />

74 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

Die Bahn prüft derzeit nach Angaben ihres<br />

Sicherheitschefs Gerd Neubeck, ob weiteres<br />

Sicherheitspersonal eingestellt wird. Seit den<br />

ersten Funden am Montag suchen Bahn und<br />

Bundespolizei verstärkt alle Gleisanlagen ab.<br />

Nach der Strecke Berlin-Hamburg musste am<br />

Mittwoch auch die zweite wichtige Fernbahnstrecke<br />

von und nach Berlin zweitweise<br />

gesperrt werden. Züge Richtung Hannover<br />

wurden umgeleitet, nachdem an den Gleisen<br />

der Strecke im Westen Berlins zwei weitere<br />

Brandsätze entdeckt wurden. Einer davon<br />

war vermutlich schon am Montag oder<br />

Dienstag explodiert.<br />

Betroffen waren durch die Streckensperrung<br />

auch Reisende nach Frankfurt, ins Ruhrgebiet<br />

und ins Rheinland. Einen anderen Brandsatz<br />

fanden Bundespoliz<strong>ist</strong>en am Mittwoch zwischen<br />

den Bahnhöfen Schöneberg und Südkreuz<br />

südlich der Berliner Innenstadt.<br />

Trotz der Verspätungen und Zugausfälle hielt<br />

sich der Unmut der Bahnkunden am Berliner<br />

Hauptbahnhof vergleichsweise in Grenzen.<br />

Zehntausenden gestrandeten Fahrgästen<br />

blieb aber auch wenig anderes übrig, als geduldig<br />

auf den Bahnsteigen zu warten. Verständnislos<br />

reagierten viele Menschen<br />

allerdings auf die Methoden der Täter.<br />

Die Polizei geht davon aus, dass alle Brandsätze<br />

gleichzeitig von mutmaßlich linksextrem<strong>ist</strong>ischen<br />

Tätern deponiert wurden und<br />

seitdem nach und nach entdeckt werden. Insgesamt<br />

handelt es sich bislang um mindestens<br />

14 Brandsätze in der Hauptstadt und im<br />

Umland. Die Polizei schloss nicht aus, dass es<br />

noch weitere, nicht entdeckte Sprengsätze<br />

gibt. Bislang konnten keine Täter gefasst<br />

werden. Verletzt wurde niemand.<br />

Bundesverkehrsmin<strong>ist</strong>er Ramsauer verurteilte<br />

die versuchten Brandstiftungen scharf<br />

und sprach von «verbrecherischen terror<strong>ist</strong>i-<br />

schen Anschlägen», die auch in eine neue Dimension<br />

hineingingen. Berlins Regierender<br />

Bürgerme<strong>ist</strong>er Klaus Wowereit (SPD) widersprach:<br />

«Ich gehe nicht davon aus, dass uns<br />

hier ein neuer Linksterrorismus droht. Selbstverständlich<br />

<strong>ist</strong> das aber ein furchtbarer Zustand,<br />

dass Menschen andere Menschen<br />

gefährden. Das muss bekämpft werden.»<br />

Auch das Bundesinnenmin<strong>ist</strong>erium sah noch<br />

keinen neuen Linksterrorismus in Deutschland.<br />

Es gebe bislang keine Hinweise darauf,


dass aus den linksextrem<strong>ist</strong>ischen Strukturen<br />

bereits linksterror<strong>ist</strong>ische Vereinigungen im<br />

Sinne des Strafgesetzbuches geworden seien,<br />

sagte Min<strong>ist</strong>eriumssprecher Jens Teschke.<br />

Die Linke d<strong>ist</strong>anzierte sich von den Urhebern<br />

der Aktionen: «Wer Brandbomben an Bahngleise<br />

legt, <strong>ist</strong> nicht links sondern kriminell.<br />

Gewalt <strong>ist</strong> keine Politik sondern eine Straftat<br />

und muss verfolgt werden», schrieb Parteichef<br />

Klaus Ernst am Mittwoch im Kurznachrichtendienst<br />

Twitter.<br />

Nach den ersten Anschlägen war am Montag<br />

ein Bekennerschreiben im Internet aufgetaucht.<br />

Eine linksextreme Gruppe protestierte<br />

darin gegen den Bundeswehreinsatz in Afghan<strong>ist</strong>an.<br />

Für die Brandsätze verwendeten die Täter<br />

me<strong>ist</strong> Plastikflaschen, die mit Benzin gefüllt<br />

und mit Zündern versehen waren. Sie wurden<br />

in Kabelschächten deponiert und soll-<br />

ten Kabelstränge und Leitungen zerstören,<br />

mit denen Weichen und Signale gesteuert<br />

werden.<br />

Eine Gefahr für Menschen sahen Experten<br />

nicht, weil bei einem Ausfall der Technik alle<br />

Züge gestoppt werden. Die allerme<strong>ist</strong>en der<br />

mindestens 14 Brandsätze zündeten nicht.<br />

Entweder verhinderte das Regenwetter<br />

Schlimmeres oder sie versagten aus technischen<br />

Gründen. Wer steckt hinter den Angriffen<br />

auf die Bahn? Schon werden<br />

Vergleiche zu den Anfängen der RAF gezogen.<br />

Doch Experten sagen, es handele sich<br />

um eine sehr militante Form von Linksextremismus,<br />

die mit dem RAF-Terror nichts zu<br />

tun habe. Rainer Wendt <strong>ist</strong> ein Freund klarer<br />

Ansagen und macht sich als «Lautsprecher»<br />

der Polizei nicht überall Freunde. <strong>Der</strong> Chef<br />

der Deutschen Polizeigewerkschaft warnt<br />

seit Jahren vor einer gefährlichen Zunahme<br />

linksextremer Gewalttaten. Den Fund von<br />

18 Brandsätzen an Bahnstrecken im Großraum<br />

Berlin bis Donnerstagnachmittag interpretiert<br />

er als beginnenden Linksterrorismus,<br />

«auch wenn dies aus der politischen<br />

Perspektive der Regierung noch<br />

nicht erkannt oder anders bewertet wird.»<br />

Dies sei nach versuchten «Mordanschlägen»<br />

auf die Polizei, etwa bei den 1.- Mai-<br />

Demonstrationen in Berlin, eine neue Eskalationsstufe.<br />

Klar <strong>ist</strong>: Die versuchten Brandanschläge sind<br />

eine neue Qualität von Sabotage und verursachen<br />

durch Zugausfälle erheblichen Schaden.<br />

Fast jede Nacht brennen in Berlin seit<br />

Monaten zudem Autos - anfangs nur Luxuslimousinen,<br />

nun müssen sich aber selbst<br />

Kleinwagenbesitzer fürchten. Auch hier war<br />

schnell die Rede von einer neuen Form linker<br />

Gewalt, doch inzwischen scheint klar, dass<br />

auch Pyromanen und ohne politische Motive<br />

agierende Täter mit von der Partie sind.<br />

Daher sind Experten auch vorsichtig, wenn<br />

nun bei den Attacken auf die Bahn Parallelen<br />

zu den Anfängen der Rote Armee Fraktion<br />

(RAF) gezogen werden. Die RAF galt seit den<br />

70er Jahren als Inbegriff für Terror, Gewalt und<br />

Mord von links. Insgesamt fielen ihr mindestens<br />

36 Menschen zum Opfer. Doch der Berliner<br />

Protestforscher Dieter Rucht sagt: «Das <strong>ist</strong><br />

eine ganz andere Nummer gewesen.»<br />

Zwar begann auch der RAF-Terror mit Brandstiftungen<br />

- in Kaufhäusern, um gegen einen<br />

«Konsumwahn» und den Vietnamkrieg zu<br />

protestieren. Doch Ruch betont: «Ich glaube<br />

nicht, dass wir am Anfang einer Spirale nach<br />

oben stehen.» Verbrechen wie gegen die<br />

Bahn würden in der Regel von sehr kleinen<br />

Gruppen verübt. Es gehe ihnen vor allem um<br />

eine symbolische Bedeutung. Die geringe<br />

Sprengkraft der Brandsätze könne ein Indiz<br />

dafür sein, dass es eine gewisse Hemmschwelle<br />

gebe.<br />

Bisher gibt es trotz eines Bekennerschreibens<br />

einer linksextremen Gruppe keine konkreten<br />

Hinweise auf die Täter. In dem Schreiben werden<br />

die Anschläge mit Rüstungstransporten<br />

der Bahn begründet. Doch ob Deutschland<br />

eine neue Welle der Gewalt droht, scheint<br />

fraglich, zumal die Aktionen selbst im linksextremen<br />

Lager kritisch gesehen werden,<br />

weil vor allem die Bürger als Bahnfahrer die<br />

Leidtragenden sind. Auch der Berliner Verfassungsschutz<br />

und Berlins Innensenator Ehrhart<br />

Körting (SPD) sehen eher eine isolierte<br />

Einzelgruppe am Werk.<br />

Dass es sich oft um Splittergruppen handelt,<br />

zeigt das Beispiel der Antiimperial<strong>ist</strong>ischen<br />

Zellen aus den 90ern. Diese bildete sich,<br />

nachdem die RAF im April 1992 ihren Verzicht<br />

auf Gewalt gegen Menschen erklärt<br />

hatte. Nach Anschlägen mit hohem Sachschaden<br />

warnten Sicherheitsexperten damals<br />

vor einer enormen Gefahr. Von 20 bis 50<br />

«Wochenend-Terror<strong>ist</strong>en» war die Rede, die<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 75


nicht im Untergrund leben, sondern sich nur<br />

kurzzeitig an Terrorakten beteiligen. Letztlich<br />

steckten aber wohl nur zwei Physik-Studenten<br />

hinter den Anschlägen.<br />

Die Anschläge gegen die Bahn reißen nun<br />

altbekannte politische Gräben wieder auf.<br />

Die Union beurteilt linksextrem<strong>ist</strong>ische Kriminalität<br />

und Gewalt naturgemäß etwas anders<br />

als Parteien, die links von ihr stehen.<br />

Bundesinnenmin<strong>ist</strong>er Hans-Peter Friedrich<br />

(CSU) warnte, man müsse aufpassen, dass<br />

sich nun kein neuer Linksterrorismus entwickelt.<br />

Bereits im Juli hatte er bei der Vorstellung<br />

des neuen Verfassungsschutzberichtes<br />

vor einer steigenden Gewaltbereitschaft von<br />

Linksextrem<strong>ist</strong>en gesprochen. Friedrich hatte<br />

dabei die Stat<strong>ist</strong>ik aus den ersten fünf Monaten<br />

vor Augen, nach der die Zahl linksextrem<strong>ist</strong>ischer<br />

Straftaten gestiegen <strong>ist</strong>.<br />

Jedoch sieht selbst der CSU-Politiker Friedrich<br />

derzeit keine terror<strong>ist</strong>ischen Strukturen. Er<br />

stützt sich dabei vor allem auf die geltende<br />

Rechtslage, nach der politisch motivierte<br />

Brandschläge erst bei einer erheblichen Gefährdung<br />

des Staates als Terrorismus zu bewerten<br />

sind.<br />

<strong>Der</strong> SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz<br />

