Glareana_39_1990_#2

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Wie Mikroorganismen den Ton bestimmen
Nach J.Nagyvary, Chem.Eng.Nrews, 23.Mai 1988, 8.24-31 .
von Reinhard Bachofen
seit langem strei ten sich Geigenbauer und Musikwissenschafter um das
Geheimnis des Lackes und der besonderen Proportionen der Streichinstrumente
von Stradivari, die für den ausserordentlichen Klang und
die Schönheit dieser wertvollen Instrumente des frühen 18. Jahrhunderts
verantwortlich sein sollen. Neue Untersuchungen zeigen nun,
dass die akustische Qualität wie auch das Erscheinungsbild
mindestens teilweise die Folge eines mikrobiellen Abbaus der Holzstruktur,
gepaart mit der Verwendung eines äusserst harten Lackes
ist. Während in den letzten 150 Jahren das zum Instrumentenbau zu
verwendende Holz über Jahrzehnte gelagert wurde, waren früher verschiedene
Methoden gebräuchlich, um Spannungen im Holz zu verringern
und später Risse zu vermeiden, wie etwa das Aussetzen des
Holzes in Jauchegruben, einer Atmosphäre mit hoher Luftfeuchtigkeit
und Spuren von Ammoniak, oder das Eintauchen in kochendes Wasser.
Die erstere Behandlung induzierte verschiedene chemische Reaktionen
wie die Hydrolyse von Estern und eine gewisse Solubilisierung von
Lignin und stimulierte Pilzwachstum. Durch Kochen wurden verschiedene
flüchtige und lösliche Substanzen ausgewaschen, besonders
Pektinsäuren und Hemizellulose, die bis 1/3 des Trockengewichtes von
Holz ausmachen können. Diese Auswaschung löslichen Materials macht
das Holz steifer, was einerseits wichtig ist, um dem Druck der
Saiten zu widerstehen, anderseits erlaubt, die Decke der Violine
dünner zu machen und damit den Ton zu vergrössern.
Aehnliche Wirkungen muss auch das Lagern des frischen Holzes in
Wasser beim Flössen von Holz gezeigt haben. Holz für die Geigenbauer
Norditaliens kam aus den nördlichen Alpen und wurde nach
Venedig geflösst, wo es bis zum Gebrauch in der Lagune liegen blieb.
Dieses Holz wurde durch Bakterien und Pilze intensiv bewachsen. Der
Abbau des Holzmaterials ist relativ langsam und selektiv, so werden
sicher zuerst die Zellinhaltsstoffe und leicht abbaubares Material
bei den Tüpfeln angegriffen. Dies führt zu einer bis SO-fach
erhöhten Permeabilität des Holzes im Vergleich zu luftgetrocknetem
Holz, ohne dass die mechanischen Eigenschaften sich wesentlich
verändern. Im luftgetrockneten Holz werden die Poren zwischen den