Al Ard Magazin Ausgabe 2
Titelthema : Wahlen und Wünsche
Titelthema : Wahlen und Wünsche
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
دورة االنطالق<br />
دورة االنطالق<br />
36 Startup Camp<br />
Startup Camp<br />
37<br />
Anzeige<br />
STARTupCAMP<br />
Die Berliner Wirtschaft finanziert Projekte der beruflichen und akademischen Bildung und des Wissenstransfers sowie der Integration<br />
von Flüchtlingen in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. LOK.STARTupCAMP international wurde in der zweiten Förderperiode aus<br />
einer Vielzahl eingereichter Ideen als eines der wirtschaftsgeförderten Bildungsprojekte ausgewählt.<br />
TEXT VON FADI MUSTAFA<br />
Die soziale Unternehmensberatung LOK hilft seit über 15 Jahren<br />
benachteiligten Menschen auf dem Weg in den Arbeitsmarkt. Nun<br />
startet der Verein mit dem STARTupCAMP ein neues Projekt, das<br />
Geflüchtete darin unterstützt, sich selbstständig zu machen. In Workshops<br />
lernen sie alles: von der Erstellung eines Businessplans bis hin zur<br />
Standortsuche und Kundengewinnung. Wir sprachen mit den Initiatoren<br />
des Projekts Maria Kiczka-Halit und Michael Mashofer über ihre<br />
Ziele und die damit verbundenen Schwierigkeiten.<br />
Jetzt habt ihr ja ein ganz interessantes Projekt gestartet. Was<br />
genau ist euer Ziel?<br />
Maria: Ja, wir freuen uns, dass wir das Projekt jetzt realisieren können.<br />
Über das Bildungsprojekte-Programm der IHK Berlin ist es uns nun<br />
möglich, Flüchtlinge in die Selbständigkeit zu begleiten.<br />
Der Fokus unserer Arbeit liegt in der Existenzgründung. Wir haben<br />
uns die Frage gestellt, wie können wir die Erfahrungen von Flüchtlingen<br />
nutzen, wenn sie sich selbstständig machen wollen. Viele von<br />
ihnen haben ja schon Erfahrungen mit der Selbstständigkeit in ihren<br />
ميشيل ماشوفر, مؤسس مساعد ملرشوع<br />
ستارت اب كامب<br />
ماريا كيكزكا هاليت, مؤسسة<br />
مرشوع ستارت اب كامب<br />
Maria Kiczka-Halit, Initiatorin des<br />
Projekts STARTupCAMP<br />
Michael Mashofer, Initiator von<br />
STARTupCAMP<br />
Herkunftsländern und wenn man darauf aufbaut, sind das gute Voraussetzungen,<br />
um auch hier Fuß zu fassen. Wir glauben, dass es hilft,<br />
sich über die eigene Selbstständigkeit zu integrieren. Formale Kriterien<br />
wie Sprache oder Berufsabschlüsse, die bei der Besetzung von Arbeitsstellen<br />
oft eine große Rolle spielen, stehen bei der Selbständigkeit nicht<br />
so sehr im Vordergrund. Der Markt entscheidet zuallererst über den<br />
Erfolg.<br />
Natürlich legen wir Wert darauf, dass Deutschkenntnisse erworben<br />
werden. Aber man kann auch starten, wenn die Sprachkenntnisse<br />
noch nicht so ausgeprägt sind. Es gibt ja bestimmte Dienstleistungen,<br />
die speziell auf die arabischsprachige Community ausgerichtet sind<br />
und dafür gibt es in Berlin einen Markt.<br />
Ist es ein großes Bedürfnis unter Geflüchteten, sich selbstständig<br />
zu machen? Wie viele migrantische Gründer gibt es in<br />
Berlin?<br />
Maria: Der Anteil von Migranten bei Gründungen liegt bundesweit<br />
bei etwa 20 Prozent. Bei unserer Gründungsbegleitung hier in Berlin<br />
liegt er bei ungefähr 30 bis 35 Prozent.<br />
Wir bekommen vermehrt von unseren Partnern, die vor Ort in Flüchtlingsheimen<br />
aktiv sind, die Information, dass sich viele Geflüchtete<br />
selbstständig machen wollen. Der Wunsch nach Arbeit ist groß und<br />
auch, dass man in seiner Heimat einen Arbeitstag von 14 bis 15 Stunden<br />
täglich gewohnt war, ist häufig zu hören. Die beengte Situation in<br />
den Heimen und der Umstand, nicht arbeiten zu dürfen, macht viele<br />
unglücklich.<br />
Der übliche Weg, als Flüchtling hier auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen,<br />
wäre: zuerst die Sprache lernen, dann mehrere Jahre Ausoder<br />