sagt zu den Bahnanschlägen deutlicher:<br />

«Das hat mit Terrorismus nichts zu tun.»<br />

Zwar müssten die Anschläge gegen die Bahn<br />

sehr ernst genommen werden. Aber Terrorismus<br />

zeichne sich dadurch aus, dass Menschen<br />

getötet würden, dass Schrecken und<br />

Panik unter der Bevölkerung verbreitet<br />

werde. Die Bahnattacken seien keine Bagatellen,<br />

so Wiefelspütz. «Aber wir sollten auf<br />

dem Teppich bleiben, wenn wir uns zu solchen<br />

Vorgängen äußern. An Bahnanlagen<br />

in Berlin und Umgebung werden immer<br />

mehr Brandsätze entdeckt. Reisende und<br />

Pendler leiden unter Zugausfällen und erheblichen<br />

Verspätungen. Niemand kann<br />

sagen, ob alle Brandsätze gefunden sind.<br />

Gibt es mittlerweile einen neuen Linksterrorismus<br />

in Deutschland? Die wichtigsten Fragen<br />

und Antworten zu den bisherigen<br />

Funden:<br />

Wo wurden die Brandsätze entdeckt?<br />

Offensichtlich haben die Täter sich entscheidende<br />

Punkte im Berliner Bahnnetz ausgesucht,<br />

um den Verkehr möglichst umfassend<br />

lahmzulegen. Zum Beispiel wurden mit den<br />

in Brandenburg und im Westen Berlins entdeckten<br />

Brandsätzen zwei der drei ICE-Strecken<br />

blockiert - die nach Hamburg und die<br />

nach Hannover. Bis Mittwochnachmittag<br />

wurden mindestens 14 entdeckt.<br />

76 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

Wie waren die Brandsätze aufgebaut?<br />

Me<strong>ist</strong> waren es Plastikflaschen, die mit Benzin<br />

gefüllt und mit Zeitzündern verbunden<br />

waren. Sie wurden in Kabelschächten deponiert<br />

und richteten sich gegen Kabelstränge<br />

und Leitungen der Bahn, mit denen Weichen<br />

und Signale gesteuert werden. Laut Ermittlern<br />

sind solche Anschläge nur nach umfangreicher<br />

Vorbereitung möglich. Dass nach<br />

bisheriger Kenntnis nur zwei Brandsätze zündeten,<br />

wird vor allem auf das feuchte Wetter<br />

am Montag und Dienstag zurückgeführt.<br />

Wer hat die Brandsätze gelegt? Bislang<br />

gibt es nach offiziellen Angaben keine<br />

heiße Spur. Im Internet bekannte sich eine<br />

antimilitar<strong>ist</strong>ische Gruppe dazu, die bislang<br />

offenbar nicht in Erscheinung trat. Die Berliner<br />

Ermittler gehen von anderen Tätern aus<br />

als bei den Autobrandstiftern.<br />

Waren Menschen in Gefahr? Die Bahn<br />

und Fahrgastvertreter sehen keine Gefahr.<br />

Werden die Signalleitungen gekappt, schalten<br />

demnach alle Signale der Strecke auf Rot.<br />

Züge müssen stoppen. Nur die Mitarbeiter in<br />

der Sicherheitszentrale der Bahn können die<br />

Strecke wieder freigeben. <strong>Der</strong> Braunschweiger<br />

Professor Jörn Pachl hält jedoch auch<br />

größere Brände und Unfälle für möglich,<br />

wenn ein Kabelbrand auch die Systemsicherung<br />

beschädigt.<br />

Gibt es einen neuen Linksterrorismus<br />

in Deutschland? Das CSU-geführte Bundesinnenmin<strong>ist</strong>erium<br />

bewertet die linksextrem<strong>ist</strong>ischen<br />

Strukturen in Deutschland bislang<br />

nicht als terror<strong>ist</strong>isch. Es stützt sich auf das<br />

Strafgesetzbuch und die Rechtsprechung des<br />

Bundesgerichtshofes (BGH). <strong>Der</strong> BGH entschied<br />

im November 2007, dass politisch motivierte<br />

Brandschläge nur bei einer erheb-<br />

®<br />

lichen Gefährdung des Staates als Terrorismus<br />

zu bewerten sind. Demnach <strong>ist</strong> der Terrorismusparagraf<br />

im Strafgesetzbuch nur<br />

noch anwendbar, wenn die Taten staatsgefährdende<br />

Ziele verfolgen und einen Staat erheblich<br />

schädigen können. Im konkreten Fall<br />

ging es damals um die «militante gruppe»<br />

(mg), die seitdem nicht als terror<strong>ist</strong>ische, sondern<br />

nur noch als kriminelle Vereinigung eingestuft<br />

werden darf.<br />

Aber so mancher redet doch von<br />

Linksterrorismus, oder? Ja, wenn es<br />

nicht um die Auslegung der Rechtslage geht,<br />

sind die Bewertungen zum Teil schärfer.<br />

Bundesverkehrsmin<strong>ist</strong>er Peter Ramsauer<br />

(CSU) sprach von «verbrecherischen terror<strong>ist</strong>ischen<br />

Anschlägen». Und Niedersachsens<br />

Innenmin<strong>ist</strong>er Uwe Schünemann (CDU) erklärte,<br />

der Linksextremismus eskaliere zum<br />

Linksterrorismus. <strong>Der</strong> Protestforscher Simon<br />

Teune hatte aber schon Dienstag erklärt,<br />

dass er solche Bewertungen für übertrieben<br />

hält. <strong>Der</strong> Gruppe, die die Anschläge verübe,<br />

gehe es schließlich primär um Sachbeschädigung<br />

- auch wenn die Gefährdung von<br />

Menschenleben nicht ausgeschlossen werden<br />

kann.<br />

Aber die Bundesanwaltschaft hat sich<br />

doch eingeschaltet. Spricht das nicht<br />

für eine neue Dimension? Ja, die Bundesanwaltschaft<br />

ermittelt - wegen «verfassungsfeindlicher<br />

Sabotage», also nicht<br />

wegen terror<strong>ist</strong>ischer Aktivitäten. Die Bundesanwaltschaft<br />

übernimmt die Ermittlungen,<br />

weil sie nach Angaben eines Sprechers<br />

von einer besonderen Bedeutung der Fälle<br />

ausgeht. Und diese liege im Ausmaß und der<br />

Anzahl der Anschläge - insofern könnte man<br />

hier vielleicht schon von einer neuen Stufe<br />

sprechen.<br />

Unser Ziel <strong>ist</strong> es, Kindern und<br />

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fördert dich im Leben?<br />

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Vielen Dank!


Neues Zentrum<br />

im Kampf<br />

gegen Cyberkriminelle<br />

Mit besserer Ausbildung auf in den Kampf gegen Cyberkriminelle:<br />

Ein Ausbildungs- und Forschungszentrum für IT-Sicherheit soll den<br />

Fachkräftemangel der Branche beheben. Auch die Polizei fahndet<br />

immer häufiger online und hat dafür zu wenig Experten.<br />

Balingen (dpa/lsw) - <strong>Der</strong> Kampf gegen Cyberkriminalität wird immer<br />

professioneller. In Balingen (Zollernalbkreis) gibt es bereits einen bundesweit<br />

einzigartigen Studiengang zum Thema IT-Sicherheit - nun<br />

soll ein ganzes Ausbildungszentrum<br />

entstehen. Die Karriereaussichten der<br />

Absolventen sind rosig: Die Branche<br />

sucht ebenso wie die Polizei händeringend<br />

Experten, die IT-Verbrechern das<br />

Handwerk legen können.<br />

Die Anträge für das von der Hochschule<br />

Albstadt-Sigmaringen geplante<br />

Zentrum seien Anfang August beim<br />

Forschungsmin<strong>ist</strong>erium in Berlin eingereicht<br />

worden, sagte Projektleiter<br />

Steve Kovács der Nachrichtenagentur<br />

dpa. Geplant seien mehrere Studiengänge<br />

und Forschungsabteilungen zu<br />

den Themen Computer-Sicherheit und<br />

Internet-Kriminalität. International<br />

gibt es vergleichbare Studiengänge<br />

beispielsweise im irischen Dublin.<br />

Für das «Kompetenz-Zentrum IT-Sicherheit<br />

und IT-Compliance» wollen unter<br />

anderem die Hochschule Albstadt-Sigmaringen,<br />

die Technische Universität<br />

Darmstadt und der Branchenverband<br />

BITKOM zusammenarbeiten.<br />

Bereits im Februar hatte das Bundesbildungsmin<strong>ist</strong>erium<br />

in Karlsruhe, Darmstadt<br />

und Saarbrücken drei Kompetenzzentren<br />

IT-Sicherheit eingerichtet.<br />

«Nicht nur begrüßenswert, sondern<br />

notwendig», seien neue Aus- und Weiterbildungsangebote,<br />

erklärte BIT-<br />

KOM- Arbeitsmarktexperte Stephan<br />

Foto: Rudolpho Duba/pixelio.de<br />

Pf<strong>ist</strong>erer am Mittwoch: «Berufsbegleitende Qualifizierungsangebote<br />

von Hochschulen sind noch viel zu selten.» Beim Branchenverband<br />

gehe man derzeit von mindestens 3000 fehlenden Experten im Bereich<br />

IT-Sicherheit in Deutschland aus.<br />

Auch die Ausbildung und Ermittlungsarbeit der Polizei wird ständig<br />

professionalisiert. Seit Juli gibt es deshalb bei der Generalstaatsanwaltschaft<br />

Stuttgart die «Zentralstelle für die Bekämpfung von In-<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 77


formations- und Kommunikationskriminalität (IuK-Kriminalität)». Dort<br />

geht es auch um neueste Formen elektronischer Verbrechen wie beispielsweise<br />

digitale Schutzgelderpressungen, bei denen bei Nichtzahlung<br />

die IT-Infrastrukturen der Opfer lahmgelegt werden.<br />

«Cyberkriminalität» umfasst eine große Bandbreite an Straftaten -<br />

von der Kinderpornoseite im Internet bis zur gestohlenen PIN-Nummer<br />

am Bankautomaten. Die Zahl der Straftaten im Bereich IuK steigt<br />

seit Jahren stark an; laut Landeskriminalamt auf 32 249 Fälle im Jahr<br />

2010 (plus acht Prozent). Die Schätzungen zu Dunkelziffern und entstandenen<br />

Schäden gehen weit auseinander. Es gibt aber auch Positives<br />

zu vermelden: Im Bereich Besitz und Verschaffen von<br />

Kinderpornografie sanken die Fallzahlen von 1051 im Jahr 2007 auf<br />

386 im Jahr 2010. Computer-Forensiker auf digitaler Spurensuche<br />

Sie sollen denken wie Hacker - denn nur so können Poliz<strong>ist</strong>en Kriminellen<br />

im Internet auf die Spur kommen. In Balingen lässt die Polizei<br />

Spezial<strong>ist</strong>en für die digitale Spurensuche ausbilden. Und auch große<br />

Unternehmen haben Interesse an den IT-Forensikern.<br />

Balingen (dpa/lsw) - Die Studenten tragen Mundschutz und tasten<br />

sich mit Pinzetten langsam ins Innere von Computer-Festplatten vor.<br />

Kein Körnchen Staub darf hineinfallen. «Wir arbeiten ähnlich wie Gerichtsmediziner,<br />

die bei Leichen nach Spuren suchen», sagt Studiengangleiter<br />

Steve Kovács.<br />

Doch statt mit Leichen arbeiten die Studenten in Balingen (Zollernalbkreis)<br />

mit kaputten Festplatten. <strong>Der</strong> Studiengang Digitale Forensik an<br />

der Hochschule Albstadt-Sigmaringen bildet als erster in Deutschland<br />

Experten für die Suche nach Spuren einer Straftat in der digitalen Welt<br />

aus. Die Polizei, aber auch große Unternehmen suchen längst händeringend<br />

nach gut ausgebildeten Spurensuchern in der digitalen Welt.<br />

«Es gibt heute kaum noch Delikte, bei denen keine elektronischen<br />

Geräte ausgewertet werden», sagt Horst Haug vom Landeskriminalamt<br />

(LKA) Baden-Württemberg. Bei nahezu jedem Mord und anderen<br />

schweren Straftaten würden die digitalen Daten von Handy, Laptop<br />

oder Navigationsgerät von Tätern oder Opfern nach Spuren durchsucht.<br />

Hinzu komme die rasant ansteigende Zahl der Straftaten im<br />

Internet. Kinderpornos, Daten-Klau, das Hacken von Netzwerken und<br />

das Verbreiten bösartiger Software: «Das Gebiet der Online-Kriminalität<br />

nimmt immer breiteren Raum der täglichen Arbeit ein.»<br />

Im Hochschullabor in Balingen lernen die Studenten deshalb, wie man<br />

eine Festplatte öffnet, den Datenträger vorsichtig heraushebt und die<br />

78 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

Dateien darauf ausliest. Ein Haar oder ein Staubkörnchen, das in die<br />

offenen Hightech-Geräte fällt, könnte entscheidende Spuren in einem<br />

Ermittlungsverfahren zerstören.<br />

«Festplatten aufzuschrauben und wiederherzustellen <strong>ist</strong> nur ein winziger<br />

Teil», erklärt Kovács. Neben den praktischen Erfahrungen mit<br />

dem Mundschutz im Labor büffeln die späteren Computer-Cops<br />

auch einiges an Theorie. Auf dem Stundenplan stehen jur<strong>ist</strong>ische<br />

Themen, Wirtschaftstheorien und Programmierung. «Um Täter überführen<br />

zu können, muss man die Tricks der Hacker selbst kennen»,<br />

meint Kovács.<br />

Nach drei Jahren Fernstudium nennen sich die Absolventen Computer-Forensiker,<br />

verfolgen für die Polizei Kinderporno-Besitzer oder<br />

kämpfen in großen Unternehmen gegen Daten-Diebe.<br />

Bisher hat die Polizei Beamte in eigenen Lehrgängen geschult. «<strong>Der</strong><br />

Studiengang greift das noch recht junge Thema aber viel umfassender<br />

und tiefer auf», sagt der Esslinger Kommissar Rainer Belz, der gerade<br />

das erste Studienjahr an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen hinter<br />

sich hat. Drei Jahre dauert das berufsbegleitende Fernstudium zum<br />

«Master of Science».<br />

Aber nicht alle Studenten sind Poliz<strong>ist</strong>en - der Studiengang <strong>ist</strong> offen<br />

für alle Branchen. Viele große Konzerne haben eigene Sicherheitsabteilungen<br />

für den digitalen Bereich geschaffen und brauchen dafür<br />

gut ausgebildetes Personal. «Die große Gefahr für Unternehmen<br />

kommt nicht durch Hacker-Angriffe von außen», sagt Kovács. Viel gefährlicher<br />

seien eigene Mitarbeiter, die geheime Daten stehlen oder<br />

Viren einschleusen. «Computer-Forensiker müssen sich auch mit Wirtschaftskriminalität<br />

herumschlagen.»<br />

Im ersten Studienjahr hatten sich 30 Studenten eingeschrieben. Aber<br />

die Zahl werde demnächst wohl deutlich steigen, erwartet Kovács.<br />

«Internetkriminalität <strong>ist</strong> das Thema der Zukunft.»<br />

Im Moment laufen die Planungen, in Balingen Deutschlands erstes<br />

IT-Sicherheitszentrum mit weiteren Ausbildungs- und Forschungsabteilungen<br />

zu eröffnen. <strong>Der</strong> Bedarf wäre wohl da.<br />

<strong>Der</strong> Branchenverband Bitkom warnt schon länger vor einem Mangel<br />

an Spezial<strong>ist</strong>en. Deutschland brauche dringend mehr Sicherheitsmanager.<br />

Anders sei man vor digitalen Angriffen nicht<br />

geschützt.<br />

Bild: Gerd Altmann/pixelio.de


D<strong>ist</strong>anz als<br />

Arbeitsprinzip<br />

Es <strong>ist</strong> kein schöner, aber ein wichtiger Job:<br />

Regelmäßig deckt Markus Nusser als Internetfahnder<br />

Fälle von Kindesmissbrauch auf.<br />

Dabei versucht er, die Taten nicht an sich ranzulassen.<br />

Stuttgart (dpa/lsw) - In seinem Beruf <strong>ist</strong> Leidenschaft<br />

fehl am Platz. Emotional und involviert<br />

- diese Adjektive spart sich Markus<br />

Nusser für sein Privatleben auf. An seinem Arbeitsplatz<br />

wird D<strong>ist</strong>anz groß geschrieben.<br />

Denn als Internetfahnder hat er Einblick in<br />

Tatbestände, vor denen viele Menschen lieber<br />

die Augen verschließen.<br />

Seit anderthalb Jahren <strong>ist</strong> Nusser beim Landeskriminalamt<br />

Baden-Württemberg im Netz<br />

Straftätern auf den Fersen. <strong>Der</strong> unerfreuliche<br />

Schwerpunkt: Kinderpornografie. «Wir surfen<br />

nicht den ganzen Tag im Internet herum und<br />

schauen uns irgendwelche Filme an. Glücklicherweise<br />

nicht», stellt der 40-Jährige klar.<br />

Seine Fahndung nach strafbaren Inhalten<br />

und ihren Verbreitern läuft weitaus professioneller<br />

ab als die berühmte Suche nach der<br />

Stecknadel im Heuhaufen. Bei der sogenannten<br />

anlassunabhängigen Recherche durchforstet<br />

er mit Programmen gezielt das<br />

Internet nach pornografischem Material. «Es<br />

<strong>ist</strong> nicht so, dass ich mir jeden Tag diese Dateien<br />

anschauen muss», sagt der Poliz<strong>ist</strong> aber<br />

erleichtert.<br />

Bekannte Filme werden in ein spezielles Programm<br />

eingepflegt. Ab dann übernimmt der<br />

Computer die Arbeit. Findet er den Clip auf<br />

anderen Seiten, wird der entsprechende Internetanschluss<br />

des Verbreiters ermittelt. Die<br />

Beamten müssen die Filminhalte, die sie als<br />

eindeutig strafbar einstufen, zudem detailliert<br />

beschreiben.<br />

Nusser bevorzugt den Ausdruck «Dateien»<br />

wenn er von kinderpornografischen Filmen<br />

spricht. Es <strong>ist</strong> eine D<strong>ist</strong>anz, die notwendig <strong>ist</strong>,<br />

wenn er seinen Beruf professionell ausführen<br />

will. Gerade an Tagen, an denen er nur mit<br />

der technischen Seite zu tun habe, mache er<br />

sich nicht immer so direkt klar, was sich hinter<br />

den Dateinamen und Internetanschlüssen<br />

verberge. «Ich fahnde einfach.»<br />

Die schrecklichen Bilder versucht er mental<br />

im Büro zurückzulassen. Das funktioniere jedoch<br />

nicht immer. «Wenn man auf frisches<br />

Filmmaterial gestoßen <strong>ist</strong>, das einen besonders<br />

krassen Kindesmissbrauch zeigt, <strong>ist</strong> es<br />

nicht so, dass man nach Hause geht und die<br />

Delete-Taste drückt. So funktioniert der Kopf<br />

natürlich nicht.»<br />

Mit den belastenden Eindrücken werden die<br />

Fahnder nicht alleingelassen. «Wir besuchen<br />

häufiger als andere Kollegen entsprechende<br />

Seminare, um solche Dinge verarbeiten zu<br />

können.» Diese sehr spezielle Arbeit sei nicht<br />

für jeden etwas. «Wenn man ein Typ <strong>ist</strong>, der<br />

dazu neigt, sich zu sehr in jedes Opfer hineinzuversetzen,<br />

dann kann man diese Aufgabe<br />

nicht machen. Man muss eine gewisse<br />

Stabilität mitbringen und auch eine gewisse<br />

professionelle D<strong>ist</strong>anz wahren.»<br />

In bestimmten Bereichen sei er sicherlich<br />

durch seine Arbeit sensibler als andere Menschen,<br />

sagt Nusser. Fotos von seiner jungen<br />

Tochter, als sie nackt im Swimmingpool<br />

spielte, habe er ihrem Opa beispielsweise<br />

nicht erlaubt. Zu unsicher sei es ihm, wenn<br />

die Bilder irgendwo entwickelt werden und<br />

in falsche Hände geraten könnten.<br />

Mit seinen Kollegen initiiert der studierte Informatiker<br />

zahlreiche Verfahren, die häufig<br />

auch andauernde Missbrauchsfälle aufdekken<br />

und beenden. Wie die entsprechenden<br />

Strafverfahren ausgehen, verfolge er selten.<br />

Allein vom Umfang her, sei dies kaum möglich.<br />

Das entsprechende Strafmaß möchte er<br />

nicht beurteilen. «Ich weiß, warum ich mich<br />

dazu entschieden habe, Polizeibeamter zu<br />

werden und nicht Richter. Ich will Straftaten<br />

verfolgen und ich möchte nicht das abschließende<br />

Urteil über einen Menschen abgeben.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 79


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Die Pläne zur Reform der<br />

Sicherungsverwahrung<br />

Das Verfassungsgericht hatte sich im Mai unmissverständlich<br />

ausgedrückt: Bis 2013 muss<br />

die Sicherungsverwahrung für Schwerverbrecher<br />

neu geregelt werden. Die Zeit drängt.<br />

In Magdeburg suchen die Justizmin<strong>ist</strong>er von<br />

Bund und Ländern nach einer Lösung.<br />

Magdeburg (dpa) - Für die Reform der Sicherungsverwahrung<br />

wollen die Justizmin<strong>ist</strong>er von<br />

Bund und Ländern die letzten Streitpunkte möglichst<br />

schnell aus dem Weg räumen. Seit Donnerstagmittag<br />

verhandeln die Ressortchefs auf<br />

einer Sonderkonferenz in Magdeburg über das<br />

Thema. Bundesjustizmin<strong>ist</strong>erin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger<br />

(FDP) will ihr neues Gesamtkonzept<br />

vorstellen.<br />

Strittig <strong>ist</strong> unter anderem noch, nach welchen<br />

Delikten die Maßnahme grundsätzlich überhaupt<br />

möglich sein soll. Das Bundesverfassungsgericht<br />

hatte erklärt, dass die Sicherungsverwahrung<br />

für Schwerverbrecher bis 2013<br />

komplett neu zu regeln <strong>ist</strong>.<br />

Die Unionsmin<strong>ist</strong>er pochen darauf, dass die geplante<br />

Neuregelung sich auch auf Jugendliche<br />

und Heranwachsende erstreckt. Auch hoch gefährliche<br />

junge Menschen müsse der Staat zum<br />

Schutz der Bevölkerung notfalls in Sicherungsverwahrung<br />

nehmen dürfen, forderte Bayerns<br />

Justizmin<strong>ist</strong>erin Beate Merk (CSU) in der<br />

«Neuen Osnabrücker Zeitung» (Donnerstag).<br />

Die Union werde auf eine Regelung für Jugendliche<br />

und Heranwachsende nicht verzichten.<br />

«Es gibt in unserer Gesellschaft leider einige<br />

extrem verrohte junge Leute, darauf müssen<br />

wir als Gesetzgeber reagieren», sagte sie.<br />

Zudem gibt es Forderungen nach einer Neuregelung<br />

der nachträglichen Sicherungsverwahrung<br />

- die allerdings jur<strong>ist</strong>isch äußerst<br />

umstritten <strong>ist</strong>. «Wenn eine psychische Störung<br />

bei einem hochgefährlichen Straftäter erst nach<br />

seiner Verurteilung während der Haft zu erkennen<br />

<strong>ist</strong>, sollte eine Sicherungsverwahrung auch<br />

noch nachträglich angeordnet werden dürfen»,<br />

forderte Merk.<br />

Die Vorsitzende der Justizmin<strong>ist</strong>erkonferenz,<br />

Sachsen-Anhalts Ressortchefin Angela Kolb<br />

(SPD) verwies am Donnerstag auf den Zeitdruck.<br />

Sie erwarte, dass Leitlinien vereinbart<br />

werden, so dass unverzüglich ein Gesetzge-<br />

82 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

bungsverfahren eingeleitet werden könne. Ähnlich<br />

äußerte sich Jochen Hartloff (SPD), Justizmin<strong>ist</strong>er<br />

von Rheinland-Pfalz. Man brauche<br />

dringend das Gesetzgebungsverfahren, sagte<br />

auch er kurz vor der Konferenz. Man sei «auf<br />

einem passablen Weg».<br />

Grundsätzlich einig sind sich die Ressortchefs<br />

bei der von Karlsruhe geforderten klaren Unterscheidung<br />

der Sicherungsverwahrung von<br />

der Strafhaft. Insgesamt haben Bund und Länder<br />

bei der Reform wenig Spielraum, wenn sie<br />

nicht Gefahr laufen wollen, dass die Gerichte<br />

die Sicherungsverwahrung komplett verwerfen.<br />

Die Karlsruher Richter hatten in ihrem Urteil<br />

vom Mai klare Vorgaben gemacht. Die Zeit<br />

drängt: Bis 2013 muss die Sicherungsverwahrung<br />

für Schwerverbrecher in Deutschland<br />

komplett neu geregelt werden. Das hat das<br />

Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden.<br />

Bundesjustizmin<strong>ist</strong>erin Sabine Leutheusser-Schnar-<br />

renberger (FDP) legte nun ihre<br />

Pläne vor:<br />

ANLASSTATEN: Die Sicherungsverwahrung<br />

soll grundsätzlich nur nach schwersten Gewaltund<br />

Sexualdelikten verhängt werden können.<br />

So soll sie beispielsweise für Diebe, Betrüger<br />

und Urkundenfälscher nicht infrage kommen -<br />

das steht auch bereits in dem Gesetz, das zum<br />

Jahresbeginn in Kraft trat. Die Länder wollen<br />

aber, dass der Katalog der Anlasstaten nach<br />

dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch<br />

einmal genau überprüft wird.<br />

ZEITPUNKT DER ANORDNUNG: Eine Sicherungsverwahrung<br />

muss künftig bereits im Urteil<br />

angeordnet werden - zumindest vorbehaltlich.<br />

Eine nachträgliche Anordnung während der<br />

Haftzeit des Täters soll es nicht mehr geben.<br />

Nach geltendem Recht <strong>ist</strong> die jur<strong>ist</strong>isch äußerst<br />

umstrittene nachträgliche Sicherungsverwahrung<br />

derzeit im Jugendstrafrecht noch möglich<br />

- künftig aber den Plänen zufolge nicht mehr.<br />

Eine Arbeitsgruppe soll aber prüfen, was mit Tätern<br />

geschieht, bei denen die Gefährlichkeit erst<br />

nach dem Urteil deutlich wird.<br />

ALTFÄLLE: Für Altfälle soll es Ausnahmen<br />

geben. Darunter fallen beispielsweise Täter, für<br />

die die Sicherungsverwahrung - wie sich herausstellte<br />

unzulässigerweise - rückwirkend verlängert<br />

wurde. Sie sollen eingesperrt bleiben,<br />

wenn bei ihnen eine psychische Störung vorliegt<br />

oder zu erwarten <strong>ist</strong>, dass sie bei einer<br />

Freilassung schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten<br />

begehen.<br />

UNTERBRINGUNG: Täter in Sicherungsverwahrung<br />

sollen künftig vom Strafvollzug getrennt<br />

in besonderen Gebäuden oder<br />

Abteilungen untergebracht werden. Die Sicherungsverwahrung<br />

muss sich deutlich von der<br />

Strafhaft unterscheiden - das hatte Karlsruhe<br />

auch so gefordert. Die Sicherungsverwahrung<br />

soll künftig Sicherungsunterbringung heißen.<br />

THERAPIE: Die Täter haben Anspruch auf eine<br />

für sie geeignete psychiatrische, psycho- oder<br />

sozialtherapeutische Behandlung. Ziel muss<br />

künftig sein, die Gefährlichkeit der Täter so zu<br />

mindern, dass die Sicherungsverwahrung sich<br />

erledigt. Wenn es diese Betreuung nicht gibt,<br />

soll die Sicherungsverwahrung - nach einer Vorwarnung<br />

und dem Ablauf einer Fr<strong>ist</strong> - aufgehoben<br />

werden. Geeignete Therapieangebote muss<br />

es auch bereits in der vorausgehenden Haft<br />

geben. Überraschende Freilassungen sollen<br />

aber ausdrücklich vermieden werden. Ungewohnter<br />

Konsens unter den Justizmin<strong>ist</strong>ern:<br />

Überraschend einig zeigen sie sich nun bei der<br />

nötigen Reform der Sicherungsverwahrung -<br />

die nun Sicherheitsunterbringung heißen soll.<br />

Vor Monaten hatte es noch heftigen Streit gegeben.<br />

Magdeburg (dpa) - Bei der nötigen Reform der<br />

Sicherungsverwahrung für Schwerverbrecher<br />

gibt es Fortschritte. Das neue Gesamtkonzept<br />

von Bundesjustizmin<strong>ist</strong>erin Sabine Leutheusser-<br />

Schnarrenberger (FDP) sei bei den Ländern auf<br />

große Akzeptanz gestoßen, sagte die bayerische<br />

Justizmin<strong>ist</strong>erin Beate Merk (CSU) am Donnerstag<br />

in Magdeburg bei einer Sonderkonferenz<br />

der Justizmin<strong>ist</strong>er von Bund und Ländern.<br />

Das Konzept sieht unter anderem vor, dass die<br />

Sicherungsverwahrung grundsätzlich bereits im<br />

Urteil - zumindest vorbehaltlich - angeordnet<br />

werden muss und die Maßnahme nur nach<br />

schwersten Sexual- und Gewaltdelikten möglich<br />

sein soll.<br />

Die geplante Abschaffung der nachträglichen<br />

Sicherungsverwahrung <strong>ist</strong> aber weiterhin strittig:<br />

Eine Arbeitsgruppe der Länder soll bis zur


nächsten Justizmin<strong>ist</strong>erkonferenz im November<br />

prüfen, ob sie nicht doch möglich <strong>ist</strong> für Täter,<br />

bei denen sich die Gefährlichkeit erst in der<br />

Haft herausstellt. Kritiker führen aber rechtliche<br />

Bedenken an.<br />

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Mai erklärt,<br />

dass die Sicherungsverwahrung bis 2013<br />

komplett neu zu regeln <strong>ist</strong>. Angesichts dieses<br />

Zeitdrucks forderten die Länder die Bundesjustizmin<strong>ist</strong>erin<br />