Weiterbildung. So können schnell drei bis vier Jahre vergehen,<br />
bevor man für seinen eigenen Lebensunterhalt sorgen kann. Viele<br />
möchten aber bereits früher ihr eigenes Geld verdienen.<br />
In Syrien liegt die Selbständigkeitsrate bei etwa 60 Prozent, in Deutschland<br />
bei etwa 10 Prozent.<br />
Wie löst ihr denn die Sprachbarriere in euren Workshops und<br />
in der Beratung?<br />
Michael: Wir bieten unsere Workshops und Beratung auch auf Englisch,<br />
an und wir werden bei Bedarf Partner einbinden, die ins Arabischen<br />
übersetzen können. <strong>Al</strong>lerdings sind uns da auch personale<br />
Grenzen gesetzt. Wir können nicht immer Dolmetscher anbieten.<br />
Voraussetzung für den Einstieg in das Projekt ist zumindest die Verständigung<br />
auf Englisch.<br />
Wo seht ihr die größte Herausforderung in eurem Projekt?<br />
Maria: Sprache und Finanzierung werden unsere größten Herausforderungen<br />
sein. Wir gehen davon aus, dass die meisten der Flüchtlinge<br />
über keine Eigenmittel verfügen, die für ihre Gründung erforderlich<br />
sind. Sie brauchen Geld. Geld von Dritten oder von Banken.<br />
Michael: Eine weitere Herausforderung ist auch die unterschiedliche<br />
Art, wie man als Selbstständiger in Deutschland oder in den Herkunftsländern<br />
agiert. Hier in Deutschland ist alles gesetzlich geregelt, man<br />
hat dieses und jenes zu tun, um die Selbstständigkeit zu realisieren. In<br />
Syrien, Afghanistan oder Irak verläuft Selbstständigkeit oftmals auf einer<br />
anderen Ebene: Vielleicht einfacher, schneller, unkomplizierter und<br />
relaxter. Wir müssen einen Weg finden, beides miteinander zu verbinden.<br />
Da können wir auch viel lernen, wie man anders selbstständig<br />
agieren kann. Und auch die Geflüchteten lernen, wie das in Deutschland<br />
funktioniert. Mit diesem culture clash richtig umzugehen, wird<br />
sicherlich spannend.<br />
Gibt es schon Lösungsansätze zu den Finanzierungsfragen?<br />
Maria: Das Land Berlin hat die Frage der Finanzierung von Gründungen<br />
durch Flüchtlinge bereits als Problem erkannt. Und ich bin sicher,<br />
dass diejenigen, die für dieses Thema zuständig sind, gemeinsam mit<br />
weiteren Partnern in Berlin aktiv werden, um Lösungen suchen. Es gibt<br />
bereits von Seiten einiger Institutionen Vorschläge dazu. Wir sehen es<br />
als eine Chance, im Rahmen unseres Projektes hier weiter voran zu<br />
kommen. Und wir beschäftigen uns mit Crowdfunding.<br />
Es gibt viele Menschen, die sagen, die Geflüchteten nehmen uns<br />
unsere Arbeit weg...<br />
Michael: Geflüchtete nehmen niemandem die Arbeit weg. Gerade<br />
bezüglich der Selbstständigkeit. Sie schaffen sich ihre eigene Arbeit<br />
und sie schaffen dadurch Arbeit für andere.<br />
Maria: Wir haben eine sinkende Selbstständigkeitsquote in Deutschland.<br />
Vermehrte Gründungen durch Flüchtlinge könnten das wieder<br />
beleben.<br />
Michael: Tatsache ist auch, dass viele Unternehmen überaltert sind<br />
und in den nächsten Jahren schlichtweg vom Markt verschwinden,<br />
wenn sie keinen Nachfolger finden. Wenn wir es schaffen, gründungswillige<br />
Flüchtlinge dahingehend zu qualifizieren, die Nachfolge<br />
von Unternehmen anzutreten, wäre das eine Win-Win-Situation: für<br />
die ausscheidenden Unternehmer, für die Beschäftigten und für die<br />
Flüchtlinge, die sich so auf dem Arbeitsmarkt etablieren.<br />
Kontakt:<br />
Maria Kiczka-Halit:<br />
030.297 797 31<br />
kiczka-halit@lok-berlin.de<br />
Michael Mashofer:<br />
030.297 797 36<br />
mashofer@lok-berlin.de<br />
www.lok-berlin.de<br />
Das Projekt LOK.STARTupCAMP international wird gefördert durch die IHK Berlin<br />
<strong>Al</strong> <strong>Ard</strong> - 02/2016 02/2016 - <strong>Al</strong> <strong>Ard</strong>