zu einer schnellen Gesetzgebung<br />

auf. Leutheusser-Schnarrenberger kündigte<br />

einen Gesetzentwurf für die zweite Oktober-<br />

Hälfte an. Die Vorsitzende der Justizmin<strong>ist</strong>erkonferenz,<br />

Sachsen-Anhalts Justizmin<strong>ist</strong>erin<br />

Angela Kolb (SPD) sagte, bis Juni 2012 müsse<br />

das Bundesgesetz stehen, damit die Länder die<br />

Beschlüsse umsetzen könnten. Auch sie erklärte,<br />

es gebe «in weiten Punkten Übereinstimmung»<br />

von Bund und Ländern.<br />

Hamburgs Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD)<br />

kritisierte das Gesamtkonzept der Bundesmin<strong>ist</strong>erin<br />

allerdings als lückenhaft. «Vor allem werden<br />

nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die<br />

Bevölkerung wirksam vor gefährlichen Straftätern<br />

mit einer psychischen Störung zu schützen»,<br />

meinte sie.<br />

Bayerns Ressortchefin Merk sagte: «Bund und<br />

Länder übernehmen Verantwortung für die Sicherheit<br />

der Bevölkerung. Die Bevölkerung bekommt<br />

die Sicherheit, die sie erwartet.»<br />

Deutschland hatte die Sicherungsver-wahrung<br />

bereits zum Jahresbeginn 2011 reformiert. Damals<br />

war die umstrittene nachträgliche Sicherungsverwahrung<br />

grundsätz- lich abgeschafft<br />

worden, für Jugendliche <strong>ist</strong> sie aber weiter<br />

möglich. Leutheusser-Schnarrenberger will dies<br />

ändern und auch hier die vorbehaltene Sicherungsverwahrung<br />

ausbauen.<br />

Grundsätzlich einig waren sich die Ressortchefs<br />

schon vor der Konferenz bei der<br />

von Karlsruhe geforderten klaren Unterscheidung<br />

der Sicherungsverwahrung von der Strafhaft.<br />

Nach den Plänen von Leutheusser-<br />

Schnarrenberger müssen Täter in Sicherungsverwahrung<br />

künftig vom Strafvollzug getrennt<br />

in besonderen Gebäuden oder Abteilungen untergebracht<br />

werden. Zwingend nötig <strong>ist</strong> auch<br />

eine Therapie für die Täter, um ihre Gefährlichkeit<br />

zu mindern.<br />

Am Donnerstag einigten sich die Justizmin<strong>ist</strong>er<br />

darauf, die Sicherungsverwahrung in Sicherheitsunterbringung<br />

umzubenennen. Kolb erklärte,<br />

damit solle deutlich gemacht werden,<br />

dass die Täter künftig ein intensives Therapieangebot<br />

bekämen.<br />

Einsatz über den Wolken -<br />

Sky Marshals bleiben umstritten<br />

Im Ernstfall sollen sie einen Terrorschlag verhindern.<br />

Doch nicht alle sind von Sky Marshals an<br />

Bord von Flugzeugen überzeugt. Kritiker pochen<br />

darauf, lieber die Kontrollen am Boden zu<br />

verbessern.<br />

Berlin (dpa) - Sie mischen sich unauffällig unter<br />

die Fluggäste und sollen notfalls Terrorangriffe<br />

verhindern: bewaffnete Poliz<strong>ist</strong>en ohne Uniform.<br />

Seit den Anschlägen vom 11. September<br />

2001 setzt auch Deutschland regelmäßig Sky<br />

Marshals ein. <strong>Der</strong> Aufbau der Sondereinheit bei<br />

der heutigen Bundespolizei begann im Oktober<br />

2001 - veranschlagt wurden damals 200 Mann.<br />

Einen terror<strong>ist</strong>ischen Ernstfall gab es bislang<br />

nicht. <strong>Der</strong> Nutzen von Flugsicherheitsbegleitern<br />

bleibt aber umstritten. Kritiker sähen es lieber,<br />

dass die Kontrollen am Boden so gut wären,<br />

dass Terror<strong>ist</strong>en gar nicht erst an Bord kommen<br />

können.<br />

Schon vor zehn Jahren stießen Sky Marshals<br />

vor allem unter Piloten auf Skepsis. Im Falle<br />

einer Schießerei an Bord könnten technische<br />

Leitungen oder auch die Außenhaut der Kabine<br />

so beschädigt werden, dass auch ein Absturz<br />

nicht auszuschließen sei, so die<br />

Befürchtung. Weiterer Punkt: «Die Polizeigewalt<br />

an Bord hat im Prinzip der Pilot. Aber es<br />

kann natürlich nicht sein, dass der Sky Marshal<br />

im Falle eines Falles erst einmal an die Cockpittür<br />

klopft und fragt, ob er eingreifen darf»,<br />

erinnert sich der Generalsekretär des Airline-<br />

Verbandes Barig, Martin Gaebges, an die da-<br />

malige Debatte. Aber alle diese Themen habe<br />

man «geregelt», sagt er.<br />

Wie - darüber schweigen sich Airlines und Sicherheitsbehörden<br />

aus. Das Bundesinnenmin<strong>ist</strong>erium<br />

gibt kaum Auskünfte zu dem Thema -<br />

aus Sicherheitsgründen, wie ein Sprecher erklärt.<br />

Ein Lufthansa-Sprecher bestätigt lediglich,<br />

dass es Sky Marshals noch gibt. <strong>Der</strong> Sprecher<br />

der Pilotenvereinigung Cockpit, Jörg Handwerg,<br />

zieht eine sehr kritische Zwischenbilanz: Die<br />

Sky Marshals seien «maximal als nachgeordneter<br />

Bestandteil einer Gesamtlösung» zu<br />

sehen, sagt er. «Es muss wesentlich früher angesetzt<br />

werden, nämlich (bei den Sicherheitskontrollen)<br />

am Boden.» Sky Marshals würden<br />

schließlich erst dann aktiv, wenn ein Attentäter<br />

bereits zuschlage.<br />

Auch Barig-Generalsekretär Gaebges plädiert<br />

dafür, die Maßnahmen am Boden zu verbessern<br />

- wenngleich er dafür auch andere Gründe anführt.<br />

«Unser Ziel <strong>ist</strong>, dass die Sicherheitskontrollen<br />

effizient, bezahlbar und vom Zeitaufwand<br />

her erträglich sein müssen.» Heute dauere<br />

alles viel zu lange. «Es kann nicht sein, dass man<br />

die Passagiere bei Flügen in die USA zwei oder<br />

drei Stunden vorher zum Flughafen bitten muss,<br />

damit die Sicherheitskontrollen durchgeführt<br />

werden können.» Gaebges setzt seine Hoffnungen<br />

in Körperscanner - doch die deutschen Testgeräte<br />

hatten bei einem Probelauf in Hamburg<br />

noch zu viele Kinderkrankheiten gezeigt und<br />

mussten zurück ins Labor.<br />

en Airlines geht es vor allem auch um die Kosten.<br />

Für Sky Marshals müssen sie Plätze auf<br />

den Flügen umsonst bereitstellen - gerade auch<br />

in den teureren Klassen nahe des Cockpits, wo<br />

ein Platz schnell mehrere tausend Euro kostet.<br />

Dazu sind sie per Gesetz verpflichtet. Auf welchen<br />

Flügen Sky Marshals eingesetzt werden,<br />

entscheidet die Bundespolizei. Theoretisch<br />

könnten sie überall auftauchen - auch in Ferienfliegern,<br />

sagt der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft,<br />

Rainer Wendt. Cockpit-Sprecher<br />

Handwerg sagt: «Es muss auf jedem Flug, egal<br />

ob lang oder kurz, damit gerechnet werden,<br />

dass Sky Marshals an Bord sind. Gerade dieses<br />

Element des Ungewissen <strong>ist</strong> ein wichtiger Faktor<br />

in der Abschreckungsstrategie.»<br />

Über die Sky Marshals selbst <strong>ist</strong> ebenfalls<br />

wenig bekannt. DPolG-Chef Wendt sagt, dass<br />

die Poliz<strong>ist</strong>en genau ausgewählt würden. «Die<br />

Rambos fliegen als erstes raus.» Sky Marshals<br />

müssten nicht nur Kampftechniken beherrschen,<br />

sondern auch stressres<strong>ist</strong>ent und psychisch<br />

stabil sein. «Die müssen stundenlang in<br />

einem Flugzeug sitzen, wo nichts passiert, und<br />

trotzdem müssen sie auch nach zehn Stunden<br />

noch hellwach sein.» Bisher setze man darauf,<br />

dass sich Poliz<strong>ist</strong>en freiwillig für das Auswahlverfahren<br />

zu dem anspruchsvollen Job meldeten.<br />

Damit dies so bleibt, fordert er höhere<br />

Zulagen für die Sky Marshals - ein «paar hundert<br />

Euro» seien jedenfalls nicht genug.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 83


Polizeitaucher -<br />

Ermitteln in<br />

der Tiefe<br />

Sie spüren in Flüssen Diebesgut auf, suchen<br />

Badeseen nach Weltkriegsbomben ab oder<br />

bergen die Körper von Ertrunkenen. Polizeitaucher<br />

sind Experten für Tatorte unter Wasser.<br />

Ihr Job <strong>ist</strong> einer der gefährlichsten, den<br />

die Polizei zu bieten hat.<br />

Talheim (dpa/lsw) - Robert Kunz hat seine<br />

Kollegen an der Leine. <strong>Der</strong> Wasserschutzpoliz<strong>ist</strong><br />

steht neben dem Tauchsteinsee bei Talheim<br />

(Kreis Heilbronn) und hält ein gelbes<br />

Seil, das direkt ins Wasser führt. Rund 13<br />

Meter tiefer arbeiten zwei seiner Kollegen.<br />

Das Seil <strong>ist</strong> an ihrer fast 40 Kilogramm<br />

schweren Tauchausrüstung befestigt, verbindet<br />

sie mit der Oberfläche. «Sie suchen ein<br />

Giftfass», erklärt der 50-Jährige. Allerdings<br />

handelt es sich diesmal nur um eine Attrappe<br />

- die Taucher müssen schließlich üben. Regelmäßig<br />

kommen die Polizeitaucher aus<br />

ganz Baden-Württemberg zum Training zusammen.<br />

84 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

Die Taucher sind die Experten<br />

für Ermittlungsarbeit<br />

unter Wasser. Was<br />

schon an Land oft eine<br />

schwierige Aufgabe <strong>ist</strong>,<br />

wird in einem Fluss oder<br />

einem See zur extremen<br />

Herausforderung. Dunkelheit,<br />

Strömungen,<br />

unbekanntes Terrain -<br />

wenn der Taucher die<br />

Orientierung verliert, in<br />

Panik gerät, sich verletzt<br />

oder gar ohnmächtig<br />

wird, besteht sofort Lebensgefahr.<br />

Deshalb<br />

sind Polizeitaucher<br />

immer zu zweit unterwegs,<br />

an Land wartet ein Leinenführer wie<br />

Robert Kunz, der bei Bedarf seine Kollegen<br />

in wenigen Sekunden an die Oberfläche ziehen<br />

kann.<br />

«Ich bin dafür verantwortlich, dass meine<br />

Taucher wieder heil rauskommen», sagt<br />

der 50-Jährige. Sein Blick weicht dabei<br />

nicht von der gelben Leine in seinen Händen,<br />

die auch als<br />

Kommunikationsmittel<br />

dient. «Zweimal<br />

ziehen heißt<br />

links, dreimal ziehen<br />

heißt rechts, viermal<br />

ziehen bedeutet auftauchen»,<br />

erklärt<br />

Kunz. «So kann ich<br />

die Taucher von<br />

oben aus führen.»<br />

Das Schwerpunktthema<br />

der Übung<br />

in Talheim <strong>ist</strong> Spuren-<br />

und Beweissicherung.<br />

An einem<br />

Unterwasser-Tatort<br />

muss genauso sorgfältig<br />

gearbeitet<br />

werden wie an<br />

einem Tatort an


Land. «An einer Tatwaffe oder an einer Leiche<br />

lassen sich selbst nach längerer Zeit im<br />

Wasser immer noch Spuren sichern», erklärt<br />

Michael Hönig, Leiter der Wasserschutzpolizei<br />

Heilbronn. «Wir hatten schon<br />

den Fall, dass wir an einem Beil, das ein<br />

Vierteljahr im fließenden Neckar gelegen<br />

hatte, noch Blutspuren nachweisen konnten.»<br />

Manchmal blieben sogar Fingerabdrücke<br />

erhalten.<br />

An vier Stationen im See trainieren die<br />

Kursteilnehmer deshalb das Auffinden und<br />

Dokumentieren verschiedener Objekte. Mit<br />

wasserdichten Kameras werden Fotos gemacht,<br />

mit Maßbändern vermessen die<br />

Taucher die Gegenstände, auf kleinen weißen<br />

Tafeln machen sie sich mit Fettstiften<br />

vor Ort Notizen über Lage, Zustand und<br />

Auffälligkeiten.<br />

In Baden-Württemberg gibt es insgesamt<br />

50 Polizeitaucher, 48 Männer und zwei<br />

Frauen. Die freiwillige Zusatzausbildung<br />

umfasst 257 Theorie- und Praxisstunden,<br />

abschließend muss noch ein einwöchiger<br />

Tieftauchlehrgang absolviert werden. Einsatzbereiche<br />

der Tauchpoliz<strong>ist</strong>en sind das<br />

Bergen von Diebesgut, die Ermittlungsarbeit<br />

bei Kapitalverbrechen, das Suchen<br />

nach Vermissten, das Aufspüren von<br />

Kampfmitteln oder auch das Absuchen von<br />

Booten nach Sprengsätzen.<br />

Im Jahr 2010 gab es im Land 187 Polizeieinsätze,<br />

an denen Taucher beteiligt waren.<br />

Dabei wurden neben 34 Fahrrädern, 14<br />

Motorrollern, sechs Tresoren, fünf P<strong>ist</strong>olen<br />

und zwei Autos auch eine Wasserleiche<br />

sowie zwei Panzersprenggranaten und vier<br />

Stabbrandbomben aus dem 2. Weltkrieg<br />

geborgen.<br />

Hansjörg Seemann hat alle Übungen des<br />

Trainingskurses in Talheim absolviert. Gerade<br />

<strong>ist</strong> er nach der letzten Station aufgetaucht<br />

- er musste eine Leichenattrappe<br />

finden und untersuchen. «Weibliche Person<br />

in 6,5 Metern Tiefe, 18 Grad Wassertemperatur,<br />

Schussverletzung an der<br />

rechten Schläfe», berichtet Seemann. <strong>Der</strong><br />

49-Jährige aus Kehl (Ortenaukreis) <strong>ist</strong><br />

schon seit 21 Jahren Polizeitaucher. Regelmäßige<br />

Übungen wie diese hält er dennoch<br />

für wichtig. «Man muss immer<br />

wieder trainieren, um fit zu bleiben», sagt<br />

Seemann. «Vor allem sind solche Kurse<br />

aber wichtig, damit wir Taucher uns untereinander<br />

kennenlernen. Wenn wir dort<br />

unten im Einsatz sind, müssen wir uns<br />

blind aufeinander verlassen können.»<br />

NRW-Min<strong>ist</strong>erien<br />

kommen nur langsam<br />

zu Facebook und Twitter<br />

Twitter und Facebook - für die in Berlin erfolgreiche<br />

Piratenpartei eine Selbstverständlichkeit.<br />

Doch staatliche Behörden fremdeln<br />

noch immer, wenn es um soziale Netzwerke<br />

im Internet geht. Auch in der NRW-Regierung<br />

sind zum Beispiel die «Twitterer» eine<br />

Ausnahme.<br />

Düsseldorf (dpa/lnw) - Politik im Internet:<br />

<strong>Der</strong> Erfolg der Piratenpartei in Berlin gilt als<br />

deutliches Signal dafür, dass Regieren und<br />

Opponieren nicht an der digitalen Welt vorbeikommen.<br />

Aber offizielle Stellen machen<br />

um trendige Kommunikationskanäle wie<br />

Twitter oder Facebook noch immer einen<br />

Bogen - auch die me<strong>ist</strong>en Min<strong>ist</strong>erien in<br />

Nordrhein-Westfalen.<br />

Neun Min<strong>ist</strong>erien kommen lieber ohne aus,<br />

nur drei machen mit: Die Staatskanzlei von<br />

Min<strong>ist</strong>erpräsidentin Hannelore Kraft (SPD)<br />

lässt ab und an bei Twitter und im sozialen<br />

Netzwerk Facebook von sich lesen, ebenso<br />

das Wissenschaftsmin<strong>ist</strong>erium. Das Umweltmin<strong>ist</strong>erium<br />

<strong>ist</strong> seit kurzem bei Twitter zu<br />

sehen, Facebook wird noch gemieden. Kraft<br />

verbreitet zudem regelmäßig Videobotschaften<br />

im Netz.<br />

Über Twitter können Mitglieder Nachrichten<br />

mit einer Länge von maximal 140 Zeichen<br />

verschicken. Außerdem lesen sie sämtliche<br />

Mitteilungen anderer Teilnehmer, denen sie<br />

folgen. Bei Facebook kann man Texte an<br />

eine virtuelle Pinnwand schreiben, Freunde<br />

auf interessante Links hinweisen oder Bilder<br />

und Videos hochladen.<br />

«Facebook und Twitter geben uns die Gelegenheit,<br />

ganz aktuell und gezielt auf neue<br />

Informationen hinzuweisen», sagt Regierungssprecher<br />

Thomas Breustedt. Nutzer<br />

hätten die Möglichkeit, diese Informationen<br />

zu kommentieren und so ihre Fragen, Meinungen<br />

und Anregungen mitzuteilen. «Bei<br />

klassischen Websites <strong>ist</strong> das häufig nicht der<br />

Fall.» Beim Umweltmin<strong>ist</strong>erium heißt es,<br />

man habe das Twitter-Profil gestartet, weil<br />

sich das einige Bürger gewünscht hätten.<br />

Experten sind geteilter Meinung über den<br />

Nutzen für die Bürgerkommunikation der<br />

Behörden. Stefan Laurin vom Journal<strong>ist</strong>en-<br />

Blog «Ruhrbarone» sieht bei Twitter und Facebook<br />

«sehr gute Dialogmöglichkeiten», die<br />

er jedem Min<strong>ist</strong>erium empfehlen wolle. Bürger<br />

würden dort eher etwas schreiben als per Mail<br />

oder mit der Post. Man müsse sehen, wie die<br />

Min<strong>ist</strong>erialbeamten auf Anfragen reagierten.<br />

Thilo von Pape hingegen glaubt, der Nutzen<br />

werde überschätzt. <strong>Der</strong> Kommunikationswissenschaftler<br />

an der Universität Hohenheim<br />

sagt, bei Twitter seien hauptsächlich Journal<strong>ist</strong>en<br />

und andere Multiplikatoren aktiv. «Man<br />

erreicht sehr wenig Privatleute.» Trotzdem sei<br />

ein Min<strong>ist</strong>eriumsangebot dort «mittelfr<strong>ist</strong>ig<br />

sinnvoll».<br />

Bei Facebook seien mehr Bürger angemeldet,<br />

allerdings informierten sich dort nur diejenigen<br />

Menschen bei den Min<strong>ist</strong>erien, die ein besonderes<br />

Interesse daran hätten. «Damit<br />

erreicht man auch nicht die große Masse», urteilt<br />

von Pape. Facebook sei dann interessant,<br />

wenn Nachrichten der Min<strong>ist</strong>erien auch über<br />

den engen Kreis von Interessierten hinaus verbreitet<br />

würden - etwa bei kontroversen Themen<br />

wie Stuttgart 21. «Dann kann das extrem<br />

durchschlagen.»<br />

«Es <strong>ist</strong> nicht so, dass wir es ablehnen», sagte<br />

ein Sprecher des Justizmin<strong>ist</strong>eriums, einen<br />

speziellen Grund für das Fernbleiben gebe es<br />

nicht. Das Innenmin<strong>ist</strong>erium bereitet einen<br />

Auftritt in den sozialen Netzwerken vor: «Wir<br />

erhoffen uns einen besseren Zugang zu der<br />

jüngeren Zielgruppe», sagt ein Sprecher. Beim<br />

Gesundheitsmin<strong>ist</strong>erium heißt es, man habe<br />

nicht genügend Mitarbeiter, um ein Profil bei<br />

Twitter oder Facebook zu pflegen.<br />

Ohne die entsprechenden Ressourcen können<br />

die Vorteile der neuen Medien womöglich in<br />

ihr Gegenteil umschlagen. «Sie müssen jemanden<br />

haben, der sehr schnell antwortet»,<br />

sagt Stefan Laurin von den «Ruhrbaronen».<br />

«Ansonsten produziert man Frustration.»<br />

Ärger macht auch der Datenschutz. Das Umweltmin<strong>ist</strong>erium<br />

etwa <strong>ist</strong> nicht bei Facebook,<br />

wegen des «unzureichenden Datenschutzes».<br />

Das Wissenschaftsmin<strong>ist</strong>erium allerdings<br />

schon - dort sieht man keine Probleme, solange<br />

Facebook-Anwendungen nicht in die offizielle<br />

Internetseite eingebunden würden.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 85


Klassische Feile gibt's nicht mehr -<br />

Drogenschmuggel im Knast<br />

Darmstadt/Frankfurt (dpa/lhe) - Die Nachricht<br />

aus Berlin ließ aufhorchen: Im deutschlandweit<br />

größten Männergefängnis in Tegel wurden<br />

bei gezielten Kontrollen in den Zellen<br />

etliche Handys, tausende Kinderporno-Fotos,<br />

Drogen und sogar Schnaps und Heroin gefunden.<br />

Aber trotz immer strenger werdender<br />

Kontrollen gelingt es auch Häftlingen in hessischen<br />

Gefängnissen immer wieder, vor<br />

allem Drogen in ihre Zellen zu schmuggeln -<br />

zum Teil auf abenteuerlichen Wegen und<br />

nicht immer erfolgreich: In Darmstadt steht<br />

von morgen (Mittwoch) an eine mutmaßliche<br />

Bande vor Gericht, die monatelang Hunderte<br />

von Tabletten und Heroin in der Justizvollzugsanstalt<br />

(JVA) Darmstadt-Eberstadt geschmuggelt<br />

und dort verkauft haben soll.<br />

«Drogen im Gefängnis sind ein fortdauerndes<br />

Problem», beklagt Birgit Kannegießer,<br />

86 DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011<br />

Landesvorsitzende des Bunds der Strafvollzugsbediensteten<br />

(BSBD) in Hessen. Ein Gefängnis<br />

lasse sich eben nicht komplett<br />

abschotten. «Wir werden immer einen<br />

Schritt hinterher sein. Denn vorausschauend<br />

lassen sich die Tricks der Häftlinge nur<br />

schwer erahnen.» Auch Hans Liedel, Sprecher<br />

des Justizmin<strong>ist</strong>eriums in Wiesbaden,<br />

spricht zwar von «strengsten Maßnahmen»,<br />

räumt aber auch ein: «Das <strong>ist</strong> ein Problem -<br />

und zwar in jedem Gefängnis der Welt.»<br />

In Hünfeld und Fulda zum Beispiel schmuggelten<br />

sie über Monate hinweg Heroin mit<br />

getürkter Anwaltspost in den Knast, in Butzbach<br />

machte ein Ex-Justizbeamter gemeinsame<br />

<strong>Sache</strong> mit zwei Häftlingen und<br />

beschaffte Haschisch, Mobiltelefone und<br />

Anabolika. Ein Häftling in Schwalmstadt<br />

bekam die Ware beim Besuch seiner<br />

Schwester zugesteckt, die Bekannte eines<br />

Häftlings der JVA Ziegenhain (Schwalm-Eder-<br />

Kreis) führte sich vor einem Besuch ein Heroin-Kondom<br />

ein, schmuggelte es in die<br />

Besuchertoilette und gab es an ihren inhaftierten<br />

Freund weiter. Auch mit Drogen, die<br />

unter Fingernägeln versteckt wurden, hat<br />

man in Schwalmstadt schon Bekanntschaft<br />

gemacht. Insgesamt wurde das hessische<br />

JVA-Personal im vergangenen Jahr 74 mal<br />

fündig (2009: 64), mit Abstand am häufigsten<br />

in Darmstadt (19).<br />

Hadmut Birgit Jung-Silberreis, Leiterin der Justizvollzugsanstalt<br />

in Wiesbaden, kann ein<br />

Lied singen vom Erfindungsreichtum hinter<br />

den Gefängnismauern: «Es gibt grundsätzlich<br />

nichts, das es nicht gibt», sagt sie. «Aber<br />

wir versuchen so gut es geht, den Kreis der<br />

Möglichkeiten einzuschränken.» Überwa-


chungskameras und gläserne Tische in Besuchszimmern,<br />

Schnüffelhunde vor der Verwandtenvisite,<br />

außerdem dürfen Gefangene<br />

erst raus, wenn das Gelände vor allem an<br />

den Mauern kontrolliert wurde. In der Justizvollzugsanstalt<br />

in Frankfurt werden bei Hinweisen<br />

auf Drogenmissbrauch und bei<br />

Neuzugängen Urinkontrollen durchgeführt.<br />

Wie in den me<strong>ist</strong>en anderen Gefängnissen<br />

auch, werden bei Besuchen nur noch durchsichtige<br />

Getränke gereicht - früher konnten<br />

zum Beispiel in Cola Pillen vom Besucher<br />

zum Häftling geschoben werden. So geschehen<br />

unter anderem in der JVA Hünfeld: Besucher<br />

hatten Drogen in Kaffeebecher fallen<br />

lassen, der Häftling trank den Kaffee mitsamt<br />

dem Stoff.<br />

Eine weitere Schwachstelle: Die Post. «Da<br />

wurde früher so Einiges versucht», erinnert<br />

sich Hadmut Birgit Jung-Silberreis. «Ausgehöhlte<br />

Schinken, getränkte Gummibärchen,<br />

Kekse und Kuchen.» Dieser Schmugglerweg<br />

<strong>ist</strong> nun gesperrt: Nach einer seit November<br />

geltenden Regelung im Strafvollzug dürfen<br />

Gefängnisinsassen aus Sicherheitsgründen<br />

keine Pakete mehr von Privatpersonen erhalten.<br />

«Das mag Romantik und Nähe genommen<br />

haben», sagt Wiesbadens Anstaltsleiterin.<br />

«Aber da ging die Sicherheit einfach<br />

vor.»<br />

Eine weitere Masche: Das Einschmuggeln<br />

per fingierter Anwaltspost. Diese Briefe werden<br />

üblicherweise nicht kontrolliert, um das<br />

Persönlichkeitsrecht der Gefangenen zu ach-<br />

Polizei-Bewerber (5)<br />

bekommt Post vom Min<strong>ist</strong>er<br />

Bocholt/Düsseldorf (dpa) - Die Bewerbung<br />

eines Fünfjährigen für den Polizeidienst hat<br />

auch Nordrhein-Westfalens Innenmin<strong>ist</strong>er<br />

gerührt. Ralf Jäger (SPD) - in der Landesregierung<br />

zuständig für die Polizeibeamten -<br />

schickte dem kleinen Niklas aus dem westfälischen<br />

Bocholt einen Brief: «Die Polizei<br />

braucht viel guten Nachwuchs wie dich»,<br />

schrieb Jäger. «Aus deiner Bewerbung <strong>ist</strong><br />

leicht zu erkennen, dass du dich schon mit<br />

dem Polizeiberuf beschäftigt hast», lobte er.<br />

ten. In Schwalmstadt wurden Drogen sogar<br />

unter Briefmarken in die Anstalt geschmuggelt<br />

- seitdem dürfen die Häftlinge die Briefumschläge<br />

nicht mehr in die Hafträume<br />

mitnehmen. Damit das Briefgeheimnis weiter<br />

gewahrt wird, werden die Briefe im Beisein<br />

der Strafgefangenen geöffnet.<br />

Am häufigsten werden Rauschgiftpäckchen<br />

über die Gefängnismauern geworfen, bilanzierte<br />

das Justizmin<strong>ist</strong>erium in früheren Angaben.<br />

So auch in Darmstadt: Dort sollen<br />

mindestens sieben Männer zwischen März<br />

2009 und September 2010 mit Drogen gehandelt<br />

haben, die sie durch Mauerwürfe und<br />

bei Besuchen auf das Gelände der JVA Darmstadt-Eberstadt<br />

brachten.<br />

Geschmuggelt wurden laut Anklage in rund<br />

60 Fällen über 900 Tabletten sowie 50<br />

Gramm Heroin sowie Kokain. <strong>Der</strong> Prozessbeginn<br />

war schon drei Wochen zuvor geplant<br />

gewesen. <strong>Der</strong> Auftakt platzte aber überraschend,<br />

weil statt der vorgeschriebenen<br />

Hauptschöffen nur Hilfsschöffen geladen<br />

waren. Nun sind noch neun Verhandlungstage<br />

vorgesehen.<br />

Die Angeklagten gehören laut Frankfurter<br />

Staatsanwaltschaft zu einem russischen Verbrechersystem,<br />

das unter dem Namen<br />

«Diebe im Gesetz» in Deutschland gut vernetzt<br />

und organisiert <strong>ist</strong> - und dabei auch aus<br />

den Gefängnissen heraus operiert. Nach dem<br />

Betäubungsmittelgesetz liegt der Strafrahmen<br />

bei bandenmäßigem Drogenhandel<br />

Zwar kann Kindergartenkind Niklas wohl erst<br />

in frühestens 13 Jahren in den Polizeidienst<br />

eintreten. Aber weil seine Bewerbung so toll<br />

war, darf der Knirps schon nächstes Jahr als<br />

Ehrengast zu einer Feier von 1400 Ausbildungsanfängern.<br />

Jäger legte dem Brief ein Begrüßungspaket<br />

bei. «Du bekommst von mir eine große Polizeitasche<br />

mit einem Polizeibären und einem<br />

echten Polizeifußball.»<br />

zwischen zwei und fünf Jahren Haft. Immer<br />

wieder werden die JVA-Bediensteten bei<br />

ihren Kontrollgängen in hessischen Gefängnissen<br />

fündig. Über die Jahre hinweg <strong>ist</strong> die<br />

Zahl der Drogenfunde allerdings zurückgegangen.<br />

Das Justizmin<strong>ist</strong>erium beantwortet<br />

die wichtigsten Fragen: Wie häufig werden<br />

Drogen entdeckt? Die Zahl schwankt enorm,<br />

der Trend <strong>ist</strong> aber deutlich: Es wird immer seltener<br />

etwas entdeckt; sei es, weil die Sicherheitsmaßnahmen<br />

strenger oder weil die<br />

Häftlinge erfindungsreicher sind. Wurden<br />

1999 noch in 220 Fällen Drogen in den Zellen<br />

oder bei Häftlingen gefunden, so sank diese<br />

Zahl kontinuierlich auf 64 im Jahr 2009 und<br />

zuletzt 74 im vergangenen Jahr. Wo wird besonders<br />

oft etwas gefunden? Spitzenreiter<br />

der vergangenen Jahre <strong>ist</strong> die JVA in Darmstadt,<br />

die größte Strafanstalt in Südhessen.<br />

Alleine im vergangenen Jahr wurden dort<br />

laut Justizmin<strong>ist</strong>erium 19 Funde reg<strong>ist</strong>riert.<br />

In Butzbach, Hünfeld und Frankfurt III wurden<br />

die JVA-Bediensteten siebenmal fündig,<br />

in Kassel I und Fulda sechsmal. Was wird am<br />

me<strong>ist</strong>en gefunden? Das hält sich fast die<br />

Waage. Im vergangenen Jahr wurde vor<br />

allem Kokain entdeckt (109,20 Gramm), die<br />

Kontrolleure stießen allerdings auch auf eine<br />

vergleichsweise große Menge Heroin<br />

(100,84 Gramm) sowie auf Haschisch<br />

(75,14). Interessant <strong>ist</strong> eher ein Vergleich mit<br />

dem Jahr 2009: Da lag Haschisch noch deutlich<br />

vorne (335,66) vor Heroin (143,32). Kokain<br />

wurde 2009 dagegen so gut wie keines<br />

gefunden (1,80 Gramm).<br />

Beim Tag der Offenen Tür der Polizei in Bocholt<br />

hatte Niklas vor ein paar Tagen eine Bewerbungsmappe<br />

mit Lichtbild, Anschreiben<br />

und einem - sehr kurzen - Lebenslauf abgegeben.<br />

«Besuch des Kindergartens "Über den<br />

Wolken"» <strong>ist</strong> der einzige Eintrag in der Rubrik<br />

«Werdegang». Er wolle unbedingt Poliz<strong>ist</strong><br />

werden. Zu seinen Hobbys gehöre das<br />

Spielen mit Polizeiautos und Polizeihubschraubern.<br />

DAS BEHÖRDENMAGAZIN Dezember/2011 87


WIR WIR DANKEN DANKEN DER DER POLIZEI POLIZEI FÜR FÜR IHREN IHREN KAMPF KAMPF<br />

GEGEN GEGEN DIE DIE DROGENKRIMINALITÄT<br />

DROGENKRIMINALITÄT<br />

Aachen Dr. K. Axmacher • Dr. K. Braune • Ralf Budde • Renate Schreiber • Aalen Central Shishabar • Spielhallen Aalen • Abenberg Djk-Sportheim •<br />

Alling Heiko Klee • Altenkunstadt Elektro Fiedler GmbH • Motorgeräte Heinecke • Altenmarkt Josef Stigloher • Althengstett Wilh. Goldschmidt GmbH<br />

& Co. KG • Ansbach Dr. H. Böckler • Nölp Malerwerkstätte GmbH • Antdorf Annette Gernhardt • Aschaffenburg Laser Medizin Zentrum • Asperg<br />

Rathaus Apotheke • Auerbach Büchert-Apotheke • Augsburg Dr. J. Weigel • Dr. M. Ringeisen • Dr. R. Kirchmair • Stephen McMillan • Dr. Ch. Etschberger<br />

• Dr. R. Weber • Eiscafe Dolomiti • KaTrans GmbH • Dr. A. Berlin • Augsburg Drs. J. Chrobot & Ch. Scholibo • Backnang Gyromania • Manuel Vilaca<br />

• Bad Aibling Sylvia Rosendorfer • Bad Dürrheim Luschin Reisen GmbH • Bad Homburg A. Weidemann-Maszewski • Dr. B. Hertz • Dr. M. Demmler •<br />

Dr. P. Amini • Kur-Apotheke • R<strong>ist</strong>. Da Claudio • Deco Event KG • Linden-Apotheke • Bad Krozingen Dunowell • Outdoor Shop Kiefer • Schlosserei & Metallbau<br />

Hänsler • Zimmerei Anton Lamb • Bad Neustadt Ofen-Floth • Rae Fischer, Voß & Partner • Bad Schachen Dr. M. Müller • Bad Staffelstein Hans<br />

Batzner GmbH • Bad Tölz Buchhandlung Urban • Drs. Lang & Zötl • F. Weber GmbH • Hotel Kolberbräu • Bad Vilbel D. Lachner • Baden-Baden Dr. H.<br />

K. König • Drs. Wassmann & U. Paulus • Goldschmiede • Hartmann GmbH • Badenweiler Cafe Gerwing • Gasthaus Blume • Gasthof zum Grünen Baum<br />

• Goldschmiede Hermann • Hotel Luisenstuben • Hotel Rebekka mit Haus am Brühl • Markgrafen-Apotheke • Regine Klastat • Trattoria Bella Sicilia • Bamberg<br />

Dr. M. Nagengast • Drs. Hoffmann • Gaststätte Kachelofen • <strong>Rest</strong>. Alt-Ringlein • Rosenapotheke • Wetz GmbH & Co. KG • Bechhofen Entsorgung<br />

+ Transport Tremel GmbH • Beilngrieß Josef Funk • Tenniscenter Neuzell • Bellheim TUI ReiseCenter • Berching Sport König • Berchtesgaden Plenk<br />

& Foisner Stb. GmbH • Berlin Dr. C. Reinke • Dr. Ch. Kramer • Chr<strong>ist</strong>iane Weigmann • J. Wiesenthal • <strong>Rest</strong>. Kuchi • Scheibert & Partner • Drs. K. Bachus-<br />

Banaschak & R. Van Heys • Prof. Dr. K.-R. Jahn & H. Cicek • Zentrum f. Ganzheitliche Medizin • Yesi Werbetechnik • Prof. Dr. Y. Ridha • Mustafa Mih • Frossini<br />

Kiriakidu • Späth´sche Baumschule Handel GmbH • Drs. J. Czerny, T. Leimbach, S. Aign & K. Biolik • RA Gustav Rausch • RA Peter Vogel • Wirtshaus Rolands-<br />

Eck • Druckerei K<strong>ist</strong>macher e. K. • Ayain Baraktar • Dr. S. Sohl • Sinus Property Management • Alexander Kutscherskij • Dr. B. Rimkus • Dr. G. Teschke • Hypoxi<br />

• Dr. T. <strong>Der</strong>inger • RA Andreas Krenke • Simin Kiapourina • Bestattungshaus Cladow • Kuke-Hartwig & Zimmermann • RA Thomas Dittmer • Bernhardswald<br />

Drs. O. Pfranger & M. Neef • Bietigheim Cafe Posto • Deniz Kebap • Gaststätte Treff • SBS Markant GmbH & Co.KG • Binzen Gasthaus zum Schwanen<br />

• Hotel-<strong>Rest</strong>. Ochsen • Birkenfeld Markt Apotheke • Tanzschule Löwen • Bogen Dr. R. Raab • Bonn Manfred Koslowski • Rae Scholl & Jülich • Dr.<br />

A. Ising • Dr. M. Teßmann • Dr. D. Mons • Borna Katrin Junghanns • Bötzingen Döring GmbH • Brannenburg Dr. C. Schütz • Breisach Argus Dienstle<strong>ist</strong>ungen<br />

• Autohaus Gutmann GmbH • Commeco Solutions • Breitengüßbach Birgid Muckelbauer • Bretten Hans Beyle GmbH • Brigachtal Mahler<br />

Immobilien • Stahlbau Münch • Bruckberg Michael Schönfelder • Burghausen GB – Fußpflege • Burgheim RA Petra Hagenloch • Burglauer Norbert<br />

Biebereich • Burgoberbach Friseur Metroploitan • Schrott Allabau • Burgstädt Dr. S. Kühnert • Dr. U. Straube • Cadolzburg Fruchtgroßhandel Schepp<br />

• Markgrafen Getränkemarkt • Schreinerei Weick • Calw Dr. Ch. Dempe • Chemnitz Barber-Shop • Dr. A. Krauß • Coburg Forster & Partner • Jaweed AboShawish<br />

• Colmberg Manfred Herrmann • Cottbus Michaela Jentsch-Legler • Thomas Ramisch • Dr. L. Lehnig • Dr. M.-D. Gereke • Kathrin Welz • Silke<br />

Felgentreff • Ruth Kobel • Bernd Malak • Dr. R. Lauterbach • Crailsheim Dr. T. Pfänder • Deggendorf E. Lippert • Kronner-Silbereisen-Kaiser GbR • La-<br />

Crema • Schwankl – Immobilien • Deining Wolfgang Jäger • Denzlingen Gartenbau Leimenstoll GbR • Kohler Eck • Plating Electronic GmbH • Dettenheim<br />

Dr. K. Wächter • Dietfurt Berschel Bau GmbH • Mürbeth & Tischler • Dietfurth Dr. W. Kanis • Dingolfing Herbert Mückl • Dinkelsbühl Anja Schrader<br />

• Ing.-Büro Ladenburger • Dippoldiswalde Dr. St. Palm • Ditzingen Öztürk Schleiftechnik • Dombühl Schrotthandlung Wanner • Dorsten Klinik AIDA<br />

• Dresden Uschi´s Pfannbar • Friseursalon Haarmonie • Dr. D. Beckert • Dr. K. Niekler • Karsten Wagner • Dr. A. Schindhelm • Frank Ostermann • Schuhexpress<br />

Weigel • Dr. G. Focke • Hannelore Rzitki • Dr. W. Klimank • Ing.-Büro Prätorius • Duisburg Drs. H. Rott & S. Halimeh & G. Kappert • Prof. Dr. H.<br />

Tropisch • Dürrwangen Mertlein-Pinsel GmbH • Ebersbach Dr. G. Schuster & E. Quarch • Eberswalde Elektro Eilers GmbH • Eggenfelder Hausverwaltung<br />

Luger • Eggolsheim Metzgerei Bauer • Ehingen Schreinerei R. Fuchshuber • Eichenau St. Georg Apotheke • Eichstätt Czech´s Autowasch-<br />

Center • Drs. Eberhard, Eberhard & Miller • Friseur Braun • Metzgerei M. Schneider • N. Brummer • Eilenburg Frank Winkler • Elzach Hubert Becherer •<br />

Emmendingen Drs. V. & C. Tornier • Brezelstüble • Buchhandlung Sillmann • Copycenter am Tor • <strong>Der</strong> Obstladen • Detail • Döner King • Eis Saviane •<br />

Lederwaren Sulzberger • Roswitha Lässle • Schwarzwälder Kartoffel Hof • Stadt-Apotheke • Endingen Gasthaus-Hotel Engel • L & M Service GmbH • Weber<br />

GmbH • Erftstadt Dr. E. Schönefelder • Erlangen Döner Haus • Planungs-Büro Horic • Eschenlohe Auto-Gries • Esslingen Blue Line B<strong>ist</strong>ro & Imbiss •<br />

Pippo´s Pizza Express • Ettlingen Dress-Line GmbH • Drs. J. Keller, G. Mairhöfer & B. Kuhnert • OPM GmbH • Orthopäden am Stadtgarten • Falkensee<br />

Dr. C. Wolf • Feldkirch Jörg Zimmermannn • Feucht Dr. W. Müller • Möbel Haas • Feuchtwangen Bonnfinanz Jürgen Brunner • Filderstadt Asia Spez.<br />

Drachen • Automobile Rafeh • Bambus – Schnellrestaurant • Bonländer Kebap Haus • Cafè 61 • Cafe-Bar Baraza • Filder Kebap • Hantat Süpermarkt •<br />

Kebap World • Parea Imbiss • Pizzeria Capr<strong>ist</strong>o • Pizzeria Da Franco • <strong>Rest</strong>. Wok-Haus GmbH • R<strong>ist</strong>. Da Tonini • <strong>Rest</strong>. Stern • Üasa Markt • Flachslanden<br />

Formenbau Buck GmbH • Forchheim Dr. G. Nagel • Drs. S. Henkel & C. Haas • Frankenberg Dr. A. Völker • Sonnen Apotheke • Frankfurt Cafe-B<strong>ist</strong>ro<br />

Dichtung & Wahrheit • Dr. G. Sauerwein • SPG Prematechnik GmbH • Dr. L. Bierbrauer • Guido Kirchmayer • Dr. J. Rungenhagen • G & K Architekten • Dr.<br />

U. Rietheimer • Freiburg Arrong-Beauty & Food int. • Dimas-Fototechnik • For People • Heiligge<strong>ist</strong>-Stüble • Optik Seifert • Red Devil GmbH • Schuhwerk<br />

• Tacheles • Wolfshöhle • Harteck & Partner • M R & H GmbH • Ambassador Sportwetten • Hotel Schemmer • Tereos Deutschland GmbH • BSD Doll GmbH<br />

• Franz Schneider GmbH • M & R Kfz • Küche & Co Freiburg • Bluhotel Freiburg • Cafe Ambiente • Kaiser Dentaltechnik • Haslach Apotheke • Pizza-Boxx<br />

• HUI GmbH • KFZ-Reifenservice Yildiz • Holzmarkt-Apotheke • Russischer Laden Trojka • Freilassing Dr. J. Hallmann • Dr. L. Vork • Speisekammer • Freising<br />

<strong>Rest</strong>. Irodion • Viva-Hair • Freital Möbelhaus Friede • Freyung Dr. J. Michl • Pizzeria Da Antonio • Friedberg Alexandra Kirchner • Deutrich & Dr.<br />

Ihrig • Dr. H.-P. Warnberger & Heidrun Mayr • Drs. A. & Ch. Erk • Fußner-Kühne-Architekten • Friesenheim Blumenhex´ • Ehlenbröker GmbH • Fürth Früchte<br />

Oase • Praxis WiGe • <strong>Rest</strong>. Alexander der Große • Garching Johann Leinthaler • Garmisch-Partenkirchen Dr. T. May • Gauting Drs. Mayer, Stern &<br />

Kuhnle-Krahl • Sabine Haack • Geislingen Cafe Point • City Pizza & Kebap • No Limits Casino • Pilsstube im Sonnencenter • Pizzeria Don Alfredo • Pizzeria<br />

Europa • Sahan Döner • Geltendorf Gasthof Alter Wirt • Georgensmünd Bonnfinanz Jochen Endres • Geretsried Dr. E. Schäfer • Germering<br />

Angelika Heller • Dr. E. Gollwitzer • Atelier Schneider • Hotel Mayer • Thomas Schwarz • Gerolfingen Motorentechnik B. John • Gilching Drs. C. & B. Schmidtner<br />

• Göppingen Galip Döner • Görlitz Dr. L. Hille • Elke Saliger • Gornsdorf Wilfried Andreas Windisch • Grafenau Dr. G. Dembski • Greding Kirschner<br />

Bad + Küche • Greifenberg Oliver K. Ferlings • Großenhain Dr. U. Philipp • Großenseebach Friseur Haarscharf • Sanitätshaus Seebachgrund<br />

GmbH • Großpostwitz Hans-Eberhard Kaulfürst • Grünwald R. & Ch. Otter GmbH • Gunzenhausen Dr. K. Güerk • Getränke Jäger • Hüttl GmbH • Nürminger<br />

Immobilien • Hanau Dr. A. B. Arzuyan • Farid Mohammad & Said Masud Raufi • Haßfurt Dr. G. Henlein • Haundorf JTG Installationstechnik •<br />

Hechendorf Gaststätte Alter Wirt • Heidenau Kinderhaus Annett • Heidenheim Devran Schnellrestaurant • Tinas Kneipe • Habibi Automobile • Heilbronn<br />

Arkadas Market • Cafe-Bar CoC • Cafe-Bar Evergreen • Cafe-Bar Libre • Cafe-Brasserie Täglich • Cina-<strong>Rest</strong>. Kaiser Palast • Ham Ham Go • Hinkelstein<br />

• Imbiss-B<strong>ist</strong>ro Rang Dong • O & B Automaten • Pizza-Kebap-Haus • Wollhaus Kebap-Pizza • Zeus Casino • Besir Özdemir • B<strong>ist</strong>ro Sunrise • Cafe Siesta<br />

Shiha • Ikram Kebaphaus • Lausbub Tatoo • Pizzeria Casanova • Heiligenstadt Auto Dorn • Heimsheim PlanZept • RBI GmbH • Hengersberg<br />

Kremhöller Bestattungen • Hennigdorf Erika Krause • Lena Hegel • Peter Heck • <strong>Rest</strong>. Kim Kim • Herbolzheim Stadt-Apotheke • Herrenberg Reisebüro<br />

Pflanzer • Herrieden Gipser- u. Malerbedarf Zahner • Herrsching Auto-Pfrogner • Pier 48 • Heßdorf Robert Linsenmeyer • Verwaltungs-Gemeinde<br />

Heßdorf • Hildburghausen J. Vonderlind • Hilpoltstein Praxis Für Logopädie • Höchstadt Laufer Mühle GmbH • Xpeerience • Hochstadt a. M.<br />

Firma Zirkelbach • Hockenheim Altenberger GmbH • Bähr Optik • Eiscafe Italia • Merdan Capkur • Hofheim Th. Pirkl • Höhenkirchen Dr. A. Bodura •


WIR DANKEN DER POLIZEI FÜR IHREN KAMPF<br />

GEGEN DIE DROGENKRIMINALITÄT<br />

Hohenpeißenberg Dr. B. Heinrich • Maschinenbau R. Schwab • Holzkirchen Honda-Motortreff • Homburg Chr<strong>ist</strong>a Pirrung • Dr. H. J. Schöndorf • Dr.<br />

Schleifer • Dr. W. Metz • R<strong>ist</strong>. Portofino • Hösbach Gebr. Seubert GmbH • Hoyerswerda Dr. J. Lanzendorf • Lausitz Planung GmbH • Hügelsheim Peter-<br />

Estrich GmbH & Co. KG • Ingolstadt Kanzlei Korbel � & Kremer • Drs. A. Böhm & Koll. • Inning Gasthof Mutz • Iserlohn Dr. J. A. Jast • Kaiserslautern<br />

Dr. Trinkaus • Fuchs Wohnen & Einrichten GmbH & Co. KG • Haaratelier Stugard • Jung GmbH & Co. KG • Kamenz Dr. P. Theissig • Margit Reuter • Kämpfelbach<br />

Jost Drehteile e. K. • Kandern Cos-on-Air OHG • Elektro Schlegel KG • Küchen Karlin • Sonja’s Friseurstüble • Karben Donna K. • Dr. P. Reitz •<br />

Eliya Mobile • Ernst Leßmöllmann • Markt-Apotheke • That´s me • Karlsfeld Dr. Ch. Ried • Karlsruhe Dr. A. Göser • Cafè Ronte 76 • Domicilia GmbH •<br />

Drs. A. Riegsinger & L. Krieglstein • Fielmann AG • Friseur Studio Méwan • Gaststätte Karlstor • Hanimeli Cafe • Mihaela`s Treff • Park Apotheke • Pendel<br />

• Vietnam. Spezialitäten Phò • Spitzweg-Apotheke • Cafè Brohms • Stefans-Werkstatt • Tutmaz – KFZ – Werkstätte GmbH • Karlstadt Bach Metalle GmbH<br />

• Kios am Schnellertor • Zöller Weine • Kaufbeuren Allgäu Kapital GmbH & Co. KG • Cafe am Markt • Dr. A. Zalibera • Gabriele Uhrle • H. Reckziegel &<br />

A. Krumm • <strong>Rest</strong>. Mediterrano • Uwe Tietz • Kehl Casino Diamond • Kelkheim Sonnemann & Partner GbR • Keltern Kaiser Präzisionsschleiferei • KKE<br />

GmbH • Pe-Te-We Schleiftechnik • Kerpen-Sindorf Dr. R. Bruckschen • Kirchberg Apotheke zur Post • Kirchdorf a. Inn H. P. Entholzner • Öller Solarstromsysteme<br />

• Kirchsarten Rombach GmbH Co. KG • Köln Klaus-Peter Roggendorff • Udo Jansen • Prof. Dr. B. Hünermann & Kollegen • Dr. M. Rath •<br />

Drs. O. Ekert & S. H. Gnoth • Dr. J. Assheuer & F. Forutan • Cengiz Aypar • Dr. H. Dietrich • Dr. K. Schwabe-Neises • Ursula Marie Iven • E. Steffens & A. Winckelmann<br />

& B. Kertz • Günther Reinhardt • Dr. St. Laqua • Natalia Berg & Larissa Brakowski • Maritta Möhn • Königsberg Blumen Elisabeth • Friseur S´Kult • Johann<br />

Bertel • Schloßberg Gaststätte • Königsbrunn Dr. Ch. Bentele • Rae Gabrielli & Collegen • Zeiteisen • Königshofen Mathias Hippold • Königswartha<br />

Dr. D. Stöckel • Königswinter Dr. B. Larenz • Konstanz Drs. F. Hoffmann & W. Stöckle & I. Gauss • Korntal-Münchingen Asia-<strong>Rest</strong>. Harmonie • Zentral-Apotheke<br />

• Kornwestheim Eis Venezia • Lahr Aukthun Treuhand GmbH • Autoschmiede Lahr • G. Beisel-Vertrieb • HR Tuningcenter GbR • Kebel Lakkierungen<br />

• Küchenatelier Eschbach & Edmonds • Loft Lahr Clubbing • Schwörer & Offenburger GmbH & Co. KG • Landsberg Drs. Stechele & Denkinger<br />

• Malteser-Apotheke • RA Dieter Erl • RA Petra Boden • Landshut Frausnitz-Brautmode • Langenau Delphin Apotheke • Steinbildhauer Atelier • Langenfeld<br />

Ines Dathe • Langenzenn B. Schneiderheinze • Hair Lounge • Metzgerei E. Dootz • R<strong>ist</strong>. La Cucina Italiana • Lauf a.d. Pegnitz Antalya Supermarkt<br />

• Gaststätte Afroditi • Leinfelden-Echterdingen Drs. A. Kuttruf & H. Sauter • Leipzig Olaf Lehmann • Leonberg Autohaus Wolf GmbH • Bei Inge<br />

& Hansi Im Adler • Gaststätte Germania • Lobby Bar • Tipico Sportwetten • Leutershausen R + M Metallbau GbR • RA Eugen Trumpp • Lichtenau Dr.<br />

R. Bittner • Lichtenfels Flieger-Optik • Alfred Hornung e.K. • Dr. I. Simon-Wagner • Drs. H.-G. Wohn & M. Horn • Kfz-Werkstatt M. Jaud • Spital-Apotheke<br />

• Lindau Bestattungsdienst Friedrich Wurm • Dr. B. Knoll • Dr. C. Jäckel • Dr. Ch. Prem • Dr. K. Steudel • Dr. M. Georgi • Drs. H. u. H. Wille • Drs. M. Meurer<br />

& D.-B. Schimmel • G. M. Riegger • Gasthaus-Hotel Engel • Hotel the Medusa • Hotel-Garni Brugger • Insel-Gaststätten GmbH • La Gelateria • O. Nurberdi<br />

• Physiotherapie Rückenwind • Löbau Dr. S. Drescher • Lörrach Danner Schuhtechnik • Clinical Supplies Management GmbH • Dr. Max Bruch GmbH<br />

• Foto Haus Trefzger • Gasthaus Zum Wilden Mann • Hotel Garni Jesch • Innenarchitektur & Einrichtungen „Stilobjekt“ • Ital. Eis Olivier • Löwen-Apotheke<br />

• Maygo • Metallbau Stockmar e.K. • ProfilTec GmbH • Schmuckwerkststt Roschig • Schuhhaus Ströber • Schuhwerk • Thomas Stiefvater • Trend Fasihon<br />

• Auto-Service-Bund • Autohaus Kaufmann • Die Apotheke Am Engelplatz • Dreiland Stickerei • Gaststätte Rauchfang • Kiefer & Schupp • Küchenstudio<br />

Storz • Kühlerbau Lörrach • Markgräfler Hof • Metzgerei Capizzi • Mit freundlichen Grüßen Elektronik • Ogyprint Werbetechnik • Mimot GmbH •<br />

Ludwigsburg G. Vivenzo • Th. Class • Wok In • B<strong>ist</strong>ro Cafe Bar Metropol • C4 Wollenschläger • Cafe Midori • Drs. Friedel & Backhaus & Calm-Wangern<br />

• RA Frank Wieland • Magstadt Thorsten Baumann • Maisach Hotel Auf der Bühn • Mannheim Flip-Inn GmbH • Kozlowski Immobilien • Onyx Bar &<br />

<strong>Rest</strong>aurant • Marbach Kachelöfen Hermann • Marienberg Dr. D. Claußnitzer • Marktzeuln Landhaus Batz • Martinsried Transact GmbH • Maulbronn<br />

Meyer GmbH • Stadtverwaltung Maulbronn • Meinheim Finanzkonzept GmbH • Memmingen Dr. A. Reichert • Merdingen Hubert Selinger • Jürgen<br />

Escher • Michelau Putz – Friedrich • Mitteleschenbach Beyerlein & Pawlitzki • Mittenwald Dr. M. Läritz • Mittweida Katrin Rudolph • Möhringen<br />

Regenbogen Imbiss • Moosburg Birgit Birnstiel • Dr. M. Garreis • Muggensturm Dr. W. Merkel • Mühlacker Dr. E. Szemes • Mühlbach Getränke Hummel<br />

• Muhr am See S. Horn • Müllheim Dr. J. Penner • Gaststätte & Weinhandel Taberna • R P Kfz Service • München CM Equity AG • Dr. G. Voss • Dr.<br />

J. Marek • Dr. T. Schuster • Ametsbichler & Lehr • BFE Architekten • Dominikanerkonvent St. Kajetan e. V. • Dr. J. Keller • Dr. K. Lampe • Lab4more GmbH •<br />

Luitpoldblock GbR • Odigos GmbH & Co. KG • Sessig & Kollegen Treuhand GmbH • Wächtershäußer & Harz • Karl Hümeyer • Therasport GmbH • Wechner<br />

Architekten GmbH • Kanzlei Renauer • Rae Seidl & Hohenbleicher & Mirz • Dr. Th. Angerpointner • Augenklinik Theresienhöhe • Ilona Brenner • Michael<br />

Beck • Dr. A. Rose-Mayer • Dr. P. Huber • Sicura GmbH • RA Albert Löw • RA Sabine Vortmeyer • Dr. M. Brand • Dr. P. Pere • Ralph Scharrer OhG • Dr. P.-P.<br />

Kuklinski • Georg Kraus • Med. Versorg.-Zentrum im Helios • SHP Consult GmbH • Drs. M. Hussain & U. Schmid • Dr. J. Stannius • Neithard Franke-Gricksch<br />

• Dr. H. Bruckmayer • Dr. Hempen & Kollegen • Dr. W. Körber • J. Eggl • Dr. St. Prager • Alantum Europe GmbH • Eventmesseplanung Darge • Dr. R. M. Merten<br />

• Drs. Scherbaum, Sander, v. Radetzky & Kratzer • U. Westenrieder & Partner • AZHK 24h • Comsa GmbH • Martin Küspert • P. Riemhofer & M. Riemhofer<br />

• Drs. Lutz, Gross & Vogel • Dr. J. Heiner • ACS Treuhand GmbH • Dr. E. Wilhelm • Dr. H.-J. Willerding • Dr. K. Kyhnalek • Dr. S. Hanke • Dr. Th. Schrott<br />

• M. Schmuttermaier • Meta GmbH • Dr. I.-P. Weber • Pommer & Pommer • Dr. N. Hoffmann • RA R. Luczak • H. Neumann • Ludwigshöher-Apotheke •<br />

Aßbichler & Paar • Dr. S. Schleifer • Dr. R. v. Faulhaber • Dr. J. Lechner • ARVE GmbH • SB Guido Rohrer • Dr. B. Mundigl • Rae Schaumburg & Kollegen • Dr.<br />

K. P. Döring • Dr. I. Denstorff • Physikalische Therapie Biller • Radiologie München-Ost • Rudolf Stamm GmbH • Zehentner & Partner GmbH • Dr. A. Platte<br />

• Murnau Foto-Stoess • Optik-Andres • Neuburg Leimis Spirituosen & Weine • Neuendettelsau Georg Stützer • Neufahrn <strong>Rest</strong>. Rama Neufahrn •<br />

Neuhausen Gaststätte Saalbau • Gaststätte Zur Post • Apotheke am Rathaus • Neumarkt Dr. Onodi • Neuried Drs. S. Albiole & F. Dogruel • Neusäss<br />

B. H. Benz • Neustadt Kfz-Technik M. Strober • Melanie Greiner • Niederdorfelden AM Bauservice GmbH • Dr. K. Frey • Nonnenhorn Hotel Seehalde<br />

• Hotel Seewirt • Jakobus-Apotheke • Norderstedt Labor f. Zahntechnik Erno Büll • Nürnberg Dr. D. Reisener • Stempel Heinze OHG • Car Corner • GRS<br />

Bachmann GmbH • TT – Automobile • Kfz-Me<strong>ist</strong>erbetrieb J. Stemmert • Astute Logic GmbH • DOL GmbH • Massivholzmöbel Sandl • Obst & Gemüse-Ecke<br />

• Polsterei Heim & Birke • Za-Ra Markt GmbH • Oberstreu G. Müller • Offenburg Cafe Coyote • Drs. M. Müller & B. Linz & A. Jakob • Ölbronn-Dürrn<br />

Kfz-Lackiererei Erling Zentner • Oranienburg BF Nahrungsergänzung • Color of Skin • Computer & Bürobedarf • Dr. S. Philipp • Elektro An- & Verkauf •<br />

Juliane Hube • Renate Hartwig • Sandra Rückert • Spielkultur • Ulrike Reen • Ostfildern Eiscafe Firenze • Jacek Pyka • Ötisheim Hans-Joachim Keller •<br />

Ottobrunn MVZ Ottobrunn • Pappenheim San. Installation Roth • Peiting Charlys-Haarwelt • Dr. D. Soultanopoulus • Dr. M. Anderl • Pforzheim Aposto<br />

Pforzheim GmbH • Cafe B<strong>ist</strong>ro Point • Cafe Music Bar Exil • Dr. J. Hofsäß • Dr. S. Davulcu • Global Star • Hotel am Theater • Karl Fischer GmbH • Kiefer<br />

Buch & Kunstauktion • Klinik für plast. Chirurgie • M<strong>ist</strong>er Bike • Play & Win Funcenter • Rae Dr. K. & G. Nonnenmacher • Schreibwaren und mehr... •<br />

Sportwetten Pforzheim • Strasser & Bogner GmbH • Tatjana Bepple • Zum Faulenzer • German Power Kern & Sorg GmbH • Burkhardt-Automaten • Cafe<br />

M • Casino Atlantis • Dr. W. Swidersky • Friseursalon Styelock • Hanna Barth • Konstantin Österle • L´Tur Agentur Pforzheim • Polierbetrieb Gerundt • Spielhalle<br />

Black Pearl • Café Prag • Klaus Modelle GmbH & Co. KG • Designhaus X GmbH • Dieter Setzer • Kaiser & Götz & Steinmetz • Kirn Ingenieure • Rad-<br />

Sport Düren GmbH • Falken-Apotheke • Lipps-Bau-GmbH • Piding Drs. Gödde & Steger • REWE-Schönwalder OHG • Pirmasens Dr. A. De Giuli • S. Singer<br />

• Pirna Dr. H. Drechsel • Plattling Dr. M. Franke • Pleinfeld Pension Zottmann • Albrecht GmbH • Drs. P. & D. Kohler • Polsingen Kfz-Service Million<br />

• Potsdam Dr. B. Lotz • Pulheim-Branweiler Dr. W. Obervossbeck • Pulsnitz Peter Prescher • Pyrbaum Fa. Kriegeskorte • Radeberg Dr. M. Haase •<br />

Marion Weise • Rattelsdorf Zum Goldenen Löwen • Regen Dr. T. Fischer • Remshalden B<strong>ist</strong>ro Carpe Diem • Gaststätte Imbiss-Stube • Reutlingen


WIR DANKEN DER POLIZEI FÜR IHREN KAMPF<br />

GEGEN DIE DROGENKRIMINALITÄT<br />

Spielothek Stella´s Inn • Rochlitz Sabine Schulze • Rosenheim A-Mes Internet • Art Design GmbH • Dr. H. Wiehl • Roth Auto-Service Cavdar • Dr. Huschka,<br />

Rau & Frank • Haider Druck-Service • InDooRoth • <strong>Rest</strong>. Kr<strong>ist</strong>all • Röttenbach Fuhrunternehmen Kästner • Weber Metallbau GmbH • Rotthalmünster<br />

Eisenhandlung Koch • Saarbrücken Vina Emporium • Sachsenheim Kfz-Lack-Karosserie Sill • Sailauf Bischof GmbH • Salz Sebald Maschinenbau<br />

GmbH • Sebo GmbH • Saulheim Weinterrassen GbR • Schifferstadt Meriz Transporte • Schillingsfürst Richard Vogel • Schleching Vinz<br />

Bachmann e. K. • Schliengen Design 1810 • Gasthaus am Berg • Herr Drehteile GmbH • Mehlhose Antirutschprodukte • Schirmeier & Strübin • Schnelldorf<br />

Elektro Martin Lauchs • Sonnen-Apotheke • Schöllkrippen Schickling´s Backstuben GmbH • Schongau Berg & Radsport Lerf • Schopfheim Hirsch<br />

Apotheke • Schwäbisch Gmünd Alanya Kebap • Billard Cafe Lions • Coffee-Bar • Gaststätte Anno 1900 • Imbiss Anestis • Internet Life • Tipico Sportwetten<br />

• Schwäbisch Hall Café und Kultur im alten Schlachthaus • Dreikönig-Apotheke • No 14 Textil- und Kunstgewerbe • Schwarzenberg Dr. F. Wellner<br />

• Michl`s Welt • Schwarzheide Brigitte Saffert • Schweinfurt Artur Zeißler • Dr. A. Zeißler • Fit Schlafen • Schwetzingen Dr. M. Dillschneider •<br />

Seefeld Drs. Pohl & Hildbrand • Seukendorf Kfz-Betrieb Beigel & Stark • Kfz-Werkstatt Fronius • R<strong>ist</strong>. Pizzeria Minneci • Simbach Bianca Hahn • Drs.<br />

Sickinger & Stegler • Inferno-Piercing-Tattoo • Kfz Loher e.K. • Simonswald Hotel Tannenhof • Sindelfingen Juwelier & Schmuck Onur • Singen Drs.<br />

B. Oexle & B. Wiesendanger • Sinsheim Ing.-Büro Baumgartner • Solnhofen Dr. Ch. Gedon • Natursteine Friedel • Sonnenberg Monika Jähnich • Spatt<br />

Schreinerei E. Mathes • Speyer Friseur am Kornmarkt • Sepia • Traditionelle Thaimassage • Wolfgang Volandt • St. Georgen <strong>Rest</strong>. Kaiser Wok • Pflegedienst<br />

Schneiderham • Rettenberger Metallveredelung • R<strong>ist</strong>. Pizzeria Bei Bani • St. Leon-Rot Gebäudeausrüstung Ackermann • St. Peter Thomas Ruf •<br />

Zähringer-Apotheke • Stadtbergen Dr. G. F. Hopfer • Staffelstein Dr. J. Gärtner • Staufen Dr. J. Toussaint-Gick • Holzfantasien • Rathaus Cafè Staufen<br />

• Stollberg Dr. J. B. Mueller • Straubing Bären Apotheke • Strullendorf OMV Tankstelle • Stutensee Stutensee-Apotheke • Stuttgart BY Management<br />

GmbH • Discothek Rumors • Doppelpunkt • Engcotec GmbH • Indian Palace • Magnus Villing GmbH • <strong>Rest</strong>. World Of Exotic Food GmbH • Tapas-Cortijo<br />

• Trattoria Santa Lucia • Victoria Etuis GmbH • Wettbüro T. Schlehuber • Wohnen & Garten Ambiente • Anatolien Pizza-Kebap • Cafe-Bar Bados • Cotton<br />

Modehandel • Dr. P. Lee-König • Isn Sandwich Point • Korkuta Gaststätten GmbH • Optik Sichtbar • TÜ 8 Gastronomie GmbH • Vital Lunch • Charly´s<br />

Fahrschule • Erlebnis Schönheit • Ruth Siegle • Gasthaus Schwanen • B<strong>ist</strong>ro Rössle • Cafee Treffpunkt • Gaststätte Rhodos • HC Verwaltungs GmbH • Hotel<br />

Discovery • Rae Hahn & Kollegen • Spielothek-Jackpot • Heslacher Mini Market • Juwelier Hörnle • Top Optik • Sun Dog Tattoo • BLG Lebensmittel-Handelsgesellschaft<br />

mbH • De Marco Luca • Drink City GmbH • Kfz-Me<strong>ist</strong>erbetrieb Wangen • M+M Obst und Gemüsehandel • Onur-Impex GmbH • Endstation<br />

• Abklatsch • Café Royal • Dr. M. Matuschin • TSV Münster • Drs. E. Heinrich & B. Schmidt • Juwelier Aralan • Ma<strong>ist</strong>rali GmbH • Billard-Cafe Vaihingen<br />

• MundArt GmbH • Mybet Wettbüro • Pascha Kebap Haus • Cafe <strong>Rest</strong>. Anno 1897 • ChocolateCity • Eis Cortina • Kfz-Service Markovic • Sidirourgopoulos<br />

Nikolaos • Waldheim Heslach • Ernst Polack GmbH • Sillenbuch´s Kebap • Bullinger GmbH & Co. • ACE Gaming • Suhl Dr. G. Reichel • M. Döhler • Dr. W.<br />

Meißner • Sulzbach Aveva GmbH • Theilenhofen Elektro Schmidt • Thüngersheim Dr. Th. Kühnert • Tiefenbach Edeka – Obergassner • Traunstein<br />

Rosenkavalier • Treuchtlingen Dr. Glöckel • Gebäude u. Technik U. Klier • J. Scheuerlein • Landtechnik Hüttinger • Wellness-Fitness Get-Fit • Tübingen<br />

Tangente-Jour • Afrostore & Telecenter • Er Nadim Automobile • Tutzing Chr<strong>ist</strong>of Rekus • Ulm Barrique Weine • Betten-Gonser • G. Chr<strong>ist</strong>iansen • Unterhaching<br />

Dr. T. Lerner • HRS GmbH • Unterschleißheim Isabella von Bukowski • Jenewein GmbH • L. Neumann • Reifen Bölen • Vaihingen Tanzschule<br />

Rank GmbH • Vaterstetten Marion´s Fiseurteam • Veitsbronn Kleintierpraxis Kleuser • Music And Groove • Viereth Hans-Jürgen Bayer • Villingen<br />

Schwenningen Öz-Bay Market • Wiebelt GmbH & Co. KG • Hess AG • Alois Oberföll • Hässler GmbH • Contact Communications • Hotel Allee • Waldkirch<br />

Automobildienst Jörger • Beton-Abbruchtechnik GmbH • Bi Gi´s Schreibwarenlädle • Creatif Frisör • Damenmode Look • Engelhart • Fitness-Park •<br />

Trendlicht GmbH • Waldkirchen Dr. K. Edelman • Waldkraiburg Demmel & Partner GdbR • Dr. H. Rochlitz • Drs. Gugg & Saam & Mayer-Löw • Waldmünchen<br />

RA Elke Kestler • Wangen Blaue Traube • Chr<strong>ist</strong>oph Wiedemann • Dr. F. Benedix • Eberhard Hübner • Wasserburg Dr. G. Lechner • Joachim<br />

J. Senger • Wassertrüdingen Fahrzeuglackierung Brühschwein • Weihenzell Bürtel GmbH • Weil am Rhein CNC Drehtechnik Schiessel • Neumann<br />

Metallbau e.K. • Roller Automobile GmbH • Weil der Stadt Fahrschule Martin Proß • Fortuna GmbH • Weil-Haltingen Herbert Bee • Weilheim Drs.<br />

St. Rutke & Ch. Jablinka • HIC Hock Ingenieur Consulting • Josef Mader • Weißenburg Dr. H. Hoechstetter • Friseur Ch. Lehmeyer • H. Stiegler • Ing.-Büro<br />

C. Kuhn • Kittsteiner Fahrzeugteile • Wendelstein Dorberth GmbH • Wenzenbach Dr. A. Fischer • Fenster- und Türenstudio Kinateder • Westheim Dr.<br />

P. Gerner • Wiernsheim Gemeinde Wiernsheim • Wiesbaden Dr. W.-D. Wörth • Wieseth Kunststofftechnik Plastolen GmbH • Wilhermsdorf RA Barbara<br />

Holzmann • Sven Unger • Winden Buro GmbH • Winkelhaid Eiscafe Centro • Winnenden Vesperstüble • Winsen Dr. J. Münch • Wolfrathshausen<br />

Rae Leitner & Leitner • Wörthsee Coiffure Claudia • Würzburg J. C. Neckermann GmbH & Co. KG • Zell Andreas Weber • Zittau Anett Scholz • Constanze<br />

Krömer • Dr. M. Zestermann-Tannert & H. Franke • Dr. U. Matthes • Zückshut Gasthof Rieneck • Zweibrücken Adler Apotheke • B<strong>ist</strong>ro <strong>Rest</strong>. Paramount<br />

• Herbert Bartelmann e.K. • Zwiesel Dr. E. Zbieszcyk • Dr. M. Fischer • Edeka – Kammerl<br />

I M P R E S S U M<br />

Herausgeber:<br />

Ltd. Kriminaldirektor a.D. Peter Schweinitzer<br />

Verlag:<br />

KARO Fachzeitschriftenverlag<br />

Karl Robitsch jr.<br />

Enzianstraße 6, 82319 Starnberg / Percha<br />

Telefon: 08151 / 65 205 - 0<br />

Fax: 08151 / 65 205 - 29<br />

Internet: www.behoerdenmagazin.de<br />

Mail: info@behoerdenmagazin.de<br />

Redakteur:<br />

Gero Stoffl, Kriminaldirektor a.D. (V.i.S.d.P.)<br />

Anzeigenverwaltung/Herstellung:<br />

Oliver Bielmeier<br />

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Dr.-Schalk-Straße 27<br />

82418 Murnau am Staffelsee<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />

wird keine Gewähr für Veröffentlichung<br />

übernommen.<br />

Nachdruck von Texten (auch auszugsweise)<br />

und Fotos nur mit Genehmigung der<br />

Redaktion gegen Belegexemplar gestattet.<br />

Kürzungen der Artikel aus redaktionellen<br />

Gründen bleiben vorbehalten.<br />

Die mit Namen versehenen Beiträge stellen nicht<br />

unbedingt die Meinung der Redaktion dar.<br />

Abgedruckte Beiträge gehen in das Verfügungs recht<br />

der Redaktion “Das Behördenmagazin” über.<br />

Wir danken den Medienvertretern und Fotografen für<br />

die kostenfreie Überlassung von Bildmaterial.<br />

Redaktionsschluss: 15.01.2012


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der Welt.<br />

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